Urteil des BFH vom 10.02.2016

Landesärztekammer im Bereich "externe Qualitätssicherung Krankenhaus" nicht unternehmerisch tätig

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 10.2.2016, XI R 26/13
Landesärztekammer im Bereich "externe Qualitätssicherung Krankenhaus" nicht
unternehmerisch tätig
Leitsätze
Eine Landesärztekammer ist als juristische Person des öffentlichen Rechts im Rahmen der
sog. "externen Qualitätssicherung Krankenhaus" nicht unternehmerisch tätig, wenn sie
insoweit auf öffentlich-rechtlicher Grundlage handelt und ihre Behandlung als
Nichtunternehmerin nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.
Tenor
Das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 16. April 2013 15 K 227/10 U wird aufgehoben.
Der Umsatzsteuerbescheid für 2004 vom 12. Dezember 2013 wird dahingehend geändert,
dass die von der Klägerin im Rahmen der "externen Qualitätssicherung Krankenhaus"
ausgeführten Umsätze als nicht steuerbar behandelt werden.
Die Berechnung der festzusetzenden Umsatzsteuer wird dem Beklagten aufgegeben.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
1 I. Die Beteiligten streiten darum, ob von der Klägerin und Revisionsbeklagten
(Klägerin), einer Ärztekammer, gegen Entgelt erbrachte Leistungen im Bereich der
"externen Qualitätssicherung" von Krankenhäusern steuerbar sind.
2 Die Klägerin, deren Aufgaben sich nach dem Heilberufsgesetz Nordrhein-Westfalen
(HeilBerG NRW) bestimmen, war im Jahr 2004 (Streitjahr) im Rahmen der "externen
Qualitätssicherung Krankenhaus" tätig. Diese war im Streitjahr in § 137 Abs. 1 des
Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) gesetzlich normiert, in dem es u.a. hieß:
3 "Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt unter Beteiligung des Verbandes
der privaten Krankenversicherung, der Bundesärztekammer sowie der
Berufsorganisationen der Krankenpflegeberufe Maßnahmen der Qualitätssicherung
für nach § 108 zugelassene Krankenhäuser einheitlich für alle Patienten. ..."
4 Hierzu schlossen die Spitzenverbände der Krankenkassen, der Verband der Privaten
Krankenversicherung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft im Einvernehmen
mit der Bundesärztekammer und dem Deutschen Pflegerat eine "Vereinbarung über
Maßnahmen der Qualitätssicherung für nach § 108 SGB V zugelassene
Krankenhäuser gemäß § 137 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB V i.V.m. § 135a SGB V" --im
Folgenden: Vereinbarung Qualitätssicherung--.
5 In § 2 dieser Vereinbarung wurden die "Ziele der Qualitätssicherung" wie folgt
beschrieben:
6 "Orientiert am Nutzen für den Patienten verfolgen Maßnahmen zur Qualitätssicherung
und Weiterentwicklung der Qualität von Krankenhausleistungen insbesondere
folgende Ziele:
7
• Durch Erkenntnisse über Qualitätsdefizite Leistungsbereiche systematisch zu
identifizieren, für die Qualitätsverbesserungen erforderlich sind.
• Unterstützung zur systematischen, kontinuierlichen und
berufsgruppenübergreifenden einrichtungsinternen Qualitätssicherung (internes
Qualitätsmanagement) zu geben.
• Vergleichbarkeit von Behandlungsergebnissen - insbesondere durch die
Entwicklung von Indikatoren - herzustellen.
• Durch signifikante, valide und vergleichbare Erkenntnisse - insbesondere zu
folgenden Aspekten - die Qualität von Krankenhausleistungen zu sichern:
- Indikationsstellung für die Leistungserbringung,
- Angemessenheit der Leistung,
- Erfüllung der strukturellen und sächlichen Voraussetzungen zur Erbringung der
Leistungen,
- Ergebnisqualität."
8 Zur Durchführung ihrer Tätigkeit im Rahmen der sog. "externen Qualitätssicherung
Krankenhaus" unterhielt die Klägerin eine der zwei in Nordrhein-Westfalen
bestehenden regionalen Vertretungen/Einrichtungen der sog. Projektgeschäftsstelle.
Diese Projektgeschäftsstelle war aufgrund eines von der Krankenhausgesellschaft
Nordrhein-Westfalen (KGNW) und den Verbänden der Kostenträger (im Vertrag als
"Vertragsparteien" bezeichnet) im Einvernehmen mit der Klägerin und der
Ärztekammer A am 22. März 2002 mit Wirkung zum 1. Januar 2002 geschlossenen
"Vertrag[s] über die Umsetzung von Qualitätssicherungsmaßnahmen in Nordrhein-
Westfalen" (im Folgenden: Umsetzungsvertrag NRW) gegründet worden.
