Urteil des BFH vom 19.03.2014

Investitionsabzugsbetrag bei Nutzung des Wirtschaftsguts sowohl in einem landwirtschaftlichen als auch in einem gewerblichen Betrieb des Steuerpflichtigen

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 19.3.2014, X R 46/11
Investitionsabzugsbetrag bei Nutzung des Wirtschaftsguts sowohl in einem landwirtschaftlichen als
auch in einem gewerblichen Betrieb des Steuerpflichtigen
Leitsätze
1. Die Nutzungsvoraussetzung des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b EStG ist auch dann erfüllt,
wenn der Steuerpflichtige ein Wirtschaftsgut sowohl in seinem eigenen landwirtschaftlichen
Betrieb als auch in den landwirtschaftlichen Betrieben Dritter einsetzt, selbst wenn der Einsatz in
den fremden Betrieben dazu führt, dass diese Tätigkeit ertragsteuerrechtlich zu einem
Gewerbebetrieb (Lohnunternehmen) verselbständigt und das Wirtschaftsgut dem
Betriebsvermögen dieses Gewerbebetriebs zugeordnet wird.
2. In derartigen Fällen setzt die Gewährung des Investitionsabzugsbetrags allerdings voraus, dass
das Größenmerkmal des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG in Bezug auf denjenigen Betrieb, in dem
die Investition vorgenommen werden soll, auch dann noch erfüllt ist, wenn die Größe desjenigen
Betriebs, in dem das Wirtschaftsgut ebenfalls genutzt werden soll, in die Betrachtung einbezogen
wird.
Tatbestand
1 I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielt aus einem selbstbewirtschafteten
landwirtschaftlichen Betrieb Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die er durch
Betriebsvermögensvergleich ermittelt. Ferner führt er als Lohnunternehmer Arbeiten für
andere Landwirte aus; diese Tätigkeit wird ertragsteuerrechtlich als Gewerbebetrieb
angesehen. Insoweit ermittelt der Kläger seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-
Rechnung.
2 In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2008 machte der Kläger in seinem
Lohnunternehmen einen Investitionsabzugsbetrag (§ 7g des Einkommensteuergesetzes --
EStG--) in Höhe von 72.000 EUR für die voraussichtliche Anschaffung eines Mähdreschers
geltend. Tatsächlich erwarb er den Mähdrescher im Folgejahr 2009 für 180.000 EUR. Er
setzte ihn nach seinen Angaben zu 80 % im Lohnunternehmen und zu 20 % im
landwirtschaftlichen Betrieb ein und ordnete ihn dem Betriebsvermögen des
Lohnunternehmens zu.
3 Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) versagte im angefochtenen
Einkommensteuerbescheid 2008 den begehrten Abzug. Zur Begründung führte er aus, der
Kläger nutze den Mähdrescher zu mehr als 10 % außerhalb seines gewerblichen Betriebs.
4 Nach Zurückweisung des Einspruchs trug der Kläger im Klageverfahren --unter Angabe der
Größen der Flächen, auf denen der Mähdrescher jeweils eingesetzt worden sei-- vor, dieser
sei im Jahr der Anschaffung (2009) zu 85 % im Lohnunternehmen und zu 15 % im
landwirtschaftlichen Betrieb genutzt worden. Im Jahr 2010 habe das Nutzungsverhältnis bei
82 %/18 % gelegen.
5 Die Beteiligten sind übereinstimmend der Auffassung, in Bezug auf den Mähdrescher seien -
-abgesehen von dem streitigen Merkmal der fast ausschließlichen Nutzung in einer
Betriebsstätte des Betriebs-- alle übrigen Voraussetzungen für die Geltendmachung eines
Investitionsabzugsbetrags erfüllt.
6 Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012,
602 veröffentlichten Urteil ab. Die Nutzungsvoraussetzung sei nach ihrem klaren Wortlaut
betriebsbezogen, nicht aber personenbezogen auszulegen. Es komme auf den jeweiligen,
nach steuerrechtlichen Grundsätzen abzugrenzenden Betrieb an. Soweit die
Rechtsprechung und Verwaltungspraxis die Betriebsaufspaltung von der betriebsbezogenen
Betrachtung ausnehme, seien die dem zugrunde liegenden Erwägungen nicht auf Fälle der
gleichzeitigen Nutzung eines Wirtschaftsguts in mehreren Betrieben eines
Einzelunternehmers übertragbar.
