Urteil des BFH vom 17.12.2015

AdV von nach § 27 Abs. 19 UStG geänderten Umsatzsteuerbescheiden

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 17.12.2015, XI B 84/15
AdV von nach § 27 Abs. 19 UStG geänderten Umsatzsteuerbescheiden
Leitsätze
Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit von gemäß § 27 Abs. 19 UStG
geänderten Umsatzsteuerbescheiden.
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Finanzgerichts Münster
vom 21. September 2015 5 V 2152/15 U wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
Tatbestand
1 I. Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin), eine GmbH, liefert
und verlegt u.a. Estrich, Parkett, Laminat und Teppichboden.
2 Die in den Streitjahren (2011 bis 2012) sowie 2013 an andere Unternehmer
erbrachten Leistungen rechnete die Antragstellerin jeweils ohne Umsatzsteuer ab. Die
betreffenden Rechnungen der Antragstellerin enthielten den Hinweis darauf, dass
nach § 13b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der bis zum 30. September 2014
geltenden Fassung (a.F.) der Auftraggeber die Umsatzsteuer in Höhe von 19 %
schulde.
3 Die Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre gab die Antragstellerin am
5. September 2012 (2011), am 29. Mai 2013 (2012) und am 5. Dezember 2014 (2013)
ab. Sie erklärte Umsatzsteuer in Höhe von ... EUR (2011), ... EUR (2012) und ... EUR
(2013). Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) stimmte
den Erklärungen für 2012 und 2013, die jeweils zu einer Steuervergütung führten, zu.
4 Nachdem der V. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) mit Urteil vom 22. August 2013
V R 37/10 (BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128) zur Steuerschuldnerschaft bei sog.
"Bauleistungen" entschieden hatte, dass die Anwendung des UStG § 13b a.F. auf
solche bauwerksbezogene Leistungen zu beschränken sei, die der
Leistungsempfänger seinerseits zur Erbringung eigener bauwerksbezogener
Leistungen verwendet habe (1. Leitsatz) --so dass der ein eigenes Grundstück
bebauende Bauträger keine bauwerksbezogene Leistung erbringe, die zur
Anwendung des § 13b UStG a.F. führe (Rz 51, 52)-- machten die Bauträger, an die
die Antragstellerin Leistungen erbracht hatte, Steuererstattungsansprüche geltend. Sie
sind der Ansicht, keine Steuerschuldner i.S. des § 13b UStG a.F. zu sein.
5 Das FA setzte mit Umsatzsteuer-Änderungsbescheiden vom 3. Juni 2015 und vom
22. Mai 2015 die Umsatzsteuer auf ... EUR (2011), ... EUR (2012) und ... EUR (2013)
fest. Im Anschluss an zwei bei der Antragstellerin durchgeführten Umsatzsteuer-
Sonderprüfungen war es der Auffassung, dass die bisherigen Umsätze gemäß § 13b
UStG a.F. nach Maßgabe der von den jeweiligen Bauträgern geltend gemachten
Erstattungen gemindert und dementsprechend die Umsätze der Antragstellerin zu
erhöhen seien.
6 Hiergegen legte die Antragstellerin jeweils Einspruch ein und beantragte gleichzeitig
die Aussetzung der Vollziehung (AdV) der angefochtenen Umsatzsteuer-
Änderungsbescheide.
7 Über die Einsprüche hat das FA noch nicht entschieden. Die Einspruchsverfahren
ruhen.
8 Mit Verfügung vom 25. Juni 2015 lehnte das FA die beantragte AdV ab. Hiergegen
legte die Antragstellerin am 26. Juni 2015 Einspruch ein. Mit Schreiben vom 9. Juli
2015 teilte das FA der Antragstellerin mit, dass der Einspruch gegen die Ablehnung
der AdV als unbegründet zurückzuweisen sei und stellte "zur Vermeidung von
Vollstreckungshandlungen" einen Antrag an das Finanzgericht (FG) anheim.
9 Die Antragstellerin beantragte hierauf am 9. Juli 2015 AdV beim FG.
10 Ihr Antrag, die Umsatzsteuer-Änderungsbescheide für 2011 und 2012 jeweils vom
3. Juni 2015 insgesamt und den Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für 2013 vom
22. Mai 2015 in Höhe von ... EUR von der Vollziehung auszusetzen, hatte teilweise
Erfolg. Das FG setzte die angefochtenen Umsatzsteuer-Änderungsbescheide für
2011 und 2012 von der Vollziehung aus und lehnte im Übrigen --den Umsatzsteuer-
Änderungsbescheid für 2013 betreffend-- den AdV-Antrag ab. Die Vorentscheidung ist
in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 2129 veröffentlicht.
