Urteil des BFH vom 30.03.2015

Bloßer Nachweis von Vermögensgegenständen zur Widerlegung der Vermutung des Vermögensverfalls eines Steuerberaters nicht ausreichend

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 30.3.2015, VII B 3/15
Bloßer Nachweis von Vermögensgegenständen zur Widerlegung der Vermutung des
Vermögensverfalls eines Steuerberaters nicht ausreichend
Tenor
Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des
Finanzgerichts Düsseldorf vom 8. Oktober 2014 2 K 4148/13 StB wird als unbegründet
zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
1 I. Mit Bescheid vom 29. Oktober 2013 widerrief die Beklagte und Beschwerdegegnerin
(Steuerberaterkammer) die Bestellung des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) als
Steuerberater. Da der Kläger im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts mit insgesamt
13 Haftbefehlen (§§ 901, 915 der Zivilprozessordnung --ZPO-- a.F.; seit 1. Januar 2013
§§ 882b ff. ZPO) eingetragen sei, werde gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 des
Steuerberatungsgesetzes vermutet, er sei in Vermögensverfall geraten. Die Auskünfte des
Klägers über die Erwartung einer Verbesserung seiner Vermögenssituation könnten die
Vermutung nicht entkräften. Es sei insbesondere zu bezweifeln, dass dem Vermögen des
Klägers eine Erbschaft in der behaupteten Höhe zufließen werde. Außerdem bestätigte die
Vermögensauskunft den Eindruck des Vermögensverfalls.
2 Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen erhobene Klage ab. Die mit den Eintragungen
in das Schuldnerverzeichnis verbundene gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls
habe der Kläger nicht widerlegt. Zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung hätte er
mit seinen Gläubigern keine Vereinbarungen zur Abwendung weiterer
Vollstreckungsmaßnahmen getroffen. Vorliegend sei eine Gefährdung von
Mandanteninteressen auch anzunehmen, weil dem Finanzamt erhebliche
Steuerforderungen gegen den Kläger zustünden. Schließlich hätten auch im Zeitpunkt der
mündlichen Verhandlung, zu dem der Kläger noch mit vier Haftbefehlen im
Schuldnerverzeichnis eingetragen gewesen sei, keine neuen Gesichtspunkte vorgelegen,
die einen Anspruch des Klägers auf sofortige Wiederbestellung hätten begründen können.
Ratenzahlungsvereinbarungen mit den Gläubigern seien immer noch nicht zustande
gekommen. Auch die vom Kläger behaupteten Werte von Vermögensgegenständen
begründeten keinen Anspruch auf Wiederbestellung, denn sie seien bislang nicht derart
liquidiert, als dass der Kläger sie zur Zahlung seiner Verbindlichkeiten einsetzen könnte.
3 Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen Divergenz
(§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). In seiner
Urteilsbegründung habe das FG seine Vermögensaufstellung nicht als ausreichend
erachtet, um die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen. Vielmehr
habe das FG unter Hinweis auf das Urteil des FG Münster vom 27. Februar
2002 7 K 3466/01 StB (nicht veröffentlicht) ein aktives Tun verlangt. Die Ansicht des FG
zum aktiven Einsatz von Vermögenswerten widerspreche jedoch dem Urteil des
Bundesfinanzhofs vom 18. März 2014 VII R 14/13 (BFH/NV 2014, 1598), nach dem die
bloße Möglichkeit und Absicht des vom Widerruf betroffenen Steuerberaters, sein
vorhandenes Vermögen zur Schuldentilgung einzusetzen, sehr wohl ausreichen könne, um
die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen. Da das FG zu seinen
Lasten davon abweichende Maßstäbe zugrunde gelegte habe, sei die Revision wegen
Divergenz zuzulassen. Zudem sei die Rechtsfrage zu klären, ob die bloße Möglichkeit und
der Wille des betroffenen Steuerberaters, sein Vermögen zur Schuldentilgung einzusetzen,
zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung ausreiche.
Entscheidungsgründe
4 II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, denn die vom Kläger behauptete Divergenz liegt
nicht vor.
5 1. Entgegen der Ansicht der Beschwerde lässt sich dem Urteil des FG der Rechtssatz nicht
entnehmen, dass von einem vom Widerruf seiner Bestellung betroffenen Steuerberater
neben der Angabe seiner Vermögenswerte hinsichtlich des Einsatzes dieser Werte ein
aktives Tun verlangt wird, um die gesetzliche Vermutung zu widerlegen. Das FG hat in der
Urteilsbegründung die Begriffe "aktives Tun" oder "positives Handeln" nicht verwendet,
sondern lediglich ausgeführt, dass das bloße Innehaben von Vermögensgegenständen
(von der Beschwerde irrtümlich als Vermögensverhältnisse bezeichnet) nicht genügt, um
geordnete wirtschaftliche Verhältnisse zu belegen. Diese Feststellung bezieht sich auf die
zuvor zitierten Ausführungen des FG Münster, nach denen ein Vermögensverfall auch
dann vorliegt, wenn der Verkehrswert der Vermögensgegenstände des Schuldners zwar
wertmäßig den Verbindlichkeiten entspricht oder diese sogar übersteigt, der Schuldner
jedoch den laufenden Verpflichtungen nicht nachkommt und die Vermögenswerte nicht
realisierbar sind oder nicht zur Behebung der wirtschaftlichen Probleme eingesetzt werden
können. Die vom FG getroffenen Aussagen widersprechen nicht der Rechtsansicht des
beschließenden Senats, die er in seinem Urteil in BFH/NV 2014, 1598 vertreten hat.
Danach erstreckt sich die dem Steuerberater obliegende Darlegungslast nicht nur auf den
Nachweis von tatsächlich vorhandenen Vermögenswerten, sondern auch darauf, dass
diese tatsächlich zur Schuldentilgung eingesetzt werden können und sollen. Eine
gegenteilige Rechtsauffassung ist dem angegriffenen Urteil nicht zu entnehmen, weshalb
die von der Beschwerde behauptete Divergenz nicht vorliegt.
6 2. Soweit sich den Ausführungen des Klägers die Geltendmachung eines
Zulassungsgrundes nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO entnehmen lassen sollte, genügen die
Darlegungen nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Im Übrigen wäre die
Klärung der Frage, ob die bloße Möglichkeit und der Wille, vorhandenes Vermögen zur
Schuldentilgung einsetzen zu können und zu wollen, ausreicht, um die gesetzliche
Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen, nicht entscheidungserheblich, denn das
FG hat das Urteil auch auf die von der Beschwerde mit Verfahrensrügen nicht
angegriffenen Feststellungen gestützt, dass die behaupteten Werte der
Vermögensgegenstände nicht derart liquidiert sind, dass der Kläger sie zur Zahlung
einsetzen könnte, und dass der Kläger noch immer keine Ratenzahlungsvereinbarungen
mit seinen Gläubigern abgeschlossen hat.
7 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.