Urteil des BFH vom 10.04.2014

Kindergeld: Fahrtaufwendungen im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses; Berufsfachschule als regelmäßige Arbeitsstätte; private Lerngemeinschaft keine regelmäßige Arbeitsstätte

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 10.4.2014, III R 35/13
Kindergeld: Fahrtaufwendungen im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses;
Berufsfachschule als regelmäßige Arbeitsstätte; private Lerngemeinschaft keine regelmäßige
Arbeitsstätte
Leitsätze
1. Besucht ein Auszubildender im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses, aus dem er
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt, eine Berufsfachschule, deren Träger sein
Arbeitgeber ist und die sich auf dem selben Gelände wie der Ausbildungsbetrieb befindet, ist nicht
nur der Ausbildungsbetrieb, sondern auch die Berufsfachschule regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des
§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 EStG in der bis Ende 2013 geltenden Fassung.
2. Besucht ein Auszubildender, der sich in einem Ausbildungsdienstverhältnis befindet, eine
private Lerngemeinschaft, die in der Wohnung eines anderen Auszubildenden stattfindet, handelt
es sich dabei auch dann nicht um eine regelmäßige Arbeitsstätte des Auszubildenden, wenn sich
die Wohnung des anderen Auszubildenden in einem auf dem Betriebsgelände liegenden
Wohnheim des Arbeitgebers befindet.
Tatbestand
1 I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist der Vater seiner im Mai 1989 geborenen
Tochter (T). T befand sich in der Zeit vom 1. Oktober 2009 bis 30. September 2012 in einem
dualen Berufsausbildungsverhältnis. Der praktische Teil der Ausbildung fand in den Räumen
des Klinikums statt, mit dem der Ausbildungsvertrag geschlossen wurde. Der theoretische Teil
der Ausbildung wurde in der Berufsfachschule vermittelt. Diese befindet sich schräg
gegenüber den Klinikgebäuden auf der anderen Seite der Straße in ca. 200 m Entfernung.
2 T bezog im Streitzeitraum Januar bis Dezember 2011 einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von
12.368,84 EUR. Ferner erhielt T steuerfreie Bezüge in Höhe von 284,99 EUR. Ihre
Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung betrugen 2.551,03 EUR. T fuhr im Streitzeitraum
an 143 Tagen zum Klinikum, an 77 Tagen zur Berufsfachschule und an 15 Tagen zu einer
Lerngemeinschaft. Die Lerngemeinschaft wurde im Wohnheim des Klinikums durchgeführt,
das sich in derselben Straße wie das Klinikum befindet. Die Entfernung zwischen der
Wohnung der T und allen drei Ausbildungsorten beträgt jeweils 23 km.
3 Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) lehnte den Antrag des Klägers auf
Kindergeldfestsetzung für T mit Bescheid vom 5. September 2012 mit der Begründung ab,
dass die Einkünfte und Bezüge der T im Jahr 2011 über dem maßgeblichen Grenzbetrag von
8.004 EUR gelegen hätten. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die Familienkasse mit
Einspruchsentscheidung vom 18. September 2012 als unbegründet zurück. Hierbei setzte es
die Fahrten zum Klinikum und zur Berufsfachschule mit der Entfernungspauschale von
0,30 EUR an.
4 Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013,
1599 veröffentlichten Gründen als unbegründet ab.
5 Mit der hiergegen gerichteten Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
6 Der Kläger beantragt sinngemäß, die Familienkasse unter Aufhebung des
Ablehnungsbescheids vom 5. September 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
18. September 2012 und des hierzu ergangenen FG-Urteils zu verpflichten, Kindergeld für
seine Tochter für den Zeitraum Januar bis Dezember 2011 festzusetzen.
7 Die Familienkasse beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
8 II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Einkünfte und Bezüge der T haben den
Jahresgrenzbetrag (§ 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes --EStG-- in der für das
Streitjahr 2011 geltenden Fassung) in Höhe von 8.004 EUR überschritten.
9 Für ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und sich in
Ausbildung befindet, besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 2
EStG ein Anspruch auf Kindergeld nur, wenn das Kind Einkünfte und Bezüge, die zur
Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht
mehr als 8.004 EUR im Kalenderjahr hat. Der Begriff der Einkünfte entspricht dem in § 2
Abs. 2 EStG gesetzlich definierten Begriff und ist je nach Einkunftsart als Gewinn oder als
Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu verstehen. Erzielt das Kind
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sind daher von den Bruttoeinnahmen die
Werbungskosten abzuziehen (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteile vom 22. Oktober
2009 III R 101/07, BFH/NV 2010, 200, und vom 20. Dezember 2012 III R 33/12, BFHE 240,
107, BStBl II 2013, 1035).