9 In dem Umsetzungsvertrag NRW heißt es hierzu u.a wie folgt:
"Präambel
Die nach § 137 SGB V vereinbarten externen Qualitätssicherungsmaßnahmen
werden von den Partnern dieses Vertrages einvernehmlich umgesetzt. Sie sind
darauf gerichtet, die Qualität der Versorgung zu beurteilen, zu sichern und zu
verbessern. Der nachstehende Vertrag regelt die Zusammenarbeit der
Vertragsparteien und der Vertragsbeteiligten (Vertragspartner).
§ 1 Ziele
...
§ 2 Zusammenarbeit mit der Bundesebene
...
§ 3 Aufgaben der Vertragsparteien und -beteiligten
(1) Die KGNW (...) fördert die Beteiligung der Krankenhäuser an der
Qualitätssicherung nachhaltig. Dabei weist sie auf die Beteiligungspflicht der
Krankenhäuser an der Qualitätssicherung (§ 137 Abs. 2 Satz 1 SGB V) hin.
(2) Die Verbände der Kostenträger informieren (...). Sie stellen die Finanzierung
der vereinbarten Qualitätssicherungsmaßnahmen über die ihnen
angeschlossenen Krankenkassen sicher (...)
(3) Die beteiligten Ärztekammern bringen ihre Kenntnisse in allen Fragen der
Bewertung einer qualifizierten ärztlichen Tätigkeit, die organisatorischen
Voraussetzungen sowie ihr Wissen und ihre Erfahrungen für die Einführung
neuer und die Durchführung bislang schon praktizierter externer
Qualitätssicherungsmaßnahmen ein. Sie werden über die fachliche
Problematik und die damit im Zusammenhang stehenden medizinischen
Fragen und Hintergründe informieren und die Beteiligung an der
Qualitätssicherung fördern.
(4) Zur Umsetzung der Qualitätssicherung richten die Vertragspartner einen
Lenkungsausschuss, eine Projektgeschäftsstelle mit jeweils einer regionalen
Vertretung für den Landesteil A und den Landesteil B sowie Arbeitsgruppen
ein.
§ 4 Lenkungsausschuss
...
§ 5 Arbeitsgruppen
...
§ 6 Projektgeschäftsstelle
(1) Die organisatorische und fachliche Durchführung der
Qualitätssicherungsmaßnahmen im Land Nordrhein-Westfalen erfolgt durch
eine Projektgeschäftsstelle mit je einer Einrichtung bei der Ärztekammer A und
der Ärztekammer B (...)
(2) …
(3) Die Projektgeschäftsstelle stellt die Annahme der Datensätze zur
Qualitätssicherung von Krankenhäusern und Weiterleitung an die von der
Bundesebene benannte Stelle sicher. Sie prüft die Vollständigkeit und
Plausibilität der Daten. Sie erstellt quartalsweise Übersichten über (...)
(4) Die Projektgeschäftsstelle nimmt insbesondere folgende Aufgaben wahr:
- Eine Informations- und Beratungsplattform für die Krankenhäuser und die
Vertragspartner zur Verfügung stellen,
- die im Lenkungsausschuss beschlossenen Auswertungen durchführen,
- Qualitätsindikatoren entwickeln und Qualitätsziele dem Lenkungsausschuss
zur Beschlussfassung vorlegen,
- namentliche Nennung der zur Durchführung von Qualitätssicherung
verpflichteten, aber nicht teilnehmenden Krankenhäuser an die Mitglieder
des Lenkungsausschusses,
- Bewertungsrelationen der Qualitätsindikatoren innerhalb der Module
entwickeln und den Mitgliedern des Lenkungsausschusses zur Bewertung
vorlegen.
(5) Die Projektgeschäftsstelle erstellt für die Vertragspartner und die Mitglieder
des Lenkungsausschusses einen jährlichen Bericht über das Ergebnis der
Qualitätssicherungsmaßnahmen im Land Nordrhein-Westfalen und in den
Landesteilen A und B. (...)
(7) Zur Erfüllung von Dienstleistungen kann die Projektgeschäftsstelle nach
Zustimmung der Vertragsparteien Vereinbarungen mit externen Dienstleistern
treffen. Bei solchen Vereinbarungen nimmt die Projektgeschäftsstelle die
erforderliche Außenvertretung wahr."
11 Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) war wesentliche Aufgabe der
Projektgeschäftsstelle die Entgegennahme, Überprüfung, Aufbereitung, Auswertung
und Weiterleitung der ihr von den Krankenhäusern übersandten Datensätze sowie die
Steuerung der Qualitätsentwicklung durch ein sog. Stufenkonzept bei festgestellten
statistischen Auffälligkeiten und Qualitätsdefiziten. Darin war auch das Führen eines
"strukturierten Dialogs" u.a. mit den leitenden Klinikärzten vorgesehen.
12 Die Finanzierung der Qualitätssicherungsmaßnahmen erfolgte über einen von den
Krankenhäusern erhobenen Zuschlag auf die von ihnen abgerechneten Pauschalen je
sog. "Diagnosis Related Group" - DRG (= diagnosebezogene Fallgruppe). Der
Zuschlag setzte sich aus drei Komponenten zusammen: Dem Zuschlagsanteil
Krankenhaus, dem Zuschlagsanteil Bund und dem Zuschlagsanteil Land (vgl. §§ 16,
17 der Vereinbarung Qualitätssicherung). Die Krankenhäuser überwiesen die
abgerechneten Beträge (Zuschlagsanteil Land) jeweils an die Klägerin (vgl. § 7 Abs. 5
des Umsetzungsvertrages NRW).