11 Nach Ansicht des FG bestünden an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen
Umsatzsteuer-Änderungsbescheide für 2011 und 2012 ernstliche Zweifel i.S. von
§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Es sei
zweifelhaft, ob die den Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 der Abgabenordnung
(AO), dessen Voraussetzungen nach summarischer Prüfung im Streitfall insoweit
vorlägen, suspendierende Vorschrift des § 27 Abs. 19 UStG verfassungsrechtlichen
Grundsätzen genüge. Zweifelhaft sei, ob die rückwirkende Änderung der
Steuerfestsetzung beim leistenden Unternehmer unter Suspendierung des aus dem
Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes --GG--) abgeleiteten
Vertrauensschutzes gegen das Verbot der Rückwirkung von Gesetzen verstoße.
Vorliegend greife § 27 Abs. 19 UStG in die im Zeitpunkt seiner Verkündung bereits
entstandene Steuerschuld für 2011 und 2012 nachträglich ein, so dass eine
unzulässige echte Rückwirkung jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheine.
12 Dagegen bestünden bei summarischer Prüfung hinsichtlich des Umsatzsteuer-
Änderungsbescheids für 2013 vom 22. Mai 2015 keine ernstlichen Zweifel an dessen
Rechtmäßigkeit. Das BFH-Urteil in BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128 sei am
14. Februar 2014 im Bundessteuerblatt veröffentlicht worden. Die bisherige Regelung
in Abschn. 13b.3 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses sei mit Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen vom 18. Januar 2014 an die Rechtsprechung des
BFH angepasst worden. Die als Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung
geltende Umsatzsteuerjahreserklärung für 2013 der Antragstellerin sei erst am
5. Dezember 2014, also nach den vorgenannten Zeitpunkten, beim FA eingegangen.
Vorauszahlungsbescheide des Jahres 2013 könnten keinen Vertrauensschutz nach
§ 176 Abs. 2 AO begründen. Denn die Vorauszahlungsbescheide würden durch einen
Jahresbescheid nicht aufgehoben oder geändert. Zwar betreffe die nach Maßgabe
des BFH-Urteils in BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128 erfolgte Änderung der
Verwaltungsauffassung abgeschlossene Werkleistungsvorgänge. Ein
schützenswertes Vertrauen des Steuerpflichtigen habe der Gesetzgeber aber nur
unter den Voraussetzungen des § 176 AO geregelt, die für das Streitjahr 2013 nicht
vorlägen.
13 Hiergegen wendet sich (nur) das FA mit der vom FG gemäß § 128 Abs. 3 i.V.m.
§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassenen Beschwerde.
14 Es trägt vor, der Inanspruchnahme der Antragstellerin hinsichtlich der Umsatzsteuer
für 2011 und 2012 stehe § 176 Abs. 2 AO nicht entgegen. Diese Regelung werde
durch § 27 Abs. 19 UStG, der verfassungsgemäß sei, ausgeschlossen. Das FA weist
zur Begründung seiner Auffassung u.a. auf den Beschluss des FG Köln vom
1. September 2015 9 V 1376/15 (EFG 2015, 2005) hin.
15 Das FA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben, soweit das FG dem AdV-Antrag der Antragstellerin
stattgegeben hat, und die AdV der angefochtenen Umsatzsteuer-
Änderungsbescheide für 2011 und 2012 abzulehnen.
16 Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde des FA zurückzuweisen.
17 Sie hält die Vorentscheidung für zutreffend und führt ergänzend aus, ihr, der
Antragstellerin, könne nicht entgegengehalten werden, dass sie die vom Gesetzgeber
in § 27 Abs. 19 UStG angebotene Abtretungslösung, die voraussetze, dass die
Abtretung wirksam bliebe, in Anspruch zu nehmen habe. Die Abtretungslösung sei für
den Bauleistenden nicht rechtssicher.
18 Die Entscheidung des Bauträgers, sich nicht auf die ursprüngliche
Verwaltungsauffassung zu berufen, sondern von der Verwaltung zu verlangen, die
Rechtsgrundsätze des BFH-Urteils in BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128 anzuwenden,
mache den leistenden Bauhandwerker nachträglich zum Steuerschuldner. Durch § 27
Abs. 19 UStG werde die Übertragung der Steuerschuld zur Disposition des
Bauträgers gestellt. Jedenfalls könne sich der leistende Bauhandwerker auf den
unionsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen.
