Urteil des BFH vom 21.05.2014

Vorsteuerausschluss bei Aufwendungen für Yachten - Innergemeinschaftliches Verbringen - Keine "Beteiligung an einer Steuerhinterziehung" durch bloßes Unterlassen im Hinblick auf die Erwerbsbesteuerung

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 21.5.2014, V R 34/13
Vorsteuerausschluss bei Aufwendungen für Yachten - Innergemeinschaftliches Verbringen - Keine
"Beteiligung an einer Steuerhinterziehung" durch bloßes Unterlassen im Hinblick auf die
Erwerbsbesteuerung
Leitsätze
1. Der Vorsteuerausschluss gemäß § 15 Abs. 1a UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG für
Aufwendungen für Segelyachten und Motoryachten steht sowohl hinsichtlich der laufenden
Aufwendungen als auch hinsichtlich der Erwerbskosten im Einklang mit dem Unionsrecht, weil
diese Regelung bereits bei Inkrafttreten der Richtlinie 77/388/EWG im deutschen UStG verankert
gewesen ist und somit von der sog. Stillhalteklausel des Art. 176 MwStSystRL umfasst wird.
2. Die Versagung der Umsatzsteuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung nach den
Grundsätzen des EuGH-Urteils "R" setzt voraus, dass der Lieferer sich vorsätzlich an einer
Steuerhinterziehung des Erwerbers beteiligt. Das gilt auch für ein innergemeinschaftliches
Verbringen i.S. von § 6a Abs. 2, § 3 Abs. 1a UStG.
Tatbestand
1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts,
an der im Streitjahr (2008) Herr W zu 51 % und Frau H zu 49 % beteiligt waren. Die
Gesellschafter waren 2008 gleichzeitig auch die Geschäftsführer der Gesellschaft.
2 Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist der gewerbliche Handel mit Waren aller Art,
nicht genehmigungspflichtigen Dienstleistungen aller Art, Vermietungen von Autos,
Flugzeugen, Schiffen und anderen beweglichen und unbeweglichen Gegenständen des
allgemeinen Rechtsverkehrs, Halten von Beteiligungen, Immobilienverwaltung und
Vermietung von Immobilien. Seit 2003 gehört zum Angebot der Klägerin auch die
Vercharterung von Motoryachten.
3 Am 20. Dezember 2006 erwarb die Klägerin die Yacht A für 1.100.000 EUR zzgl.
176.000 EUR Umsatzsteuer. Die Klägerin ordnete die Yacht A ihrem Unternehmen zu und
machte hinsichtlich des Erwerbs für den Voranmeldungszeitraum 2006 den Vorsteuerabzug
geltend. Im März 2007 wurde diese Yacht auf Veranlassung der Klägerin von Deutschland
nach Palma de Mallorca transportiert, um sie an fremde Dritte zu vermieten und durch die
Familie der Gesellschafter-Geschäftsführerin H zu nutzen.
4 Mit Rechnung vom 23. Dezember 2008 veräußerte die Klägerin die Yacht A zum
Einkaufspreis (1.100.000 EUR) zurück an die Verkäuferin. Die Yacht wurde der Käuferin am
gleichen Tag auf Mallorca übergeben. In der Rechnung, in der die der Klägerin erteilte
deutsche Umsatzsteuer-Identifizierungsnummer (USt.-ID-Nr.) ausgewiesen wurde, wird der
Verkauf von der Klägerin als nicht steuerbar behandelt. Über eine spanische USt.-ID-Nr.
verfügte die Klägerin nicht.
5 Mit Kaufvertrag vom 13. August 2008 und Rechnung vom 8. Dezember 2008 kaufte die
Klägerin unter Anrechnung des Kaufpreises für die Yacht A die gebrauchte Yacht B für
1.630.900 EUR zzgl. 309.871 EUR Umsatzsteuer. Nach dem Inhalt des Kaufvertrages sollte
die Yacht B im Dezember 2008 in Deutschland an die Klägerin übergeben werden. In der
Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 2008 machte die Klägerin die ihr in Rechnung
gestellte Umsatzsteuer in Höhe von 309.871 EUR als Vorsteuer geltend.
6 Im Anschluss an eine bei der Klägerin durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging der
Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) von einem steuerbaren Verbringen
der Yacht A i.S. des § 3 Abs. 1a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) durch die Klägerin im
Dezember 2008 aus. Das FA verneinte das Vorliegen einer Steuerbefreiung ebenso wie die
Berechtigung der Klägerin zum Vorsteuerabzug aus dem Kauf der Yacht B und setzte die
Umsatzsteuer im Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid für Dezember 2008 vom 30. Juli
2009 entsprechend fest. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA als unbegründet
zurück.
