Urteil des BFH vom 24.04.2007

BFH (beteiligung, treu und glauben, echte rückwirkung, unechte rückwirkung, anschaffungskosten, holding, stille reserve, 1995, zeitpunkt, rückwirkung)

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 24.4.2007, I R 16/06
Anwendung des Wertaufholungsgebots auf unter Buchwertfortführung getauschte Beteiligungen - Verfassungsmäßigkeit der
Berücksichtigung früherer Teilwertsteigerungen im Rahmen des Wertaufholungsgebots
Leitsätze
1. Wird eine Beteiligung nach einer Teilwertabschreibung unter (auf das sog. Tauschgutachten des BFH gestützter)
Fortführung des Buchwerts gegen die Beteiligung an einer anderen Gesellschaft getauscht, ist für die Bemessung der
Anschaffungskosten der erhaltenen Beteiligung im Rahmen des steuerlichen Wertaufholungsgebots auf die historischen
Anschaffungskosten der hingegebenen Beteiligung und nicht auf den fortgeführten Buchwert abzustellen .
2. Das Wertaufholungsgebot ist auch insoweit verfassungsgemäß, als es vor dem Zeitraum seines Inkrafttretens eingetretene
Teilwertsteigerungen erfasst .
Tatbestand
1 I. Der Rechtsstreit betrifft die Anwendung des Wertaufholungsgebots nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz
4 des Einkommensteuergesetzes 1997 i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999
(BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) --EStG 1997-- auf die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, die durch
Eintausch gegen eine andere --zuvor wiederum durch Tausch erworbene-- Beteiligung unter jeweiliger Fortführung der
Buchwerte erworben wurde, nachdem auf die ursprüngliche Beteiligung eine Teilwertabschreibung vorgenommen
worden war.
2 Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Aktiengesellschaft, nahm in den Jahren 1981 bis 1985 auf ihre
Beteiligung als Alleingesellschafterin der A-Corporation mit Sitz in den USA Teilwertabschreibungen in Höhe von 200
054 143 DM vor. Der Buchwert der Beteiligung belief sich danach auf 165 993 155 DM.
3 Mit Wirkung zum 1. Januar 1993 brachte die Klägerin ihre Beteiligung an der A-Corporation gegen Übernahme von
10,4 v.H. der Anteile der ebenfalls in den USA ansässigen B-Corporation in diese ein. In Übereinstimmung mit einer
entsprechenden verbindlichen Auskunft des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt --FA--) führte die Klägerin
unter Berufung auf das sog. Tauschgutachten des Senats (vom 16. Dezember 1958 I D 1/57, BFHE 68, 78, BStBl III
1959, 30) den wertberichtigten Buchwert der Beteiligung an der A-Corporation auch für die nunmehrige Beteiligung an
der B-Corporation fort.
4 Im Jahr 1998 gründete die Klägerin als alleinige Gesellschafterin die A Holding Corporation mit Sitz in den USA, in die
sie zum 30. September 1998 die 10,4 v.H.-Beteiligung an der B-Corporation --wiederum in Übereinstimmung mit einer
entsprechenden verbindlichen Auskunft des FA unter Berufung auf das Tauschgutachten-- zu Buchwerten einbrachte.
Im Rahmen eines sog. "Split-Off" übertrug die B-Corporation sodann die von ihr gehaltene alleinige Beteiligung an der
A-Corporation auf die A Holding Corporation, die ihrerseits die 10,4 v.H.-Beteiligung an der B-Corporation an diese
abtrat. Auch dieser Anteilstausch erfolgte nach einer entsprechenden verbindlichen Auskunft des FA unter Fortführung
der Buchwerte. Im Streitjahr 1999 war die Klägerin demnach Alleingesellschafterin der A Holding Corporation, die
ihrerseits die alleinige Beteiligung an der A-Corporation hielt.
5 Obgleich sich der Verkehrswert der A Holding Corporation zum 31. Dezember 1999 auf 307 962 600 DM belief, behielt
die Klägerin unter Berufung auf Art. 24 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch den niedrigeren
Wertansatz von 165 993 155 DM in ihrer Handelsbilanz bei. Den im Dezember 1999 von der Klägerin gestellten, auf §
163 der Abgabenordnung (AO) gestützten Antrag auf Beibehaltung des niedrigeren Beteiligungsbuchwerts auch in der
Steuerbilanz lehnte das FA bestandskräftig ab.