13 Am 22. Februar 2005 gab die Klägerin nach Aufforderung durch den Beklagten und
Revisionskläger (Finanzamt --FA--) eine Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr
2004 ab, in der sie unter der Rubrik "Name des Unternehmens": "Ärztekammer B"
sowie unter der Rubrik "Art des Unternehmens": "Projektgeschäftsstelle
Qualitätssicherung" angab und in der sie keine Umsätze und keine Vorsteuerbeträge
erklärte. Sie war der Auffassung, dass sie im Rahmen der Qualitätssicherung
hoheitlich tätig werde und mit dieser Tätigkeit keine steuerbaren Umsätze ausführe.
14 Das FA folgte dem nicht und erließ am 28. April 2005 einen Umsatzsteuerbescheid
für 2004. Die Umsatzsteuer wurde zunächst auf ... EUR festgesetzt. Am
17. Dezember 2009 setzte das FA in einem geänderten Umsatzsteuerbescheid für
2004 die Umsatzsteuer auf ... EUR fest. Die Klägerin erhob am 19. Januar 2010 eine
Sprungklage, der das FA zustimmte.
15 Das FG gab der Klage statt. Es führte zur Begründung im Wesentlichen aus, das FA
habe zu Unrecht angenommen, dass die Klägerin hinsichtlich ihrer Tätigkeit im
Rahmen der sog. "externen Qualitätssicherung Krankenhaus" Unternehmerin
gewesen sei und in Höhe der gegenüber den Krankenhäusern im Landesteil B
abgerechneten Zuschlagsanteile "Land" steuerbare Umsätze ausgeführt habe. Denn
die Klägerin habe ihre Tätigkeit nach Maßgabe des Umsetzungsvertrages NRW
sowie von § 7 Satz 2 des Krankenhausgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen
(KHG NRW vom 16. Dezember 1998, GVBl NW 1998, 696) auf öffentlich-rechtlicher
Grundlage ausgeübt; ihre Behandlung als Nichtunternehmerin habe tatsächlich nicht
zu größeren Wettbewerbsverzerrungen geführt, wozu es im Übrigen auch nicht
kommen könne. Das FG ließ die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der
Rechtssache zu. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG)
2013, 1266 veröffentlicht.
16 Mit seiner hiergegen eingelegten Revision rügt das FA die Verletzung materiellen
Rechts.
17 Die Klägerin sei hinsichtlich ihrer Tätigkeit im Rahmen der sog. "externen
Qualitätssicherung Krankenhaus" Unternehmerin gewesen. Sie sei dabei nicht im
Rahmen einer --nur für sie geltenden-- öffentlich-rechtlichen Sonderregelung tätig
geworden und habe diese Leistungen insbesondere nicht hoheitlich auf der Grundlage
eines öffentlich-rechtlichen Vertrages i.S. des § 53 des Zehnten Buches
Sozialgesetzbuch (SGB X) --hier des Umsetzungsvertrages NRW-- ausgeführt.
"Vertragspartner" des Umsetzungsvertrages seien die KGNW einerseits und die
Verbände der Kostenträger andererseits gewesen; die Klägerin sei hingegen nicht
selbst vertragsschließende Partei gewesen, sondern lediglich "Verfahrensbeteiligte".
Gegenstand des Vertrages sei die praktische Durchführung der auf Bundesebene
vereinbarten und für Krankenhäuser nach § 137 Abs. 2 Satz 1 SGB V verbindlich
vorgegebenen Richtlinien zur Durchführung der externen
Qualitätssicherungsmaßnahmen, die von den dazu berufenen Institutionen nach den
Bestimmungen des SGB V festgelegt worden seien. Zu diesen Institutionen gehöre
die Klägerin nicht. Auch könne dem Vertrag keine Verpflichtung eines
Vertragspartners bzw. für die Klägerin als Vertragsbeteiligte zum Erlass einer
hoheitlichen Handlung entnommen werden.
18 Letztlich nehme die Klägerin nur Daten entgegen, verarbeite diese und leite sie weiter.
Die Krankenhäuser leiteten ihr diese Daten in anonymisierter Form zu. Daher bestehe
auch insoweit keine Notwendigkeit, eine juristische Person des öffentlichen Rechts --
wie die Klägerin-- mit dieser Aufgabe zu betrauen. Ferner bediene sich die Klägerin
eines privaten Unternehmens, der X-GmbH, um die Daten aufbereiten zu lassen.