7 Die Klage hatte in dem im Revisionsverfahren streitigen Umfang keinen Erfolg. Zur
Begründung seines in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1707 veröffentlichten
Urteils führte das Finanzgericht (FG) im Wesentlichen aus, die Klägerin habe den
Tatbestand des innergemeinschaftlichen Verbringens (§ 3 Abs. 1a UStG) der 2007 zunächst
nur zu Vermietungszwecken nach Mallorca beförderten Yacht A im Zeitpunkt des Verkaufs
im Dezember 2008 erfüllt. Mit dem Verkauf der Yacht A im Dezember 2008 habe die
vorübergehende Verwendung geendet, mit der Folge, dass die Yacht A in diesem Zeitpunkt
als i.S. des § 3 Abs. 1a UStG verbracht anzusehen sei.
8 Dieser einer innergemeinschaftlichen Lieferung gleichzustellende Umsatz sei nicht gemäß
§ 4 Nr. 1 Buchst. b UStG steuerfrei. Die Klägerin könne sich nicht auf die Steuerfreiheit der
innergemeinschaftlichen Lieferung bzw. des innergemeinschaftlichen Verbringens gemäß
§ 6a Abs. 1 und 2 UStG berufen, weil dem die Besteuerung des innergemeinschaftlichen
Erwerbs im Bestimmungsland gegenüberstehe und die Klägerin durch ihr Verhalten diese
Besteuerung verhindert habe.
9 Auch die Voraussetzungen der Berechtigung zum Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1a
UStG seien nicht erfüllt, weil eine Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin im Zeitpunkt des
Erwerbs der Yacht B im Dezember 2008 nicht feststellbar sei. In den Fällen des § 15 Abs. 1a
UStG müsse nicht nur die Absicht der unternehmerischen Verwendung, sondern auch die
Gewinnerzielungsabsicht im Zeitpunkt des Leistungsbezuges durch objektive Anhaltspunkte
nachgewiesen werden.
10 Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision, die sie auf Verletzung materiellen
Rechts und Verfahrensfehler stützt.
11 Die Klägerin macht geltend, das FG habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
12 Hinsichtlich der Yacht A trägt sie vor, dass deren Verbringen nach Spanien steuerfrei sei. Auf
die Verletzung von Nachweispflichten i.S. der §§ 17a ff. der Umsatzsteuer-
Durchführungsverordnung (UStDV) komme es nicht an, weil feststehe, dass die Yacht A
nach Spanien verbracht worden sei.
13 Aus dem Erwerb der Yacht B sei ihr, der Klägerin, der Vorsteuerabzug zu gewähren.
14 Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 2008 vom 16. August 2010
sowie die Einspruchsentscheidung vom 30. August 2010 dahingehend zu ändern, dass die
Umsatzsteuer 2008 um ... EUR herabgesetzt wird.
15 Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
16 Zur Begründung seines Antrags verweist das FA im Wesentlichen auf die Gründe des FG-
Urteils.
Entscheidungsgründe
17 II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und
Zurückverweisung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um die Steuerbefreiung des einer
innergemeinschaftlichen Lieferung gleichstehenden innergemeinschaftlichen Verbringens
der Yacht A nach §§ 4 Nr. 1 Buchst. b, 6a Abs. 2 UStG zu versagen. Darüber hinaus hat das
FG nicht geprüft, ob für die Lieferung der Yacht A die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 28 UStG
in Betracht kommt, weil im Zeitpunkt des Erwerbs der Yacht A --ebenso wie beim Erwerb der
Yacht B-- der Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1a UStG auszuschließen gewesen wäre.
Das FG hat keine Feststellungen getroffen, die dem Senat die Beurteilung dieser Fragen
ermöglichen; die erforderlichen Feststellungen muss das FG nachholen.
18 1. Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Klägerin der Vorsteuerabzug aus
dem Erwerb der Yacht B nicht zusteht.
19 Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer unter anderem die gesetzlich
geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen
Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, in Abzug bringen. Nicht
abziehbar sind jedoch gemäß § 15 Abs. 1a UStG die Vorsteuerbeträge, die auf
Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12
Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gilt, entfallen.