7 § 7g EStG sei als Subventionsnorm restriktiv auszulegen, um Missbräuche zu vermeiden.
Eine solche Missbrauchsgefahr bestehe dann, wenn der andere Betrieb, in dem das
Wirtschaftsgut ebenfalls genutzt werde, nicht die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme
des Investitionsabzugsbetrags erfülle, z.B. weil die Größenmerkmale dort überschritten
seien.
8 Mit seiner Revision bringt der Kläger vor, der Einsatz landwirtschaftlicher Maschinen sowohl
in fremden landwirtschaftlichen Betrieben als auch in einem eigenen landwirtschaftlichen
Betrieb sei der Tätigkeit eines Lohnunternehmens immanent. Das Merkmal der "fast
ausschließlich betrieblichen Nutzung" diene lediglich dazu, solche Wirtschaftsgüter, die
mehr als nur geringfügig privat genutzt würden, von der Begünstigung auszuschließen. Dem
Gesetz lasse sich keine starre 10 %-Grenze entnehmen; die Auslegung des Merkmals der
"fast ausschließlich betrieblichen Nutzung" sei vielmehr flexibel zu handhaben und könne
auch noch bei einer außerbetrieblichen Nutzung von 15 bis 18 % gegeben sein. Zudem
habe der Bundesfinanzhof (BFH) bereits entschieden, dass die Mitbenutzung des
Wirtschaftsguts durch eine Schwester-Personengesellschaft der Anwendbarkeit des § 7g
EStG nicht entgegenstehe.
9 Während des Revisionsverfahrens sind am 5. April 2012 und am 25. Juni 2013 geänderte
Einkommensteuerbescheide für das Streitjahr 2008 ergangen, die den Streitstoff des
vorliegenden Verfahrens indes nicht berühren.
10 Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Einkommensteuer 2008 unter Änderung des
Bescheids vom 25. Juni 2013 dahingehend festzusetzen, dass die Einkünfte aus
Gewerbebetrieb um einen Investitionsabzugsbetrag von 72.000 EUR gemindert werden.
11 Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
12 Es vertritt die Auffassung, der Kläger habe durch die Trennung in zwei selbständige Betriebe
steuerliche Vorteile (Vermeidung der Belastung der Einkünfte aus dem landwirtschaftlichen
Betrieb mit Gewerbesteuer) erlangt. Keiner der Betriebe sei zwingend auf die Existenz des
anderen angewiesen gewesen. Die Nutzung des Mähdreschers im landwirtschaftlichen
Betrieb sei im Gewerbebetrieb als Nutzungsentnahme anzusehen, weil die Einkunftsart
verlassen werde.
Entscheidungsgründe
13 II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126
Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
14 1. Nach § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b EStG setzt die Inanspruchnahme eines
Investitionsabzugsbetrags u.a. voraus, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, das
begünstigte Wirtschaftsgut voraussichtlich mindestens bis zum Ende des dem
Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahrs in einer
inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich
zu nutzen.
