Urteil des BFH vom 15.07.2015

Verfassungsmäßigkeit des BremTourAbgG

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 15.7.2015, II R 32/14
Verfassungsmäßigkeit des BremTourAbgG
Leitsätze
Das Bremische Gesetz über die Erhebung einer Tourismusabgabe ist verfassungsgemäß.
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Bremen vom 16. April
2014 2 K 85/13 (1) wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt in Bremen ein Hotel, das keine
Klassifizierung nach der Deutschen Hotelklassifizierung von mindestens vier Sternen
hat. Sie meldete beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Magistrat der Stadt
Bremerhaven --Magistrat--) mit Erklärung vom 3. April 2013 gemäß § 6 Abs. 2 des
Bremischen Gesetzes über die Erhebung einer Tourismusabgabe (BremTourAbgG)
vom 31. Januar 2012 (Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen --BremGBl-- 2012,
9), das durch das Gesetz vom 18. Dezember 2012 (BremGBl 2012, 554) geändert
wurde und nach seinem § 11 ab dem Jahr 2013 anwendbar ist, die in diesem Gesetz
als örtliche Aufwandsteuer (§ 1 Abs. 1 BremTourAbgG) vorgesehene
Tourismusabgabe in Höhe von 1.088 EUR für das erste Kalendervierteljahr 2013 an.
Wie auf dem dafür nach § 6 Abs. 2 BremTourAbgG zu verwendenden amtlichen
Vordruck vorgeschrieben, erklärte sie dabei die Gesamtzahl der Übernachtungen, die
Anzahl der berufsbedingten Übernachtungen, der Übernachtungen minderjähriger
Gäste und der zu versteuernden Übernachtungen und eine Tourismusabgabe von
2 EUR je Übernachtung. Der Einspruch gegen die Steueranmeldung blieb erfolglos.
2 Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, das BremTourAbgG
sei weder aus verfassungs- noch aus unionsrechtlicher Sicht zu beanstanden. Das
Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 1432
veröffentlicht.
3 Mit der Revision macht die Klägerin geltend, das BremTourAbgG sei in mehrfacher
Hinsicht verfassungswidrig. Die Steuer sei der Umsatzsteuer gleichartig und verstoße
daher gegen Art. 105 Abs. 2a des Grundgesetzes (GG). Die Steuer konterkariere die
vom Bundesgesetzgeber gewollte Entlastung der Betreiber von
Beherbergungsbetrieben. Das BremTourAbgG sei nicht hinreichend bestimmt
formuliert. Die Betreiber der Beherbergungsbetriebe dürften nicht als Steuerschuldner
bestimmt werden und würden insbesondere aufgrund des für sie entstehenden
Verwaltungsaufwands in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt. Darüber
hinaus liege ein strukturelles Vollzugsdefizit vor. Zudem verstoße das BremTourAbgG
gegen das Recht der Übernachtungsgäste auf informationelle Selbstbestimmung und
Datenschutz.
4 Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und die als Steuerfestsetzung geltende
Steueranmeldung vom 3. April 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
29. September 2013 aufzuheben.
5 Der Magistrat beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
6 II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Bremischen
Abgabengesetzes i.V.m. § 168 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) als
Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung geltende Steueranmeldung vom
3. April 2013 ist rechtmäßig.
7 1. Die Steueranmeldung entspricht nach der zutreffenden übereinstimmenden
Meinung der Beteiligten und des FG den Regelungen im BremTourAbgG.
8 a) Nach § 1 Abs. 1 BremTourAbgG erheben die Stadtgemeinden Bremen und
Bremerhaven eine Tourismusabgabe als örtliche Aufwandsteuer. Die
Tourismusabgabe wird gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 des Bremischen Abgabengesetzes
für die Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven von der Stadtgemeinde
Bremerhaven verwaltet.
9 Gegenstand der Tourismusabgabe ist gemäß § 1 Abs. 2 BremTourAbgG der
Aufwand für die Möglichkeit einer entgeltlichen Übernachtung in einem
Beherbergungsbetrieb. Der Übernachtung steht es gleich, wenn eine
Beherbergungsmöglichkeit ohne Übernachtung genutzt wird und hierfür ein
gesonderter Aufwand betrieben wird. Beherbergungsbetriebe sind nach § 1 Abs. 3
BremTourAbgG Betriebe, die gegen Entgelt kurzzeitige Übernachtungsmöglichkeiten
bereitstellen.
10 Von der Besteuerung sind gemäß § 1 Abs. 4 BremTourAbgG Aufwendungen für
Übernachtungen ausgenommen, wenn die Übernachtung mit der Berufs- oder
Gewerbeausübung oder einer freiberuflichen Tätigkeit zwangsläufig verbunden ist
(berufliche Veranlassung). Der Übernachtungsgast muss die berufliche Veranlassung
gegenüber dem Beherbergungsbetrieb glaubhaft machen. Die berufliche
Veranlassung ist glaubhaft gemacht, wenn der Übernachtungsgast diese dem
Beherbergungsbetrieb bis zur Beendigung der Beherbergungsleistung eindeutig durch
eine an den Arbeitgeber oder Unternehmer ausgestellte Rechnung für die
Übernachtungsleistung oder durch eine Bestätigung des Arbeitgebers oder
Unternehmers nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck belegt. Bei einem
selbständigen Beherbergungsgast ist die berufliche Veranlassung durch eine
Eigenbestätigung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck glaubhaft zu machen.
Soweit mehrere Personen die Übernachtungsleistung in Anspruch genommen haben,
ist die berufliche Veranlassung für jede Person gesondert glaubhaft zu machen.
11 Von der Steuer ausgenommen ist nach § 3 Abs. 3 BremTourAbgG die Beherbergung
Minderjähriger. Sollte ein Übernachtungsgast mehr als sieben zusammenhängende
Übernachtungen in demselben Beherbergungsbetrieb verbringen, unterfällt der
weitere Übernachtungsaufwand nach § 3 Abs. 2 BremTourAbgG nicht der
Besteuerung. Die Tourismusabgabe wird gemäß § 1 Abs. 5 BremTourAbgG ferner
nicht erhoben, soweit nachweislich die Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb
nach § 1 Abs. 3 BremTourAbgG zur Vermeidung der Obdachlosigkeit erfolgt.
12 Bemessungsgrundlage ist nach § 2 BremTourAbgG die Anzahl der Übernachtungen
je Gast. Der Steuersatz beträgt gemäß § 3 Abs. 1 BremTourAbgG pro Übernachtung
in einem Hotel mit einer Klassifizierung von mindestens vier Sternen 3 EUR, in
anderen Hotels 2 EUR und in Gästehäusern, Gasthöfen, Pensionen, Ferienhäusern
und -wohnungen, Campingplätzen, Reisemobilhäfen und ähnlichen Betrieben 1 EUR.
Maßgebend für die Klassifizierung sind gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 BremTourAbgG die
in der Beherbergungsbranche für Hotels im Inland marktüblichen Kriterien.
13 Steuerschuldner ist gemäß § 4 BremTourAbgG der Betreiber des
Beherbergungsbetriebes. Der Steueranspruch entsteht nach § 5 BremTourAbgG mit
Beginn der Beherbergungsleistung.
14 Der Betreiber des Beherbergungsbetriebes hat nach § 6 Abs. 2 BremTourAbgG dem
Magistrat bis zum 15. Tag nach Ablauf eines Kalendervierteljahres eine
Steueranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck einzureichen und die
Steuer selbst zu berechnen. Anmeldungszeitraum ist nach § 6 Abs. 3 Satz 1
BremTourAbgG das Kalendervierteljahr. Die Tourismusabgabe ist am 15. Tag nach
Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig und an den Magistrat abzuführen (§ 6
Abs. 3 Satz 2 BremTourAbgG). Gibt der Steuerpflichtige keine Anmeldung ab,
obgleich er hierzu verpflichtet ist, oder hat er die Steuer falsch berechnet, so setzt
gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 BremTourAbgG der Magistrat die Steuer fest.
15 b) Mit diesen Vorschriften ist die angefochtene Steueranmeldung vereinbar.
16 2. Das BremTourAbgG ist verfassungsgemäß.
17 a) Die Gesetzgebungskompetenz ergibt sich aus Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG.
Danach haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen
Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich
geregelten Steuern gleichartig sind. Diese Anforderungen erfüllt die im
BremTourAbgG geregelte Steuer. Es handelt sich um eine Aufwandsteuer, die einer
bundesgesetzlich geregelten Steuer nicht gleichartig ist und auch im Übrigen den
Anforderungen des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG entspricht.