10 a) Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass T im Streitzeitraum Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) bezog. Nach der Rechtsprechung
des Bundesfinanzhofs (BFH) stellen sowohl Vergütungen aus einem öffentlich-rechtlichen
Dienstverhältnis, welches der Ausbildung des betreffenden Leistungsempfängers dient, als
auch Ausbildungsvergütungen aus einem privatrechtlichen Ausbildungsdienstverhältnis
steuerrechtlich Arbeitslohn dar (s. im Einzelnen BFH-Urteil vom 18. Juli 1985 VI R 93/80,
BFHE 144, 237, BStBl II 1985, 644, m.w.N.). T befand sich in einem privatrechtlichen
Ausbildungsdienstverhältnis.
11 b) Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Aufwendungen, die objektiv durch
die berufliche Tätigkeit veranlasst sind und die subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt
werden. Diese Voraussetzungen können auch bei berufsbezogenen Bildungsmaßnahmen
erfüllt sein (BFH-Urteil vom 27. Oktober 2011 VI R 52/10, BFHE 235, 444, BStBl II 2012,
825). Zu den Werbungskosten können auch Fahrtkosten gehören. Sie sind grundsätzlich in
tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen, soweit der Arbeitnehmer nicht von der in H 9.5 des
Amtlichen Lohnsteuerhandbuchs 2011 vorgesehenen Pauschale (0,30 EUR je
Fahrtkilometer) Gebrauch macht. Fahrtkosten sind jedoch nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG
nur nach den Regeln über die Entfernungspauschale zu berücksichtigen, soweit es sich um
Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte handelt. In diesem Fall sind pro
Entfernungskilometer zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte grundsätzlich
0,30 EUR anzusetzen (z.B. BFH-Urteile vom 9. Februar 2012 VI R 44/10, BFHE 236, 431,
BStBl II 2013, 234, und vom 18. September 2012 VI R 65/11, BFH/NV 2013, 517).
12 Regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne dieser Vorschrift ist (nur) der (ortsgebundene)
Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und damit der
Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung
zu erbringen hat (BFH-Urteil vom 9. Juni 2011 VI R 55/10, BFHE 234, 164, BStBl II 2012, 38,
m.w.N.). Dies ist im Regelfall der Betrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers, der der
Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen
Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht (BFH-Urteil in BFHE 234, 164,
BStBl II 2012, 38, m.w.N). Eine vom Arbeitnehmer besuchte arbeitgeberfremde
Bildungseinrichtung stellt keine regelmäßige Arbeitsstätte in diesem Sinne dar (BFH-Urteile
in BFHE 236, 431, BStBl II 2013, 234; vom 9. Februar 2012 VI R 42/11, BFHE 236, 439,
BStBl II 2013, 236; Senatsurteil vom 22. November 2012 III R 64/11, BFHE 239, 355, BStBl II
2013, 914). Entsprechend kann auch eine Ausbildungsstätte im Rahmen eines
Dienstverhältnisses bei beruflichen Lehrgängen, Ausbildungsverhältnissen, Abordnungen
oder Fortbildungsmaßnahmen den Charakter einer regelmäßigen Arbeitsstätte haben, wenn
es sich um eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers handelt und der Arbeitnehmer
diese dauerhaft, d.h. über einen längeren Zeitraum aufsucht (Bergkemper in Herrmann/
Heuer/Raupach --HHR--, § 9 EStG Rz 453). Eine andere Beurteilung kommt nur in Betracht,
wenn eine berufliche Bildungsmaßnahme außerhalb eines Dienstverhältnisses durchgeführt
wird (Bergkemper in HHR, § 9 EStG Rz 453).
13 c) Im Streitfall ist das FG hinsichtlich der Fahrten zwischen der Wohnung der T und dem
Ausbildungsbetrieb (Klinikum) zu Recht davon ausgegangen, dass hierfür die
Entfernungspauschale anzusetzen ist. Denn der Ausbildungsbetrieb stellt eine betriebliche
Einrichtung des Arbeitgebers der T dar, der T durch ihren Ausbildungsvertrag zugeordnet
war und in der sie über einen längeren Zeitraum --jedenfalls die gesamte Dauer ihres
Ausbildungsverhältnisses-- fortdauernd und immer wieder ihre durch den
Ausbildungscharakter geprägte berufliche Leistung gegenüber ihrem Arbeitgeber zu
erbringen hatte (BFH-Urteil in BFHE 234, 164, BStBl II 2012, 38, m.w.N.). Die Ausbildung im
Klinikum bildete auch den Kern des gesamten Ausbildungsverhältnisses, so dass sich der
Ausbildungsbetrieb als ortsgebundener Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit der T darstellte
(s. hierzu BFH-Urteil in BFHE 234, 164, BStBl II 2012, 38, m.w.N.).
