Urteil des BFH vom 05.06.2014

Umsatzsteuerfreier Schwimmunterricht

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 5.6.2014, V R 19/13
Umsatzsteuerfreier Schwimmunterricht
Leitsätze
Schwimmunterricht kann als von Privatlehrern erteilter Schulunterricht steuerfrei sein.
Tatbestand
1 I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) führte in den Streitjahren 2005 bis 2007 Umsätze
im Rahmen einer von ihm betriebenen "Schwimmschule" aus. Er hatte im November 2005
das erste Staatsexamen für das Lehramt für die Fächer Sport und Physik abgelegt. Mit
mehreren Arbeitnehmern, überwiegend Physiotherapeuten, führte er Baby-, Kleinkinder-,
sonstige Kinder- und Erwachsenenschwimmkurse sowie Wassergymnastik wie Aqua-Jogging
oder Aqua-Fitness in Hallenbädern durch, die er vom jeweiligen kommunalen Betreiber
stundenweise angemietet hatte. Die Kursteilnehmer entrichteten für die Teilnahme an den
Kursen an den Kläger ein Entgelt, das auch ein auf die Kursteilnehmer entfallendes
Eintrittsgeld für die Hallenbadbenutzung umfassen konnte. Die Hallenbadbetreiber erhoben
vom Kläger für die Nutzungsüberlassung der Hallenbäder ein Entgelt von in der Regel 20 %
der von ihm vereinnahmten Kursgebühren. Auf der Grundlage des § 20 des
Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) erstatteten
Krankenkassen die für die Aqua-Fitness-Kurse erhobenen Entgelte ganz oder teilweise an die
Kursteilnehmer. Der Kläger gab keine Umsatzsteuererklärungen ab, da er seine Leistungen
als steuerfrei ansah.
2 Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte
(das Finanzamt --FA--) davon aus, dass der Kläger in den Jahren 2001 bis 2007
steuerpflichtige Leistungen erbracht habe und erließ dementsprechende
Umsatzsteuerbescheide. Während des Einspruchsverfahrens erging der
Umsatzsteuerbescheid 2006, der im Einspruchsverfahren an die Stelle der
Vorauszahlungsbescheide 2006 trat.
3 Nach der Erhebung der Klage zum Finanzgericht (FG) erging der
Umsatzsteuerjahresbescheid 2007, der an Stelle der Vorauszahlungsbescheide 2007 gemäß
§ 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Klageverfahrens wurde. Nachdem
der Kläger eine Bescheinigung der Bezirksregierung vorgelegt hatte, wonach die
Schwimmkurse auf einen Beruf vorbereiteten, während eine Bescheinigung für das Baby- und
Kleinkindschwimmen sowie das Aqua-Jogging und Aqua-Fitness wegen des engen Bezugs
zur Freizeitgestaltung abgelehnt wurde, ergingen geänderte Bescheide für die Jahre 2001 bis
2004, worauf der Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde. Geänderte
Bescheide ergingen auch für die Streitjahre 2005 bis 2007, die nach § 68 FGO Gegenstand
des Klageverfahrens wurden.
4 Nach dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 985 veröffentlichten Urteil des FG zu
den verbliebenen Streitjahren 2005 bis 2007 hatte die Klage im Hinblick auf die nach Erlass
der Änderungsbescheide noch streitigen Kurse wie Babyschwimmen, Kleinkindschwimmen,
Aqua-Jogging und Aqua-Fitness keinen Erfolg. Diese Leistungen seien weder nach
nationalem Recht noch nach den Bestimmungen der Sechsten Richtlinie des Rates vom
17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) oder den Bestimmungen der Richtlinie
des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
2006/112/EG (MwStSystRL) steuerfrei. Dies ergebe sich auch aus der hierzu ergangenen
Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des
Bundesfinanzhofs (BFH).
5 Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision, die er auf Verletzung materiellen und
formellen Rechts stützt. Seine Leistungen seien nach § 4 Nr. 22 Buchst. a und b des
Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei. Zumindest könne er sich auf Art. 132 Abs. 1
Buchst. g, h, i und j MwStSystRL (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g, h, i und j der Richtlinie
77/388/EWG) berufen. Für eine insoweit erforderliche Anerkennung reiche die
Kostenübernahme durch Krankenkassen aus. Er müsse als Einrichtung nur über eine vom
Mitgliedstaat "anerkannte vergleichbare Zielsetzung" verfügen. Inhaltsgleiche Kurse für
Schulen seien steuerfrei gewesen. Er sei zumindest zur Anwendung des ermäßigten
Steuersatzes berechtigt. Eine Vorlage an den EuGH sei erforderlich.
6 Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Umsatzsteuerjahresbescheide 2005 bis 2007
dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer von 0 EUR festgesetzt wird, hilfsweise, dass
der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist.