18 aa) Aufwandsteuern zielen auf die in der Vermögens- und Einkommensverwendung
für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende besondere
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, welche aufgrund des
Gebrauchs von Gütern, des Haltens eines Gegenstandes oder der Inanspruchnahme
von Dienstleistungen vermutet wird. Belastet werden soll lediglich der über die
Befriedigung der allgemeinen Lebensführung hinausgehende Aufwand, der Teil des
persönlichen Lebensbedarfs und der persönlichen Lebensführung ist, und nur die in
diesem Konsum zum Ausdruck kommende besondere Leistungsfähigkeit. Wird ein
Aufwand in diesem Sinne betrieben, kommt es nicht darauf an, von wem und mit
welchen Mitteln der Konsum finanziert wird und welchen Zwecken er des Näheren
dient (Urteile des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 11. Juli
2012 9 CN 1.11, BVerwGE 143, 301, Rz 13, und 9 CN 2.11, Kommunaljurist --
KommJur-- 2012, 387, Rz 13, je m.w.N.).
19 bb) Der privat veranlasste Aufwand für die entgeltliche Übernachtung in einem
Beherbergungsbetrieb ist ein Aufwand, der nach Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG einer
Aufwandsteuer unterworfen werden kann, sofern sie nicht bundesgesetzlich
geregelten Steuern gleichartig ist. Er geht über die Befriedigung des
Grundbedürfnisses nach Wohnraum hinaus (BVerwG-Urteile in BVerwGE 143, 301,
Rz 15, und in KommJur 2012, 387, Rz 15). Das Grundbedürfnis Wohnen wird in der
Regel durch die Nutzung eigenen oder gemieteten Wohnraums gedeckt. Die
entgeltliche Übernachtung tritt zu dieser Nutzung hinzu, die ihrerseits nicht
aufgegeben wird bzw. nicht aufgegeben werden kann. Entrichtet ein Steuerpflichtiger
Entgelt für eine aus privatem Interesse veranlasste Übernachtung, ist dies Ausdruck
der Gestaltung der persönlichen Lebensführung, die Leistungsfähigkeit indiziert. Sie
ist deshalb der Einkommensverwendung zuzurechnen. Dass das Übernachten in
Hotels heutzutage eine Massenerscheinung ist, steht dem nicht entgegen. Denn für
die Leistungsfähigkeit ist lediglich ein über den Grundbedarf hinausgehender Konsum
erforderlich. Dieser muss weder besonders kostspielig noch in irgendeiner Form
luxuriös sein. Eine entgeltliche Übernachtung gehört --von den Sonderfällen des
dauerhaften Wohnens im Hotel abgesehen-- nicht zum Grundbedarf des Wohnens
und indiziert deshalb Leistungsfähigkeit. Nichts anderes gilt, wenn die Übernachtung
zwar im Zusammenhang mit der Berufsausübung erfolgt, sie jedoch nicht
zwangsläufige Folge der beruflichen Betätigung ist, sondern Ausdruck privaten
Interesses. In diesen Fällen könnte das Einkommen auch ohne diesen speziellen
Aufwand erzielt werden (BVerwG-Urteile in BVerwGE 143, 301, Rz 15, und in
KommJur 2012, 387, Rz 15).
20 cc) Davon zu unterscheiden ist ein Aufwand, der nicht der persönlichen
Lebensführung in diesem Sinne, sondern der Einkommenserzielung dient.
Aufwandsteuern sollen die als mehr oder weniger aufwändig angesehene
Einkommensverwendung erfassen. In dieser Absicht des Gesetzgebers liegt das
wesentliche Merkmal des Begriffs der Aufwandsteuer. Eine Aufwandsteuer kann nicht
für Gegenstände oder Dienstleistungen erhoben werden, die nicht der
Einkommensverwendung (privatem Aufwand), sondern allein der
Einkommenserzielung dienen (BVerwG-Urteile in BVerwGE 143, 301, Rz 14, und in
KommJur 2012, 387, Rz 14, je m.w.N.).
21 Ist die Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb mit der Berufs- oder
Gewerbeausübung oder einer freiberuflichen Tätigkeit des Gastes zwangsläufig
verbunden, ist der Aufwand dafür der Einkommenserzielung zuzuordnen und unterfällt
somit nicht der Aufwandsteuer. Das ist etwa anzunehmen, wenn die Wohnung des
Gastes in einer Entfernung vom Arbeitsort liegt, die eine tägliche Rückkehr nicht
zumutbar erscheinen lässt, oder wenn die Anwesenheit des Gastes an dem vom
Wohnort verschiedenen Arbeitsort aus anderen Gründen für seine Tätigkeit
unabdingbar ist. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass ohne die entgeltliche
Übernachtung die Berufsausübung, gewerbliche Tätigkeit oder freiberufliche Tätigkeit
nicht ausgeübt und deshalb Einkommen nicht erwirtschaftet werden könnte (BVerwG-
Urteile in BVerwGE 143, 301, Rz 16, und in KommJur 2012, 387, Rz 16).
22 Wird der Aufwand für die Übernachtung nur deswegen betrieben, weil er beruflich
veranlasst worden ist, ist er nicht dem privaten Konsum, sondern der
Einkommenserzielung zuzurechnen, auch wenn mit ihm nicht unmittelbar
Einkommen erzielt wird (BVerwG-Urteile in BVerwGE 143, 301, Rz 18, und in
KommJur 2012, 387, Rz 18). Die Möglichkeit, während des Aufenthalts in einem
Beherbergungsbetrieb neben den beruflichen und geschäftlichen Aktivitäten und
privaten Grundbedürfnissen auch sonstigen privaten Interessen nachzugehen, also
etwa kulturelle, sportliche, gastronomische oder sonstige Freizeitangebote zu nutzen,
führt nicht dazu, dass eine aus zwingenden beruflichen Gründen veranlasste
entgeltliche Übernachtung nicht ausschließlich der Einkommenserzielung zuzuordnen
wäre. Die bloße objektive Möglichkeit eines privaten Konsums im Zusammenhang
mit einem ausschließlich berufsbedingten Aufwand genügt nicht, um die Zuordnung
des berufsbedingten Aufwandes zur Einkommenserzielung auszuschließen
(BVerwG-Urteile in BVerwGE 143, 301, Rz 19, und in KommJur 2012, 387, Rz 19).
23 Die im Begriff der Aufwandsteuer angelegte Abgrenzung der
Einkommensverwendung zur Einkommenserzielung erfordert von Verfassungs
wegen eine umfassende Würdigung der Umstände des Einzelfalls (BVerwG-Urteile in
BVerwGE 143, 301, Rz 14, und in KommJur 2012, 387, Rz 14, je m.w.N.). Ob der
Aufwand für die Übernachtung der Einkommenserzielung dient, ist demgemäß
anhand der konkreten Fallumstände zu beurteilen (BVerwG-Urteile in BVerwGE 143,
301, Rz 18, und in KommJur 2012, 387, Rz 18).
24 dd) Wird der Aufwand für privat veranlasste Übernachtungen in
Beherbergungsbetrieben einer Aufwandsteuer unterworfen, ist es mit Art. 105 Abs. 2a
Satz 1 GG vereinbar, dass nicht die Übernachtungsgäste, sondern die Betreiber der
Beherbergungsbetriebe als Steuerschuldner bestimmt werden. Die Heranziehung
desjenigen, der den Aufwand betreibt, als Steuerschuldner ist nicht Wesensmerkmal
einer Aufwandsteuer. So kann beispielsweise der Betreiber von Spielgeräten oder
Veranstalter eines anderen Vergnügens als Steuerschuldner der Vergnügungsteuer
bestimmt werden. Materielle Verfassungsfragen spielen bei der Prüfung der
Kompetenzgrundlage des Landesgesetzgebers keine Rolle, da die Finanzverfassung
auf Formenklarheit und Formenbindung angelegt und angewiesen ist (Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 4. Februar 2009 1 BvL 8/05, BVerfGE
123, 1, BStBl II 2009, 1035, unter C.I.2.a und b).
25 ee) Der Gleichartigkeitsbegriff des Art. 105 Abs. 2a GG hat einen eigenständigen
Inhalt, der mit Blick auf die besondere Funktion der Norm zu bestimmen ist, die den
Gemeinden das Steuerfindungsrecht erhalten soll, aber gleichzeitig eine Steuer, die
auf örtlicher Ebene Bundessteuern gleichkommt, ausschließt. Insbesondere soll nicht
eine Gemeindeumsatzsteuer oder Ähnliches geschaffen werden dürfen (BVerwG-
Urteile in BVerwGE 143, 301, Rz 22 bis 25, und in KommJur 2012, 387, Rz 22 bis 25,
je m.w.N.). Das bedeutet, dass die Merkmale der jeweiligen Aufwandsteuer mit der in
Betracht kommenden Bundessteuer zu vergleichen sind. Erfüllt sie von vornherein
schon nicht die Kriterien des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs, wie er für die
Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenzen nach Art. 72 Abs. 1 GG verwendet
wird, kann sie auch nicht gleichartig i.S. von Art. 105 Abs. 2a GG sein. Erfüllt sie
dagegen die Kriterien des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs, bedarf es einer
umfassenden Bewertung aller Merkmale der jeweiligen Steuer. Dabei ist das
kommunale Steuerfindungsrecht in den Blick zu nehmen, das nicht derart beschnitten
werden darf, dass Gemeinden neue Steuern nicht erheben könnten. Die
Umsatzsteuer als eine bundesrechtlich geregelte große Verbrauchsteuer würde
jegliche auch noch so unbedeutende Besteuerung von Gütern und Dienstleistungen in
Gemeinden von vornherein ausschließen, wenn eine solche konkrete auf die jeweilige
Steuer bezogene Bewertung unterbliebe. Das schließt es aus, dass eine
Gleichartigkeit schon dann anzunehmen ist, wenn nur einzelne Merkmale des
herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs erfüllt sind, diese aber in der Gewichtung
hinter die anderen nicht erfüllten Merkmale zurücktreten (BVerwG-Urteile in
BVerwGE 143, 301, Rz 25, und in KommJur 2012, 387, Rz 25, je m.w.N.).
