Urteil des BFH vom 18.03.2015

Abgrenzung Rückforderungs- und Abrechnungsbescheid - Anforderungen an die Bestimmtheit eines Abrechnungsbescheids - grundsätzliche Bedeutung

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 18.3.2015, VI B 87/14
Abgrenzung Rückforderungs- und Abrechnungsbescheid - Anforderungen an die Bestimmtheit
eines Abrechnungsbescheids - grundsätzliche Bedeutung
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des
Hessischen Finanzgerichts vom 21. Mai 2014 2 K 2337/13 wird als unbegründet
zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Gründe
1 1. Der Senat kann offenlassen, ob die Beschwerdebegründung den Anforderungen an die
Darlegung von Zulassungsgründen i.S. von § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht, denn die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet.
Entgegen der von der Beklagten und Beschwerdeführerin (Familienkasse) vertretenen
Ansicht kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2
Nr. 1 FGO zu.
2 a) Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung
des Bundesfinanzhofs (BFH) zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche
Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung
und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig
und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (BFH-Beschluss vom
23. Januar 2013 X B 84/12, BFH/NV 2013, 771). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen
muss in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert dargelegt werden (§ 116
Abs. 3 Satz 3 FGO). Insbesondere ist konkret und substantiiert darauf einzugehen, in
welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten
ist (z.B. BFH-Beschluss vom 25. Juni 2013 X B 96/12, BFH/NV 2013, 1802).
3 b) Die Familienkasse möchte die Rechtsfrage geklärt wissen, ob die hinreichende
Bestimmtheit eines Abrechnungsbescheids erfordert, dass sämtliche erforderlichen
Angaben in dem als Abrechnungsbescheid bezeichneten Schreiben erfasst werden, oder
ob es genügt, wenn inhaltlich auf den beigefügten Aufhebungsbescheid Bezug genommen
wird, der dem Abrechnungsbescheid zugrunde liegt und der sämtliche erforderlichen
Angaben enthält.
4 2. Entgegen der Auffassung der Familienkasse ist diese Frage weder klärungsbedürftig
noch in einem zukünftigen Revisionsverfahren klärungsfähig.
5 a) Die mit der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage, welche Anforderungen an die
Klarheit und Genauigkeit eines Abrechnungsbescheids einschließlich seiner
Erläuterungen zu stellen sind, ist durch die Rechtsprechung grundsätzlich geklärt und
damit nicht klärungsbedürftig. Das Gebot inhaltlicher Bestimmtheit von
Steuerverwaltungsakten (§ 119 der Abgabenordnung --AO--) gebietet, dass der
Regelungsinhalt aus dem Verwaltungsakt eindeutig und exakt entnommen werden kann
(vgl. BFH-Beschluss vom 3. April 2007 VIII B 110/06, BFH/NV 2007, 1273, m.w.N.). Die
Anforderungen an die erforderliche inhaltliche Bestimmtheit eines Abrechnungsbescheids
(§ 218 Abs. 2 AO) sind deshalb danach auszurichten, dass die Klärung der im Einzelfall
zwischen den Beteiligten bestehenden Streitigkeit erreicht werden kann (BFH-Beschluss
vom 1. Oktober 1998 VII B 1/98, nicht veröffentlicht --n.v.--, BFH/NV 1999, 738 --Leitsatz--).
6 b) Die Rechtsfrage ist wegen dieser Einzelfallbezogenheit auch nicht klärungsfähig. Die im
Einzelnen und konkret zu stellenden Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit eines
Abrechnungsbescheids können regelmäßig nicht allgemein (abstrakt) festgestellt werden.
Rechtsfragen, die die Anforderungen an die Bestimmtheit von steuerlichen
Verwaltungsakten betreffen, haben deshalb regelmäßig keine über den Einzelfall
hinausgehende Bedeutung und lassen sich nicht abstrakt klären (z.B. BFH-Beschlüsse
vom 15. Dezember 2005 VII B 18/05, BFH/NV 2006, 902, und in BFH/NV 2007, 1273). Dies
gilt auch für eine Sachverhaltskonstellation der hier vorliegenden Art (vgl. BFH-Beschluss
vom 1. Oktober 1998 VII B 1/98, n.v., BFH/NV 1999, 738 --Leitsatz--).
7 c) Im Übrigen ist die von der Familienkasse aufgeworfene Rechtsfrage nach der
Bestimmtheit eines Abrechnungsbescheids vorliegend schon deshalb nicht klärungsfähig,
weil es sich bei dem streitbefangenen Bescheid nicht um einen Abrechnungsbescheid
gemäß § 218 Abs. 2 AO, sondern um einen Rückforderungsbescheid nach § 37 Abs. 2 AO
handelt. Es bleibt der Familienkasse unbenommen, einen solchen Bescheid erneut zu
erlassen (vgl. BFH-Urteil vom 17. Dezember 2014 XI R 15/12, zur amtlichen
Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2015, 590).
8 3. Im Übrigen ergeht der Beschluss gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne Begründung.
9 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.