19 Selbst wenn die Klägerin eine Tätigkeit im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen
Sonderregelung ausgeübt hätte, wäre ihre Tätigkeit als steuerbar zu beurteilen, weil
diese "zu größeren Wettbewerbsverzerrungen" führen würde (vgl. dazu Urteil des
Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- Isle of Wight Council u.a. vom
16. September 2008 C-288/07, EU:C:2008:505, Höchstrichterliche
Finanzrechtsprechung --HFR-- 2008, 1192). Denn die von der Klägerin ausgeübte
Tätigkeit könne auch von einem privaten Unternehmer ausgeübt werden, was sowohl
in einigen Bundesländern (z.B. Hessen) als auch auf Bundesebene für das direkte
Verfahren praktiziert werde.
20 Im Übrigen enthielten weder § 137 Abs. 1 SGB V noch § 7 KHG NRW Regelungen,
dass nur Ärztekammern in die Qualitätssicherung eingeschaltet werden dürften.
Exemplarisch sei hier der TÜV genannt, der auch Maßnahmen im Bereich
Qualitätssicherung anbiete. Durch den Abschluss des Umsetzungsvertrages unter
Beauftragung der Ärztekammer sei diesen Unternehmen die Möglichkeit verwehrt
worden, die Tätigkeit der Geschäftsstelle "Qualitätssicherung" zu übernehmen.
21 Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
22 Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
23 Sie hält das FG-Urteil im Ergebnis für zutreffend und weist darauf hin, dass die
Tätigkeit der Projektgeschäftsstelle Qualitätssicherung nicht in der Datenerfassung
und Weiterleitung bestehe, sondern eine Vorstufe zu ihrer Aufgabe darstelle, die sich
allgemein aus § 6 Abs. 1 Nr. 5 HeilBerG NRW ergebe.
24 Während des Revisionsverfahrens ist am 12. Dezember 2013 ein nach § 164 Abs. 2
der Abgabenordnung geänderter Umsatzsteuerbescheid für 2004 ergangen, mit dem
die Umsatzsteuer für 2004 auf ... EUR festgesetzt wurde.
Entscheidungsgründe
25 II. Das FG-Urteil war aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben und der
Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr vom 12. Dezember 2013 im Umfang des
Tenors zu ändern (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
26 In der Sache hat die Revision des FA jedoch keinen Erfolg. Das FG hat zu Recht
entschieden, dass die Klägerin bei ihrer Tätigkeit im Rahmen der sog. "externen
Qualitätssicherung Krankenhaus" nicht als Unternehmerin gehandelt hat.
27 1. Das Urteil des FG ist aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Da dem FG-
Urteil ein nicht mehr existierender Verwaltungsakt zugrunde liegt, konnte es keinen
Bestand haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --
BFH-- vom 24. April 2013 XI R 3/11, BFHE 242, 410, BStBl II 2014, 86, Rz 25,
m.w.N.).
28 Der im Revisionsverfahren ergangene Umsatzsteuer-Jahresbescheid für 2004 vom
12. Dezember 2013 hat den Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2004 vom 17. Dezember
2009, der Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens gewesen ist, i.S. der §§ 68,
121 Satz 1 FGO ersetzt. Wird der angefochtene Verwaltungsakt nach Klageerhebung
durch einen anderen Verwaltungsakt geändert oder ersetzt, so wird gemäß der auch
im Revisionsverfahren (§ 121 FGO) geltenden Vorschrift des § 68 FGO der neue
Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens.
29 2. Die Sache ist spruchreif, weil der vom FG festgestellte Sachverhalt ausreicht, um
abschließend prüfen und beurteilen zu können, ob der Umsatzsteuer-Jahresbescheid
für 2004 vom 12. Dezember 2013 rechtmäßig ist.
30 Denn hinsichtlich der streitigen Rechtsfragen hat sich durch Erlass des
Umsatzsteuer-Jahresbescheides für 2004 vom 12. Dezember 2013 nichts geändert;
dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Ferner ist weder vorgetragen noch
ersichtlich, dass der Änderungsbescheid, mit dem sich die Steuerfestsetzung
gegenüber dem vormals streitbefangenen Umsatzsteuer-Jahresbescheid vom
17. Dezember 2009 für 2004 ermäßigt hat, einen neuen Streitpunkt enthält oder dass
sich tatsächliche Fragen stellen würden, die bisher noch nicht geklärt sind (vgl. dazu
z.B. BFH-Urteil vom 21. Januar 2015 XI R 12/14, BFH/NV 2015, 957, HFR 2015, 635,
Rz 28, m.w.N.).
31 Der Senat sieht deshalb von einer Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung an das FG nach § 127 FGO ab.
32 3. Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin hinsichtlich ihrer Tätigkeit im
Rahmen der sog. "externen Qualitätssicherung Krankenhaus" nicht als
Unternehmerin gehandelt hat, so dass die von ihr dabei gegen Entgelt erbrachten
Leistungen nicht der Umsatzsteuer unterliegen (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des
Umsatzsteuergesetzes --UStG--).
33 a) Juristische Personen des öffentlichen Rechts --wie die Klägerin-- sind nach § 2
Abs. 3 Satz 1 UStG nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art unternehmerisch
und damit wirtschaftlich tätig. Bei diesen Betrieben handelt es sich nach § 1 Abs. 1
Nr. 6 i.V.m. § 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) um alle Einrichtungen, die
einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen dienen und
die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich
herausheben. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und eine Beteiligung am allgemeinen
wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich (§ 4 Abs. 1 Satz 2 KStG). Betriebe, die
überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe), gehören
nach § 4 Abs. 5 KStG nicht dazu.
