Urteil des BFH vom 09.07.2014

Mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG durch anderweitige Zurechnung des Gesellschaftsanteils

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 9.7.2014, II R 49/12
Mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG durch anderweitige
Zurechnung des Gesellschaftsanteils
Leitsätze
1. Eine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes kann sich aus schuldrechtlichen
Bindungen des an der Personengesellschaft unmittelbar beteiligten Gesellschafters ergeben, so
dass dessen Anteil am Gesellschaftsvermögen einem Dritten (Neugesellschafter) zuzurechnen ist.
2. Für diese Zurechnungsentscheidung kann unter Beachtung grunderwerbsteuerrechtlicher
Besonderheiten auf die Grundsätze des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zurückgegriffen werden.
Tatbestand
1 I. An der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), einer GmbH & Co. KG, waren als
alleinige Kommanditisten A mit einer Einlage von 450.000 EUR sowie B mit einer Einlage von
2.050.000 EUR beteiligt. Komplementärin ohne eigenen Kapitalanteil war die A-GmbH, deren
alleinige Gesellschafter A und B waren.
2 Mit Vertrag vom 16. Oktober 2000 veräußerten A seinen gesamten Kommanditanteil an der
Klägerin und B einen Teil ihres Kommanditanteils mit --Ausnahme eines ihr verbleibenden
Teilkommanditanteils von 5,6 %-- an die X; im selben Vertrag veräußerten A und B ihre
sämtlichen Geschäftsanteile der A-GmbH an X. Die Abtretung der Gesellschaftsanteile an X
erfolgte unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung, die am
1. November 2001 fällig war. Als Übergabestichtag war der 1. November 2001 vereinbart.
Aufgrund eines in § 6 des Vertrags eingeräumten Optionsrechts war X berechtigt, jederzeit die
Übertragung des der B verbliebenen Teilkommanditanteils zu einem Kaufpreis von ... DM zu
verlangen. Wurde die Kaufoption nicht spätestens bis zum 31. Dezember 2006 ausgeübt,
konnte B von X den Erwerb des Teilkommanditanteils zum Kaufpreis von ... DM verlangen.
3 In der Folgezeit wurden in Bezug auf den der B verbliebenen Teilkommanditanteil weitere
Verträge geschlossen. Mit Vereinbarung vom 19. November 2001 gewährte X der B ein
Darlehen im Nominalwert von 1.300.000 DM. Das Darlehen hatte eine feste Laufzeit bis zum
31. Dezember 2006 und wurde mit einem abgezinsten Betrag von 1.000.000 DM sofort
ausgezahlt. Mit weiterer Vereinbarung vom 19. November 2001 übertrug B das
Gewinnstammrecht für den ihr verbliebenen Teilkommanditanteil auf X. Schließlich erteilte B
am 20. November 2001 in Bezug auf ihren Teilkommanditanteil dem F eine bis zum
31. Dezember 2006 befristete unwiderrufliche Vollmacht, alle Rechte wahrzunehmen und
Erklärungen gegenüber Dritten abzugeben. F wurde von den Beschränkungen des § 181 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) befreit.
4 Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) sah nach vorangegangener
Außenprüfung die Voraussetzungen einer nach § 1 Abs. 2a des Grunderwerbsteuergesetzes
i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (StEntlG 1999/2000/ 2002) vom
24. März 1999 (BGBl I 1999, 402) --GrEStG-- steuerbaren Änderung des
Gesellschafterbestandes i.V.m. § 42 der Abgabenordnung (AO) als erfüllt an und setzte gegen
die Klägerin mit Bescheid vom 16. Juni 2004 Grunderwerbsteuer fest. Zum Sachverhalt und
zur Bemessungsgrundlage wurde auf die Prüfungsfeststellungen (Betriebsprüfungsbericht
vom 11. März 2004) verwiesen. Bemessungsgrundlage war ein vom Betriebsprüfer auf den
16. Oktober 2000 ermittelter Bedarfswert der der Klägerin gehörenden Grundstücke von
... DM. Der Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg.