15 Zwar hat das FG zu Recht die Grenze einer "fast ausschließlichen" betrieblichen Nutzung
bei einer außerbetrieblichen Nutzung von mehr als 10 % gezogen (dazu unten 2.). Entgegen
der Auffassung des FG ist aufgrund der Besonderheiten des Verhältnisses zwischen land-
und forstwirtschaftlichen Betrieben und den üblicherweise mit diesen Betrieben
einhergehenden weiteren Betätigungen, die je nach ihrem Umfang als land- und
forstwirtschaftlich oder aber als gewerblich angesehen werden, die Nutzung im eigenen
land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Steuerpflichtigen aus Sicht des mit diesem Betrieb
personell und organisatorisch verbundenen Lohnunternehmens nicht als "außerbetrieblich"
anzusehen (unten 3.). Die Gewährung des Investitionsabzugsbetrags setzt in derartigen
Fällen aber voraus, dass das Größenmerkmal des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG in Bezug
auf denjenigen Betrieb, in dem die Investition vorgenommen werden soll, auch dann erfüllt
ist, wenn die Größe desjenigen Betriebs, in dem das Wirtschaftsgut ebenfalls genutzt werden
soll, in die Betrachtung einbezogen wird (unten 4.). Da die Vorinstanz dies nicht geprüft hat,
geht die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
16 2. Eine fast ausschließlich betriebliche Nutzung setzt einen betrieblichen Nutzungsanteil von
mindestens 90 % voraus. Dies entspricht einhelliger Auffassung von Gesetzgeber (BTDrucks
16/4841, 52), Finanzverwaltung (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF--
vom 8. Mai 2009, BStBl I 2009, 633, Rz 46), Rechtsprechung (zu § 7g EStG BFH-Beschluss
vom 26. November 2009 VIII B 190/09, BFHE 226, 541, unter II.2.d bb; zum
Berlinförderungsgesetz --BerlinFG-- BFH-Urteil vom 31. Juli 1981 III R 42/79, BFHE 134, 89,
BStBl II 1981, 772; zum Investitionszulagengesetz --InvZulG-- BFH-Urteil vom 6. April 1990
III R 2/87, BFHE 161, 237, BStBl II 1990, 752, unter 2.c) und Literatur (Meyer in
Herrmann/Heuer/Raupach, § 7g EStG Rz 85; Lambrecht in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 7g
Rz 22; Handzik in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 7g n.F.
Rz 42; Schmidt/Kulosa, EStG, 33. Aufl., § 7g Rz 36).
17 Die vom Kläger hiergegen vorgebrachten Argumente rechtfertigen keine andere Beurteilung.
Soweit der Kläger meint, die Beurteilung könne nicht anhand einer starren Grenze
vorgenommen werden, übersieht er, dass die Grundsätze der Rechtssicherheit und
Verwaltungsvereinfachung in bestimmtem Umfang auch eine Typisierung und
betragsmäßige Konkretisierung erfordern.
18 3. Jedenfalls in einer Konstellation wie dem Streitfall ist die Nutzung des dem
Lohnunternehmen zugeordneten Wirtschaftsguts im eigenen land- und forstwirtschaftlichen
Betrieb des Steuerpflichtigen für Zwecke des § 7g EStG nicht als "außerbetrieblich"
anzusehen.
19 a) Allerdings ist die Fördermaßnahme des § 7g EStG nach der ausdrücklichen Auffassung
sowohl des Gesetzgebers (BTDrucks 12/4487, 33) als auch der ständigen
höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. die umfangreichen Nachweise im Senatsbeschluss
vom 22. August 2012 X R 21/09, BFHE 238, 153, unter C.I.2.a) nicht personen-, sondern
betriebsbezogen ausgestaltet. Diese Beurteilung gilt nicht nur für die Ansparabschreibung
nach § 7g EStG a.F., sondern auch für den Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG in der
im Streitjahr 2008 geltenden Fassung, da diese Neufassung diejenigen gesetzlichen
Merkmale, aus denen die betriebsbezogene Betrachtungsweise folgt, unberührt gelassen
hat.
20 b) Gleichwohl entspricht es ständiger Verwaltungspraxis, die Nutzungs- und
Verbleibensvoraussetzung in Fällen der Betriebsaufspaltung auch dann als erfüllt
anzusehen, wenn das Wirtschaftsgut vom Besitzunternehmen angeschafft oder hergestellt,
aber nicht von diesem selbst genutzt, sondern an die Betriebsgesellschaft vermietet und
ausschließlich von dieser genutzt wird. Diese Verwaltungspraxis ist bereits zum InvZulG und
BerlinFG begründet (BMF-Schreiben vom 5. Mai 1977, BStBl I 1977, 246, Tz 104) und
anschließend auf die verschiedenen Fassungen des § 7g EStG, die jeweils Nutzungs- und
Verbleibensvoraussetzungen enthalten, die mit denen des InvZulG bzw. BerlinFG
vergleichbar sind, übertragen worden (BMF-Schreiben vom 10. Dezember 1985, BStBl I
1985, 683, unter V., und in BStBl I 2009, 633, Rz 44).