6 Im Rahmen der Festsetzung der Körperschaftsteuer für das Jahr 1999 stockte das FA den Wert der Beteiligung an der A
Holding Corporation gewinnerhöhend um 28 393 889 DM (ein Fünftel von 141 969 445 DM) auf. Das Finanzgericht
(FG) Düsseldorf gab der hiergegen gerichteten Klage statt und setzte mit Urteil vom 13. Dezember 2005 6 K 3284/02 K
(abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2006, 639) die Körperschaftsteuer 1999 auf der Grundlage
eines um 28 393 889 DM geminderten Gesamtbetrages der Einkünfte der Klägerin fest.
7 Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision, mit der das FA die Verletzung materiellen Rechts rügt.
8 Das FA beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
9 Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
10 II. Die Revision hat Erfolg. Die Klage ist gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unter
Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils als unbegründet abzuweisen, weil das FA die Bemessungsgrundlage der
Körperschaftsteuer für das Streitjahr im Hinblick auf die Beteiligung der Klägerin an der A Holding Corporation zu
Recht um den anteiligen Wertaufholungsbetrag von 28 393 889 DM erhöht hat.
11 1. Gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG 1997 hat die Klägerin in
ihrer Bilanz das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger
Buchführung auszuweisen ist. Beteiligungen an Kapitalgesellschaften sind in der Steuerbilanz gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2
Satz 1 EStG 1997 ebenso wie in der Handelsbilanz gemäß § 253 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB)
grundsätzlich mit ihren Anschaffungskosten anzusetzen. Ist allerdings der Teilwert einer Beteiligung niedriger als
deren Anschaffungskosten, so kann --wie dies die Klägerin im Rahmen der Teilwertabschreibungen auf die
Beteiligung an der A-Corporation in den Jahren 1981 bis 1985 getan hat-- statt der Anschaffungskosten der niedrigere
Teilwert angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 1997). Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen
Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises unter Annahme der Betriebsfortführung für das einzelne Wirtschaftgut
ansetzen würde (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG 1997).
12 Erstmals für nach dem 31. Dezember 1998 endende Wirtschaftsjahre (§ 52 Abs. 16 Satz 2 EStG 1997) bestimmen
aber § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 und § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG 1997, dass Wirtschaftsgüter, die bereits am Schluss des
vorangegangenen Wirtschaftsjahres zum Vermögen des Steuerpflichtigen gehört haben, zwingend mit den
Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten sind, wenn nicht der Steuerpflichtige einen niedrigeren Teilwert
nachweist. Das bedeutet im Ergebnis, dass Teilwertabschreibungen in den Folgejahren stets durch Zuschreibung bis
zur Obergrenze der Anschaffungs- oder Herstellungskosten rückgängig zu machen sind, soweit nicht der
Steuerpflichtige auch im jeweiligen Folgejahr einen niedrigeren Teilwert nachweisen kann (steuerliches
Wertaufholungsgebot; dazu im Einzelnen Groh, Der Betrieb --DB-- 1999, 978, 983; Weber-Grellet, Steuern und
Bilanzen --StuB-- 1999, 1289, 1295; Stobbe/Loose, Finanz-Rundschau --FR-- 1999, 405, 408). Nach der
Übergangsbestimmung des § 52 Abs. 16 Satz 3 EStG 1997 kann im Erstjahr der Anwendung des
Wertaufholungsgebots eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage von vier Fünfteln des
Wertaufholungsbetrages gebildet werden, die in den Folgejahren mit jeweils mindestens einem Viertel
gewinnerhöhend aufzulösen ist.
13 2. Die Anwendung des Wertaufholungsgebots gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG 1997 führt
hinsichtlich der Beteiligung der Klägerin an der A Holding Corporation zu einer Gewinnerhöhung von insgesamt 141
969 445 DM, welche im Streitjahr nach § 52 Abs. 16 Satz 3 EStG 1997 anteilig in Höhe von mindestens 28 393 889
DM steuerwirksam zu berücksichtigen ist.
14 a) Die Beteiligung an der A Holding Corporation gehörte unstreitig in gleicher Form bereits am Schluss des
vorangegangenen Wirtschaftsjahres am 31. Dezember 1998 zum Vermögen der Klägerin.
15 b) Die Anschaffungskosten der Beteiligung an der A Holding Corporation sind entgegen der Auffassung der Klägerin
nicht mit dem bei Anteilserwerb im September 1998 fortgeführten Buchwert der hierfür hingegebenen Beteiligung an
der B-Corporation von 165 993 155 DM zu bemessen. Vielmehr sind jene historischen Anschaffungskosten von
mindestens 366 007 298 DM zugrunde zu legen, die die Klägerin für den Erwerb der ursprünglichen Beteiligung an
der A-Corporation aufgewendet hat. Das folgt entweder unmittelbar aus den Grundsätzen des Tauschgutachtens des
Senats oder zumindest aus der von beiden Beteiligten in der Vergangenheit einverständlich praktizierten Anwendung
derselben auf die streitgegenständlichen Beteiligungswechsel.