7 Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
8 Die Leistungen seien weder nach nationalem Recht noch nach dem Unionsrecht steuerfrei.
Es sei auch nicht der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Das FA habe nur die
Kursleistungen als steuerfrei anerkannt, die nach einer dem Kläger am 27. Oktober 2008
erteilten Bescheinigung ordnungsgemäß auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen
Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet hätten.
Entscheidungsgründe
9 II. Die Revision des Klägers ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache
an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Zwar hat das FG zutreffend
entschieden, dass die Leistungen des Klägers nicht nach nationalem Recht steuerfrei sind.
Der Kläger kann aber einen Anwendungsvorrang der Richtlinie geltend machen, wozu noch
weitere Feststellungen zu treffen sind.
10 1. Die Leistungen des Klägers sind nicht nach nationalem Recht steuerfrei.
11 a) Nach § 4 Nr. 21 UStG sind steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck
dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder
berufsbildender Einrichtungen, wenn sie als Ersatzschulen gemäß Art. 7 Abs. 4 des
Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind (Doppelbuchst. aa)
oder wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine
vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß
vorbereiten (Doppelbuchst. bb).
12 Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Der Kläger ist weder als Ersatzschule
staatlich genehmigt noch nach Landesrecht erlaubt. Für die im finanzgerichtlichen Verfahren
noch streitigen Kurse liegt auch keine Bescheinigung über die Vorbereitung auf einen Beruf
oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vor.
13 b) Nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG sind steuerfrei die Vorträge, Kurse und anderen
Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des
öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen
oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines
Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur
Deckung der Kosten verwendet werden. Steuerfrei sind auch andere kulturelle und
sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern
durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht (§ 4 Nr. 22
Buchst. b UStG).
14 Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor, da der Kläger als Einzelunternehmer
die nach dem eindeutigen Wortlaut von § 4 Nr. 22 Buchst. a und b UStG erforderlichen
unternehmerbezogenen Voraussetzungen nicht erfüllt. Ob dies gegen das Unionsrecht oder
die diesem zugrunde liegenden Grundsätze verstößt, ist im Hinblick auf diesen Wortlaut
unbeachtlich und nur im Zusammenhang mit der Berufung des Klägers auf das Unionsrecht
von Bedeutung.
15 2. Der Kläger kann sich für eine Steuerfreiheit seiner Leistungen aber auf das Unionsrecht
berufen.
16 a) Steuerfrei ist nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1
Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG) der von Privatlehrern erteilte Schul- und
Hochschulunterricht.
17 b) Nach dem zu dieser Bestimmung ergangenen EuGH-Urteil vom 28. Januar 2010 C-
473/08, Eulitz (Slg. 2010, I-907) kommt es auf Unterrichtseinheiten an, die sich auf Schul-
und Hochschulunterricht beziehen. Dies erfasst nicht nur Unterricht, der zu einer
Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick
auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein,
bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse
und Fähigkeiten von Schülern oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht
den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05,
Haderer, Slg. 2007, I-4841). Dem hat sich der erkennende Senat mit Urteil vom 20. März
2014 V R 3/13 (BFH/NV 2014, 1175, unter II.2.) angeschlossen.
18 c) Danach können einzelne Kurse, die der Kläger durchgeführt hat, als Schulunterricht eines
Privatlehrers steuerfrei sein. Dies gilt insbesondere für das Kleinkindschwimmen, da an der
Erlernung der Fähigkeit, schwimmen zu können, zum einen ein hohes Gemeinwohlinteresse
besteht und zum anderen die Erlangung dieser Fähigkeit auch in öffentlichen Schulen
unterrichtet wird. Dies mag auf Kurse wie Babyschwimmen, Aqua-Jogging und Aqua-Fitness
nicht zutreffen, zumal bei diesen auch der Charakter bloßer Freizeitgestaltung nicht zu
vernachlässigen ist. Hierzu sind im zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zu treffen.
19 3. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
20 a) Sind die Leistungen des Klägers nicht nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL (zuvor
Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei, kommt eine Berufung
auf andere Befreiungstatbestände des Unionsrechts nicht in Betracht.
21 aa) Zwar haben die Mitgliedstaaten von der Steuer auch zu befreien
22 - die "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen
und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime,
Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als
Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden" (Art. 132
Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL),
- die "eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundene Dienstleistungen und
Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere
von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte
Einrichtungen" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL),
- die "Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und
Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen und
Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit
solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden
Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i
MwStSystRL) sowie
- "bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende
Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport
oder Körperertüchtigung ausüben" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL).
23 bb) Die Voraussetzungen dieser Tatbestände liegen im Streitfall aber nicht vor.