20 Das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG umfasst u.a. Aufwendungen für
Segelyachten oder Motoryachten sowie für ähnliche Zwecke. Das gilt nach § 4 Abs. 5 Satz 2
EStG nicht, wenn diese Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten
Betätigung des Steuerpflichtigen sind.
21 a) Der Senat kann auf der Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen nicht
entscheiden, ob die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG erfüllt sind. Die Frage kann aber
offen bleiben.
22 b) Denn selbst wenn die Klägerin die Yacht B i.S. des § 15 Abs. 1 UStG für ihr Unternehmen
bezogen haben sollte, fallen die Aufwendungen für deren Erwerb --wie das FG zu Recht
entschieden hat-- unter das Vorsteuerabzugsverbot des § 15 Abs. 1a UStG i.V.m. § 4 Abs. 5
Satz 1 Nr. 4 EStG (aa); die Vorschrift des § 15 Abs. 1a UStG ist auch anwendbar (bb bis cc).
23 aa) Aufwendungen sind alle auf die Herstellung oder Anschaffung und den Unterhalt
entfallenden Kosten (Schmidt/Heinicke, EStG, 33. Aufl., § 4 Rz 562, zu Aufwendungen i.S.
des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG). Dazu gehören auch die Anschaffungskosten für die
Yacht B.
24 Auch der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG ist nicht erfüllt, weil eine
Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin im Zeitpunkt des Erwerbs der Yacht B nicht
feststellbar war. Die Absicht der Gewinn-/Überschusserzielung zeigt sich in dem Bestreben,
während des Bestehens der Einkunftsquelle insgesamt einen Totalgewinn bzw.
Einnahmenüberschuss zu erzielen. Ob der Unternehmer eine derartige Absicht hatte, lässt
sich --entgegen der Auffassung der Klägerin-- als innere Tatsache nicht anhand seiner
Erklärungen, sondern nur aufgrund äußerer Umstände feststellen (Urteil des
Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 31. Juli 2002 X R 48/99, BFHE 200, 504, BStBl II 2003, 282,
unter II.1.b). Hierfür ist insbesondere von Bedeutung, ob die Betätigung bei objektiver
Betrachtung nach ihrer Art, ihrer Gestaltung und den gegebenen Ertragsaussichten einen
Totalüberschuss erwarten lässt (BFH-Urteil vom 27. Januar 2000 IV R 33/99, BFHE 191,
119, BStBl II 2000, 227). Beruht die Entscheidung zur Neugründung eines Gewerbebetriebs
im Wesentlichen auf den persönlichen Interessen und Neigungen des Steuerpflichtigen, so
sind die entstehenden Verluste nur dann für die Dauer einer betriebsspezifischen
Anlaufphase steuerlich zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige zu Beginn seiner
Tätigkeit ein schlüssiges Betriebskonzept erstellt hat, das ihn zu der Annahme veranlassen
durfte, durch die gewerbliche Tätigkeit werde er insgesamt ein positives Gesamtergebnis
erzielen können (BFH-Urteil vom 23. Mai 2007 X R 33/04, BFHE 218, 163, BStBl II 2007,
874).
25 Ob, wie das FG meint, als objektiver Anhaltspunkt für das Vorliegen der
Gewinnerzielungsabsicht bei der Vercharterung einer Yacht der vorliegenden
Größenordnung nur eine Markt-/Wirtschaftlichkeitsanalyse in Betracht kommt, braucht der
Senat nicht zu entscheiden, weil sowohl nach den Feststellungen des FG als auch nach
Aktenlage und dem Vortrag der Klägerin im Revisionsverfahren keine anderen objektiven
Anhaltspunkte für eine Gewinnerzielungsabsicht ersichtlich sind.
26 bb) Unionsrechtliche Grundlage des § 15 Abs. 1a UStG ist Art. 176 der Richtlinie des Rates
vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG --
MwStSystRL-- (bis 31. Dezember 2006: Art. 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie des Rates
vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern 77/388/EWG --Richtlinie 77/388/EWG--). Diese Bestimmung stellt eine --
bisher nicht getroffene-- Regelung des Rates über Ausgaben, die den Vorsteuerabzug
ausschließen, insbesondere solche, die keinen streng geschäftlichen Charakter haben, wie
Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügungen und Repräsentationsaufwendungen, in
Aussicht. Darüber hinaus enthält Art. 176 MwStSystRL eine sog. Stillhalteklausel, die bis
zum Inkrafttreten einer unionsrechtlichen Regelung die Beibehaltung der innerstaatlichen
Ausschlüsse des Rechts auf Vorsteuerabzug erlaubt, die vor dem Inkrafttreten der Richtlinie
77/388/EWG galten. Eine nationale Regelung, die die bestehenden Ausschlusstatbestände
erweitert, ist nach Art. 176 MwStSystRL grundsätzlich nicht zulässig (Urteil des Gerichtshofs
der Europäischen Union --EuGH-- vom 8. Januar 2002 C-409/99, Metropol und Stadler, Slg.