16 aa) Nach den Grundsätzen des Tauschgutachtens ist bei einem Anteilstausch in Abweichung von der zivilrechtlichen
Lage ertragsteuerlich kein eigentlicher Tauschvorgang anzunehmen, wenn die frühere Beteiligung --weil wirtschaftlich
wert-, art- und funktionsgleich-- in anderer Hülle weiter bestanden hat. Im Tauschgutachten wird dies (unter IV.) mit
den Begriffen der wirtschaftlichen Identität bzw. der "Nämlichkeit" der Beteiligungen umschrieben. Die aus der
Fortführung der Buchwerte resultierende Vermeidung einer Gewinnrealisation, die ansonsten bei Tauschvorgängen
eintritt (vgl. Senatsurteil vom 25. Januar 1984 I R 183/81, BFHE 140, 358, BStBl II 1984, 422; jetzt in § 6 Abs. 6 Satz 1
EStG 1997 kodifiziert), ist demnach Konsequenz der Annahme, dass --wie es im Tauschgutachten (unter IV.)
ausdrücklich heißt-- bei Nämlichkeit der Beteiligungen "der Tausch des bisherigen Wirtschaftsguts gegen das neue
Gut bei wirtschaftlicher Betrachtung keine Veräußerung und Neuanschaffung" darstellt (ebenso Bundesfinanzhof --
BFH--, Urteil vom 17. Oktober 1974 IV R 223/72, BFHE 113, 456, BStBl II 1975, 58; vgl. auch Senatsurteil vom 2.
November 1965 I 169/63 U, BFHE 84, 353, BStBl III 1966, 127).
17 Ist demnach bei Anwendung der Grundsätze des Tauschgutachtens in den Fällen der wirtschaftlichen Identität der
getauschten Beteiligungen ertragsteuerlich nicht von einer Veräußerung bzw. Neuanschaffung auszugehen, führt das
in Bezug auf die Bemessung der Anschaffungskosten der Beteiligung in der Konsequenz dazu, dass sich die
Anschaffungskosten der ursprünglichen Beteiligung --wie in sonstigen Fällen der Surrogation von Wirtschaftsgütern--
im Ersatzwirtschaftsgut fortsetzen (BFH-Urteil vom 21. Januar 1999 IV R 27/97, BFHE 188, 27, BStBl II 1999, 638, unter
B.II.1.).
18 bb) Die streitbefangenen Beteiligungswechsel sind im Rahmen der Prüfung auf eine Wertaufholung als Surrogationen
im vorstehend beschriebenen Sinne zu beurteilen. Dabei kann nach den Umständen des Streitfalls offenbleiben, ob
es sich bei den von der Klägerin getauschten Beteiligungen jeweils um im Sinne des Tauschgutachtens "nämliche"
Anteile gehandelt hat. Ebenso wenig bedarf einer Entscheidung, inwiefern die Grundsätze des Tauschgutachtens im
fraglichen Zeitraum überhaupt geltendem Recht entsprochen haben (so Senatsurteil in BFHE 84, 353, BStBl III 1966,
127; offenbar auch BFH-Urteile in BFHE 113, 456, BStBl II 1975, 58; vom 29. März 1979 IV R 1/75, BFHE 127, 397,
BStBl II 1979, 412; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 15. Februar 1995, BStBl I 1995, 149;
vom 9. Februar 1998, BStBl I 1998, 163; zweifelnd Ebling in Kirchhof/Offerhaus/Schöberle [Hrsg.], Festschrift Klein,
1994, S. 801, 806 ff.; Wassermeyer, Steuerberater-Jahrbuch --StbJb-- 1994/95, S. 266 ff.).
