Urteil des BFH vom 24.01.2012

Wirtschaftliches Eigentum an einem Kapitalgesellschaftsanteil trotz Formunwirksamkeit der Abtretung

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 24.1.2012, IX R 69/10
Wirtschaftliches Eigentum an einem Kapitalgesellschaftsanteil trotz Formunwirksamkeit der
Abtretung
Tatbestand
1 I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr (2003) zur
Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden.
2 Der Kläger war zu 76 % am Stammkapital (insgesamt 50.000 DM) an der A GmbH
beteiligt (Nennwert: 38.000 DM/19.429 EUR). Weiterer Gesellschafter war sein Sohn CA
mit einer Beteiligung von 24 % (Nennwert: 12.000 DM/6.136 EUR).
3 Mit notariellem Vertrag vom 10. September 2003 errichtete der Kläger die A Holding
GmbH (Stammkapital 26.000 EUR), deren alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter
er wurde. Lt. Gesellschaftsvertrag ist die Einlage in Höhe von 25.000 EUR in bar zu
erbringen und sofort fällig. In Höhe von 1.000 EUR werden Anteile an der Firma A GmbH
als Sacheinlage gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erbracht.
4 In der Eröffnungsbilanz wies die A Holding GmbH die Beteiligung an der A GmbH mit
2.200.000 EUR aus und passivierte eine Darlehensverbindlichkeit gegenüber dem Kläger
in Höhe von 2.199.000 EUR. Der Kläger schloss als Darlehensgeber mit der A Holding
GmbH als Darlehensnehmerin am 11. September 2003 einen schriftlichen
Darlehensvertrag über diese Summe ab. Der Zinsaufwand aus diesem Darlehen wurde
bei der A Holding GmbH gewinnmindernd verbucht.
5 Mit Vertrag vom 10. Dezember 2003 veräußerte die A Holding GmbH zum 31. Dezember
2003 ihre Anteile an der A GmbH an die B Holding GmbH zu einem Kaufpreis von
2.200.000 EUR. Im Kaufvertrag wurden die A Holding GmbH und CA als alleinige
Gesellschafter der A GmbH bezeichnet. Der Kaufpreis war auf ein Bankkonto der A
Holding GmbH zu zahlen. Gesellschafterinnen der B Holding GmbH waren BB und NN,
die vormals bei der A GmbH als leitende Angestellte beschäftigt waren.
6 Auch der andere Gesellschafter der A GmbH, CA, veräußerte seine Anteile an die B
Holding GmbH. Der vereinbarte Kaufpreis von 1.000.000 EUR wurde von der Erwerberin
voll bezahlt.
7 Ebenfalls am 10. Dezember 2003 schloss der Kläger als Darlehensgeber mit BB und NN
als Darlehensnehmerinnen zwei schriftliche Darlehensverträge über 892.000 EUR und
225.000 EUR (zusammen 1.117.000 EUR) ab.
8 Am 30. Dezember 2003 ging ein Kaufpreisanteil aus dem Verkauf der Anteile an der A
GmbH von 1.083.000 EUR auf dem Konto der A Holding GmbH ein. Er wurde von der NN
und BB GbR überwiesen. Nach den unbestrittenen Angaben der Kläger handelt es sich
hierbei um die Vorgesellschaft der B Holding GmbH.
9 In der Schlussbilanz auf den 31. Dezember 2003 wies die A Holding GmbH auf der
Aktivseite zwei Darlehensforderungen in Höhe von 892.000 EUR und 225.000 EUR
(zusammen 1.117.000 EUR) gegen die B Holding GmbH aus. Auf der Passivseite war die
Darlehensverbindlichkeit gegenüber dem Kläger in Höhe von 2.199.000 EUR angesetzt.
10 In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte der Kläger einen
Veräußerungsgewinn gemäß § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von
1.090.285 EUR (2.200.000 EUR abzüglich 19.429 EUR = 2.180.571 EUR, davon 50 % im
Halbeinkünfteverfahren).