21 Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat die von der Finanzverwaltung für Fälle der
Betriebsaufspaltung zugelassene Erweiterung als "Ausnahme von der strengen gesetzlichen
Bindung des begünstigten Wirtschaftsguts an den Betrieb des Investors" bezeichnet (BFH-
Urteil vom 29. November 2007 IV R 82/05, BFHE 220, 98, BStBl II 2008, 471, unter II.2.c,
m.w.N.) und mit der folgenden Begründung gebilligt: "Ließe man hier die Gewährung der
Zulage unter dem formalen Gesichtspunkt, dass Besitzunternehmen und
Betriebsunternehmen rechtlich selbständige Unternehmen sind, nicht zu, so wäre eine
Zulage in den typischen Fällen der Betriebsaufspaltung gänzlich ausgeschlossen. Denn die
Besitzgesellschaft investiert hier zwar, aber sie nutzt die von ihr angeschafften oder
hergestellten Wirtschaftsgüter nicht selbst im eigenen Betrieb, die Betriebsgesellschaft nutzt
die Wirtschaftsgüter zwar, sie hat selbst aber nicht investiert. Dieses Ergebnis widerspräche
der Rechtsnatur der Betriebsaufspaltung, die weit verbreitet und von der Rechtsprechung
anerkannt ist. Ihr Sinn und Zweck besteht gerade darin, dass die Funktionen eines
normalerweise einheitlichen Betriebes bei ihr auf zwei Rechtsträger und damit zwei Betriebe
aufgeteilt sind" (so ausdrücklich BFH-Urteil vom 20. Mai 1988 III R 86/83, BFHE 153, 481,
BStBl II 1988, 739, unter 3.a, zur vergleichbaren Problematik bei der Berlinzulage nach dem
BerlinFG; im Ergebnis ebenso zum Fördergebietsgesetz BFH-Urteil vom 30. Oktober 2002
IV R 33/01, BFHE 201, 36, BStBl II 2003, 272; zu § 7g EStG BFH-Urteil in BFHE 220, 98,
BStBl II 2008, 471).
22 c) Tragender Gesichtspunkt ist damit die Aufteilung der Funktionen eines normalerweise
einheitlichen Betriebs auf zwei Betriebe. Bei wertender Betrachtung gilt für das Verhältnis
zwischen einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und einem Lohnunternehmen
desselben Steuerpflichtigen aber jedenfalls dann nichts anderes, wenn die Wirtschaftsgüter
des Lohnunternehmens --wie im vorliegend zu beurteilenden Fall-- in nicht nur
geringfügigem Umfang auch im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb eingesetzt
werden (organisatorische Verbindung). Die ertragsteuerrechtliche Aufteilung der Tätigkeit
des Steuerpflichtigen in zwei Bereiche beruht in diesen Fällen allein darauf, dass land- und
forstwirtschaftliche Betriebe innerhalb und außerhalb des Ertragsteuerrechts im Vergleich zu
Gewerbebetrieben in vielfältiger Weise begünstigt werden. Die möglichst zielgenaue
Beschränkung dieser Begünstigungen auf die Land- und Forstwirtschaft erfordert es,
Tätigkeiten, die zwar mit dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb verbunden sind, ohne
diese Verbindung aber als von Anfang an gewerblich anzusehen wären, ab dem Erreichen
eines bestimmten Umfangs ertragsteuerrechtlich von der begünstigten originär land- und
forstwirtschaftlichen Tätigkeit zu separieren. Allein die Anschaffung größerer Maschinen, die
zu ihrer besseren Auslastung gegen Entgelt auch in fremden Betrieben eingesetzt werden,
führt aus Sicht des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs noch nicht zu einem
grundlegenden Wandel in der ertragsteuerrechtlichen Einordnung dieser Betätigung, zumal
mitunter erst durch den Einsatz der Maschinen auch in fremden Betrieben ihre Anschaffung
für den eigenen Betrieb ermöglicht wird (so ausdrücklich BFH-Urteil vom 22. Januar 2004
IV R 45/02, BFHE 205, 162, BStBl II 2004, 512, unter 2.b, m.w.N., betr. Mähdrescher; zur
Beurteilung von Lohnarbeiten in Abhängigkeit von ihrer Verflechtung mit dem land- und
forstwirtschaftlichen Betrieb vgl. auch BFH-Urteile vom 14. Dezember 2006 IV R 10/05,
BFHE 216, 241, BStBl II 2007, 516, und vom 20. September 2007 IV R 32/06, BFH/NV 2008,
569; Ländererlasse vom 15. Dezember 2011, BStBl I 2011, 1213, unter II., Abs. 9, 11).