19 Denn hätten die Grundsätze des Tauschgutachtens nicht geltendem (ggf. auch Gewohnheits-)Recht entsprochen
und/oder hätte die Klägerin im Einzelfall nicht wert-, art- und funktionsgleiche Beteiligungen getauscht, wäre das
Tauschgutachten gleichwohl zunächst infolge der verbindlichen Auskünfte und sodann durch die Anerkennung der
steuerneutralen Behandlung der Beteiligungswechsel in den betreffenden Festsetzungszeiträumen durch das FA --im
Wege eines Billigkeitserweises nach § 163 AO-- faktisch und rechtsverbindlich zur Anwendung gekommen (vgl. zur
Rechtsverbindlichkeit von Billigkeitsentscheidungen Senatsurteil vom 8. August 2001 I R 25/00, BFHE 196, 485, BStBl
II 2003, 923). Auch deshalb wäre jetzt gegen den Willen der Klägerin eine abweichende Handhabung nicht mehr
möglich, weil es sich den Feststellungen des FG zufolge bei den Tauschvorgängen jeweils um Dispositionen
gehandelt hat, die die Klägerin auf der Grundlage der verbindlichen Auskünfte des FA getroffen hat, die
Beteiligungswechsel als den Erwerb nämlicher Anteile im Sinne des Tauschgutachtens zu behandeln. Nach den
Grundsätzen der Selbstbindung der Finanzverwaltung nach Erteilung bindender Zusagen (BFH-Urteile vom 4. August
1961 VI 269/60 S, BFHE 73, 813, BStBl III 1961, 562; vom 16. Juli 2002 IX R 28/98, BFHE 198, 403, BStBl II 2002, 714;
BMF-Schreiben vom 29. Dezember 2003, BStBl I 2003, 742; Buciek, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 1999, 389;
Bruschke, DStZ 2007, 267; Klein/Rüsken, Abgabenordnung, 9. Aufl., § 204 Rz 20; vgl. jetzt auch § 89 Abs. 2 AO i.d.F.
des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006, BGBl I 2006, 2878) wäre das FA nach Treu und Glauben
nunmehr gehindert, die Beteiligungen nicht mit den Buchwerten, sondern --mit der Folge der Aufdeckung
steuerpflichtiger stiller Reserven in den betreffenden Festsetzungszeiträumen-- mit dem gemeinen Wert der
hingegebenen Beteiligungen anzusetzen.
20 Ob die Klägerin ihrerseits die Möglichkeit hätte, sich im Hinblick auf die steuerliche Behandlung der
Beteiligungswechsel nunmehr auf eine von der faktischen Handhabung abweichende objektive Rechtslage zu
berufen, bedarf in diesem Zusammenhang keiner Erörterung. Denn sie macht nicht geltend, dass das
Tauschgutachten nicht anwendbar gewesen sei bzw. der objektiven Rechtslage widersprochen habe und dass
deshalb die Beteiligung an der A Holding Corporation mit den nach den allgemeinen Grundsätzen (unter Aufdeckung
der stillen Reserven) zu aktivierenden Anschaffungskosten zu bewerten sei. Sie strebt vielmehr an, die Regeln des
Tauschgutachtens im Hinblick auf die Rechtsfolge der Steuerneutralität für die Vergangenheit weiterhin
anzuerkennen, für die Prüfung auf eine Wertaufholung jedoch den dem Tauschgutachten zugrunde liegenden
Gedanken der Surrogation zu verwerfen. Mit diesem Begehren kann sie aber nicht durchdringen. Denn sie kann
aufgrund des im Steuerrechtsverhältnis auch den Steuerpflichtigen bindenden Grundsatzes von Treu und Glauben
und des hieraus abzuleitenden Verbots widersprüchlichen Verhaltens (BFH-Urteil vom 4. November 1975 VII R 28/72,
BFHE 117, 317; Senatsurteile vom 8. Februar 1995 I R 127/93, BFHE 177, 332, BStBl II 1995, 764; vom 30. Juni 1997 I
R 7/97, BFHE 184, 88, BStBl II 1998, 33; Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl., § 21 Rz 13) für die A Holding
Corporation nicht einerseits zwecks Vermeidung einer Gewinnrealisierung die ursprünglichen Buchwerte der A-
Corporation fortführen, sich andererseits aber --im Hinblick auf Bemessung der Anschaffungskosten im Rahmen der
Wertaufholung-- auf den Standpunkt stellen, diese seien so anzusetzen, als sei es im Zuge der Anteilsübertragungen
jeweils auch in ertragsteuerlicher Sicht zu Veräußerungs- und Anschaffungsvorgängen gekommen.