5 Das Finanzgericht (FG) gab der auf Aufhebung der Steuerfestsetzung gerichteten Klage mit
seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 395 veröffentlichten Urteil statt. Weder
der Vertrag vom 16. Oktober 2000 noch die hinsichtlich des der B verbliebenen
Kommanditanteils getroffenen späteren Vereinbarungen vom 19. und 20. November 2001
hätten zu einer den Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG erfüllenden Änderung des
Gesellschafterbestandes der Klägerin oder zur Verwirklichung eines anderweitigen
grunderwerbsteuerlichen Steuertatbestandes geführt.
6 Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 1 Abs. 2a GrEStG. In Bezug auf den der B
verbliebenen Kommanditanteil von 5,6 % seien aufgrund der Vereinbarungen vom 19. und
20. November 2001 weitere Berechtigungen auf X übergegangen, so dass § 1 Abs. 2a
GrEStG erfüllt sei. Zumindest ergebe sich ein steuerbarer Rechtsvorgang bei analoger
Anwendung des § 1 Abs. 2 GrEStG oder aufgrund § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i.V.m. § 42 AO.
7 Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
8 Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
9 II. Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung war aufzuheben und die Sache zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3
Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
10 1. Entgegen der Ansicht des FG kann auf der Grundlage des Vertrags vom 16. Oktober 2000
und der Vereinbarung vom 19. November 2001 der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG
erfüllt sein. Das FG hat die an eine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes i.S.
des § 1 Abs. 2a GrEStG zu stellenden Anforderungen verkannt.
11 a) Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und
ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar
dergestalt, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue
Gesellschafter übergehen, gilt dies nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG als ein auf die
Übereignung dieses Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes
Rechtsgeschäft. Die Änderung des Gesellschafterbestandes nach § 1 Abs. 2a Satz 1
GrEStG kann in einem einzelnen Rechtsvorgang oder in Teilakten über einen Zeitraum von
längstens fünf Jahren erfolgen (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. April 2012
II R 51/11, BFHE 236, 569, BStBl II 2013, 830, und vom 16. Mai 2013 II R 3/11, BFHE 242,
169, BStBl II 2013, 963).
12 aa) Eine unmittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes einer
grundstücksbesitzenden Personengesellschaft liegt vor, wenn ein Mitgliedschaftsrecht an
der Gesellschaft zivilrechtlich wirksam auf ein neues Mitglied der Personengesellschaft
übergeht (BFH-Urteile vom 16. Januar 2013 II R 66/11, BFHE 240, 191, BStBl II 2014, 266;
vom 24. April 2013 II R 17/10, BFHE 241, 53, BStBl II 2013, 833; in BFHE 242, 169, BStBl II
2013, 963; vom 25. September 2013 II R 17/12, BFHE 243, 404, BStBl II 2014, 268, und
BFH-Beschluss vom 2. März 2013 II R 23/10, BFHE 232, 358, BStBl II 2011, 932).
13 Wirtschaftliche Gesichtspunkte spielen dabei keine Rolle (BFH-Urteile vom 29. Februar
2012 II R 57/09, BFHE 237, 244, BStBl II 2012, 917; in BFHE 240, 191, BStBl II 2014, 266,
und in BFHE 241, 53, BStBl II 2013, 833). Neue Mitglieder einer grundstücksbesitzenden
Personengesellschaft i.S. des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG können natürliche und juristische
Personen sowie Personengesellschaften sein.
14 bb) Die mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes einer grundstücksbesitzenden
Personengesellschaft i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG ist nach der Rechtsprechung des Senats
demgegenüber nur nach wirtschaftlichen Maßstäben zu beurteilen (grundlegend: BFH-Urteil
in BFHE 241, 53, BStBl II 2013, 833). Eine Anknüpfung an das Zivilrecht scheidet aus, da es
zivilrechtlich keine mittelbare Änderung eines Gesellschafterbestandes gibt und bei der
mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestandes i.S. des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG
zivilrechtlich kein Anteil an der Gesellschaft auf einen neuen Gesellschafter übergeht. Es
bleibt nur eine am Sinn und Zweck der Regelung und an wirtschaftlichen Gesichtspunkten
ausgerichtete Auslegung.