23 Die bei Überschreiten der Umfangsgrenzen vorzunehmende Aufteilung in einen land- und
forstwirtschaftlichen sowie einen gewerblichen Betrieb ist daher eine rein
ertragsteuerrechtliche; sie lässt die vorhandene organisatorische Einheit unberührt.
Überschreitet die "Nebentätigkeit" (hier: Lohnunternehmen) die typisierend entwickelten
Umfangsgrenzen nicht, ist ein einheitlicher land- und forstwirtschaftlicher Betrieb
anzunehmen. Vor diesem Hintergrund unterscheidet sich das Verhältnis zwischen einem
land- und forstwirtschaftlichen Betrieb einerseits und einem damit organisatorisch
verbundenen Lohnunternehmen desselben Steuerpflichtigen andererseits --ebenso wie das
Verhältnis zwischen einem Besitzunternehmen und einer damit personell und sachlich
verflochtenen Betriebsgesellschaft-- deutlich von dem Verhältnis zwischen zwei Betrieben
desselben Steuerpflichtigen, die nicht als Aufteilung eines einheitlichen Betriebs angesehen
werden können.
24 Der --hier entscheidungsleitende-- Gedanke einer einkunftsartübergreifenden Betrachtung
miteinander verbundener Tätigkeiten ist in der Rechtsprechung auch für die Beurteilung der
Einkunftserzielungsabsicht fruchtbar gemacht worden (vgl. BFH-Urteil vom 6. März 2003
XI R 46/01, BFHE 202, 124, BStBl II 2003, 602). Danach ist bei einem Steuerpflichtigen, der
als Künstler sowohl selbständig als auch nichtselbständig tätig ist, die
Einkunftserzielungsabsicht einkunftsartübergreifend zu prüfen, wenn die
ertragsteuerrechtliche Einordnung seiner Einnahmen allein davon abhängig ist, ob ihn der
jeweilige Auftraggeber im Einzelfall als selbständig oder nichtselbständig Tätigen mit der
Durchführung eines bestimmten künstlerischen Projekts betraut.
25 Auf der anderen Seite hat die Rechtsprechung im Hinblick auf die Nutzungs- und
Verbleibensvoraussetzung die Begünstigung eines durch eine Organgesellschaft
angeschafften oder hergestellten und anschließend an eine andere Organgesellschaft
desselben Organkreises vermieteten Wirtschaftsguts mit der Begründung verneint, innerhalb
eines Organkreises sei es möglich, die Investitionen so zu steuern, dass ein Anspruch auf
die Steuervergünstigung realisiert werden könne (BFH-Urteil in BFHE 153, 481, BStBl II
1988, 739, unter 3.c, zum BerlinFG). Eine solche Investitionssteuerung ist einem
Steuerpflichtigen, dessen Tätigkeit aus spezifisch ertragsteuerrechtlichen Gründen in einen
land- und forstwirtschaftlichen und einen gewerblichen Bereich aufgeteilt ist, aber nicht
möglich, wenn beide Bereiche organisatorisch miteinander verbunden sind. Daher wäre es
Steuerpflichtigen, die ein Wirtschaftsgut sowohl in ihrem eigenen land- und
forstwirtschaftlichen Betrieb als auch für Lohnarbeiten nutzen, stets verwehrt, die
Begünstigung in Anspruch zu nehmen. Dies rechtfertigt --ebenso wie in Fällen der
Betriebsaufspaltung-- eine teleologische Extension des Wortlauts der gesetzlichen
Nutzungsvoraussetzung.