21 An dieser Beurteilung würde sich nichts ändern, wenn --wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem
Senat vorgetragen hat-- die Finanzverwaltung in der Praxis die nach dem Tauschgutachten erforderliche
Nämlichkeitsprüfung in den Einbringungsfällen großzügig durchgeführt und es sich letztlich --so die Klägerin-- bei der
Nämlichkeit nur noch um ein bloßes "Etikett" gehandelt habe. Eine solcherart großzügige Handhabung durch die
Verwaltungspraxis hätte nichts daran geändert, dass die steuerneutrale Einbringung von Anteilen an einer
Kapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft außerhalb des im Auslandsbeteiligungen betreffenden Streitfall
nicht eröffneten Anwendungsbereichs des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG 1969 und UmwStG 1995) rechtlich
nur auf der Grundlage des Tauschgutachtens anerkannt worden ist (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 1995, 149). Dass
die vom Tauschgutachten als Rechtfertigungsgrund und Voraussetzung für eine ausnahmsweise gegebene
Steuerneutralität geforderte Nämlichkeit der getauschten Anteile --und damit der Surrogationsgedanke-- weiterhin die
"Geschäftsgrundlage" für die Anerkennung der Buchwertverknüpfung durch die Verwaltungspraxis war, lässt sich
beispielsweise dem BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 163 entnehmen, in dem nochmals im Einzelnen die aus Sicht der
Verwaltung erforderlichen Voraussetzungen für die Kriterien der Wertgleichheit sowie der Art- und Funktionsgleichheit
--insbesondere auch für die Einbringungsfälle-- definiert worden sind. Es ist demnach nicht erkennbar, dass die
Klägerin Anlass zu der Annahme gehabt hat, das FA habe mit der Anerkennung der Steuerneutralität in den die
Beteiligungswechsel betreffenden Festsetzungszeiträumen ungeachtet des Vorliegens oder Nichtvorliegens der
Grundvoraussetzungen des Tauschgutachtens isoliert nur die Anwendung von dessen Rechtsfolgen gebilligt. Von der
Billigung der Steuerneutralität auf der Grundlage des Tauschgutachtens durch das FA hat die Klägerin in der
Vergangenheit durch die Fortführung der Buchwerte Gebrauch gemacht. Sie kann sich deshalb von der
Geschäftsgrundlage dieser Billigung --der Anwendung des Surrogationsgedankens-- für die Anteilsbewertung im
Rahmen der Wertaufholungsbestimmungen nicht lossagen.
22 cc) Anders als die Klägerin meint, steht dem nicht entgegen, dass die Folgen eines Tausches nämlicher Anteile im
Rahmen von § 6 Abs. 1 Nr. 1 Nr. 2 Satz 3, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG 1997 nicht --wie z.B. in § 21 Abs. 1 Satz 4
UmwStG 1995 in der bis 31. Dezember 1998 geltenden Fassung-- gesetzlich geregelt sind. Es besteht kein Anhalt
dafür, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Bestimmungen zum steuerlichen Wertaufholungsgebot den Fall des
Tausches nämlicher Anteile als grundsätzlich regelungsbedürftig vor Augen gehabt hat und mit dem Unterlassen
einer gesetzlichen Regelung eine Entscheidung in eine bestimmte Richtung hat treffen wollen. Hiergegen spricht
insbesondere, dass nach dem Willen des Gesetzgebers durch die Schaffung von § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG 1997
zugleich die bis dahin aufgrund des Tauschgutachtens des Senats anerkannte Steuerneutralität des Tausches
nämlicher Beteiligungen entfallen sollte (Begründung des Regierungsentwurfs vom 9. November 1998, BTDrucks
14/23, S. 171 f.; Schmidt/Glanegger, EStG, 26. Aufl., § 6 Rz 545; Fischer in Kirchhof, EStG, 7. Aufl., § 6 Rz 190), mithin
für ab Inkrafttreten des Gesetzes vorgenommene Tauschvorgänge kein Regelungsbedürfnis mehr bestanden hat.
23 dd) Zur Höhe der historischen Anschaffungskosten der Klägerin für den Erwerb der Beteiligung an der A-Corporation
hat das FG zwar keine unmittelbaren tatrichterlichen Feststellungen getroffen. Jedoch folgt aus dem Umstand, dass
die Klägerin in den Jahren 1981 bis 1985 Teilwertabschreibungen von insgesamt 200 054 143 DM auf die Beteiligung
vorgenommen und danach noch einen Teilwert von 165 993 155 DM bilanziert hat, dass Anschaffungskosten
mindestens in Höhe von 366 007 298 DM angefallen sein müssen.
24 c) Die Beteiligten gehen nach den Feststellungen des FG für den 31. Dezember 1999 einvernehmlich von einem
Teilwert der Beteiligung an der A Holding Corporation von 307 962 600 DM aus. Da dieser Teilwert die historischen
Anschaffungskosten der Beteiligung unterschreitet, ist er nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG
1997 im Streitjahr maßgeblich für den Ansatz des Wirtschaftsguts. Die Werterhöhung im Vergleich zum
Vorjahresansatz von 165 993 155 DM beläuft sich somit auf 141 969 445 DM. Nach § 52 Abs. 16 Satz 3 EStG 1997
erhöht dieser Wertaufholungsbetrag die steuerliche Bemessungsgrundlage im Streitjahr mindestens zu einem Fünftel,
mithin um die vom FA angesetzten 28 393 889 DM.