26 Ob eine auf den Aufwand für entgeltliche Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben
erhobene Steuer bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig ist, wobei nur die
Umsatzsteuer in Betracht kommt, ist aufgrund einer Gesamtbewertung zu
entscheiden (ebenso BVerwG-Urteile in BVerwGE 143, 301, Rz 26, zu der von der
Stadt Trier erhobenen, als Steuer ausgestalteten Kultur- und Tourismusförderabgabe
für Übernachtungen, und in KommJur 2012, 387, Rz 26, zu der von der Stadt Bingen
am Rhein erhobenen, ebenfalls als Steuer ausgestalteten Kulturförderabgabe für
Übernachtungen).
27 ff) Die im BremTourAbgG geregelte Steuer erfüllt diese Anforderungen des Art. 105
Abs. 2a Satz 1 GG an eine Aufwandsteuer. Sie erfasst nur Übernachtungen, die der
persönlichen Lebensführung zuzurechnen sind, nicht aber Übernachtungen, die mit
der Berufs- oder Gewerbeausübung oder einer freiberuflichen Tätigkeit des Gastes
zwangsläufig verbunden und daher der Einkommenserzielung zuzuordnen sind (§ 1
Abs. 4 Satz 1 BremTourAbgG).
28 Die erforderliche Gesamtbewertung ergibt, dass die Steuer nicht i.S. des Art. 105
Abs. 2a GG der Umsatzsteuer gleichartig ist. Beide Steuern weisen zwar gewisse
Gemeinsamkeiten auf, unterscheiden sich aber in den im Ergebnis maßgebenden
Merkmalen.
29 Gemeinsam haben die Steuern, dass sie letztlich auf die Leistungsfähigkeit des
Übernachtungsgastes zugreifen, die sich in der Verwendung des Einkommens für die
entgeltliche Übernachtung zeigt, und im Kern an den entgeltlichen
Leistungsaustausch anknüpfen. Auch wirtschaftlich wirken sie sich im
Anwendungsbereich des BremTourAbgG in vergleichbarer Weise aus, da sie auf
Abwälzbarkeit angelegt sind und deshalb im Regelfall in die Preiskalkulation des
Beherbergungsunternehmens eingestellt werden.
30 Der entscheidende Unterschied zur Umsatzsteuer besteht aber darin, dass diese
einen sehr weiten Anwendungsbereich hat (§ 1 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes --
UStG--) und nur bestimmte Umsätze steuerfrei sind (§§ 4 ff. UStG), während die im
BremTourAbgG geregelte Steuer einen sehr engen Anwendungsbereich hat, nämlich
in Beherbergungsbetrieben in Bremen erfolgende Übernachtungen, die nicht gemäß
§ 1 Abs. 4 oder 5 oder § 3 Abs. 2 oder 3 BremTourAbgG von der Steuer
ausgenommen sind. Bereits dies schließt die Annahme einer Gleichartigkeit der
Steuern aus.
31 Weitere Unterschiede zur Umsatzsteuer ergeben sich daraus, dass die im
BremTourAbgG geregelte Steuer anders als die Umsatzsteuer (§ 12 UStG) nicht mit
einem bestimmten Prozentsatz von der Bemessungsgrundlage, sondern mit
gestaffelten Beträgen erhoben wird, und dass sie deutlich niedriger als die
Umsatzsteuer ist, bei der der regelmäßige Steuersatz 19 % und der ermäßigte
Steuersatz 7 % beträgt (§ 12 Abs. 1 und 2 UStG). Im Gegensatz zur Allphasen-Netto-
Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug (§ 15 UStG) handelt es sich bei der Steuer nach
dem BremTourAbgG darüber hinaus um eine lediglich einphasige Aufwandsteuer.
Ferner sieht das BremTourAbgG anders als § 19 UStG nicht vor, dass bei
Kleinunternehmern die Steuer nicht erhoben wird. Wesentliche Unterschiede
zwischen der Steuer nach dem BremTourAbgG und der Umsatzsteuer gibt es auch
bei der Erhebungstechnik. Anmeldungszeitraum für die Steuer nach dem
BremTourAbgG ist nach § 6 Abs. 3 Satz 1 dieses Gesetzes das Kalendervierteljahr.
Bei der Umsatzsteuer wird demgegenüber zwischen Voranmeldungen (§ 18 Abs. 1
UStG) und den eigentlichen Steuererklärungen, die sich regelmäßig auf das
Kalenderjahr beziehen (§ 18 Abs. 3 UStG), unterschieden. Voranmeldungszeitraum
kann dabei das Kalendervierteljahr oder der Kalendermonat sein (§ 18 Abs. 2 UStG).
32 b) Das BremTourAbgG ist mit den Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes
(Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar.
33 aa) Es verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass nach § 4 BremTourAbgG
Steuerschuldner der Betreiber des Beherbergungsbetriebes und nicht der
Übernachtungsgast ist.
34 aaa) Eine am Gleichheitssatz ausgerichtete, gerechte Zuteilung der Steuerlast bei
indirekten Aufwandsteuern erfordert, dass die Steuer jedenfalls im Ergebnis von
demjenigen aufgebracht wird, der den von der Steuer erfassten Aufwand betreibt. Nur
wenn sie dessen hierin zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit als den
eigentlichen Gegenstand der Besteuerung zu erreichen vermag, kann die indirekte
Erhebung der Steuer bei einem Dritten wie etwa dem Betreiber eines
Beherbergungsbetriebes vor dem Grundsatz der gerechten Lastenverteilung Bestand
haben. Hierfür genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem
Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation
seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der
Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen --Preiserhöhung,
Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten-- treffen kann. Die rechtliche
Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der
nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem
Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine
Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist,
auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (BVerfG-Beschluss in
BVerfGE 123, 1, BStBl II 2009, 1035, unter C.II.1.c; BVerwG-Beschluss vom
30. August 2013 9 BN 2.13, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht -
Rechtsprechungs-Report --NVwZ-RR-- 2013, 1014, Rz 6; die dagegen erhobene
Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG mit Beschluss vom 9. Februar
2015 1 BvR 2852/13 nicht zur Entscheidung angenommen).
35 bbb) Diese verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für eine indirekte
Aufwandsteuer sind bei der Steuer nach dem BremTourAbgG erfüllt (ebenso Urteile
des Oberverwaltungsgerichts --OVG-- für das Land Schleswig-Holstein vom
7. Februar 2013 4 KN 1/12, NVwZ-RR 2013, 816, zur Übernachtungsteuer der Stadt
Lübeck, und vom 4. Dezember 2014 4 KN 3/13, Landesrechtsprechungsdatenbank
Schleswig-Holstein, Rz 36 bis 44, zu der als indirekte Aufwandsteuer ausgestalteten
Beherbergungsabgabe der Stadt Flensburg; Urteile des OVG Lüneburg vom
1. Dezember 2014 9 KN 85/13, www.justizportal.niedersachsen.de, Rz 39, zu der als
indirekte Aufwandsteuer ausgestalteten Kultur- und Tourismusförderabgabe der Stadt
Goslar; vom 26. Januar 2015 9 KN 309/13, NVwZ-RR 2015, 593, Rz 35, zur
Übernachtungsteuer der Gemeinde Schulenberg, und vom 26. Januar
2015 9 KN 59/14, www.justizportal.niedersachsen.de, Rz 77, zur
Beherbergungsteuer der Stadt Lüneburg). Die Betreiber der Beherbergungsbetriebe
können die Steuer unmittelbar auf die Übernachtungsgäste abwälzen, für deren
Übernachtungen die Steuer entsteht, indem sie unter Berücksichtigung der
Anforderungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 der Preisangabenverordnung (vgl. Urteil des
Oberlandesgerichts Köln vom 14. März 2014 I-6 U 172/13, Neue Juristische
Wochenschrift - Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2014, 932) einen um die Steuer
erhöhten Preis berechnen. Sie können darauf aber auch verzichten und die Preise für
alle Übernachtungsgäste so kalkulieren, dass sie die entstehende Steuer aus den
Einnahmen entrichten können (vgl. BVerwG-Beschluss in NVwZ-RR 2013, 1014,
Rz 6).