2002, I-81, zu Art. 17 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG). Neue Ausschlussnormen können
durch die einzelnen Mitgliedstaaten nur mit Genehmigung nach Art. 394, 397 MwStSystRL
eingeführt werden (EuGH-Urteil vom 11. Juli 1991 C-97/90, Lennartz, Slg. 1991, I-3795, zu
Art. 27 Abs. 2 bis 5 der Richtlinie 77/388/EWG). Für die Regelung in § 15 Abs. 1a UStG ist
eine Genehmigung nach Art. 27 Abs. 2 bis 5 der Richtlinie 77/388/EWG aber weder
beantragt noch erteilt worden.
27 § 15 Abs. 1a UStG steht im Einklang mit dem Unionsrecht, weil die darin getroffene
Regelung inhaltlich bereits bei Inkrafttreten der Richtlinie 77/388/EWG im deutschen UStG
verankert gewesen ist.
28 cc) § 15 Abs. 1a UStG ist durch Art. 7 Nr. 11 Buchst. b des Steuerentlastungsgesetzes
1999/2000/2002 (StEntlG 1999/2000/ 2002) vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I
1999, 304) eingeführt worden und gilt mit Wirkung ab 1. April 1999 (Art. 18 Abs. 2 StEntlG
1999/2000/2002). Die im Streitjahr 2008 geltende Fassung beruht auf dem
Jahressteuergesetz 2007 vom 13. Dezember 2006 (BGBl I 2006, 2878). Bei Inkrafttreten der
Richtlinie 77/388/EWG, also zum 1. Januar 1979 (vgl. EuGH-Urteile vom 19. September
2000 C-177/99 und C-181/99, Ampafrance und Sanofi, Slg. 2000, I-7013 Rdnr. 5), war der
Vorsteuerabzug für die Aufwendungen für Segelyachten zwar nicht unmittelbar durch das
UStG 1973 ausgeschlossen, wenn ansonsten die allgemeinen Voraussetzungen des § 15
UStG 1973 erfüllt waren. Der einem Unternehmer zustehende Vorsteuerabzug wurde aber
durch eine ebenso hohe Besteuerung der Aufwendungen als Eigenverbrauch nach § 1
Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. c UStG 1973 ausgeglichen. Nach dieser Vorschrift lag
Eigenverbrauch vor, soweit ein Unternehmer im Inland Aufwendungen tätigte, die nach § 4
Abs. 5 EStG bei der Gewinnermittlung ausschieden. Die Regelung in § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2
Buchst. c UStG 1973 wirkte wie eine Einschränkung des Vorsteuerabzugs (BFH-Urteile vom
2. Juli 2008 XI R 61/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2009, 278; vom
12. August 2004 V R 49/02, BFHE 207, 71, BStBl II 2004, 1090, unter II.3.b, betreffend
Bewirtungsaufwendungen). Der Vorsteuerausschluss gemäß § 15 Abs. 1a UStG stellt
deshalb, jedenfalls soweit er laufende Aufwendungen i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG
betrifft, nur eine Ersatzregelung für einen bereits bestehenden Ausschlusstatbestand dar und
ist damit keine dem Unionsrecht widersprechende Erweiterung oder erstmalige Einfügung
eines Ausschlusstatbestands. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie 77/388/EWG
galt bereits ein mittelbares Vorsteuerabzugsverbot für Leistungsbezüge, die mit einer
Segelyacht zusammenhängen, weil § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. c UStG 1973 der
Umsetzung des Ausschlusses von Repräsentationsaufwendungen vom
Vorsteuerabzugsrecht gemäß Art. 17 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG und damit
demselben Zweck wie § 15 Abs. 1a UStG diente (BFH-Urteile in HFR 2009, 278; vom 2. Juli
2008 XI R 60/06, BFHE 222, 112, BStBl II 2009, 167; jeweils zu Segelyachten; vom
24. August 2000 V R 9/00, BFHE 193, 161, BStBl II 2001, 76; vom 2. Juli 2008 XI R 66/06,
BFHE 222, 123, BStBl II 2009, 206, zum Halten von Rennpferden; in BFHE 207, 71, BStBl II
2004, 1090, zu Bewirtungsaufwendungen). Auch das Schrifttum sieht den Ersatz des
Aufwendungseigenverbrauchs gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. c UStG in der bis
31. März 1999 geltenden Fassung durch ein unmittelbares Vorsteuerabzugsverbot gemäß
§ 15 Abs. 1a UStG in der im Streitjahr 2008 geltenden Fassung für Aufwendungen i.S. von
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG als durch Art. 17 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG gedeckt an
(Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15 Rz 481; Hundt-Eßwein in
Offerhaus/Söhn/Lange, § 15 UStG Rz 290b; Stadie in Rau/Dürrwächter,
Umsatzsteuergesetz, § 15 Rz 917; Lohse, Internationales Steuerrecht 2000, 232, 236 f.;
zweifelnd Heidner in Bunjes, UStG, 12. Aufl., § 15 Rz 307).