34 Diese Vorschriften sind unter Berücksichtigung von Art. 4 Abs. 5 der Sechsten
Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie
77/388/EWG) unionsrechtskonform auszulegen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom
1. Dezember 2011 V R 1/11, BFHE 236, 235, BFH/NV 2012, 534, Rz 14; vom
14. März 2012 XI R 8/10, BFH/NV 2012, 1667, Rz 27, jeweils m.w.N.). Danach ist
eine juristische Person des öffentlichen Rechts Unternehmer, wenn sie eine
wirtschaftliche und damit eine nachhaltige Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher
Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeit) ausübt. Handelt sie dabei auf privatrechtlicher
Grundlage durch Vertrag, kommt es auf weitere Voraussetzungen nicht an. Erfolgt
ihre Tätigkeit dagegen auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, ist sie nur Unternehmer,
wenn eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen
führen würde (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 236, 235, BFH/NV 2012, 534, Rz 15; in
BFH/NV 2012, 1667, Rz 28; vom 13. Februar 2014 V R 5/13, BFHE 245, 92, BFH/NV
2014, 1159, Rz 15).
35 b) Das FG hat zutreffend erkannt, dass die Klägerin auf öffentlich-rechtlicher
Grundlage gehandelt hat.
36 aa) Entscheidend ist insofern, ob die juristische Person (Einrichtung) des öffentlichen
Rechts im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung oder unter den
gleichen rechtlichen Bedingungen wie private Wirtschaftsteilnehmer tätig ist (vgl.
EuGH-Urteil Fazenda Pública vom 14. Dezember 2000 C-446/98, EU:C:2000:691,
BFH/NV Beilage 2001, 40, Rz 17, m.w.N.; BFH-Urteile vom 22. September 2005
V R 28/03, BFHE 211, 566, BStBl II 2006, 280, unter II.2., Rz 23; vom 15. April 2010
V R 10/09, BFHE 229, 416, BFH/NV 2010, 1574, Rz 36).
37 bb) Die Klägerin als Ärztekammer ist eine nach Landesrecht gebildete Körperschaft
des öffentlichen Rechts, der kraft Gesetzes grundsätzlich alle Ärztinnen und Ärzte
angehören, die in ihrem Zuständigkeitsbereich ihren Beruf ausüben oder, falls sie
ihren Beruf nicht ausüben, dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (sog.
Zwangsmitgliedschaft; vgl. § 1 Satz 1 Nr. 1 und § 2 Abs. 1 HeilBerG NRW).
38 Aufgaben der Klägerin sind nach § 6 Abs. 1 HeilBerG NRW in der im Streitjahr
geltenden Fassung vom 9. Mai 2000 (GVBl NW 2000, 403) u.a.:
39 "5. die Qualitätssicherung im Gesundheits- und im Veterinärwesen zu fördern –
insbesondere Zertifizierungen vorzunehmen – und mit den Beteiligten abzustimmen,
40 6. für die Erhaltung eines hoch stehenden Berufsstandes zu sorgen und die Erfüllung
der Berufspflichten der Kammerangehörigen zu überwachen sowie die notwendigen
Maßnahmen zur Beseitigung berufsrechtswidriger Zustände zu treffen; hierzu [kann]
sie auch belastende Verwaltungsakte erlassen."
41 cc) Die Klägerin ist im Rahmen der sog. "externen Qualitätssicherung" im
Zusammenhang mit diesen Aufgaben aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Vertrages
tätig geworden.
42 (1) Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB X kann ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des
öffentlichen Rechts durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben werden
(öffentlich-rechtlicher Vertrag), soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen.
Insbesondere kann die Behörde, anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen, einen
öffentlich-rechtlichen Vertrag mit demjenigen schließen, an den sie sonst den
Verwaltungsakt richten würde (§ 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X).
43 (2) Nach der Rechtsprechung liegt es im Wesen --auch des öffentlich-rechtlichen--
Vertrages, dass sich die Vertragsparteien grundsätzlich gleichgeordnet
gegenüberstehen. Für die Abgrenzung von öffentlich-rechtlichem und
privatrechtlichem Vertrag kommt es daher auf dessen Gegenstand und Zweck an.
Die Rechtsnatur des Vertrages bestimmt sich danach, ob der Vertragsgegenstand
dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzurechnen ist (vgl. z.B. Beschluss
des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 10. April 1986
GmS-OGB 1/85, BVerwGE 74, 368, unter III.1., Rz 11; Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 16. Mai 2000 4 C 4.99, BVerwGE 111,
162, unter 1.1.1, Rz 14 bis 16; BVerwG-Beschluss vom 26. Mai 2010 6 A 5.09,
6 PKH 29.09, Deutsches Verwaltungsblatt 2010, 1037, unter II.1.b, Rz 17; Beschluss
des Bundessozialgerichts vom 30. September 2014 B 8 SF 1/14 R, SozR 4 – 3500
§ 75 Nr. 5, Rz 7; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 31. März
2015 3 S 2016/14, juris, Rz 40 bis 42).