15 Mit der durch Art. 15 Nr. 1 Buchst. a StEntlG 1999/2000/2002 erfolgten Neufassung des § 1
Abs. 2a GrEStG, durch die mittelbare Änderungen des Gesellschafterbestandes
grundstücksbesitzender Personengesellschaften ausdrücklich in den Tatbestand der
Vorschrift aufgenommen wurden, soll verhindert werden, dass Gesellschafter mittelbar
Anteile an Personengesellschaften erwerben und dadurch die Besteuerung nach § 1 Abs. 2a
GrEStG umgehen (Begründung des Regierungsentwurfs, BRDrucks 910/98, S. 203; vgl.
ferner Dritter Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages zum Entwurf
eines StEntlG 1999/2000/2002, BTDrucks 14/443, S. 42). Nach den danach erkennbaren
Vorstellungen des Gesetzgebers sollen mit der Einbeziehung mittelbarer Vorgänge auch
Rechtsänderungen hinter oder oberhalb des unmittelbar an der grundstücksbesitzenden
Personengesellschaft beteiligten Rechtsträgers erfasst werden. Diese sollen --entweder für
sich allein oder im Zusammenhang mit weiteren Rechtsvorgängen-- unmittelbaren
Änderungen des Gesellschafterbestandes einer grundstücksbesitzenden
Personengesellschaft gleichstehen (BFH-Urteil in BFHE 241, 53, BStBl II 2013, 833, Rz 13,
14, 16, 17). Die mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes setzt deshalb nicht
voraus, dass es auch zu einem dinglichen Übergang von Anteilen auf neue Gesellschafter
kommt (Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 10. Aufl., § 1 Rz 113; a.A. z.B.
Behrens/ Schmitt, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuerrecht 2009, 240).
16 Eine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes kann nicht nur dadurch eintreten,
dass sich die Beteiligungsverhältnisse bei einer an der grundstücksbesitzenden
Personengesellschaft beteiligten Kapital- oder Personengesellschaft ändern (dazu BFH-
Urteil in BFHE 241, 53, BStBl II 2013, 833). Ebenso kann sich --ebenfalls jenseits der
zivilrechtlichen Ebene-- auch aus schuldrechtlichen Bindungen des an der
Personengesellschaft unmittelbar beteiligten Gesellschafters ergeben, dass dessen Anteil
am Gesellschaftsvermögen einem Dritten (Neugesellschafter) zuzurechnen ist. Auch
derartige Rechtsvorgänge können es nach den § 1 Abs. 2a GrEStG zugrunde liegenden
Wertungen rechtfertigen, den Dritten wie einen neuen Gesellschafter zu behandeln und die
Zurechnung des Anteils dem zivilrechtlichen Erwerb des Anteils durch einen neuen
Rechtsträger gleichzustellen.
17 cc) Für die insoweit nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorzunehmende
Zurechnungsentscheidung kann unter Beachtung grunderwerbsteuerrechtlicher
Besonderheiten auf die Grundsätze des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zurückgegriffen werden. Zwar
ist § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO Ausdruck der wirtschaftlichen Betrachtungsweise und daher
naturgemäß auf Steuerarten, welche an bürgerlich-rechtliche Vorgänge anknüpfen, nicht
oder zumindest nur nach Sachlage des Einzelfalles anwendbar (BFH-Urteil vom
22. September 1982 II R 61/80, BFHE 137, 188, BStBl II 1983, 179). Soweit das GrEStG
Grundstücksumsätze durch Anknüpfung an einen bürgerlich-rechtlichen Rechtsvorgang
mittels Verwendung von Begriffen des bürgerlichen Rechts besteuert, scheiden eine
Zuordnung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten und die Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 1
AO grundsätzlich aus (z.B. BFH-Urteil vom 29. September 2004 II R 14/02, BFHE 207, 59,
BStBl II 2005, 148; Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 39 AO Rz 60). § 39
Abs. 2 Nr. 1 AO ist aber nach diesen Grundsätzen auch im Grunderwerbsteuerrecht
anwendbar, wenn und soweit die Auslegung eines im GrEStG verwendeten gesetzlichen
Merkmals ergibt, dass es nicht auf die zivilrechtlichen, sondern auf die wirtschaftlichen
Gegebenheiten ankommt. Dies ist bei dem Merkmal der "mittelbaren Änderung" des
Gesellschafterbestandes der Fall. In Anlehnung an die für § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO geltenden
Grundsätze können es demgemäß auch schuldrechtliche Vereinbarungen rechtfertigen,
einen Anteil am Gesellschaftsvermögen einer grundstücksbesitzenden
Personengesellschaft abweichend von der zivilrechtlichen Zuordnung zum (Alt-
)Gesellschafter einem Dritten (fiktiver Neugesellschafter) zuzurechnen. Die Grundlage einer
solchen Zurechnung aufgrund wirtschaftlichen Eigentums ist nicht auf bestimmte
Vertragstypen beschränkt.