29 dd) Das Abzugsverbot für laufende Aufwendungen (BFH-Urteile vom 2. Juli 2008 XI R 70/06,
BFH/NV 2009, 223; vom 23. Januar 1992 V R 66/85, BFHE 167, 221; in BFHE 193, 161,
BStBl II 2001, 76) gilt auch für die Vorsteuerbeträge aus den Anschaffungskosten. Obschon
sich die Versagung des Vorsteuerabzugs für die Erwerbsaufwendungen nach § 15 Abs. 1a
UStG in zeitlicher Hinsicht bei der Lieferung von abnutzbaren Wirtschaftsgütern, wie im
Streitfall der Yacht B, von der Eigenverbrauchsbesteuerung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2
Buchst. c UStG 1973 unterscheidet, ist sie mit Art. 176 MwStSystRL (Art. 17 Abs. 6
Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG) vereinbar. Deshalb liegt in der Einführung des § 15
Abs. 1a UStG kein Verstoß gegen Unionsrecht (so auch Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG,
§ 15 Rz 952, 956; a.A. wohl Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15 Rz 513; Lippross,
Umsatzsteuer, 22. Auflage 2008, 7.8.2.1.2 c, S. 838, 842 f.).
30 2. Das FG hat das Verbringen der Yacht A nach Mallorca zu Recht als gemäß § 3 Abs. 1a
UStG steuerbare Lieferung behandelt, die im Dezember 2008 zu erfassen ist.
31 a) Gemäß § 3 Abs. 1a UStG gilt als Lieferung gegen Entgelt das Verbringen eines
Gegenstands des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch
einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur vorübergehenden
Verwendung, auch wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Inland eingeführt hat. Der
Unternehmer gilt als Lieferer.
32 Mit dieser Regelung wird Art. 17 Abs. 1 MwStSystRL umgesetzt. Danach ist die von einem
Steuerpflichtigen vorgenommene Verbringung eines Gegenstands seines Unternehmens in
einen anderen Mitgliedstaat einer Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt gleichgestellt.
Als "Verbringung in einen anderen Mitgliedstaat" gelten die Versendung oder Beförderung
eines im Gebiet eines Mitgliedstaats befindlichen beweglichen körperlichen Gegenstands
durch den Steuerpflichtigen oder für seine Rechnung für die Zwecke seines Unternehmens
nach Orten außerhalb dieses Gebiets, aber innerhalb der Gemeinschaft.
33 b) Die Klägerin ist unstreitig Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 UStG, hat die Yacht A durch
Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs ihrem Unternehmen zugeordnet und diese in das
übrige Gemeinschaftsgebiet, nämlich nach Mallorca (Spanien), verbracht.
34 aa) Der Transport der Yacht A im März 2007 ist noch nicht als steuerbares Verbringen eines
Gegenstands des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu
beurteilen, weil die Klägerin nach den Feststellungen des FG zu diesem Zeitpunkt nur eine
"vorübergehende Verwendung" der Yacht auf Mallorca vorgesehen hatte.