36 Der hiervon abweichenden Auffassung des OVG für das Land Nordrhein-Westfalen
(Urteil vom 23. Oktober 2013 14 A 316/13, Deutsches Verwaltungsblatt 2014, 249),
nach der der Betreiber des Beherbergungsbetriebes nicht zum Steuerschuldner einer
Beherbergungsabgabe als örtliche Aufwandsteuer bestimmt werden darf, kommt für
die Beurteilung des BremTourAbgG keine Bedeutung zu. Sie beruht auf den
Regelungen des Kommunalabgabengesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen und
nicht auf verfassungsrechtlichen Vorgaben (BVerwG-Beschluss vom 20. August
2014 9 B 8.14, Zeitschrift für Kommunalfinanzen --ZKF-- 2014, 236).
37 Ein Verfassungsverstoß ergibt sich in diesem Zusammenhang nicht daraus, dass die
Steuer auch entsteht, wenn die Übernachtung zwar nicht i.S. des § 1 Abs. 4 Satz 1
BremTourAbgG beruflich veranlasst war, der Gast aber die berufliche Veranlassung
seiner Übernachtung den Vorschriften des § 1 Abs. 4 Satz 2 bis 5 BremTourAbgG
gegenüber dem Betreiber des Beherbergungsbetriebes glaubhaft gemacht hat. Es ist
bereits fraglich, ob in einem solchen Fall § 6 Abs. 4 Satz 1 BremTourAbgG die
Möglichkeit eröffnet, die Steuer abweichend von der Anmeldung festzusetzen. Man
könnte annehmen, dass der Betreiber des Beherbergungsbetriebes die Steuer nicht
im Sinne dieser Vorschrift "falsch berechnet" hat, sondern bei der Steueranmeldung
von der glaubhaft gemachten beruflichen Veranlassung ausgehen durfte und somit die
Steuer richtig "berechnet" hat. Jedenfalls wäre aber, eine korrekte Glaubhaftmachung
der beruflichen Veranlassung der Übernachtung unterstellt, in einem solchen Fall
zumindest im Regelfall eine Billigkeitsmaßnahme nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 des
Bremischen Abgabengesetzes i.V.m. § 163 AO aus sachlichen Gründen geboten.
Der Betreiber des Beherbergungsbetriebes ist nicht verpflichtet, die vom Gast
vorgelegten Belege auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen.
38 Dass es für die Betreiber der Beherbergungsbetriebe wesentlich vorteilhafter wäre,
wenn sie nicht Steuerschuldner wären, sondern die Steuer lediglich wie ein
Arbeitgeber bei der Lohnsteuer (§§ 41a, 42d des Einkommensteuergesetzes) oder
wie ein Versicherer bei der Versicherungsteuer (§ 7 Abs. 2, Abs. 7 Nr. 1, § 8 des
Versicherungsteuergesetzes) anmelden und an den Magistrat abführen müssten und
für die Steuer haften würden, ist nicht erkennbar und wird von der Klägerin auch nicht
vorgetragen. An den Mitwirkungspflichten der Betreiber würde sich bei einer solchen
Ausgestaltung der Steuer nichts ändern. Eine Regelung, nach der die Betreiber der
Beherbergungsbetriebe weder Steuerschuldner noch Steuerentrichtungs- und
Haftungsschuldner wären, sondern der Magistrat die Steuer gegenüber den einzelnen
Übernachtungsgästen durch Bescheid festsetzen müsste, wäre nicht praktikabel und
scheidet daher aus.
39 bb) Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ist auch
nicht unter dem Gesichtspunkt eines strukturellen Vollzugsdefizits gegeben.
40 aaa) Gleichheitsrechtlicher Ausgangspunkt im Steuerrecht ist der Grundsatz der
Lastengleichheit. Die Steuerpflichtigen müssen dem Grundsatz nach durch ein
Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden (BVerfG-
Entscheidungen vom 17. Dezember 2014 1 BvL 21/12, BStBl II 2015, 50, Rz 123,
und vom 24. März 2015 1 BvR 2880/11, BStBl II 2015, 622, Rz 40, je m.w.N.). Wird
die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des
Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt, kann dies die Verfassungswidrigkeit der
gesetzlichen Besteuerungsgrundlage nach sich ziehen (BVerfG-Urteil vom 9. März
2004 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005, 56, unter C.II.1.).
41 Nach dem Gebot tatsächlich gleicher Steuerbelastung durch gleichen
Gesetzesvollzug begründet eine in den Verantwortungsbereich des Gesetzgebers
fallende strukturell gegenläufige Erhebungsregel im Zusammenwirken mit der zu
vollziehenden materiellen Steuernorm deren Verfassungswidrigkeit. Strukturell
gegenläufig wirken sich Erhebungsregelungen gegenüber einem
Besteuerungstatbestand aus, wenn sie dazu führen, dass der Besteuerungsanspruch
weitgehend nicht durchgesetzt werden kann. Die Frage, ob der Gesetzgeber von ihm
erstrebte Ziele --im Steuerrecht die Erzielung von Einnahmen, ggf. auch Lenkung--
faktisch erreicht, ist rechtsstaatlich allein noch nicht entscheidend. Vollzugsmängel,
wie sie immer wieder vorkommen können und sich tatsächlich ereignen, führen allein
noch nicht zur Verfassungswidrigkeit der materiellen Steuernorm. Zur
Gleichheitswidrigkeit führt nicht ohne weiteres die empirische Ineffizienz von
Rechtsnormen, wohl aber das normative Defizit des widersprüchlich auf Ineffektivität
angelegten Rechts. Verfassungsrechtlich verboten ist der Widerspruch zwischen
dem normativen Befehl der materiell pflichtbegründenden Steuernorm und der nicht
auf Durchsetzung dieses Befehls angelegten Erhebungsregel (BVerfG-Urteil in
BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005, 56, unter C.II.1., m.w.N.).
42 Der Gesetzgeber ist verpflichtet, zur Vermeidung der Verfassungswidrigkeit des
materiellen Steuergesetzes dieses in ein normatives Umfeld einzubetten, das die
tatsächliche Lastengleichheit der Steuerpflichtigen gewährleistet - mit dem Instrument
des Quellenabzugs oder im Veranlagungsverfahren mit der Ergänzung des
Deklarationsprinzips durch das Verifikationsprinzip (BVerfG-Urteil in BVerfGE 110,
94, BStBl II 2005, 56, unter C.II.1., m.w.N.). Dabei ist auch der allgemeine Grundsatz
zu beachten, wonach Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit des
Mitwirkungsbeitrags der Steuerpflichtigen durch hinreichende ("greifbare")
Anhaltspunkte begründet sein müssen. Dieser Grundsatz der Beschränkung der
Sachverhaltsermittlung im Steuerrecht erfüllt nicht nur wichtige Schutz- und
Sicherungsfunktionen zu Gunsten der Steuerpflichtigen, sondern entspricht auch
einer realitätsgerechten Ausgestaltung des Besteuerungsverfahrens als
Massenverfahren, das durch sachgerechte Konzentration behördlicher
Ermittlungsmaßnahmen praktikabel bleiben muss. Der Gesetzgeber darf daher im
Hinblick auf die Verwirklichung des Steueranspruchs die Grenzen der dem Staat
verfügbaren personellen und finanziellen Mittel berücksichtigen (BVerfG-Urteil in
BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005, 56, unter C.II.2.b, m.w.N.). Unzulängliche
Erklärungen der Steuerpflichtigen müssen allerdings mit einem angemessenen
Entdeckungsrisiko verbunden sein (BVerfG-Urteil in BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005,
56, unter C.II.2.a, m.w.N.).
43 bbb) Diesen Anforderungen entspricht das BremTourAbgG. Es enthält keine
Erhebungsregelungen, die der Durchsetzung des Steueranspruchs entgegenstehen,
sieht hinreichende Überprüfungsmöglichkeiten vor und gewährleistet ein
angemessenes Entdeckungsrisiko bei unzutreffenden Steueranmeldungen, und zwar
insbesondere auch hinsichtlich der Freistellung beruflich veranlasster
Übernachtungen von der Steuer.
44 Nach § 1 Abs. 4 Satz 2 des Gesetzes darf der Betreiber des Beherbergungsbetriebes
bei der Steuerberechnung den Aufwand für Übernachtungen nur dann wegen deren
beruflicher Veranlassung unberücksichtigt lassen, wenn der Gast die berufliche
Veranlassung ihm gegenüber nach näherer Maßgabe von § 1 Abs. 4 Sätze 3 bis 5
BremTourAbgG glaubhaft gemacht hat. In Fällen, in denen die berufliche
Veranlassung nicht durch eine an den Arbeitgeber oder Unternehmer ausgestellte
Rechnung für die Übernachtungsleistung glaubhaft gemacht wird, hat die
Glaubhaftmachung durch eine Bestätigung des Arbeitgebers oder Unternehmers oder
bei einem selbständigen Beherbergungsgast durch eine Eigenbestätigung nach
amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu erfolgen.