11 Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) übernahm den
Veräußerungsgewinn in erklärter Höhe. Der erstmalige Einkommensteuerbescheid vom
22. März 2005 erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der
Abgabenordnung --AO--).
12 Im Jahr 2005 wurde nach dem unbestrittenen Vortrag der Kläger sowohl über das
Vermögen der B Holding GmbH als auch der A GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet
(Beschluss des Amtsgerichts vom 1. November 2005 betreffend A GmbH). Nach den
weiteren unbestrittenen Angaben der Kläger ist die restliche Kaufpreisforderung der A
Holding GmbH in Höhe von (2.200.000 EUR abzüglich 1.083.000 EUR =) 1.117.000 EUR
aus dem Verkauf der Anteile an der A GmbH in der Folge endgültig ausgefallen.
13 In der Schlussbilanz der A Holding GmbH auf den 31. Dezember 2005 wurden die beiden
Darlehensforderungen gegen die B Holding GmbH nicht mehr als Aktivposten
ausgewiesen. Sie wurden im Jahr 2005 nach der Insolvenz der B Holding GmbH unter
Verrechnung mit der Darlehensverbindlichkeit der A Holding GmbH gegenüber dem
Kläger ausgebucht. Ein Teilbetrag des Darlehens (785.484,42 EUR) wurde zudem von
der A Holding GmbH an den Kläger zurückbezahlt (zunächst jedoch noch als Forderung
gebucht). Zum 31. Dezember 2005 weist das Darlehenskonto nach einer weiteren
Umbuchung noch einen Stand von 124.642,09 EUR aus.
14 Am 17. Oktober 2005 erließ das FA einen --vorbehaltslosen-- geänderten
Einkommensteuerbescheid 2003, in dem es den Veräußerungsgewinn nach wie vor in
erklärter Höhe erfasste.
15 Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein und beantragten die Änderung der
Steuerfestsetzung aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
AO). Wegen der Insolvenz der Erwerberin der Anteile seien vom Kaufpreis 1.117.000
EUR uneinbringlich geworden. Nachdem das FA die beantragte Änderung abgelehnt hat,
legten die Kläger auch dagegen Einspruch ein. Das FA sah den letztgenannten
Einspruch als Erweiterung des früher eingelegten Rechtsbehelfs an und wies diesen als
unbegründet zurück. Die hiergegen gerichtete Klage, die sich insbesondere darauf
stützte, dass die Übertragung der Anteile an der A GmbH vom Kläger an die A Holding
GmbH nicht notariell beurkundet worden sei (§ 15 Abs. 3 und 4 des Gesetzes betreffend
die Gesellschaften mit beschränkter Haftung --GmbHG--, § 125 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs). Im Weiteren habe dies auch die Unwirksamkeit des Verkaufs zwischen der
A Holding GmbH und der B Holding GmbH zur Folge. Denn die A Holding GmbH habe
Anteile verkauft, die ihr nicht gehört hätten. Tatsächlich habe aber der Kläger selbst die
Anteile an die B Holding GmbH veräußert. Die Kaufpreisforderung sei somit dem Kläger
zuzurechnen. Deren Ausfall wirke sich demzufolge auch unmittelbar bei ihm aus. Der
Veräußerungsgewinn betrage nunmehr nur noch (1.083.000 EUR abzüglich 19.429 EUR
= 1.063.571 EUR, davon 50 % im Halbeinkünfteverfahren =) 531.785 EUR.
16 Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, das FA habe zutreffend
einen Veräußerungsgewinn des Klägers in Höhe von 1.090.285 EUR der Besteuerung
unterworfen. Der erkennende Senat sei unter Würdigung aller Umstände zu der
Überzeugung gelangt, dass nach dem Gesamtbild der Verhältnisse das wirtschaftliche
Eigentum an den A GmbH-Anteilen auf die A Holding GmbH gegen Entgelt
übergegangen sei. Davon seien sowohl der Kläger als Gründungsgesellschafter als auch
die A Holding GmbH ausgegangen. Gesellschaftsrechtlich liege eine sog. gemischte
Sacheinlage vor, auf die die Sachgründungsvorschriften insgesamt anzuwenden seien.