35 Mit dem negativen Tatbestandsmerkmal der nicht "nur vorübergehenden Verwendung" setzt
§ 3 Abs. 1a UStG die unionsrechtliche Regelung in Art. 17 Abs. 2 MwStSystRL zumindest
begrifflich nicht zutreffend um (Michl in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 3 Rz 69; Heuermann
in Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 3 Abs. 1a Rz 50; Martin in Sölch/Ringleb,
Umsatzsteuer, § 3 Rz 189; Treiber in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 6a Rz 47). Während
§ 3 Abs. 1a UStG generalisierend auf einen scheinbar zeitlichen Gesichtspunkt abstellt,
enthält Art. 17 Abs. 2 Buchst. a bis h MwStSystRL eine abschließende Aufzählung von
Umsätzen, die ein Verbringen ausschließen, wenn der Unternehmer deren Ausführung mit
dem Gegenstand bezweckt. Der Begriff "vorübergehend" ist daher nicht zeitabhängig zu
verstehen, sondern wird durch die Art der Verwendung bestimmt (Martin in Sölch/ Ringleb,
Umsatzsteuer, § 3 Rz 196; Stöcker in Küffner/Stöcker/ Zugmaier, UStG, § 3 Rz 212; Michl in
Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 3 Rz 73). Ist nach der Art der Verwendung vorhersehbar,
dass der Gegenstand wieder in das Inland zurückgelangt, so liegt auch bei längerem
Verbleib im sonstigen Gemeinschaftsgebiet eine vorübergehende Verwendung vor
(Mößlang in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 1a Rz 22).
36 Ob die unzutreffende Umsetzung des Art. 17 MwStSystRL durch § 3 Abs. 1a UStG im Wege
der richtlinienkonformen Auslegung (Treiber in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 6a Rz 47)
oder mittels Anwendungsvorrangs der Richtlinie (Heuermann in Hartmann/ Metzenmacher,
UStG, § 3 Abs. 1a Rz 50) zu geschehen hat, kann der Senat offenlassen. Jedenfalls ist von
einer nur vorübergehenden Verwendung auszugehen, wenn einer der in Art. 17 Abs. 2
Buchst. a bis h MwStSystRL genannten Fälle vorliegt.
37 Art. 17 Abs. 2 Buchst. g MwStSystRL nennt die
"vorübergehende Verwendung dieses Gegenstands im Gebiet des Mitgliedstaats der
Beendigung der Versendung oder Beförderung zum Zwecke der Erbringung von
Dienstleistungen durch den im Mitgliedstaat des Beginns der Versendung oder Beförderung
ansässigen Steuerpflichtigen".
38 Das ist vorliegend der Fall, denn nach den Feststellungen des FG beabsichtigte die Klägerin
(zumindest auch) die Ausführung von Vermietungsumsätzen mit der Yacht A.
39 bb) Ein innergemeinschaftliches Verbringen i.S. des § 3 Abs. 1a UStG liegt aber mit dem
Verkauf der Yacht A im Dezember 2008 vor, weil die Absicht der Klägerin,
Vermietungsumsätze mit der Yacht A auszuführen, damit endete. Sobald eine der
Voraussetzungen für die Ausnahme der nur vorübergehenden Verwendung nicht mehr
vorliegt, wie z.B. beim Verkauf des Gegenstands, ist in diesem Zeitpunkt ein einer
innergemeinschaftlichen Lieferung gegen Entgelt gleichgestelltes innergemeinschaftliches
Verbringen anzunehmen (so ausdrücklich Art. 17 Abs. 3 MwStSystRL; vgl. auch Martin in
Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3 Rz 196; Fritsch in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 3
Rz 236).
40 3. Das FG ist zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass das der Lieferung gleichgestellte
Verbringen der Yacht A allein deshalb nicht von der Steuerbefreiung nach §§ 4 Nr. 1
Buchst. b, 6a Abs. 2 UStG umfasst wird, weil die Klägerin es unterlassen hat, in Spanien den
innergemeinschaftlichen Erwerb der Yacht A anzumelden und zu versteuern.
41 a) Gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG sind die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a)
steuerfrei. Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte
Verbringen eines Gegenstands (§ 6a Abs. 2, § 3 Abs. 1a UStG). Dabei hat der Unternehmer
die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 und 2 UStG gemäß § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff.
UStDV beleg- und buchmäßig nachzuweisen (BFH-Urteil vom 25. April 2013 V R 28/11,
BFHE 242, 77, BStBl II 2013, 656).