19 Dem Bauleistenden sei nicht zumutbar, auf eine bloße Billigkeitsregelung verwiesen
zu werden, falls er die Umsatzsteuer wegen Fehlschlagens der Abtretung noch
einmal leisten müsse.
Entscheidungsgründe
20 II. Die gemäß § 128 Abs. 3 FGO zulässige Beschwerde des FA ist unbegründet; sie
ist daher durch Beschluss zurückzuweisen (§ 132 FGO).
21 1. Nach § 128 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO ist die Vollziehung
eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise auszusetzen, wenn
ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes bestehen.
22 Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen dann vor, wenn bei
summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben für seine
Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die
Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder
Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (vgl. z.B.
BFH-Beschlüsse vom 26. September 2014 XI S 14/14, BFH/NV 2015, 158, Rz 33;
vom 20. Januar 2015 XI B 112/14, BFH/NV 2015, 537, Rz 15; jeweils m.w.N.). Die
Entscheidung hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen
Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der
Aktenlage ergibt (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2015, 158, Rz 33; in BFH/NV
2015, 537, Rz 15; jeweils m.w.N.). Zur Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich,
dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer
Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-
Beschlüsse vom 3. April 2013 V B 125/12, BFHE 240, 447, BStBl II 2013, 973, Rz 12;
vom 11. Juli 2013 XI B 41/13, BFH/NV 2013, 1647, Rz 16; in BFH/NV 2015, 537,
Rz 15; jeweils m.w.N.).
23 2. Nach diesen Maßstäben bestehen im Streitfall ernstliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuer-Änderungsbescheide für 2011 und
2012.
24 a) Die Übergangsregelung des § 27 Abs. 19 UStG durch Art. 7 Nr. 9 des Gesetzes
zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur
Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25. Juli 2014 (BGBl I 2014, 1266) mit
Wirkung vom 31. Juli 2014 stellt eine Reaktion des Gesetzgebers auf das Urteil des
V. Senats des BFH in BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128 dar. Sie dient der Regelung
der Fälle, in denen sich Bauträger auf das vorgenannte BFH-Urteil berufen und die
Erstattung der entrichteten Umsatzsteuer beantragen.
25 b) § 27 Abs. 19 UStG lautet:
"Sind Unternehmer und Leistungsempfänger davon ausgegangen, dass der
Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b auf eine vor dem 15. Februar 2014
erbrachte steuerpflichtige Leistung schuldet, und stellt sich diese Annahme als
unrichtig heraus, ist die gegen den leistenden Unternehmer wirkende
Steuerfestsetzung zu ändern, soweit der Leistungsempfänger die Erstattung der
Steuer fordert, die er in der Annahme entrichtet hatte, Steuerschuldner zu sein. § 176
der Abgabenordnung steht der Änderung nach Satz 1 nicht entgegen. Das für den
leistenden Unternehmer zuständige Finanzamt kann auf Antrag zulassen, dass der
leistende Unternehmer dem Finanzamt den ihm gegen den Leistungsempfänger
zustehenden Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer
abtritt, wenn die Annahme der Steuerschuld des Leistungsempfängers im Vertrauen
auf eine Verwaltungsanweisung beruhte und der leistende Unternehmer bei der
Durchsetzung des abgetretenen Anspruchs mitwirkt. Die Abtretung wirkt an
Zahlungs statt, wenn
1. der leistende Unternehmer dem Leistungsempfänger eine erstmalige oder
geänderte Rechnung mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer ausstellt,
2. die Abtretung an das Finanzamt wirksam bleibt,
3. dem Leistungsempfänger diese Abtretung unverzüglich mit dem Hinweis
angezeigt wird, dass eine Zahlung an den leistenden Unternehmer keine
schuldbefreiende Wirkung mehr hat, und
4. der leistende Unternehmer seiner Mitwirkungspflicht nachkommt."
26 c) Ob § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG den verfassungsrechtlichen und europarechtlichen
Vorgaben genügt, soweit er den Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO ausschließt,
ist höchstrichterlich noch nicht geklärt und umstritten.