45 Der Betreiber des Beherbergungsbetriebes hat zudem gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1
BremTourAbgG die Namen der Übernachtungsgäste und die Aufenthaltsdauer
aufzuzeichnen. Diese Aufzeichnungen und die Nachweise nach § 1 Abs. 4 und 5 und
§ 3 Abs. 2 und 3 BremTourAbgG sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 BremTourAbgG für
einen Zeitraum von vier Jahren beginnend mit Ablauf des Jahres der
Steuerentstehung aufzubewahren. Zur Prüfung der Steueranmeldung (§ 6 Abs. 2
BremTourAbgG) hat der Betreiber des Beherbergungsbetriebes gemäß § 7 Abs. 2
Satz 1 BremTourAbgG auf Aufforderung dem Magistrat für einen
Steuererhebungszeitraum sämtliche oder ausgewählte Nachweise über die
Beherbergungsleistungen im Original vorzulegen. Die Nachweise können nach
vorheriger Zustimmung des Magistrats gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 BremTourAbgG
auch auf elektronischem Wege oder auf Datenträgern übermittelt werden.
46 Der Steuerschuldner oder sein Beauftragter ist darüber hinaus gemäß § 8
BremTourAbgG verpflichtet, während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten mit
Dienstausweis oder besonderer Vollmacht ausgestatteten Vertretern des Magistrats
zur Nachprüfung der Steueranmeldungen, zur Feststellung von Steuertatbeständen
sowie zur Einsicht in die entsprechenden Geschäftsunterlagen Einlass zu gewähren.
47 Der Magistrat kann aufgrund dieser Befugnisse insbesondere prüfen, ob der Betreiber
des Beherbergungsbetriebes nur solche Übernachtungen wegen beruflicher
Veranlassung bei der Berechnung der Steuer unberücksichtigt gelassen hat, bei
denen diese den Anforderungen des § 1 Abs. 4 BremTourAbgG entsprechend
glaubhaft gemacht worden war.
48 Nach dem amtlichen Vordruck, nach dem die Steueranmeldung gemäß § 6 Abs. 2
BremTourAbgG einzureichen ist, hat der Betreiber des Beherbergungsbetriebes nicht
nur die selbst berechnete Steuer, sondern auch die Gesamtzahl der Übernachtungen
sowie die Anzahl der Übernachtungen, für die die berufliche Veranlassung glaubhaft
gemacht wurde, und die Anzahl der privaten Übernachtungen für mehr als sieben
zusammenhängende Tage, der Übernachtungen minderjähriger Gäste und der
Obdachlosenübernachtungen anzugeben und daraus die Summe der zu
versteuernden Übernachtungen zu errechnen. Diese differenzierten Angaben
ermöglichen sowohl einen Vergleich mit den für mehrere Anmeldungszeiträume für
den jeweiligen Beherbergungsbetrieb gemachten Angaben als auch einen Vergleich
mit den Angaben anderer Beherbergungsbetriebe und kann bei deutlichen
Abweichungen Anlass zu Nachfragen und ggf. weiteren Sachverhaltsermittlungen
geben.
49 Auch von Dritten, insbesondere den Übernachtungsgästen und deren Arbeitgebern,
kann der Magistrat nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Bremischen Abgabengesetzes i.V.m.
§ 93 Abs. 1 bis 6 AO Auskünfte einholen.
50 Hat der Gast oder dessen Arbeitgeber zur Glaubhaftmachung der beruflichen
Veranlassung der Übernachtung inhaltlich unrichtige Nachweise vorgelegt oder
erstellt, kommt sowohl eine Bestrafung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Bremischen
Abgabengesetzes i.V.m. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO als auch eine Haftung nach § 71 AO
in Betracht. Wie sich insbesondere aus dem Wortlaut des § 169 Abs. 2 Satz 3 AO
ergibt, kann eine Steuerhinterziehung nicht nur der Steuerschuldner oder eine Person
begehen, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, sondern
auch ein Dritter, der die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift erfüllt (BFH-
Urteil vom 28. April 1998 IX R 49/96, BFHE 185, 370, BStBl II 1998, 458). Die
Vorschrift des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO setzt keine wirksame Steuererklärung voraus;
ausreichend sind vielmehr sonstige Bekundungen zum Zwecke der
Steuerverkürzung oder zur Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile. Daher
können auch formlose Erklärungen ohne Verwendung eines Steuerformulars
Tathandlungen für eine Steuerhinterziehung sein (Urteil des Bundesgerichtshofs vom
6. Juni 2007 5 StR 127/07, BGHST 51, 356, unter II.1.a aa). Dem Vorliegen einer
Steuerhinterziehung steht auch nicht entgegen, dass die Gäste und Arbeitgeber die
Unterlagen zur Glaubhaftmachung der beruflichen Veranlassung der Übernachtung
nicht unmittelbar dem Magistrat, sondern dem Beherbergungsbetrieb übergeben. Die
Gäste und deren Arbeitgeber wissen nämlich, dass die Unterlagen für die
Besteuerung und somit für die zuständige Behörde bestimmt sind. Dies geht auch
aus den Ausführungen in den amtlichen Vordrucken für die Arbeitgeberbestätigungen
und die Eigenbestätigungen deutlich hervor. Darin wird nämlich in fett gedruckter
Schrift u.a. darauf hingewiesen, dass die erhobenen Daten an den Magistrat der Stadt
Bremerhaven, Stadtkämmerei, Steuerabteilung, weitergeleitet werden. Auf die
Rechtsfigur einer mittelbaren Täterschaft braucht demgemäß entgegen der Ansicht
des FG nicht zurückgegriffen zu werden. Bei einer Haftung nach § 71 AO wegen
Steuerhinterziehung wird der im steuerlichen Haftungsrecht zu beachtende
Subsidiaritätsgrundsatz durch § 191 Abs. 5 Satz 2 und § 219 Satz 2 AO
eingeschränkt (vgl. dazu im Einzelnen BFH-Beschluss vom 12. September 2014
VII B 99/13, BFH/NV 2015, 161, Rz 25).
51 Davon abgesehen wurde inzwischen durch Art. 3 des Gesetzes zur Änderung
bremischer Kommunalsteuergesetze vom 24. März 2015 (BremGBl 2015, 120) in
das BremTourAbgG ein neuer § 4 Abs. 2 eingefügt, nach dem der Gast, der
hinsichtlich der zwingenden beruflichen oder betrieblichen Veranlassung seiner
Übernachtung falsche Belege vorgelegt oder falsche Angaben gemacht hat, für die
entgangene Steuer haftet.
52 Der Durchsetzung des Steueranspruchs dienen schließlich auch die in § 9
BremTourAbgG geregelten Mitwirkungs- und Auskunftspflichten der Hotel- und
Zimmervermittlungsagenturen und Dienstleistungsunternehmen ähnlicher Art.
53 Diese vielfältigen Regelungen sind dazu bestimmt und geeignet, den Steueranspruch
auf verfassungsrechtlich hinreichende Weise tatsächlich durchzusetzen. Weitere
Regelungen sind insbesondere im Hinblick auf die geringen Steuerbeträge, die je
Übernachtung und Gast anfallen, nicht erforderlich. Eine vollständige Erfassung aller
steuerpflichtigen Übernachtungen kann zwar nicht gewährleistet werden, ist aber
auch nicht Voraussetzung für die Verfassungsmäßigkeit der Steuer. Vielmehr ist die
Begrenztheit der dem Staat verfügbaren personellen und finanziellen Mittel zu
berücksichtigen. Für die Steuer nach dem BremTourAbgG gilt insoweit nichts
anderes wie für andere Steuern, bei denen vielfach die tatsächliche Durchsetzung des
Steueranspruchs ebenfalls von Erklärungen der Steuerpflichtigen abhängt, deren
Richtigkeit vielfach nicht im Einzelnen überprüft werden kann oder wegen der großen
Anzahl der Steuerfälle nicht überprüft wird, ohne dass dies zur Verfassungswidrigkeit
des jeweiligen Steuergesetzes führt.
54 cc) Das Gebot der Besteuerungsgleichheit wird auch nicht da-durch verletzt, dass die
Steuer nach § 3 Abs. 1 BremTourAbgG nicht proportional zum Übernachtungspreis,
sondern je nach der Art und Kategorie des Beherbergungsbetriebes in gestaffelten
Beträgen erhoben wird.
55 aaa) Der Gesetzgeber ist bei örtlichen Aufwandsteuern nicht von Verfassungs wegen
auf einen Wirklichkeitsmaßstab beschränkt, der an den konkreten Aufwand anknüpft.
Vielmehr hat er eine weitgehende Gestaltungsfreiheit, der durch Art. 3 Abs. 1 GG erst
dort eine Grenze gesetzt wird, wo eine gleiche oder ungleiche Behandlung von
Sachverhalten nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten
Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein einleuchtender Grund für die
Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt und diese daher willkürlich wäre.