18 dd) Im Falle des Verkaufs einer Beteiligung an einer Gesellschaft reicht jedenfalls der bloße
Abschluss eines Kaufvertrages nicht aus, um wirtschaftliches Eigentum anzunehmen.
Deshalb reicht hierfür auch die wirtschaftlich vergleichbare Vereinbarung einer Kaufoption
oder --wie im Streitfall-- die Vereinbarung einer "Doppeloption", bei der dem Käufer ein
Ankaufsrecht und zugleich dem Verkäufer ein Andienungsrecht zu jeweils feststehenden
Konditionen eingeräumt wird, für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums der Käuferseite
nicht aus. Wirtschaftliches Eigentum liegt in diesen Fällen vielmehr nur dann vor, wenn der
Käufer des Anteils
19
-
aufgrund eines (bürgerlich-rechtlichen) Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich
geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat, die ihm
gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann, und
-
die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte sowie
-
das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf ihn
übergegangen sind (vgl. BFH-Urteile vom 10. März 1988 IV R 226/85, BFHE 153, 318,
BStBl II 1988, 832, m.w.N., und vom 11. Juli 2006 VIII R 32/04, BFHE 214, 326, BStBl
II 2007, 296).
20 Entscheidend ist das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall
(BFH-Urteil vom 25. Mai 2011 IX R 23/10, BFHE 234, 55, BStBl II 2012, 3, ständige
Rechtsprechung; Fischer in HHSp, § 39 AO Rz 103 f.; Drüen in Tipke/Kruse,
Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 39 AO Rz 24, jeweils m.w.N.). Bei dieser
Gesamtbildbetrachtung kann eine von der zivilrechtlichen Inhaberstellung abweichende
Zuordnung eines Wirtschaftsguts auch anzunehmen sein, wenn die hierfür regelmäßig zu
stellenden Anforderungen nicht in vollem Umfang erfüllt sind (BFH-Urteile vom 15. Februar
2001 III R 130/95, BFH/NV 2001, 1041, und in BFHE 214, 326, BStBl II 2007, 296).
21 b) Nach diesen Grundsätzen liegt in den Vereinbarungen, die B mit X hinsichtlich ihres
Teilkommanditanteils von 5,6 % am 16. Oktober 2000 sowie am 19. November 2001
getroffen hat, eine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes der Klägerin. Denn mit
dem Erwerb des Optionsrechts hat X eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des
Teilkommanditanteils der B gerichtete Rechtsposition erworben, die ihr gegen ihren Willen
nicht mehr entzogen werden konnte. Da gleichzeitig die Konditionen festgelegt wurden, zu
denen die X den Kommanditanteil erhalten sollte, sind auch das Risiko einer Wertminderung
des Anteils und die Chance einer Wertsteigerung desselben auf sie übergegangen.
