Urteil des BFH vom 24.03.2015

Sperrwirkung von Art. 9 DBA-Russland 1996 gegenüber Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG (a.F.) bei Teilwertabschreibung infolge unbesichert begebenen Darlehens

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 24.3.2015, I B 103/13
Sperrwirkung von Art. 9 DBA-Russland 1996 gegenüber Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1
AStG (a.F.) bei Teilwertabschreibung infolge unbesichert begebenen Darlehens
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des
Finanzgerichts Köln vom 8. Mai 2013 10 K 1172/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Beklagten zur Last.
Tatbestand
1 I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, ist
Rechtsnachfolgerin der A-GmbH & Co. KG, die ihrerseits Rechtsnachfolgerin der X-GmbH
war. Die X-GmbH war Alleingesellschafterin einer russischen Kapitalgesellschaft, der X
RUS, welcher sie in den Jahren 2004 bis 2006 jeweils Darlehen gewährt hatte, und zwar
ohne Besicherung. Diese Darlehen wurden von der X-GmbH wegen drohender Insolvenz
der Tochtergesellschaft in den Streitjahren 2005 und 2006 erfolgswirksam ausgebucht. Der
Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) sah in den Darlehen verdeckte
Einlagen, da von Anfang an mit einer Rückzahlung nicht habe gerechnet werden können.
Damit komme § 8b Abs. 3 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 zur Anwendung.
Andernfalls seien die Wertberichtigungen nicht anzuerkennen; wegen des sog. Rückhalts
im Konzern habe dafür kein Anlass bestanden. Hilfsweise seien die Wertberichtigungen
nach Maßgabe von § 1 des Gesetzes über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen
(Außensteuergesetz --AStG--) in seiner für die Streitjahre maßgebenden Fassung des
Gesetzes zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen
(Steuervergünstigungsabbaugesetz) vom 16. Mai 2003 (BGBl I 2003, 660, BStBl I 2003,
321) zu neutralisieren.
2 Die anschließende Klage gegen die hiernach geänderten Feststellungsbescheide hatte für
2005 Erfolg. Das Finanzgericht (FG) Köln gab ihr insoweit durch Urteil vom 8. Mai
2013 10 K 1172/12 statt. Betreffend das Streitjahr 2006 folgte das FG dem FA in dessen
Annahme, dass es sich bei der Darlehensgewährung um eine verdeckte Einlage gehandelt
habe. Die Revision wurde nicht zugelassen.
3 Gegen die Nichtzulassung der Revision wehrt sich das FA betreffend das Streitjahr 2005
mit seiner Beschwerde. Die Zulassung der Revision sei nach § 115 Abs. 2 Nr. 2
Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung und zugleich nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO erforderlich und
"wünschenswert". Denn die Vorinstanz widerspreche der Verwaltungspraxis im Schreiben
des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 29. März 2011 (BStBl I 2011, 277) zur
Anwendung des § 1 AStG auf Fälle von Teilwertabschreibungen und anderen
Wertminderungen auf Darlehen an verbundene ausländische Unternehmen. Sie
widerspreche damit zugleich dem FG Berlin-Brandenburg, das sich in seinem Urteil vom
30. Januar 2013 12 K 12056/12, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG)
2013, 1560, dem BMF-Schreiben angeschlossen habe und gegen das das
Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhof I R 23/13 anhängig sei. Die Revision sei
zudem nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 und § 119 Nr. 1 FGO geboten. Der 10. Senat des FG sei bei
seiner Entscheidung nicht vorschriftsmäßig nach den Maßgaben des § 21g des
Gerichtsverfassungsgesetzes und des Geschäftsverteilungsplans des FG Köln für 2013
besetzt gewesen.
4 Die Klägerin räumt ein, dass ein Abweichen von dem BMF-Schreiben in BStBl I 2011, 277
eine Revisionszulassung gebieten könnte. Allerdings komme eine generelle Anwendung
von § 1 Abs. 1 AStG auf Fälle der vorliegenden Art nicht in Betracht, und so verhalte es
sich im Streitfall. Die Klägerin stellt dafür den hier abweichenden Sachverhalt
insbesondere zu dem Urteil des FG Berlin-Brandenburg in EFG 2013, 1560 heraus.
Außerdem handele es sich um ausgelaufenes Recht, das nur noch für die Vergangenheit
bedeutsam sei, nachdem das Körperschaftsteuergesetz in § 8b mit Wirkung vom
Veranlagungszeitraum 2008 ohnehin um einen Abs. 3 Satz 3 ergänzt worden sei.
Entscheidungsgründe
5 II. Die Beschwerde ist unbegründet.
6 1. Es fehlt in Anbetracht der vom FG festgestellten tatsächlichen Gegebenheiten an
Gründen, welche nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO die Zulassung der Revision rechtfertigen
können. Im Einzelnen verweist der Senat dazu auf sein Urteil vom 17. Dezember 2014
I R 23/13 (Deutsches Steuerrecht 2015, 466, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt). Die
dort getroffenen Aussagen sind für den Streitfall gleichermaßen beachtlich. Dass es dort
um das DBA-USA 1989 ging, hier aber um das DBA-Russland 1996 tut nichts zur Sache,
weil die insoweit einschlägigen Vorschriften des Art. 9 Abs. 1 DBA-USA 1989 und Art. 9
DBA-Russland 1996 in beiden Abkommen inhaltsgleich lauten.
7 2. Eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 1 Nr. 3 FGO scheidet aus, weil das FA
nicht dargetan hat, dass ein --unterstellter-- Verstoß gegen den sog. gesetzlichen Richter
infolge Nichtbeachtung der Vertretungsregelung im Geschäftsverteilungsplan des FG
willkürlich gewesen wäre. Dessen aber hätte es, um die Rüge durchschlagen zu lassen,
bedurft (s. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 119 Rz 5, m.w.N.).
8 3. Im Übrigen ergeht dieser Beschluss gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne weiter
gehende Begründung.
9 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.