25 3. Es bedarf keiner Klärung, in welchem Umfang die Steigerung des Teilwerts der Beteiligung vorliegend erst im
Streitjahr selbst --als Erstjahr der Geltung des Wertaufholungsgebots (§ 52 Abs. 16 Satz 2 EStG 1997)-- und in
welchem Umfang sie bereits in früheren Veranlagungszeiträumen eingetreten ist. Der Senat teilt nicht die auf Stimmen
aus der Literatur (Schön, Betriebs-Berater --BB-- 1997, 1333, 2411; Wermeckes, DStZ 1999, 479, 484) gestützte
Auffassung der Klägerin, die Erfassung auch vor dem Erstjahr der Geltung des Wertaufholungsgebots eingetretener
Teilwertsteigerungen durch § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4, § 52 Abs. 16 Satz 2 EStG 1997 sei
verfassungswidrig, weil sie das aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) folgende
Rückwirkungsverbot verletze.
26 a) Nach der vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Frage der Verfassungsmäßigkeit rückwirkender Gesetze
entwickelten Systematik verletzt eine steuerbegründende oder steuererhöhende Norm in der Regel rechtsstaatliche
Grundsätze, wenn sie für Veranlagungszeiträume gelten soll, die im Zeitpunkt ihrer Verkündung bereits
abgeschlossen waren ("echte" Rückwirkung, "Rückbewirkung von Rechtsfolgen"). Dagegen sieht es das BVerfG im
Hinblick auf Art. 20 Abs. 3 GG grundsätzlich als unbedenklich an, wenn der Gesetzgeber während eines
Veranlagungszeitraums eine solche Norm in Kraft setzt und zugleich bestimmt, dass sie von Beginn dieses
Veranlagungszeitraums an gelten soll ("unechte" Rückwirkung, "tatbestandliche Rückanknüpfung"). In diesem Fall
darf die steuerbegründende oder -erhöhende Norm regelmäßig auch diejenigen Sachverhalte erfassen, die auf einer
vor ihrem Inkrafttreten getätigten Disposition des Bürgers beruhen (vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse vom 3. Dezember
1997 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 78; vom 5. Februar 2002 2 BvR 305, 348/93, BVerfGE 105, 17, 40). Wegen
weiterer Einzelheiten zu dieser Rechtsprechung wird auf die BFH-Beschlüsse vom 6. November 2002 XI R 42/01
(BFHE 200, 560, BStBl II 2003, 257, 261) und vom 16. Dezember 2003 IX R 46/02 (BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284)
sowie auf die BFH-Urteile vom 1. März 2005 VIII R 92/03 (BFHE 209, 285, BStBl II 2005, 398) und vom 14. März 2006 I
R 1/04 (BFHE 213, 38, BStBl II 2006, 549) Bezug genommen.
27 b) Gemessen an diesen Grundsätzen entfaltet die Berücksichtigung auch vor Inkrafttreten des Wertaufholungsgebots
verwirklichter Teilwertsteigerungen durch § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4, § 52 Abs. 16 Satz 2 EStG
1997 eine im Regelfall zulässige "unechte" Rückwirkung bzw. "tatbestandliche Rückanknüpfung" (so auch FG
Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. August 2003 3 K 2970/00, EFG 2003, 1681; Schwenke, BB 1997, 2408;
Stobbe/Loose, FR 1999, 405, 408; Küting, StuB 1999, 1, 7; Weber-Grellet, StuB 1999, 1289, 1296; Blümich/ Ehmcke, §
6 EStG Rz 579b). Zwar liegt der für die Wertaufholung maßgebliche Anknüpfungspunkt in diesem Fall in der
Vergangenheit. Das erstmals für nach dem 31. Dezember 1998 endende Wirtschaftsjahre geltende
Wertaufholungsgebot wirkt sich aber gleichwohl nur auf die Steuerfestsetzung für Veranlagungszeiträume aus, die
zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens noch nicht abgeschlossen waren. Die Festsetzung der Ertragsteuern für die bis
zum 31. Dezember 1998 endenden Wirtschaftsjahre bleibt hingegen von der Einführung des Wertaufholungsgebots
auch insoweit unberührt, als in diesen Veranlagungszeiträumen bilanziell nicht erfasste Teilwertsteigerungen
stattgefunden haben.