42 Unionsrechtlich beruht die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung auf Art. 131
und 138 MwStSystRL. Gemäß Art. 131 MwStSystRL wird auch die Steuerbefreiung der
innergemeinschaftlichen Lieferung "unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften und
unter den Bedingungen angewandt, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer
korrekten und einfachen Anwendung dieser Befreiungen und zur Verhinderung von
Steuerhinterziehung, Steuerumgehung oder Missbrauch festlegen". Nach Art. 138 Abs. 1
MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten die Lieferungen von Gegenständen, die durch den
Verkäufer, den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb ihres jeweiligen
Gebiets, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, von der Steuer,
wenn diese Lieferung an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige
juristische Person bewirkt wird, der/die als solche/r in einem anderen Mitgliedstaat als dem
des Beginns der Versendung oder Beförderung der Gegenstände handelt.
43 b) Dass die Klägerin ihren Nachweispflichten nach §§ 17a ff. UStDV nicht nachgekommen
ist, steht der Steuerbefreiung nicht entgegen. Die Nachweispflichten gemäß §§ 17a, 17c
UStDV sind keine materiellen Voraussetzungen für die Befreiung als innergemeinschaftliche
Lieferung. Die Regelungen des § 6a Abs. 3 UStG bestimmen vielmehr lediglich, dass und
wie der Unternehmer die Nachweise zu erbringen hat (BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007
V R 59/03, BFHE 219, 469, BStBl II 2009, 57). Kommt der Unternehmer seinen
Nachweispflichten nicht nach, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die
Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht erfüllt sind. Etwas anderes
gilt ausnahmsweise dann, wenn trotz der Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten
objektiv zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind (BFH-
Urteile vom 14. November 2012 XI R 17/12, BFHE 239, 516, BStBl II 2013, 407; vom 12. Mai
2009 V R 65/06, BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511; vom 12. Mai 2011 V R 46/10, BFHE
234, 436, BStBl II 2011, 957; vom 15. Februar 2012 XI R 42/10, BFH/NV 2012, 1188).
44 Dann ist die Steuerbefreiung zu gewähren, auch wenn der Unternehmer die nach § 6a
Abs. 3 UStG erforderlichen Nachweise nicht erbracht hat. Dasselbe gilt für die
innergemeinschaftliche Lieferung in Gestalt des innergemeinschaftlichen Verbringens (§ 6a
Abs. 2 UStG).
45 Da feststeht, dass die Klägerin die Yacht A in das übrige Gemeinschaftsgebiet verbracht hat,
steht es der Steuerbefreiung nach § 6a Abs. 2 UStG nicht entgegen, dass die Klägerin keine
Nachweise i.S. der §§ 17a ff. UStDV vorgelegt hat. Die Voraussetzungen der
Steuerbefreiung gemäß §§ 4 Nr. 1 Buchst. b, 6a Abs. 2 UStG sind erfüllt.
46 c) Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um die Steuerbefreiung nach §§ 4 Nr. 1
Buchst. b, 6a Abs. 2 UStG in Anlehnung an das EuGH-Urteil vom 7. Dezember 2010 C-
285/09, "R" (Slg. 2010, I-12605) zu versagen.
47 aa) Der steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung bzw. dem innergemeinschaftlichen
Verbringen gemäß § 6a Abs. 1 und 2 UStG im Inland steht spiegelbildlich die Besteuerung
des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Bestimmungsland gegenüber (§ 1a Abs. 1 und 2
UStG). Die innergemeinschaftliche Lieferung eines Gegenstands und sein
innergemeinschaftlicher Erwerb sind ein und derselbe wirtschaftliche Vorgang, auch wenn
dieser sowohl für die an dem Geschäft Beteiligten als auch für die Finanzbehörden der
betreffenden Mitgliedstaaten unterschiedliche Rechte und Pflichten begründet (EuGH-Urteil
vom 27. September 2007 C-409/04, Teleos, Slg. 2007, I-7797 Rdnr. 23). Daher wird durch
§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 UStG die Steuerfreiheit des innergemeinschaftlichen
Verbringens unter anderem davon abhängig gemacht, dass der Erwerb des verbrachten
Gegenstands beim Abnehmer, der in diesem Fall mit dem Lieferer identisch ist, den
Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt.
48 bb) Der mit dem Verbringen der Yacht A einhergehende innergemeinschaftliche Erwerb in
Spanien unterlag aber gemäß den mit Art. 2 Abs. 1 Buchst. b, Art. 20 MwStSystRL
korrespondierenden Vorschriften spanischen Rechts grundsätzlich der dortigen
Erwerbsbesteuerung, so dass diese Voraussetzung erfüllt ist. Die Steuerbefreiung der
innergemeinschaftlichen Lieferung setzt auch nicht voraus, dass der innergemeinschaftliche
Erwerb in dem anderen Mitgliedstaat tatsächlich besteuert worden ist (EuGH-Urteil Teleos in
Slg. 2007, I-7797 Rdnrn. 69 ff.; BFH-Urteil in BFHE 219, 469, BStBl II 2009, 57).