22 Es sind auch die mit dem Teilkommanditanteil verbundenen wesentlichen Rechte der B auf
X übergegangen. Denn B hat durch die Vereinbarung vom 19. November 2001 auch das mit
ihrer Mitgliedschaft verbundene Gewinnstammrecht auf X übertragen. Durch diese
Vereinbarung sind im Ergebnis die zukünftigen Ansprüche der B auf den laufenden Gewinn
auf die X übergegangen. Dabei kann dahinstehen, ob die von den Vertragsschließenden
vorgenommene isolierte Übertragung des Gewinnstammrechts im Hinblick auf das
Abspaltungsverbot nach § 161 Abs. 2 i.V.m. § 105 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs und
§ 717 Satz 1 BGB unzulässig ist (MünchKomm/HGB/Priester, 3. Aufl., § 121 HGB Rz 9;
Palandt/Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch, 73. Aufl., § 717 Rz 4; Haas in Röhricht/von
Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl., § 121 Rz 1). Denn selbst wenn dem so wäre, müsste die
gegen § 717 Satz 1 BGB verstoßende und daher nichtige Übertragung des
Gewinnstammrechts nach Maßgabe des § 140 BGB in eine aufgrund der nach Sachlage
gegebenen Zustimmung aller Gesellschafter wirksame Überlassung des
Gewinnstammrechts zur Ausübung durch die X umgedeutet werden
(MünchKommBGB/Schäfer, 6. Aufl., § 717 Rz 9; Soergel-Hadding, BGB, 12. Aufl., § 717
Rz 22; Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. Mai 1956 II ZR 229/54, BGHZ 20, 363). Diese
Überlassung des Gewinnstammrechts zur Ausübung führte dazu, dass B nach Abschluss
der Vereinbarung zukünftig keine Gewinnansprüche mehr hatte und diese allein der X
zustanden.
23 Unter diesen Umständen bedurfte es zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nicht
zusätzlich noch der Übertragung der Stimmrechte, denn diese hatten aufgrund der mit X
getroffenen Vereinbarungen für B wirtschaftlich weitgehend ihre Bedeutung verloren. Es
kommt danach nicht mehr darauf an, welche zusätzliche Bedeutung die am 20. November
2001 erfolgte Vollmachtserteilung an F im Hinblick auf den Übergang des wirtschaftlichen
Eigentums an dem Teilkommanditanteil gehabt haben könnte.
24 Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung
aufzuheben.
25 2. Die Sache ist nicht spruchreif.
26 a) Die vom FG getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um abschließend darüber
entscheiden zu können, ob und zu welchem Zeitpunkt aufgrund der am 16. Oktober 2000
sowie am 19. November 2001 getroffenen Vereinbarungen ein nach § 1 Abs. 2a Satz 1
GrEStG steuerbarer Gesellschafterwechsel bei der Klägerin eingetreten ist. Hierzu kommt es
darauf an, ob und wann es --neben dem mittelbaren Gesellschafterwechsel hinsichtlich des
Teilkommanditanteils der B in Höhe von 5,6 % vom 19. November 2001-- zum unmittelbaren
Übergang der übrigen Kommanditanteile von A und B auf X im Umfang von 94,4 %
gekommen ist. Dieser Übergang stand unter der Bedingung der vollständigen Zahlung des
im Vertrag vom 16. Oktober 2000 vereinbarten Kaufpreises. Das FG wird deshalb im zweiten
Rechtsgang den Zeitpunkt der vollständigen Bezahlung des Kaufpreises festzustellen und
hieraus die für die Entstehung der Steuer maßgeblichen Schlüsse zu ziehen haben. Bei
einer vollständigen Kaufpreiszahlung bis zum 19. November 2001 ist der Tatbestand des § 1
Abs. 2a GrEStG am 19. November 2001 und bei einer späteren Kaufpreiszahlung
entsprechend später erfüllt.
27 b) Das FG hat im zweiten Rechtsgang ferner zu beachten, dass die Grundbesitzwerte der
Grundstücke der Klägerin gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG i.V.m. § 138 Abs. 5 des
Bewertungsgesetzes in der im Jahre 2001 geltenden Fassung auf den Zeitpunkt der
Steuerentstehung gesondert festgestellt werden müssen. Das FG wird deshalb das FA zu
veranlassen haben, die Feststellung der Grundbesitzwerte auf diesen Stichtag nachzuholen
(BFH-Urteil vom 25. September 2013 II R 2/12, BFHE 243, 398, BStBl II 2014, 329, m.w.N.).
28 c) Das FG hat ferner zu veranlassen, dass die Festsetzung der Grunderwerbsteuer
entsprechend den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom
17. Juni 2011 (BStBl I 2011, 575) gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufig durchgeführt
wird.