Das BVerfG hat nur die Einhaltung dieser äußersten Grenzen nachzuprüfen, nicht
aber, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder
gerechteste Lösung gefunden hat (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 123, 1, BStBl II
2009, 1035, unter C.II.1.b).
56 bbb) Diese äußersten Grenzen hat der Gesetzgeber mit der Regelung in § 3 Abs. 1
BremTourAbgG eingehalten. Der von ihm gewählte Ersatzmaßstab hat einen
hinreichenden Bezug zum Aufwand der Übernachtungsgäste. Nach der
Lebenserfahrung ist anzunehmen, dass für die Übernachtungen in den
Beherbergungsbetrieben bei den vom Gesetzgeber vorgesehenen Fallgruppen
typischerweise ein der Staffelung der Steuersätze entsprechender unterschiedlicher
Aufwand anfällt. Bei § 3 Abs. 1 BremTourAbgG handelt es sich um eine typisierende
Regelung, die den Betreibern der Beherbergungsbetriebe die Steuerberechnung und
dem Magistrat die Überprüfung von deren Richtigkeit erleichtert und insbesondere
auch im Hinblick auf die geringen Steuerbeträge je Übernachtung
verfassungsrechtlich noch hinnehmbar ist. Die Typisierung steht in einem
angemessenen Verhältnis zu den mit ihr notwendig verbundenen Nachteilen. Der
Senat folgt insoweit unter Berücksichtigung des weiten Gestaltungsspielraums des
Gesetzgebers nicht der abweichenden Ansicht des OVG Lüneburg im Urteil vom
26. Januar 2015 9 KN 59.14 (ZKF 2015, 92, Rz 58 bis 63).
57 c) Das BremTourAbgG ist mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG)
vereinbar.
58 aa) Es ist hinreichend bestimmt und ermöglicht es den Betreibern der
Beherbergungsbetriebe, wie verfassungsrechtlich geboten (BVerfG-Beschluss vom
17. Juli 2003 2 BvL 1/99 u.a., BVerfGE 108, 186, unter C.II.3.b bb, m.w.N.), die
jeweils anfallende Steuer in gewissem Umfang vorauszuberechnen. Das Gesetz
bestimmt den Gegenstand der Steuer hinreichend konkret und legt deren
Bemessungsgrundlage und den Steuersatz fest. Die Betreiber müssen nach den
getroffenen Regelungen die Steuer für alle Übernachtungen anmelden, für die der
Gast die berufliche Veranlassung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend
glaubhaft gemacht hat und die auch nicht aus anderen Gründen von der Besteuerung
ausgenommen sind. Macht der Gast keine Angaben zum Zweck der Übernachtung,
ist davon auszugehen, dass die Übernachtung privat veranlasst ist und deshalb die
Steuer anfällt.
59 Zu den Voraussetzungen, unter denen die Übernachtung beruflich veranlasst ist, kann
auf die Rechtsprechung des BVerwG in den Urteilen in BVerwGE 143, 301, Rz 16, 18
und in KommJur 2012, 387, Rz 16, 18 zurückgegriffen werden. Die Heranziehung
dieser Urteile für die Abgrenzung der steuerpflichtigen von den steuerfreien
Übernachtungen in Bremen entspricht dem Willen des Gesetzgebers. Der Bremische
Senat hat in seiner Mitteilung vom 9. Oktober 2012 an die Bremische Bürgerschaft
(Landtag) die vorgeschlagene Änderung des BremTourAbgG ausdrücklich auf die
Rechtsprechung des BVerwG gestützt und wollte dieser Rechtsprechung folgen
(Bürgerschafts-Drucks. 18/595).
60 bb) Ein Verstoß gegen die Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung liegt
nicht vor.
61 aaa) Der Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung verlangt die
Beachtung der bundesstaatlichen Grenzen und bei der Ausübung der jeweiligen
Gesetzgebungskompetenz wechselseitig bundesstaatliche Rücksichtnahme.
Konzeptionelle Entscheidungen des zuständigen Bundesgesetzgebers dürfen durch
Entscheidungen eines Landesgesetzgebers nicht verfälscht werden. Insbesondere
dürfen den Normadressaten nicht gegenläufige Regelungen erreichen, die die
Rechtsordnung widersprüchlich machen (BVerwG-Urteile in BVerwGE 143, 301,
Rz 29, und in KommJur 2012, 387, Rz 29, je m.w.N.).
62 bbb) Das BremTourAbgG ist mit diesen Grundsätzen vereinbar. Dass der
Bundesgesetzgeber durch Art. 5 Nr. 1 des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes
vom 22. Dezember 2009 (BGBl I 2009, 3950) den Steuersatz für die Umsatzsteuer
für die in § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG genannten Beherbergungsleistungen von 19 % auf
7 % herabgesetzt hat, steht dem nicht entgegen. Zwar verfolgen sowohl die
Umsatzsteuer als auch die Steuer nach dem BremTourAbgG gleichermaßen einen
Ertragszweck. Die Steuer nach dem BremTourAbgG konterkariert aber schon
angesichts ihres geringen Umfangs nicht den Zweck, den der Bundesgesetzgeber mit
der Herabsetzung des Umsatzsteuersatzes erreichen wollte, nämlich die Förderung
der Wirtschaft (vgl. BVerwG-Urteile in BVerwGE 143, 301, Rz 29, und in KommJur
2012, 387, Rz 29). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Übernachtungen, die
beruflich veranlasst oder aus sonstigen Gründen von der Steuer ausgenommen sind,
nicht der Steuer unterliegen. Dass der Vollzug des BremTourAbgG für die Betreiber
der Beherbergungsbetriebe mit einem gewissen Aufwand verbunden ist, führt zu
keinem anderen Ergebnis. Dieser Aufwand beruht auf der verfassungsrechtlichen
Pflicht, die aus beruflichen oder betrieblichen Gründen zwingend erforderlichen
Übernachtungen von der Besteuerung auszunehmen, und ist daher von den
Betreibern hinzunehmen. Unverhältnismäßige Mitwirkungsbeiträge der
Steuerpflichtigen werden nicht gefordert.
63 Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) vom 22. März
2012 4 BV 11.1909 (Sammlung von Entscheidungen des BayVGH mit
Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, Teil 1: Entscheidungen
des BayVGH 65, 62) betrifft die Frage, ob eine kommunale Satzung, die eine an den
Aufwand des Gastes für entgeltliche Übernachtungen anknüpfende gemeindliche
Steuer einführt, deshalb nach Art. 2 Abs. 3 Satz 3 des Bayerischen
Kommunalabgabengesetzes nicht genehmigungsfähig ist, weil sie steuerliche
Interessen des Staates beeinträchtigt. Der BayVGH hat diese Frage mit der
Begründung bejaht, eine solche Steuer lasse die mit Art. 5 Nr. 1 des
Wachstumsbeschleunigungsgesetzes bezweckte steuerliche Entlastung der
Beherbergungsunternehmen zumindest teilweise wieder entfallen. Dieses Urteil
beruht somit auf landesrechtlichen Vorgaben. Mit der Vereinbarkeit einer solchen
Steuer, die durch Landesgesetz eingeführt wird, mit den verfassungsrechtlichen
Anforderungen an die Besteuerung hatte sich der BayVGH nicht zu befassen.
Insoweit folgt der erkennende Senat vielmehr der oben angeführten Rechtsprechung
des BVerwG (Urteile in BVerwGE 143, 301, Rz 29, und in KommJur 2012, 387,
Rz 29).
64 d) Das BremTourAbgG ist auch nicht wegen eines Verstoßes gegen das Recht der
Übernachtungsgäste und von deren Arbeitgebern sowie der Betreiber der
Beherbergungsbetriebe auf informationelle Selbstbestimmung verfassungswidrig.
65 aa) Das auf dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1
Abs. 1 GG beruhende Recht auf informationelle Selbstbestimmung trägt
Gefährdungen und Verletzungen der Persönlichkeit Rechnung, die sich für den
Einzelnen, insbesondere unter den Bedingungen moderner Datenverarbeitung, aus
informationsbezogenen Maßnahmen ergeben (BVerfG-Entscheidungen vom 13. Juni
2007 1 BvR 1550/03 u.a., BVerfGE 118, 168, BStBl II 2007, 896, unter C.I.1.a, und
vom 11. März 2008 1 BvR 2074/05 u.a., BVerfGE 120, 378, unter C.I.1., je m.w.N.).
Dieses Recht flankiert und erweitert den grundrechtlichen Schutz von
Verhaltensfreiheit und Privatheit; es lässt ihn schon auf der Stufe der
Persönlichkeitsgefährdung beginnen (BVerfG-Entscheidungen in BVerfGE 118, 168,
BStBl II 2007, 896, unter C.I.1.a, und in BVerfGE 120, 378, unter C.I.1., je m.w.N.).