44 (3) Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen begegnet die Auffassung des FG,
dass der Umsetzungsvertrag NRW einen öffentlich-rechtlichen Vertrag i.S. von § 53
SGB X darstellt, keinen revisionsrechtlichen Bedenken; darin liegt keine Verletzung
revisiblen Rechts (vgl. § 118 Abs. 1 FGO).
45 Wie das FG ausgeführt hat, war Zweck des Vertrages nach dessen Präambel, die auf
der Bundesebene nach § 137 Abs. 1 SGB V, einer öffentlich-rechtlichen Norm,
vereinbarten und für die Krankenhäuser gemäß § 137 Abs. 2 Satz 1 SGB V
unmittelbar verbindlichen externen Qualitätssicherungsmaßnahmen einvernehmlich
umzusetzen. Die Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen seien hierzu nicht nur wegen
der auf der Grundlage von § 137 Abs. 1 SGB V getroffenen Vereinbarungen auf
Bundesebene (zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses insbesondere des
Kuratoriumsvertrages) verpflichtet, sondern auch im Hinblick auf die
landesgesetzliche Regelung in § 7 Satz 2 KHG NRW. Nach dieser Vorschrift hätten
die Krankenhäuser die ihnen obliegenden Aufgaben der externen Qualitätssicherung
nach Maßgabe der Festlegungen der aufgrund von Bundes- und Landesrecht an der
Qualitätssicherung Beteiligten zu erfüllen. Zu den an der Qualitätssicherung aufgrund
von Bundes- und Landesrecht Beteiligten zählten neben den Krankenhäusern und den
an den Vereinbarungen nach § 137 Abs. 1 SGB V --teilweise über ihre
Bundesverbände-- beteiligten Kostenträgern auch die Klägerin und die Ärztekammer
A, da es nach nordrhein-westfälischem Landesrecht zu den Aufgaben der
Ärztekammern gehört, die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen zu fördern (§ 6
Abs. 1 Nr. 5 HeilBerG NRW) und die Erfüllung der Berufspflichten der
Kammerangehörigen zu überwachen (§ 6 Abs. 1 Nr. 6 HeilBerG NRW). Zu den
Berufspflichten der Ärztinnen und Ärzte gehöre dabei nach § 5 der Berufsordnung der
Klägerin auch die Verpflichtung, an den von der Ärztekammer eingeführten
Maßnahmen zur Sicherung der Qualität der ärztlichen Tätigkeit teilzunehmen und der
Ärztekammer die hierzu erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Gegenstand des
Umsetzungsvertrages NRW sei damit die einvernehmliche Umsetzung der auf der
Bundesebene vereinbarten und für die Krankenhäuser nach § 137 Abs. 2 Satz 1
SGB V unmittelbar verbindlichen externen Qualitätssicherungsmaßnahmen auf
Landesebene durch die im Land Nordrhein-Westfalen aufgrund öffentlich-rechtlicher
Vorschriften an der Qualitätssicherung Krankenhaus Beteiligten, nämlich die Klägerin,
die Ärztekammer A, die Verbände der Kostenträger und die KGNW für die
Krankenhäuser (sog. "Gemeinsame Selbstverwaltung").
46 (4) Die hiergegen vom FA erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.
47 Unerheblich ist, dass die Klägerin in § 137 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht ausdrücklich
neben der Bundesärztekammer als Institution genannt wird. Abgesehen davon, dass
die Klägerin neben allen anderen Landesärztekammern zu der lediglich als
Bundesärztekammer bezeichneten "Arbeitsgemeinschaft der Deutschen
Ärztekammern" gehört (vgl. § 1 der Satzung der Bundesärztekammer), dient der
Umsetzungsvertrag NRW dazu, die Erfüllung der Aufgaben der "externen
Qualitätssicherung Krankenhaus" auf Landesebene sicherzustellen, während die
Bundesärztekammer für die Bundesebene zuständig ist.
48 Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Ärztekammer A und die
Klägerin in der Präambel des Vertrages lediglich als "Vertragsbeteiligte" und nicht als
"Vertragspartner" bezeichnet wurden. Denn die Präambel des Vertrages stellt
zugleich klar, dass die Vertragsbeteiligten ebenfalls Vertragspartner sind.
49 Soweit das FA außerdem anführt, die Einbeziehung der Klägerin als Leiterin der
Projektgeschäftsstelle sei lediglich "en passant" entstanden und daher ohne größere
Bedeutung, ist dem entgegenzuhalten, dass die Klägerin im Bereich der
Qualitätssicherung nach Maßgabe der einschlägigen gesetzlichen Vorgaben eine ihr
als Ärztekammer originär obliegende Aufgabe zu erfüllen hat. Vor diesem Hintergrund
wäre es unzutreffend und erschiene auch als sachfremd, ihre Einbeziehung in den
Umsetzungsvertrag NRW lediglich als "Zufall" zu bewerten.