28 c) Diese Beurteilung verletzt nicht das in § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1, § 5 Abs. 1 EStG 1997 statuierte
Prinzip der Abschnittsbesteuerung, indem ausschließlich in der Vergangenheit liegende und abgeschlossene
Vorgänge nur formal in einen späteren Veranlagungszeitraum verlegt werden (so aber Schön, BB 1997, 1333, 1334;
Wermeckes, DStZ 1999, 479, 484). Mit der Einführung des Wertaufholungsgebots ist lediglich das bis dahin nach § 6
Abs. 1 Nr. 2 Satz 3, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG in der bis 31. Dezember 1998 geltenden Fassung bestehende
Bewertungswahlrecht des Steuerpflichtigen entfallen, den gestiegenen Teilwert in der Steuerbilanz anzusetzen oder
nicht (vgl. zur früheren Rechtslage Blümich/Ehmcke, § 6 EStG Rz 579a, 580). Sie ändert nichts daran, dass für die
Ertragsteuerpflicht des Erstjahres der Geltung des Wertaufholungsgebots ausschließlich auf den für dieses
maßgeblichen Unterschiedsbetrag nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG 1997 abzustellen ist, der allerdings nach geänderten
Bewertungsregeln zu bemessen ist. Der Bezug nur zum aktuellen Unterschiedsbetrag --und nicht auch zu früheren
Unterschiedsbeträgen-- zeigt sich daran, dass die in den früheren Veranlagungszeiträumen eingetretenen, bislang
nicht der Besteuerung zugeführten Teilwertsteigerungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG
1997 im Erstjahr der Geltung des Wertaufholungsgebots den Aktiva nur zuzuschreiben sind, wenn und soweit sie am
Bilanzierungsstichtag dieses Erstjahres tatsächlich noch vorhanden sind.
29 d) Allerdings hat der IX. Senat des BFH, ausgehend von der neueren Rechtsprechung des BVerfG zum
Dispositionsschutz im Bereich steuerlicher Lenkungsnormen (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 97, 67, 80; in BVerfGE
105, 17, 40) und unter Berücksichtigung der im Schrifttum geäußerten Kritik an der bisherigen Rechtsprechung,
entschieden, dass der vom BVerfG bislang nur für (Verschonungs-)Subventionen und Steuervergünstigungen
gewährte verstärkte Schutz von Dispositionen auf alle Steuerrechtsnormen zu erstrecken sei. Auch bei einer
tatbestandlichen Rückanknüpfung müsse --so der IX. Senat-- in jedem Einzelfall geprüft werden, inwieweit und mit
welchem Gewicht das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die bestehende (günstige) Rechtslage schützenswert sei
und ob die öffentlichen Belange, die eine nachteilige Änderung rechtfertigten, dieses Vertrauen überwögen. Das gelte
für den rückwirkenden Wegfall einer Steuervergünstigung in gleicher Weise wie für die rückwirkende Belastung mit
einem neu begründeten Steueranspruch und ebenso für die Aufhebung von steuerlichen "Freiräumen" (BFH-
Beschluss in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, m.w.N.). Der IX. Senat hat in dem bei ihm geführten Verfahren das
BVerfG angerufen.
30 Ob dieser Auffassung zu folgen ist, kann dahingestellt bleiben (offenlassend auch Senatsbeschluss vom 3. Februar
2005 I B 208/04, BFHE 209, 204, BStBl II 2005, 351; Senatsurteile vom 19. Oktober 2005 I R 76/04, BFHE 211, 90,
BStBl II 2006, 274; vom 8. November 2006 I R 69, 70/05, BFH/NV 2007, 616). Auch bei Anwendung der auf einen
verstärkten Dispositionsschutz ausgerichteten Maßstäbe der Rechtsprechung des IX. Senats verstößt die
Berücksichtigung vor Inkrafttreten des Wertaufholungsgebots verwirklichter Teilwertsteigerungen nicht gegen Art. 20
Abs. 3 GG.
31 Zweifelhaft ist bereits, ob vor Einführung des steuerlichen Wertaufholungsgebots überhaupt ein schützenswertes
Vertrauen der Steuerpflichtigen darauf bestanden hat, dass das bis dahin bestehende steuerliche Wahlrecht bei der
Aktivierung eingetretener Teilwertsteigerungen nicht später vom Gesetzgeber mit der Folge einer nachträglichen
Steuerwirksamkeit bislang nicht der Steuer zugeführter Teilwertsteigerungen aufgehoben wird. Dem könnte
entgegenstehen, dass das Vertrauen des Steuerpflichtigen auf den unveränderten Fortbestand des geltenden Rechts
verfassungsrechtlich nicht geschützt ist (BVerfG-Beschlüsse vom 28. November 1984 1 BvR 1157/82, BVerfGE 68,
287, 307, BStBl II 1985, 181; in BVerfGE 105, 17; Senatsurteile vom 31. Mai 2005 I R 107/04, BFHE 210, 256, BStBl II
2005, 884; in BFH/NV 2007, 616). Auch ist insoweit zu bedenken, dass der auf die Teilwertsteigerungen entfallende
Betrag bereits nach bisherigem Recht als stille Reserve latent steuerpflichtig gewesen ist, die prinzipielle
Steuerverstrickung mithin keine Folge der Anwendung des Wertaufholungsgebots ist. Insoweit unterscheidet sich die
Wirkung des Wertaufholungsgebots von jener der Wertzuwachsbesteuerung vorher nicht steuerbefangener
Beteiligungen infolge einer Rückwirkung der Herabsetzung der Beteiligungsquoten des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG 1997
(dazu BFH-Urteil in BFHE 209, 285, BStBl II 2005, 398; Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 17 Rz 79).