66 Der Schutzumfang des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung beschränkt sich
nicht auf Informationen, die bereits ihrer Art nach sensibel sind und schon deshalb
grundrechtlich geschützt werden. Auch der Umgang mit personenbezogenen Daten,
die für sich genommen nur geringen Informationsgehalt haben, kann, je nach seinem
Ziel und den bestehenden Verarbeitungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten,
grundrechtserhebliche Auswirkungen auf die Privatheit und Verhaltensfreiheit des
Betroffenen haben. Insofern gibt es unter den Bedingungen der elektronischen
Datenverarbeitung kein schlechthin, also ungeachtet des Verwendungskontextes,
belangloses personenbezogenes Datum mehr (BVerfG-Entscheidungen in BVerfGE
118, 168, BStBl II 2007, 896, unter C.I.1.a, und in BVerfGE 120, 378, unter C.I.1., je
m.w.N.).
67 Auch entfällt der grundrechtliche Schutz nicht schon deshalb, weil die betroffene
Information öffentlich zugänglich ist. Auch wenn der Einzelne sich in die Öffentlichkeit
begibt, schützt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dessen Interesse,
dass die damit verbundenen personenbezogenen Informationen nicht im Zuge
automatisierter Informationserhebung zur Speicherung mit der Möglichkeit der
Weiterverwertung erfasst werden (BVerfG-Urteil in BVerfGE 120, 378, unter C.I.1.,
m.w.N.).
68 Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist allerdings nicht schrankenlos
gewährleistet. Der Einzelne hat nicht ein Recht im Sinne einer absoluten,
uneingeschränkten Herrschaft über "seine" Daten; er ist vielmehr eine sich innerhalb
der sozialen Gemeinschaft entfaltende, auf Kommunikation angewiesene
Persönlichkeit. Information, auch soweit sie personenbezogen ist, stellt ein Abbild
sozialer Realität dar, das nicht ausschließlich dem Betroffenen allein zugeordnet
werden kann (BVerfG-Urteil vom 15. Dezember 1983 1 BvR 209/83 u.a., BVerfGE
65, 1, unter C.II.1.b). Das GG hat die Spannung zwischen dem Individuum und der
Gemeinschaft im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und
Gemeinschaftsgebundenheit der Person entschieden, ohne dabei deren Eigenwert
anzutasten (BVerfG-Entscheidungen in BVerfGE 65, 1, unter C.II.1.b, m.w.N.; vom
5. Februar 2004 2 BvR 2029/01, BVerfGE 109, 133, unter C.I.2.a, und vom
8. November 2006 2 BvR 578/02 u.a., BVerfGE 117, 71, unter C.I.1.). Der Einzelne
muss daher grundsätzlich Einschränkungen seines Rechts auf informationelle
Selbstbestimmung im überwiegenden Allgemeininteresse hinnehmen (BVerfG-Urteil
in BVerfGE 65, 1, unter C.II.1.b).
69 Solche Einschränkungen müssen auf einer verfassungsmäßigen gesetzlichen
Grundlage beruhen. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die
Ermächtigungsgrundlage betreffen zum einen die gebotene Normenbestimmtheit und
Normenklarheit und zum anderen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie richten
sich nach der Art und Intensität des Grundrechtseingriffs. Das Gewicht des Eingriffs
wird insbesondere von der Art der erfassten Informationen, dem Anlass und den
Umständen ihrer Erhebung, dem betroffenen Personenkreis und der Art der
möglichen Verwertung der Daten beeinflusst (BVerfG-Urteil in BVerfGE 120, 378,
unter C.II.1.). Von maßgebender Bedeutung für das Gewicht des Grundrechtseingriffs
ist dabei, welche Persönlichkeitsrelevanz die Informationen aufweisen, die von der
informationsbezogenen Maßnahme erfasst werden. Mit in den Blick zu nehmen ist
auch die Persönlichkeitsrelevanz der Informationen, die durch eine weitergehende
Verarbeitung und Verknüpfung der erfassten Informationen gewonnen werden sollen
(BVerfG-Urteil in BVerfGE 120, 378, unter C.II.1.a, m.w.N.).
70 Eine informationsbezogene Maßnahme kann sich bereits deshalb als schwerwiegend
darstellen, weil die erhobenen Informationen für die Persönlichkeit des Betroffenen
hohe Relevanz haben oder weil sie auf eine Weise erlangt werden sollen, die die
Persönlichkeit erheblich berührt, oder weil Möglichkeiten für eine weitergehende
Verarbeitung und Verknüpfung dieser Informationen und zur Nutzung zu einer Vielzahl
von Zwecken bestehen. Demgegenüber wiegt ein Eingriff geringer, wenn eine
gesetzliche Ermächtigung lediglich die Nutzung bestimmter, im Gesetz ausdrücklich
aufgezählter Informationen, die für sich genommen keine gesteigerte
Persönlichkeitsrelevanz aufweisen, zu einem näher bestimmten Zweck zulässt
(BVerfG-Beschluss in BVerfGE 118, 168, BStBl II 2007, 896, unter C.I.3.d cc (1),
m.w.N.).
71 bb) Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht das BremTourAbgG.
Das BremTourAbgG schränkt das Recht der Übernachtungsgäste auf informationelle
Selbstbestimmung nur in dem Umfang ein, in dem es im überwiegenden
Allgemeininteresse geboten ist.
72 Wer in Einrichtungen, die der gewerbs- oder geschäftsmäßigen Aufnahme von
fremden Personen dienen (Beherbergungsstätten), für nicht länger als zwei Monate
aufgenommen wird, hat gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1
des Bremer Meldegesetzes (MG) unabhängig vom BremTourAbgG am Tage der
Ankunft einen besonderen Meldeschein handschriftlich auszufüllen und zu
unterschreiben, soweit es sich nicht um eine Einrichtung i.S. des § 26 Abs. 4 MG
handelt. Die Meldescheine müssen gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 MG Angaben enthalten
über den Tag der Ankunft und den der voraussichtlichen Abreise, den Familiennamen,
den gebräuchlichen Vornamen (Rufnamen), den Tag der Geburt, die Anschrift und die
Staatsangehörigkeiten. Die Leitung der Beherbergungsstätte oder die von ihr
beauftragte Person hat nach § 27 Abs. 1 Satz 1 MG besondere Meldescheine
bereitzuhalten und darauf hinzuwirken, dass die aufgenommene Person ihre
Verpflichtung nach § 26 Abs. 2 MG erfüllt. Die Leitung der Beherbergungsstätte oder
die von ihr beauftragte Person hat ferner nach § 27 Abs. 2 Satz 2 MG bei
ausländischen Gästen die im Meldeschein gemachten Angaben mit denen des
Identitätsdokuments zu vergleichen, das der ausländische Gast gemäß § 26 Abs. 2
Satz 1 Halbsatz 2 MG vorzulegen hat.
73 Auf der Grundlage des BremTourAbgG kommt als zusätzliche Information lediglich
die Glaubhaftmachung der beruflichen Veranlassung der Übernachtung hinzu, wenn
diese geltend gemacht wird. Dabei handelt es sich um eine Information, die für die
Persönlichkeit des Betroffenen oder von dessen Arbeitgeber keine besonders hohe
Relevanz hat und bei der keine weitergehende Verarbeitung und Verknüpfung mit
anderen Informationen und auch keine Nutzung zu einer Vielzahl von Zwecken
vorgeschrieben ist. Aufzeichnen muss der Betreiber des Beherbergungsbetriebes
nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BremTourAbgG lediglich die Namen der Übernachtungsgäste
und die Aufenthaltsdauer, nicht aber weitere Angaben wie etwa die Anschrift, den
Beruf oder den Arbeitgeber der Gäste. Eine Aufzeichnung in elektronischer Form, die
wegen der bei elektronischer Datenverarbeitung gegebenen besonderen
Verarbeitungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten im Hinblick auf das Recht auf
informationelle Selbstbestimmung von besonderer Relevanz wäre (vgl. z.B. BVerfG-
Beschluss in BVerfGE 118, 168, BStBl II 2007, 896, unter C.I.1.a, m.w.N.), ist nicht
vorgeschrieben.
74 Eine nähere Erläuterung der beruflichen Veranlassung der Übernachtung gegenüber
dem Betreiber des Beherbergungsbetriebes schreibt das BremTourAbgG nicht vor.
Nach dem amtlichen Formular für die Arbeitgeberbestätigung braucht der Arbeitgeber
nur seinen Briefkopf, den Namen des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin und die
Dauer des Aufenthalts in Bremen oder Bremerhaven anzugeben und zu bestätigen,
dass der Aufenthalt dienstlich, geschäftlich oder beruflich bedingt ist. In der
Eigenbestätigung der beruflichen Notwendigkeit der Übernachtung muss der Gast
lediglich seinen Namen, das Geburtsdatum, die Anschrift, die berufliche Anschrift, die
Art seiner selbständigen Tätigkeit und der beruflichen Tätigkeit in Bremen/
Bremerhaven, die Aufenthaltsdauer und das für seine Einkommensteuerveranlagung
zuständige Finanzamt angeben und bestätigen, dass die Übernachtung in
Bremen/Bremerhaven beruflich bedingt ist.