26 d) Hinzu kommt, dass eine kurzfristige Vermietung des Wirtschaftsguts an einen Dritten zur
Nutzung in dessen Betrieb der Begünstigung der Investition nach § 7g EStG nicht entgegen
steht; als kurzfristig werden Vermietungen bis zu einer Dauer von drei Monaten angesehen
(BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 633, Rz 44; ebenso zum InvZulG BFH-Urteil vom 23. Mai
1986 III R 66/85, BFHE 147, 193, BStBl II 1986, 916). Der kurzfristige Einsatz des dem
gewerblichen Lohnunternehmen des Klägers zugeordneten Mähdreschers in seinem
eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterscheidet sich aber in keiner Weise von
den --der Erfüllung der Nutzungsvoraussetzung unstreitig nicht entgegenstehenden--
kurzfristigen Einsätzen des Mähdreschers in den Betrieben derjenigen Land- und Forstwirte,
für die er Lohnarbeiten vornimmt.
27 Die Finanzverwaltung selbst sieht die Nutzungs- und Verbleibensvoraussetzung nur in den
Fällen der Überführung, Übertragung oder Einbringung des Wirtschaftsguts in einen anderen
Betrieb desselben Steuerpflichtigen als nicht erfüllt an (BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 633,
Rz 44). Ein solcher Fall ist vorliegend aber nicht gegeben, da der Mähdrescher trotz seines
gelegentlichen Einsatzes im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb das Betriebsvermögen
des gewerblichen Lohnunternehmens nicht verlassen hat. Demgegenüber soll nach
Auffassung der Finanzverwaltung das Merkmal der fast ausschließlichen betrieblichen
Nutzung eines Wirtschaftsguts bereits dann erfüllt sein, "wenn es der Steuerpflichtige zu
nicht mehr als 10 % privat nutzt" (BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 633, Rz 46; ebenso
Lambrecht, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 7g Rz 39, Stand Oktober 1999; in der
Tendenz wohl auch noch Lambrecht in Kirchhof, a.a.O., § 7g Rz 22). Da die Mitbenutzung in
einem anderen Betrieb desselben Steuerpflichtigen keine Privatnutzung darstellt, wäre die
Nutzungsvoraussetzung auch bei Zugrundelegung der Auffassung der Finanzverwaltung als
gegeben anzusehen, ohne dass der Senat in diesem Verfahren entscheiden muss, ob er
dieser Auffassung in vollem Umfang folgen könnte.
28 e) Die von der Vorinstanz angeführten Erwägungen vermögen demgegenüber nicht
durchzugreifen.
29 Die vom FG hervorgehobene Rechtsprechung, wonach die Verbleibens- und
Nutzungsvoraussetzung in Fällen, in denen eine Betriebsaufspaltung auch ohne
betriebsvermögensmäßige Verflechtung allein aufgrund tatsächlicher Beherrschung
anzunehmen ist, nicht erfüllt ist (vgl. hierzu --jeweils zum InvZulG-- BFH-Entscheidungen
vom 26. März 1993 III S 42/92, BFHE 171, 164, BStBl II 1993, 723; vom 16. September 1994
III R 45/92, BFHE 176, 98, BStBl II 1995, 75; zu § 7g EStG BFH-Urteil in BFHE 220, 98,
BStBl II 2008, 471), ist vorliegend nicht einschlägig.
30 Zu Unrecht beruft sich die Vorinstanz zudem auf den Beschluss des FG Köln vom 14. August
2000 6 V 3304/00 (Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2000, 1235). In dem dort
zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut nach
Veräußerung der wesentlichen Grundlagen seines Betriebs weiterhin in seinem
"Restbetrieb" genutzt, was das FG Köln als "Überführung in einen anderen Betrieb" ansah,
welche die Anwendbarkeit des § 7g EStG ausschließe. Zwischenzeitlich hat der BFH jedoch
entschieden, dass die Nutzung des Wirtschaftsguts in einem "Restbetrieb" der
Inanspruchnahme der Vergünstigungen des § 7g EStG nicht entgegen steht (Urteil vom