14 d) Wie der Senat bereits mit Urteil vom 27. Februar 2014 III R 60/13 (zur amtlichen
Veröffentlichung bestimmt) entschieden hat, ergibt sich --entgegen der Auffassung des
Klägers-- nichts anderes aus den Urteilen des VI. Senats des BFH vom 16. Januar 2013
VI R 14/12 (BFHE 240, 125, BStBl II 2013, 449) und in BFHE 236, 431, BStBl II 2013, 234.
Den bezeichneten Urteilen lagen Sachverhalte zugrunde, die mit der vorliegend zu
entscheidenden Fallkonstellation nicht vergleichbar sind.
15 aa) Die erstgenannte Entscheidung behandelte Fahrtaufwendungen eines Studenten, der
ein Fachstudium durchführte, welches zwei praktische Studiensemester in einem Betrieb
umfasste. Hier kam der BFH zu dem Ergebnis, dass die Fahrten zum Betrieb keine solchen
zu einer regelmäßigen Arbeitsstätte darstellen, weil die Hochschule während der
praktischen Studiensemester wegen des fortbestehenden Studentenstatus Mittelpunkt der
Tätigkeit bleibt. Ausdrücklich wies der BFH darauf hin, dass sich das streitgegenständliche
Hochschulstudium von einem herkömmlichen Ausbildungsverhältnis, in dessen Rahmen der
Steuerpflichtige bereits Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt, unterscheidet.
16 bb) In dem zweiten Fall war die Frage zu entscheiden, ob eine Steuerpflichtige, die bereits
ein Studium abgeschlossen hatte, Fahrtkosten zur Hochschule, die im Rahmen eines später
begonnenen weiteren Studiums angefallen waren, als vorab entstandene Werbungskosten
aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen konnte. Insoweit stellte der BFH zum einen
darauf ab, dass solche außerhalb eines Arbeitsverhältnisses stattfindende
Bildungsmaßnahmen regelmäßig vorübergehend und nicht auf Dauer angelegt sind und der
Arbeitnehmer typischerweise nicht die Möglichkeit hat, durch die Bildung von
Fahrgemeinschaften, die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln und ggf. durch eine
entsprechende Wohnsitznahme seine Wegekosten gering zu halten. Zum anderen wies er
darauf hin, dass eine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG nur im
Rahmen bezahlter Arbeit in Betracht kommt.
17 cc) Demgegenüber fand im Streitfall die Ausbildung in einem herkömmlichen
Ausbildungsverhältnis statt, in dessen Rahmen T bereits Einkünfte aus nichtselbständiger
Arbeit erzielte. Zudem ist ein der betrieblichen Ausbildung dienendes Arbeitsverhältnis --wie
das, in dem sich T befand-- auch nicht typischerweise vorübergehend, weil es sich häufig
nach Ausbildungsende in einem regulären Arbeitsverhältnis im selben Betrieb fortsetzt.
18 dd) Im Übrigen hat der VI. Senat dem zeitlichen Umfang einer Tätigkeit und dem Umstand,
dass es sich um eine befristete Tätigkeit handelt, dann maßgebliche Bedeutung
beigemessen, wenn eine Abgrenzung zwischen einer Tätigkeit am bisherigen
Tätigkeitsmittelpunkt und einer --insbesondere nach einer Versetzung oder Abordnung
stattfindenden-- Tätigkeit an einem neuen Tätigkeitsort vorzunehmen war (BFH-Urteile vom
8. August 2013 VI R 27/12, BFH/NV 2014, 308; VI R 72/12, BFHE 242, 358, BStBl II 2014,
68, und VI R 59/12, BFHE 242, 354, BStBl II 2014, 66). Diese Abgrenzung lässt sich
hingegen nicht auf die sich hiervon unterscheidende Frage übertragen, ob ein
Ausbildungsdienstverhältnis allein deshalb als nicht dauerhaft anzusehen ist, weil es
üblicherweise auf zwei bis vier Jahre befristet ist. Der erkennende Senat kann § 9 Abs. 1
Satz 3 Nr. 4 EStG in der im Streitzeitraum geltenden Fassung keinen Anhaltspunkt dafür
entnehmen, dass ein Auszubildender im Ausbildungsbetrieb nicht seine regelmäßige
Arbeitsstätte hat, obwohl er diesem Ausbildungsbetrieb für die gesamte Ausbildungszeit
zugewiesen ist, dort für mehrere Jahre immer wieder tätig wird und seine für das
Ausbildungsverhältnis zentralen Leistungen erbringt. Auch nach neuem Recht (§ 9 Abs. 4
Satz 3 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der
Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013,
BGBl I 2013, 285) ist von einer dauerhaften Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte u.a. dann
auszugehen, wenn der Arbeitnehmer "für die Dauer des Dienstverhältnisses" an dieser
Tätigkeitsstätte tätig werden soll.