Da vorliegend Abreden im Gesellschaftsvertrag hierzu (§ 5 Abs. 4 GmbHG) fehlten, sei
der Vorgang zivilrechtlich unwirksam. Die Nichteinhaltung zivilrechtlicher
Formvorschriften stehe jedoch der Annahme wirtschaftlichen Eigentums nicht in jedem
Fall entgegen. Wenngleich daher die Voraussetzungen für den Übergang des
zivilrechtlichen Eigentums an den Anteilen nicht vorgelegen hätten (§ 15 Abs. 3 GmbHG),
seien sie dennoch der A Holding GmbH wirtschaftlich zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 AO).
17 Der Kläger wie die A Holding GmbH hätten sich so verhalten, als wäre die Abtretung der
Anteile an der A GmbH wirksam gewesen. Die Kläger hätten --trotz des Hinweises des
Gerichts auf die für das wirtschaftliche Eigentum maßgebenden Umstände-- nicht
vorgetragen bzw. belegt, dass der Kläger nach Errichtung der A Holding GmbH noch
Stimm- oder Gewinnbezugsrechte an der A GmbH wahrgenommen hätte. Vielmehr habe
nach ihrer Errichtung die A Holding GmbH allein die Chance einer Wertsteigerung gehabt
und das Risiko eines Wertverlusts der Anteile an der A GmbH getragen. Dies werde
insbesondere aus dem Umstand deutlich, dass sie es gewesen sei, die den Kaufvertrag
mit der B Holding GmbH über die Veräußerung der Anteile abgeschlossen habe.
18 Die Übertragung der Anteile an der A GmbH durch den Kläger sei vollentgeltlich erfolgt.
Der spätere Ausfall der Forderungen der A Holding GmbH gegen die B Holding GmbH
habe auf den beim Kläger zu berücksichtigenden Veräußerungspreis keine
(rückwirkenden) Auswirkungen.
19 Mangels (nachgewiesener) Veräußerungskosten des Klägers und unstreitiger
Anschaffungskosten von 19.429 EUR ergebe sich ein Veräußerungsgewinn in Höhe von
2.180.571 EUR. Davon sei die Hälfte steuerfrei. Damit erweise sich die Erfassung eines
Gewinns von 1.090.285 EUR durch das FA als zutreffend.
20 Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der diese die Verletzung materiellen
Rechts rügen (§ 17 EStG i.V.m. §§ 39 Abs. 2, 41 Abs. 1 AO).
21 Da die Anteile an der A GmbH zivilrechtlich nicht wirksam auf die A Holding GmbH
übertragen worden seien, liege kein Gewinn aus der Einbringung der Anteile der A GmbH
vor. Die A Holding GmbH habe weder eine rechtlich geschützte, unentziehbare Position
gehabt noch sei die Abtretung zu irgendeinem Zeitpunkt formwirksam vollzogen worden.
22 Die Kläger beantragen,
das Urteil des FG aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2003 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 14. April 2008 dahingehend zu ändern, dass ein
Veräußerungsgewinn i.S. von § 17 EStG in Höhe von 531.785 EUR zu berücksichtigen
ist.
23 Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
24 II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zutreffend hat das FG eine Veräußerung der Anteile an
der A GmbH seitens des Klägers an die A Holding GmbH und einen daraus sich
ergebenden Veräußerungsgewinn des Klägers von 1.090.285 EUR bejaht.
25 1. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG in der im Streitjahr gültigen Fassung gehört zu den
Einkünften aus Gewerbebetrieb --unter weiteren vorliegend nicht problematischen
Voraussetzungen-- auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer
Kapitalgesellschaft.