50 Ferner ist nicht entscheidend, ob der Klägerin mit dem Umsetzungsvertrag NRW die
Befugnis eingeräumt wurde, Verwaltungsakte zu erlassen. Zwar können
entsprechende Ermächtigungen für eine einer öffentlichen-rechtlichen Sonderregelung
unterliegende Tätigkeit sprechen (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 229, 416, BFH/NV
2010, 1574, Rz 36, m.w.N.). Dies ist aber nach den vorstehenden Grundsätzen kein
zwingendes Kriterium für die Beantwortung der Rechtsfrage, ob ein öffentlich-
rechtlicher Vertrag vorliegt.
51 Außerdem kann das FA auch nicht mit Erfolg einwenden, die Klägerin sei nach § 17
Abs. 2 KHG NRW lediglich mittelbar an der Krankenhausversorgung beteiligt, so dass
sie keinen Anspruch darauf habe, nach § 7 Satz 2 KHG NRW in die externe
Qualitätssicherung eingebunden zu werden. Denn diese Bestimmungen gehören
schon nicht zu den in § 118 Abs. 1 FGO genannten Regelungen, auf die eine Revision
gestützt werden kann.
52 Vor diesem Hintergrund ist schließlich auch ohne Belang, dass die Klägerin ein
privates Unternehmen mit der Aufbereitung der Daten beauftragt hat. Denn die
Aufgaben der im Bereich der "externen Qualitätssicherung Krankenhaus"
verantwortlichen Klägerin gingen nach den den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO
bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG weit über die bloße Aufbereitung von
Daten hinaus.
53 c) Das FG hat auch zu Recht entschieden, dass die Behandlung der Klägerin als
Nichtunternehmer nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.
54 aa) Nach dem EuGH-Urteil Isle of Wight Council u.a. (EU:C:2008:505, HFR 2008,
1192, Leitsatz 3, Rz 76) ist der Begriff "größere" Wettbewerbsverzerrungen i.S. des
Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG dahin zu verstehen, dass die
Wettbewerbsverzerrungen "mehr als unbedeutend" sein müssen (vgl. auch BFH-
Urteil in BFHE 236, 235, BFH/NV 2012, 534, Rz 19).
55 Weiter ist für die Wettbewerbsbeurteilung nicht nur der gegenwärtige, sondern auch
der potenzielle Wettbewerb zu berücksichtigen. Im Übrigen kommt es für die
Wettbewerbsbeurteilung nicht auf die Verhältnisse im jeweiligen "lokalen Markt" an.
Denn die Frage der Wettbewerbsverzerrungen ist "in Bezug auf die fragliche Tätigkeit
als solche zu beurteilen ..., ohne dass sich diese Beurteilung auf einen lokalen Markt
im Besonderen bezieht" (EuGH-Urteil Isle of Wight Council u.a., EU:C:2008:505, HFR
2008, 1192, Rz 53; BFH-Urteil in BFHE 236, 235, BFH/NV 2012, 534, Rz 19), so dass
die Art der Tätigkeit maßgeblich ist. Jedoch kann die rein theoretische, durch keine
Tatsache, kein objektives Indiz und keine Marktanalyse untermauerte Möglichkeit für
einen privaten Wirtschaftsteilnehmer, in den relevanten Markt einzutreten, nicht mit
dem Vorliegen eines potenziellen Wettbewerbs gleichgesetzt werden. Eine solche
Gleichsetzung setzt vielmehr voraus, dass sie real und nicht rein hypothetisch ist
(EuGH-Urteil Isle of Wight Council u.a., EU:C:2008:505, HFR 2008, 1192, Leitsatz 2;
BFH-Urteil in BFHE 236, 235, BFH/NV 2012, 534, Rz 19).
56 bb) Das FG hat dazu ausgeführt, ein privater Wirtschaftsteilnehmer hätte im Streitfall
keine reale Möglichkeit, in den relevanten Markt (gemeint: für den Bereich "externe
Qualitätssicherung Krankenhaus") einzutreten. Die Krankenhäuser seien
landesgesetzlich nach § 7 Satz 2 KHG NRW verpflichtet, die ihnen obliegenden
Aufgaben der externen Qualitätssicherung nach Maßgabe der Festlegungen der auf
Grund von Bundes- und Landesrecht an der Qualitätssicherung Beteiligten zu erfüllen.
Ein privater Wirtschaftsteilnehmer gehöre nicht zu den auf Grund von Bundes- und
Landesrecht an der Qualitätssicherung Beteiligten und könne deshalb keine
entsprechenden, für alle Krankenhäuser verbindlichen Festlegungen treffen.
Insbesondere hätten die Ärzte nach § 5 der Berufsordnung der Klägerin nur die
Verpflichtung, an Maßnahmen zur Sicherung der Qualität der ärztlichen Tätigkeit
teilzunehmen und der Klägerin die hierzu erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Einem
privaten Dritten gegenüber wären die Ärzte, ohne die Qualitätssicherungsmaßnahmen
im Krankenhaus nicht durchführbar sind, nicht verpflichtet und auch insbesondere
nicht berechtigt, erforderliche geschützte Daten mitzuteilen und weitere Auskünfte
dazu zu geben.