75 Soweit der Magistrat von seinen Prüfungsrechten gemäß § 7 Abs. 2 und § 8
BremTourAbgG Gebrauch macht, wird das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung durch das Steuergeheimnis gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 des
Bremischen Abgabengesetzes i.V.m. § 30 AO geschützt, dessen Beachtung durch
die Strafvorschrift des § 355 des Strafgesetzbuchs sowie die Vorschriften des
Disziplinarrechts gesichert wird.
76 Davon abgesehen zwingt das BremTourAbgG den Gast nicht dazu, die berufliche
Veranlassung der Übernachtung gegenüber dem Betreiber des
Beherbergungsbetriebes offenzulegen. Er braucht vielmehr keine Angaben zum
Zweck der Übernachtung zu machen. Ein Nachteil entsteht dem Gast dadurch auch
in den Fällen nicht, in denen ihm der Beherbergungsbetrieb die Steuer gesondert in
Rechnung gestellt hat. Er kann dann nämlich nach Maßgabe des § 10
BremTourAbgG die Erstattung des auf ihn abgewälzten Betrags beantragen. Diese
Vorschrift ist über den Wortlaut hinaus so auszulegen, dass sie auch Fälle betrifft, in
denen der Gast die berufliche Veranlassung zwar gegenüber dem
Beherbergungsbetrieb hätte glaubhaft machen können, dies aber aus bestimmten
Gründen nicht wollte. Dieser Ansicht ist auch der Magistrat (Klageerwiderung vom
21. Januar 2014, S. 3).
77 Die in § 7 Abs. 1 BremTourAbgG getroffenen Regelungen über die Aufzeichnungs-
und Aufbewahrungspflichten sind Rechtsvorschriften i.S. des
Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), die die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung
personenbezogener Daten erlauben oder anordnen. Das BDSG gilt nach seinem § 1
Abs. 2 Nr. 3 auch für nicht-öffentliche Stellen, soweit sie die Daten unter Einsatz von
Datenverarbeitungsanlagen verarbeiten, nutzen oder dafür erheben oder die Daten in
oder aus nicht automatisierten Dateien verarbeiten, nutzen oder dafür erheben, es sei
denn, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung der Daten erfolgt ausschließlich für
persönliche oder familiäre Tätigkeiten. Zu den nicht-öffentlichen Stellen (§ 2 Abs. 4
BDSG) gehören regelmäßig die Betreiber von Beherbergungsbetrieben.
78 Das BDSG schützt die von den Betreibern der Beherbergungsbetriebe für Zwecke
des BremTourAbgG erhobenen Daten der Übernachtungsgäste und ggf. von deren
Arbeitgebern in mehrfacher Hinsicht gegen eine unbefugte Verarbeitung (§ 3 Abs. 4
BDSG) oder Nutzung (§ 3 Abs. 5 BDSG) außerhalb des Besteuerungsverfahrens.
Unter Verarbeitung ist gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 BDSG auch die
Datenübermittlung an Dritte zu verstehen. Nach § 5 Satz 1 BDSG ist es den bei der
Datenverarbeitung beschäftigten Personen untersagt, personenbezogene Daten
unbefugt zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen (Datengeheimnis). Diese
Personen sind, soweit sie bei nicht-öffentlichen Stellen beschäftigt werden, bei der
Aufnahme ihrer Tätigkeit auf das Datengeheimnis zu verpflichten (§ 5 Satz 2 BDSG).
Einen weiteren Schutz bietet § 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG. Danach handelt
ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig unbefugt personenbezogene Daten,
die nicht allgemein zugänglich sind, erhebt oder verarbeitet. Geschieht dies
vorsätzlich gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern
oder einen anderen zu schädigen, handelt es sich nach § 44 Abs. 1 BDSG um eine
Straftat. Außerdem kann sich aus § 7 BDSG ein Schadensersatzanspruch ergeben.
Setzt der Betreiber des Beherbergungsbetriebes bei der Datenverarbeitung, zu der
gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 BDSG auch die Speicherung zählt, eine
Datenverarbeitungsanlage (§ 3 Abs. 2 Satz 1 BDSG) ein, finden nach § 27 Abs. 1
Satz 1 und Abs. 2 BDSG auch die Vorschriften des Dritten Abschnitts des BDSG
Anwendung, insbesondere über die Rechte des Betroffenen (§§ 33 bis 35 BDSG).
Eine Verpflichtung zur Verwendung einer Datenverarbeitungsanlage sieht das
BremTourAbgG nicht vor. Die Betreiber der Beherbergungsbetriebe können nach § 7
Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes nicht dazu verpflichtet werden, die Nachweise dem
Magistrat auf elektronischem Wege oder auf Datenträgern zu übermitteln.
79 e) Die Betreiber der Beherbergungsbetriebe werden durch das BremTourAbgG auch
nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt. Die ihnen durch das Gesetz
auferlegten Pflichten stellen eine zulässige Regelung der Berufsausübung i.S. des
Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Die Pflichten sind für die Durchführung des Gesetzes
erforderlich und nicht unverhältnismäßig. Dass der Vollzug des BremTourAbgG für
die Betreiber der Beherbergungsbetriebe mit einem gewissen Aufwand verbunden ist,
ist auch Folge der verfassungsrechtlichen Pflicht, die aus beruflichen oder
betrieblichen Gründen zwingend erforderlichen Übernachtungen von der Besteuerung
auszunehmen, und ist daher von den Betreibern hinzunehmen. Unverhältnismäßige
Mitwirkungsbeiträge der Betreiber werden nicht gefordert (vgl. oben II.2.c bb bbb).
Den Betreibern ist es insbesondere möglich, die Frage nach der beruflichen
Veranlassung der Übernachtung bereits im Rahmen der ohnehin erforderlichen
Ausfüllung des Meldescheins zu klären.
80 3. Das BremTourAbgG verstößt auch nicht gegen Art. 401 der Richtlinie 2006/112/EG
des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
(MwStSystRL).
81 a) Nach dieser Vorschrift hindert die MwStSystRL unbeschadet anderer
gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften einen Mitgliedstaat nicht daran, Abgaben auf
Versicherungsverträge, Spiele und Wetten, Verbrauchsteuern, Grunderwerbsteuern
sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter
von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen, sofern die Erhebung
dieser Steuern, Abgaben und Gebühren im Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten
nicht mit Formalitäten beim Grenzübertritt verbunden ist.
82 Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat im Einzelnen ausgeführt,
welches die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer sind. Aus seiner
Rechtsprechung ergeben sich vier solche Merkmale, nämlich die allgemeine Geltung
der Mehrwertsteuer für alle sich auf Gegenstände oder Dienstleistungen beziehenden
Geschäfte, die Festsetzung ihrer Höhe proportional zum Preis, den der
Steuerpflichtige als Gegenleistung für die Gegenstände und Dienstleistungen erhält,
die Erhebung dieser Steuer auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe einschließlich
der Einzelhandelsstufe, ungeachtet der Zahl der vorher bewirkten Umsätze, und der
Abzug der auf den vorhergehenden Produktions- und Vertriebsstufen bereits
entrichteten Beträge von der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Steuer, so dass sich
diese Steuer auf einer bestimmten Stufe nur auf den auf dieser Stufe vorhandenen
Mehrwert bezieht und die Belastung letztlich vom Verbraucher getragen wird (EuGH-
Beschluss Vollkommer vom 27. November 2008 C-156/08, EU:C:2008:663, m.w.N.).
83 Der erkennende Senat folgt dieser Rechtsprechung des EuGH. In dem von der
Klägerin angeführten Verfahren C-185/12 hat der EuGH wegen offensichtlicher
Unzulässigkeit des ihm vorgelegten Vorabentscheidungsersuchens keine
Sachentscheidung getroffen (Beschluss vom 3. Mai 2012, EU:C:2012:273).
84 b) Die Steuer nach dem BremTourAbgG hat somit nicht den Charakter von
Umsatzsteuern. Sie beschränkt sich auf die Besteuerung des Aufwands für
Übernachtungen in Bremen oder Bremerhaven, die nicht beruflich veranlasst sind,
und nimmt weitere Übernachtungen (Minderjährige, Obdachlose,
zusammenhängende Übernachtungen in einem Beherbergungsbetrieb ab der achten
Nacht) von der Besteuerung aus. Das BremTourAbgG zielt somit nicht darauf ab, die
Gesamtheit der wirtschaftlichen Vorgänge zu erfassen. Außerdem wird die Steuer
nicht im Rahmen eines Produktions- und Vertriebsprozesses erhoben, bei dem
vorgesehen ist, dass auf jeder Stufe die auf den vorhergehenden Stufen dieses
Prozesses bereits entrichteten Beträge abgezogen werden können. Sie wird vielmehr
nur auf einer Stufe erhoben.
85 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.