26 Eine Veräußerung i.S. von § 17 EStG wird mit der entgeltlichen Übertragung des
(zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen) Eigentums durch den Veräußerer auf den Erwerber
verwirklicht (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9.
Oktober 2008 IX R 73/06, BFHE 223, 145, BStBl II 2009, 140, unter II.2.). Notwendige und
hinreichende Voraussetzung für die Zurechnung einer (veräußerten) Beteiligung i.S. des
§ 17 EStG ist das (zumindest) wirtschaftliche Eigentum (vgl. BFH-Urteile vom 22. Juli
2008 IX R 61/05, BFH/NV 2008, 2004; vom 17. Februar 2004 VIII R 26/01, BFHE 205,
204, BStBl II 2004, 651, m.w.N.). Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO ist die Rechtsstellung
des wirtschaftlichen Eigentümers dadurch gekennzeichnet, dass er den zivilrechtlichen
Eigentümer im Regelfall von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich
ausschließen kann. Ihm muss etwa auch der wirtschaftliche Erfolg aus einer (Weiter-
)Veräußerung gebühren (vgl. BFH-Urteil vom 25. Mai 2011 IX R 23/10, BFHE 234, 55,
BStBl II 2012, 3, m.w.N.).
27 Das wirtschaftliche Eigentum an einem Kapitalgesellschaftsanteil geht auf einen Erwerber
über (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO), wenn der Käufer des Anteils
(1) aufgrund eines (bürgerlich-rechtlichen) Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich
geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat, die ihm gegen
seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann, und
(2) die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen (Verwaltungs- und Vermögens-)Rechte
(insbesondere Gewinnbezugsrecht und Stimmrecht) sowie
(3) Risiko und Chance von Wertveränderungen auf ihn übergegangen sind (vgl. BFH-
Urteile in BFHE 223, 145, BStBl II 2009, 140, unter II.2., und vom 11. Juli 2006 VIII R
32/04, BFHE 214, 326, BStBl II 2007, 296, m.w.N.).
28 Danach erlangt wirtschaftliches Eigentum, wer nach dem Inhalt der getroffenen Abrede
alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte (Vermögens- und
Verwaltungsrechte, insbesondere Gewinnbezugs- und Stimmrecht) ausüben und im
Konfliktfall effektiv durchsetzen kann.
29 Der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums ist nach dem Gesamtbild der tatsächlichen
Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen. Eine von der zivilrechtlichen
Inhaberstellung abweichende Zuordnung eines Wirtschaftsguts kann deshalb auch
anzunehmen sein, wenn die vorstehend genannten Voraussetzungen nicht in vollem
Umfang erfüllt sind. Demgemäß ist auch bei der Bestimmung des wirtschaftlichen
Eigentums nicht das formal Erklärte oder formal-rechtlich Vereinbarte, sondern das
wirtschaftlich Gewollte und das tatsächlich Bewirkte ausschlaggebend (vgl. BFH-Urteile
in BFHE 214, 326, BStBl II 2007, 296; in BFHE 223, 145, BStBl II 2009, 140, unter II.2.,
m.w.N.). Dabei ist wirtschaftliches Eigentum (auch dann) gegeben, wenn --einander nicht
nahestehende-- Vertragsparteien die in einem formunwirksamen Vertrag getroffenen
Vereinbarungen tatsächlich durchführen. Auch bei Verträgen zwischen nahen
Angehörigen führt aber die zivilrechtliche Unwirksamkeit eines Vertragsabschlusses nicht
ausnahmslos zum Ausschluss der steuerlichen Anerkennung des Vertragsverhältnisses
(BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 2004).
30 2. Nach diesen Grundsätzen ist das FG zutreffend von einer Übertragung des
wirtschaftlichen Eigentums am Anteil des Klägers an der A GmbH auf die A Holding
GmbH ausgegangen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 EStG).
31 a) Die Formunwirksamkeit des Übertragungsvertrags steht dem nicht entgegen.