32 Jedenfalls aber überwiegt ein etwaiges Vertrauen der Steuerpflichtigen in die Beibehaltung des steuerlichen
Bewertungswahlrechts bezüglich eingetretener Teilwertsteigerungen auch für künftige Veranlagungszeiträume nicht
das Änderungsinteresse des Gesetzgebers. Denn die Steuerpflichtigen haben aufgrund dieses Vertrauens nicht
typischerweise Dispositionen vorgenommen, die sich nunmehr als nutzlos oder gar nachteilig erweisen, oder aus
nachträglicher Sicht gebotene Dispositionen unterlassen. Die Wertaufholung orientiert sich am rein objektiven
Tatbestand der Steigerung des Teilwerts der betroffenen Wirtschaftsgüter und knüpft nicht an voluntative, der
Disposition des Steuerpflichtigen unterliegende Umstände an. Die einzige Möglichkeit, bei frühzeitiger Kenntnis der
späteren Regelung einer Wertaufholung zu entgehen, hätte in einer Veräußerung des betreffenden Wirtschaftsguts
bestanden. Diese hätte aber regelmäßig zur Realisierung sämtlicher stiller Reserven und damit zu noch
gravierenderen steuerlichen Konsequenzen als die nur bis zur Obergrenze der Anschaffungskosten steuerpflichtige
Wertaufholung geführt. Im Übrigen bestand die Möglichkeit der Veräußerung der von Teilwertsteigerungen
betroffenen Wirtschaftsgüter noch während des gesamten Erstjahres der Geltung des Wertaufholungsgebots (vgl.
Groh, DB 1999, 978, 983) --im vorliegenden Fall bis zum 31. Dezember 1999--, weil von der Wertaufholung
naturgemäß nur solche Wirtschaftsgüter betroffen sein können, die sich am Bilanzstichtag noch im Vermögen der
Gesellschaft befunden haben. Schließlich wäre im Rahmen einer Abwägung von Vertrauensschutzinteresse und
Änderungsinteresse des Gesetzgebers zugunsten des Letzteren auch zu beachten, dass der Gesetzgeber die
steuerlichen Folgen der Berücksichtigung bereits eingetretener Teilwertsteigerungen mit der zeitlichen Streckung auf
fünf Jahre gemäß § 52 Abs. 16 Satz 3 EStG 1997 abgemildert hat.
33 e) Unterbleiben kann für den Streitfall schließlich eine Befassung mit dem vom XI. Senat des BFH in den
Vorlagebeschlüssen vom 2. August 2006 XI R 34/02 und XI R 30/03 (BStBl II 2006, 887, 895) vertretenen, über den
vom IX. Senat für maßgeblich erachteten Dispositionsschutz hinausgehenden Ansatz. Danach soll bei Steuergesetzen
eine "echte" Rückwirkung auch dann vorliegen, wenn eine im Gesetz neu oder verändert vorgesehene Rechtsfolge in
Fällen gelten soll, in denen ihre Tatbestandsvoraussetzungen ausschließlich vor Verkündung des Gesetzes erfüllt
worden sind.
34 Auch auf der Grundlage dieses Verständnisses entfaltet die Erfassung früherer Teilwertsteigerungen durch das
Wertaufholungsgebot keine "echte" Rückwirkung. Knüpft man hierfür mit dem XI. Senat an die vollständige (und
unumkehrbare) Verwirklichung der Tatbestandsvoraussetzungen der geänderten Steuervorschrift zum Zeitpunkt der
Gesetzesverkündung an (ablehnend insoweit Senatsurteil in BFH/NV 2007, 616), liegt eine solche hinsichtlich
früherer Teilwertsteigerungen jedenfalls dann nicht vor, wenn --wie im Streitfall-- das erste Wirtschaftsjahr der Geltung
des Wertaufholungsgebots erst nach dem Zeitpunkt der Gesetzesverkündung geendet hat. Dann stand nämlich zum
Zeitpunkt der Verkündung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 am 31. März 1999 noch nicht fest, ob und
in welchem Umfang die früheren Teilwertsteigerungen zum für die Veranlagung maßgeblichen Zeitpunkt (dem
Schluss des Wirtschaftsjahres) noch vorhanden sein und sich auf den Unterschiedsbetrag nach § 4 Abs. 1 Satz 1
EStG 1997 auswirken würden.