24 (1) Für Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, h und i MwStSystRL folgt dies bereits daraus, dass es an
der personenbezogenen Voraussetzung der "anerkannten Einrichtung" fehlt. Insoweit ist es
nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung Sache des innerstaatlichen Rechts jedes
Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche
Anerkennung gewährt werden kann. Zu den für die Anerkennung maßgeblichen
Gesichtspunkten gehören das Bestehen spezifischer Vorschriften, bei denen es sich um
nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder
Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit handeln kann, das mit den Tätigkeiten des
betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass
andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen
Anerkennung kommen, und die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum
großen Teil durch Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit
(EuGH-Urteil Zimmermann vom 15. November 2012 C-174/11, Umsatzsteuer-Rundschau
2013, 35 Rdnr. 31, und BFH-Urteil vom 25. April 2013 V R 7/11, BFHE 241, 475, BStBl II
2013, 976, unter II.2.c aa). Auch im Hinblick auf eine Kostentragung durch Einrichtungen der
sozialen Sicherheit ist zu berücksichtigen, ob der Unternehmer seine Leistung unmittelbar
aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit Sozialversicherungsträgern erbringt (BFH-Urteil
vom 8. November 2007 V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634, unter II.2.b cc).
25 Danach reicht es für die Anerkennung als Einrichtung weder aus, dass der Kläger direkte
vertragliche Beziehungen mit Gemeinden hinsichtlich der Nutzung von Schwimmbädern
unterhielt, noch, dass Kosten auf der Grundlage von § 20 SGB V erstattet wurden. Denn die
Gemeinden waren als Hallenbadbetreiber nicht als "Krankenkassen oder andere
Einrichtungen der sozialen Sicherheit" tätig, während im Rahmen der Leistungserbringung
nach § 20 SGB V keine vertraglichen Beziehungen zu den gesetzlichen Krankenkassen
bestanden (vgl. auch Welti, in Becker/ Kingreen, SGB V, 3. Aufl., § 20 Rz 13). Im Übrigen
kommt dem Kläger mit seinen Leistungen neben dem Kleinkindschwimmen (zu diesem s.
oben II.2.) nicht der Charakter einer Einrichtung mit anerkannter vergleichbarer Zielsetzung
wie öffentlichen Schulen oder Hochschulen zu.
26 (2) Die Steuerfreiheit für bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und
Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an
Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben (Art. 132 Abs. 1 Buchst. m
MwStSystRL, zuvor: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG) kommt nicht
in Betracht, da der Kläger keine Einrichtung ohne Gewinnstreben ist.
27 b) Im zweiten Rechtsgang wird zu berücksichtigen sein, dass der Kläger für Leistungen, die
nicht steuerfrei sind, nicht den ermäßigten Steuersatz in Anspruch nehmen kann.
28 Zwar ordnet § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG für die unmittelbar mit dem Betrieb der
Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie für die Verabreichung von Heilbädern die
Anwendung des ermäßigten Steuersatzes an. In Bezug auf die unmittelbar mit dem Betrieb
der Schwimmbäder verbundenen Umsätze beruht die Vorschrift auf Art. 98 Abs. 2 und 3
MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 14 (zuvor Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie
77/388/EWG i.V.m. Anhang H Nr. 13), wie der Senat bereits entschieden hat (BFH-Urteil
vom 11. Februar 2010 V R 30/08, BFH/NV 2010, 2125, unter II.2.a ee). Danach können die
Mitgliedstaaten die Überlassung von Sportanlagen einem ermäßigten Steuersatz
unterwerfen. Unionsrechtliche Grundlage für die Verabreichung von Heilbädern ist die
Thermalbehandlung i.S. von Art. 98 Abs. 2 und 3 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 17 (zuvor
Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG i.V.m. Anhang H Nr. 13). § 12 Abs. 2 Nr. 9
Satz 1 UStG ist entsprechend diesen Bestimmungen auszulegen, wobei neben dem
allgemeinen Grundsatz enger Auslegung von Ausnahmetatbeständen auch zu
berücksichtigen ist, dass Vorschriften des nationalen Rechts auch dann eng auszulegen
sind, wenn sie ansonsten nicht der Richtlinie entsprechen (BFH-Urteil vom 8. März 2012
V R 14/11, BFHE 237, 279, BStBl II 2012, 630, unter II.2.c bb).
29 Im Hinblick auf die unionsrechtliche Grundlage der Steuersatzermäßigung, die sich auf die
Überlassung von Sportanlagen und damit auf eine Nutzungsüberlassung bezieht, ist es
danach nicht möglich, die Erteilung von Schwimmunterricht als einen unmittelbar mit dem
Betrieb eines Schwimmbads verbundenen Umsatz anzusehen. Sollte sich demgegenüber
aus Abschn. 171 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 ergeben, dass die
Erteilung von Schwimmunterricht als eigenständige Leistung der Steuersatzermäßigung
unterliegt, könnte sich der Senat dem nicht anschließen. Ebenso können Kurse wie "Aqua-
Jogging" und "Aqua-Fitness" nicht als Verabreichung von Heilbädern angesehen werden,
da insoweit unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Grundlagen eine
Thermalbehandlung vorliegen müsste, an der es fehlt.
30 4. Auf den geltend gemachten Verfahrensfehler kam es nicht mehr an.