Insbesondere folgt aus der in der Rechtsprechung für den Übergang des wirtschaftlichen
Eigentums an einem Kapitalgesellschaftsanteil formulierten Voraussetzung, dass der
Anteilserwerber eine auf den Erwerb gerichtete Position erworben haben muss, die ihm
gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden können darf, nicht, dass bei
Formunwirksamkeit der zivilrechtlichen Übertragung der Übergang wirtschaftlichen
Eigentums zwangsläufig ausgeschlossen wäre. Maßgeblich ist das von den Parteien
wirtschaftlich Gewollte und als solches Durchgeführte, d.h. tatsächlich Bewirkte (BFH-
Urteil vom 20. Juli 2010 IX R 38/09, BFH/NV 2011, 41, m.w.N. zur ständigen
Rechtsprechung).
32 b) Im Streitfall haben die Parteien, wie vom FG in den Senat bindender Weise (§ 118 Abs.
2 FGO) festgestellt, die Anteilsübertragung wirtschaftlich gewollt und sich auch
dementsprechend verhalten.
33 Dass der Kläger beherrschender Gesellschafter war, schließt dies nicht (zwangsläufig)
aus. Insoweit ist die finanzgerichtliche Würdigung des Vertragsverhältnisses
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Selbst wenn man die Grundsätze der
steuerlichen Anerkennung von Vertragsverhältnissen zwischen nahen Angehörigen
zugrunde legen wollte, kann im Streitfall nicht von einer verstärkten Indizwirkung des
Mangels der zivilrechtlichen Form (dazu BFH-Urteil vom 11. Mai 2010 IX R 19/09, BFHE
229, 301, BStBl II 2010, 823) ausgegangen werden, weil das FG keinerlei sonstige
Anhaltspunkte festgestellt hat, die gegen den Bindungswillen der Parteien sprechen
würden.
34 Soweit der BFH für den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an einem GmbH-Anteil
vor dessen formwirksamer Übertragung bereits mit Abschluss einer formunwirksamen
Verpflichtung vorausgesetzt hat, dass die getroffenen Vereinbarungen und die (folgende)
formwirksame Abtretung in der Folgezeit tatsächlich vollzogen werden (BFH-Urteil in
BFHE 205, 204, BStBl II 2004, 651), betrifft dies die Frage der Vorverlagerung des
Veräußerungszeitpunkts vor den Zeitpunkt einer zivilrechtlich wirksamen Abtretung,
definiert aber nicht etwa die Einordnung der formunwirksamen Einlage im --insoweit
anders gelagerten-- Streitfall. Auch dann, wenn ein Mitunternehmeranteil unter einer
aufschiebenden Bedingung veräußert wird, geht das wirtschaftliche Eigentum an dem
Gesellschaftsanteil grundsätzlich erst mit dem Eintritt der Bedingung auf den Erwerber
über, wenn ihr Eintritt nicht allein vom Willen und Verhalten des Erwerbers abhängt (BFH-
Urteil vom 25. Juni 2009 IV R 3/07, BFHE 226, 62, BStBl II 2010, 182).
35 3. Die vom FG angenommene Höhe des Veräußerungsgewinns (§ 17 Abs. 2 Satz 1
EStG) ist nicht zu beanstanden. Veräußerungspreis ist alles, was der Veräußerer aus dem
Veräußerungsgeschäft als Gegenleistung erhält (BFH-Urteil vom 2. April 2008 IX R 73/04,
BFH/NV 2008, 1658, m.w.N.). Der Kläger erlangte aus der Anteilsübertragung an die A
Holding GmbH einen Darlehensanspruch in Höhe von 2.199.000 EUR sowie
Gesellschaftsrechte im Wert von 1.000 EUR.
36 Die Veräußerung des Klägers war mit der Anteilsübertragung an die A Holding GmbH
abgeschlossen. Die Insolvenz der B Holding GmbH wie auch der A GmbH hatten hierauf,
insbesondere auch auf den Veräußerungspreis, keinen Einfluss.