19 e) Zu Recht hat das FG auch die Fahrten von der Wohnung der T zur Berufsfachschule mit
der Entfernungspauschale angesetzt.
20 Zum einen stellt die Berufsfachschule eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers der T
dar, der T zugeordnet war. Denn nach den Feststellungen des FG war der Arbeitgeber der T
zugleich der Träger der Berufsfachschule. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall
von den Fällen, in denen der Auszubildende z.B. neben der Ausbildung bei einem privaten
Arbeitgeber eine staatliche Berufsschule zu besuchen hat.
21 Zum anderen war die Berufsfachschule auch in örtlicher Hinsicht Teil der regelmäßigen
Arbeitsstätte der T. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BFH, dass ein größeres,
räumlich geschlossenes Gebiet als regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4
EStG in Betracht kommt, wenn es sich um ein zusammenhängendes Gelände des
Arbeitgebers handelt, auf dem der Arbeitnehmer auf Dauer und mit einer gewissen
Nachhaltigkeit tätig wird (BFH-Urteil vom 18. Juni 2009 VI R 61/06, BFHE 226, 59, BStBl II
2010, 564, m.w.N.). So liegen die Verhältnisse im Streitfall. Denn die Berufsfachschule
befindet sich nach den weiteren Feststellungen des FG schräg gegenüber den
Klinikgebäuden auf der anderen Seite der Straße und damit innerhalb des größeren,
räumlich geschlossenen Klinikgeländes. Die Berufsfachschule war daher auch keine weitere
Tätigkeitsstätte der T, sondern zusammen mit der Klinik der ortsgebundene Mittelpunkt ihrer
Tätigkeit. Ohne weiteres konnte sich die T daher auch auf die immer gleichen Wege zur
praktischen und theoretischen Ausbildung im Klinikgelände einstellen.
22 f) Zu Unrecht hat das FG hingegen die Fahrten von der Wohnung der T zum Wohnheim des
Klinikums nur mit der Entfernungspauschale angesetzt, denn hierbei handelte es sich um
Fahrten zu einer arbeitgeberfremden Bildungseinrichtung.
23 T nahm in der in dem Wohnheim des Klinikums befindlichen Wohnung einer anderen
Auszubildenden an einer Lerngemeinschaft teil. Hierbei handelte es sich nicht um eine
aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung in einer arbeitgebereigenen
Bildungseinrichtung, sondern um eine --nach den Feststellungen des FG-- zwar beruflich
veranlasste, aber außerhalb des Dienstverhältnisses durchgeführte Veranstaltung in der
privaten Wohnung ihrer Ausbildungskollegin. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass sich
das Wohnheim ebenfalls auf dem Klinikgelände befindet. Denn für die Qualifizierung als
regelmäßige Arbeitsstätte kommt es nicht allein darauf an, dass immer wieder derselbe
geographische Ort aufgesucht wird. Vielmehr fordert der Begriff der "Arbeitsstätte" auch,
dass es sich bei der an dem betreffenden Ort durchgeführten Tätigkeit um eine im Rahmen
des Arbeitsverhältnisses erbrachte Leistung handelt. Die Lerngemeinschaften fanden
indessen ohne Aufforderung oder Weisung des Arbeitgebers und damit außerhalb von
dessen Direktions- bzw. Zuordnungsrecht statt. Vielmehr konnte T im Rahmen der
häuslichen Vor- und Nachbereitung des Ausbildungsstoffes selbst entscheiden, welche
Aufwendungen sie für zweckmäßig erachtete.
24 g) Da sich auch unter Berücksichtigung einer Verdoppelung der für die private
Lerngemeinschaft angesetzten Fahrtkosten (103,50 EUR) Einkünfte der T (8.300,46 EUR ./.
103,50 EUR = 8.196,96 EUR) ergeben, die den gesetzlichen Grenzbetrag (8.004,00 EUR)
überschreiten, erfolgte die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung im Ergebnis zu Recht.