27 aa) Nach Auffassung des FG Münster (Beschlüsse vom 12. August
2015 15 V 2153/15 U, EFG 2015, 1863, Rz 23; in EFG 2015, 2129, Rz 30), des FG
Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 3. Juni 2015 5 V 5026/15, EFG 2015, 1490,
Rz 11) und des Niedersächsischen FG (Beschlüsse vom 3. Juli 2015 16 V 95/15,
Mehrwertsteuerrecht 2015, 655, Rz 15; vom 20. Juli 2015 16 V 132/15, nicht
veröffentlicht --n.v.--, juris, Rz 18; 16 V 135/15, n.v., juris, Rz 18) ist ernstlich
zweifelhaft, ob die rückwirkende Änderung der Steuerfestsetzung beim leistenden
Unternehmer unter Suspendierung des aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3
GG) abgeleiteten Vertrauensschutzes gegen das Verbot der Rückwirkung von
Gesetzen verstößt.
28 bb) Dagegen haben das FG Nürnberg (Beschluss vom 26. August 2015 2 V 1107/15,
EFG 2015, 2135, Rz 14), das FG Düsseldorf (Beschluss vom 31. August
2015 1 V 1486/15 A(U), EFG 2015, 2131, Rz 50 f.), das Hessische FG (Beschluss
vom 13. Oktober 2015 1 V 1483/15, n.v., juris, Rz 23) und das Sächsische FG
(Beschluss vom 22. September 2015 4 V 1014/15, n.v., juris) ernstliche Zweifel an
der Rechtmäßigkeit verneint.
29 cc) Das FG Köln hat es in einem § 27 Abs. 19 UStG betreffenden AdV-Beschluss
offengelassen, ob es sich den geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen
die Einführung dieser Regelung insbesondere wegen Verstoßes gegen das
Rückwirkungsverbot anschließt (Beschluss in EFG 2015, 2005, Rz 45).
30 d) Angesichts dieser ungeklärten --auch in der Literatur umstrittenen-- Rechtslage war
die beantragte AdV zu gewähren.
31 Denn ist --wie hier-- die Rechtslage nicht eindeutig, ist über die zu klärenden Fragen
grundsätzlich nicht im summarischen Beschlussverfahren zu entscheiden; die
Klärung muss vielmehr dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben (vgl. BFH-
Beschlüsse vom 14. Oktober 2002 V B 60/02, BFH/NV 2003, 87, unter II.3., Rz 17;
vom 25. November 2005 V B 75/05, BFHE 212, 176, BStBl II 2006, 484, unter II.3.b,
Rz 26; vom 13. März 2012 I B 111/11, BFHE 236, 501, BStBl II 2012, 611, Rz 22;
vom 12. Dezember 2013 XI B 88/13, BFH/NV 2014, 550, Rz 26; vom 2. Juli 2014
XI S 8/14, BFH/NV 2014, 1601, Rz 31; jeweils m.w.N.).
32 Die Entscheidung, ob --was der erkennende Senat im Rahmen des summarischen
Verfahrens nicht ausschließt-- das Vertrauensschutzkonzept des § 27 Abs. 19 Satz 2
UStG im konkreten Einzelfall den verfassungsrechtlichen und europarechtlichen
Vorgaben genügt, den Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO zu suspendieren,
wenn dem Bauleistenden kein Vermögensschaden droht, d.h. wenn er dem
Leistungsempfänger die Umsatzsteuer nachberechnen und dem Finanzamt den
zivilrechtlichen Anspruch abtreten kann, ist mithin dem Hauptsachverfahren einer
noch zu erhebenden Klage vorbehalten (so zutreffend FG Münster in EFG 2015,
1863, Rz 26).
33 3. Die zu gewährende AdV war auch nicht von einer Sicherheitsleistung abhängig zu
machen.
34 a) Nach § 69 Abs. 2 Satz 3 FGO kann die Aussetzung von einer Sicherheitsleistung
abhängig gemacht werden. Die Vollziehung eines angefochtenen Steuerbescheids ist
regelmäßig ohne Sicherheitsleistung auszusetzen, wenn seine Rechtmäßigkeit
ernstlich zweifelhaft ist und keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass bei
einem Unterliegen der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren die Durchsetzung des
Steueranspruchs gefährdet wäre (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 12. September
2011 VIII B 70/09, BFH/NV 2012, 229, Rz 21; vom 21. November 2013 II B 46/13,
BFHE 243, 162, BStBl II 2014, 263, Rz 28; vom 18. Dezember 2013 I B 85/13, BFHE
244, 320, BStBl II 2014, 947, Rz 37; jeweils m.w.N.).
35 b) Eine Gefährdung der umstrittenen Umsatzsteueransprüche für die Streitjahre 2011
und 2012 ist weder vom FA vorgetragen noch sonst ersichtlich.
36 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.