1. August 2007 XI R 47/06, BFHE 218, 509, BStBl II 2008, 106).
31 Ferner zieht das FG die zum Investitionszulagenrecht ergangene Rechtsprechung heran,
wonach keine Betriebsaufspaltung bestehe und daher das dauerhaft an ein verbundenes
Unternehmen überlassene Wirtschaftsgut nicht zulagenbegünstigt sei, wenn das
investierende Unternehmen neben der --als gewerblich zu beurteilenden-- Verpachtung
auch eine eigene originär gewerbliche Tätigkeit ausübt (BFH-Urteile in BFHE 201, 36, BStBl
II 2003, 272, und vom 20. März 2003 III R 50/96, BFHE 202, 181, BStBl II 2003, 613). Der
BFH hat diese Einschränkung in den angeführten Entscheidungen damit begründet, dass
ein originär gewerbliches Unternehmen --anders als eine vermögensverwaltend tätige
Personengesellschaft-- selbst dem Grunde nach die Voraussetzungen für die
Inanspruchnahme von Investitionszulagen erfüllt. Wenn das FG daraus folgert, auch das
gewerbliche Lohnunternehmen des Klägers könne selbst die Voraussetzungen für die
Gewährung des Investitionsabzugsbetrags erfüllen, übersieht es, dass dies bei einer --
betriebswirtschaftlich sinnvollen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 205, 162, BStBl II 2004, 512) und
in Lohnunternehmen üblichen-- gleichzeitigen Nutzung des Wirtschaftsguts sowohl im land-
und forstwirtschaftlichen Betrieb als auch im Lohnunternehmen ohne die vom erkennenden
Senat vorgenommene teleologische Extension der Nutzungs- und
Verbleibensvoraussetzung gerade nicht möglich wäre.
32 4. Die Gewährung des Investitionsabzugsbetrags setzt in derartigen Fällen allerdings
voraus, dass das Größenmerkmal des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG in Bezug auf
denjenigen Betrieb, in dem die Investition vorgenommen werden soll, auch dann noch erfüllt
ist, wenn die Größe desjenigen Betriebs, in dem das Wirtschaftsgut ebenfalls genutzt werden
soll, in die Betrachtung einbezogen wird.
33 Vorliegend sieht der Senat die Nutzungsvoraussetzung des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
Buchst. b EStG allein deshalb als erfüllt an, weil das Wirtschaftsgut zeitweise auch in
Bereichen eingesetzt wird, die --nur ertragsteuerrechtlich-- zu einem gesonderten Betrieb
des Steuerpflichtigen verselbständigt sind. Dann ist es aber folgerichtig, dieselbe
Betrachtung auch hinsichtlich des Größenmerkmals anzustellen und den Gedanken der
tatsächlichen Einheit der --ertragsteuerrechtlich in zwei Betriebe aufgespaltenen--
Betätigung des Steuerpflichtigen in den Vordergrund zu rücken.
34 Für den Streitfall bedeutet dies, dass das für das Lohnunternehmen geltende, an den
Gewinn anknüpfende Größenmerkmal des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. c EStG
maßgebend bleibt. Der darin genannte gesetzliche Höchstbetrag von 100.000 EUR ist mit
dem addierten Gewinn des Lohnunternehmens und des land- und forstwirtschaftlichen
Betriebs zu vergleichen.
35 Der Einwand des FA, eine derartige übergreifende Betrachtung der Größenmerkmale sei
unmöglich, zumindest aber unpraktikabel, was schon dem Grunde nach gegen die
Möglichkeit zur Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags im Lohnunternehmen
spreche, überzeugt den Senat nicht. Das im Streitfall für das investierende gewerbliche
Lohnunternehmen maßgebende Größenmerkmal des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. c
EStG knüpft an den Gewinn an. Der Kläger hat aber auch für seinen landwirtschaftlichen
Betrieb einen Gewinn ermittelt, so dass diese beiden Größen unproblematisch addiert
werden können. Zwar beruhte die Gewinnermittlung im landwirtschaftlichen Betrieb auf den
Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleichs, während der Gewinn des
Lohnunternehmens durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt wurde. Aus
Vereinfachungsgründen und wegen der Totalgewinngleichheit der beiden genannten
Gewinnermittlungsarten hält es der Senat aber für sachgerecht, den Gewinn des
landwirtschaftlichen Betriebs ohne Anpassung an die Grundsätze der Einnahmen-
Überschuss-Rechnung dem Gewinn aus dem Lohnunternehmen hinzuzurechnen.
36 Da die Vorinstanz zur Höhe des Gewinns aus dem landwirtschaftlichen Betrieb keine
Feststellungen getroffen hat, geht die Sache zur abschließenden Entscheidung an das FG
zurück.