57 cc) Diese Würdigung ist auf der Grundlage der vom FG festgestellten Tatsachen
möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze; sie bindet
daher den Senat (§ 118 Abs. 2 FGO). Das FG hat bei seiner Würdigung die unter
II.3.c aa wiedergegebenen Rechtsgrundsätze beachtet. Auch durfte das FG bei seiner
Beurteilung auf die Situation im Land Nordrhein-Westfalen abstellen; denn wenn in
einem Bundesland aufgrund gesetzlicher Vorschriften eine Leistung nicht von
privaten, der Mehrwertsteuer unterliegenden Wirtschaftsteilnehmern durchgeführt
werden kann, wovon das FG aufgrund seiner (gemäß § 118 Abs. 1 FGO nicht
revisiblen) Feststellungen zum Recht des Landes Nordhrein-Westfalen ausgegangen
ist, besteht in diesem Bundesland keine Wettbewerbssituation i.S. von Art. 4 Abs. 5
der Richtlinie 77/388/EWG und stellt dieses Bundesland den räumlich relevanten
Markt für die Feststellung größerer Wettbewerbsverzerrungen dar (vgl. EuGH-Urteil
Götz vom 13. Dezember 2007 C-408/06, EU:C:2007:789, BFH/NV Beilage 2008, 147,
Rz 44; BFH-Urteil vom 8. Januar 1998 V R 32/97, BFHE 185, 283, BStBl II 1998, 410,
unter II.3.b, Rz 25). Deshalb greift auch der Einwand des FA nicht durch, in anderen
Bundesländern seien private Unternehmer mit der Qualitätssicherung beauftragt
worden.
58 dd) Von einer größeren Wettbewerbsverzerrung kann auch nicht unter dem
Gesichtspunkt einer möglichen Änderung der maßgeblichen Rechtslage
ausgegangen werden. Dies würde voraussetzen, dass eine solche Änderung real und
nicht rein hypothetisch in Betracht kommt (EuGH-Urteil Saudaçor vom 29. Oktober
2015 C-174/14, EU:C:2015:733, Umsatzsteuer-Rundschau 2015, 901, Rz 74,
m.w.N.). Daran fehlt es im Streitfall. Den rein gedanklichen Fall, dass es zu einer
Änderung des Umsetzungsvertrages mit der Folge kommen könne, dass auch
private Anbieter die Aufgabe der sog. "externen Qualitätssicherung" übernehmen
können, reicht nicht aus, um von einer möglichen realen Änderung der
Wettbewerbslage auszugehen.
59 ee) Die hiergegen vom FA erhobenen --weiteren-- Einwendungen greifen gleichfalls
nicht durch.
60 Soweit das FA meint, die Klägerin habe von den Krankenhäusern nur die Daten
entgegengenommen, verarbeitet und weitergeleitet, entspricht dieser Vortrag weder
den tatsächlichen vom FG getroffenen Feststellungen noch den genannten
rechtlichen Vorgaben. Denn nach § 6 Abs. 4 des Umsetzungsvertrages NRW nahm
die von der Klägerin hierzu eingesetzte Projektgeschäftsstelle zahlreiche weitere
Aufgaben wahr. Die Datenerfassung und -verarbeitung als solche, die die Klägerin
einem privaten Unternehmer übertragen hatte, war nur eine Vorstufe für eine von der
Projektgeschäftsstelle vorzunehmende Qualitätssicherung: Danach stellte die
Klägerin eine Informations– und Beratungsplattform für die Krankenhäuser zur
Verfügung, führte Auswertungen durch, entwickelte Qualitätsindikatoren und legte
dem Lenkungsausschuss Qualitätsziele vor. Außerdem lässt sich den Feststellungen
des FG-Urteils, an die der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, entnehmen,
dass die Klägerin nicht nur mit diesen technischen Vorgängen befasst war, sondern
dass sie außerdem insbesondere im Bedarfsfall auch einen sog. "strukturierten
Dialog" mit den leitenden Klinikärzten geführt hat, um Qualitätsverbesserungen zu
erreichen.
61 Dies entspricht den dargelegten gesetzlich vorgegebenen Aufgaben der Klägerin
insbesondere auch im Verhältnis zu den Ärzten in ihrem Kammerbezirk. Diese
öffentlich-rechtlichen Aufgaben haben auch ihren Niederschlag in § 3 Abs. 3 des
Umsetzungsvertrages NRW gefunden. Danach bringen die beteiligten Ärztekammern
ihre Kenntnisse in allen Fragen der Bewertung einer qualifizierten ärztlichen Tätigkeit,
die organisatorischen Voraussetzungen sowie ihr Wissen und ihre Erfahrungen für die
Einführung neuer und die Durchführung bislang schon praktizierter externer
Qualitätssicherungsmaßnahmen ein.
62 4. Die Übertragung der Ermittlung des festzusetzenden Betrages auf das FA beruht
auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
63 5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.