49 cc) Allerdings kann der Ausgangsmitgliedstaat, worauf das FG zu Recht hinweist, der
innergemeinschaftlichen Lieferung aufgrund der ihm nach Art. 131 MwStSystRL (Erster
Satzteil von Art. 28c Teil A Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG) zustehenden Befugnisse
die Mehrwertsteuerbefreiung für diesen Umsatz versagen, wenn eine innergemeinschaftliche
Lieferung von Gegenständen zwar tatsächlich stattgefunden hat, der Lieferer jedoch bei der
Lieferung die Identität des wahren Erwerbers verschleiert hat, um diesem zu ermöglichen,
die Mehrwertsteuer zu hinterziehen (EuGH-Urteil "R" in Slg. 2010, I-12605 Rdnr. 55).
Dasselbe gilt, wenn eine Steuerhinterziehung des Erwerbers vorliegt und der Lieferer nicht
in gutem Glauben gehandelt und alle Maßnahmen ergriffen hat, die vernünftigerweise
verlangt werden können, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu
seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt (EuGH-Urteil vom 6. September 2012
C-273/11, Mecsek-Gabona, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2012, 796 Rdnrn. 48 ff.).
50 Ob diese Rechtsgrundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar sind, kann der
Senat aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen nicht entscheiden. Die Feststellung,
dass die Klägerin durch ihre Vorgehensweise die Erwerbsbesteuerung in Spanien dadurch
vermieden hat, dass sie sich dort weder umsatzsteuerlich hat registrieren lassen noch den
innergemeinschaftlichen Erwerb der Yacht A angezeigt hat, reicht hierfür nicht aus. Allein
dieses Unterlassen ist der Beteiligung an einer Steuerhinterziehung wie in dem dem EuGH-
Urteil "R" in Slg. 2010, I-12605 zugrunde liegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Im Fall
"R" lag eine Steuerhinterziehung des Erwerbers vor und der Lieferer hatte bei der Lieferung
die Identität des Erwerbers verschleiert, um diesem die Steuerhinterziehung zu ermöglichen.
Das heißt, der Lieferer hatte sich zielgerichtet, bewusst und gewollt an der
Steuerhinterziehung beteiligt. Auch in dem dem EuGH-Urteil Mecsek-Gabona in UR 2012,
796 zugrunde liegenden Sachverhalt lag eine Steuerhinterziehung des Erwerbers vor. Dem
entspricht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), derzufolge die Lieferung von
Gegenständen an einen Abnehmer im übrigen Gemeinschaftsgebiet keine steuerfreie
innergemeinschaftliche Lieferung i.S. des § 6a UStG darstellt, wenn der inländische
Unternehmer in kollusivem Zusammenwirken mit dem Abnehmer die Lieferung an einen
Zwischenhändler vortäuscht, um dem Abnehmer die Hinterziehung von Steuern zu
ermöglichen. Werden diese Lieferungen durch die inländischen Unternehmer gleichwohl als
steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung erklärt, macht der Unternehmer gegenüber den
Finanzbehörden unrichtige Angaben i.S. von § 370 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO)
und verkürzt dadurch die auf die Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 1, § 13a
Abs. 1 Nr. 1 UStG anfallende und von ihm geschuldete Umsatzsteuer (BGH-Beschluss vom
20. November 2008 1 StR 354/08, BGHSt 53, 45).
51 Die Feststellungen des FG tragen den Vorwurf der Steuerhinterziehung bzw. der Beteiligung
an einer solchen durch die Klägerin nicht, weil weder Feststellungen zur verkürzten Steuer
noch zum subjektiven Tatbestand vorliegen.
52 Hinsichtlich des Taterfolges der Steuerhinterziehung hat sich das FG nicht damit
auseinandergesetzt, dass die Klägerin nicht nur den innergemeinschaftlichen Erwerb
versteuern musste, sondern ihr nach der mit § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG
korrespondierenden Vorschrift des spanischen Rechts auch der Vorsteuerabzug aus dem
innergemeinschaftlichen Erwerb zustand. Unabhängig von der Frage, ob das
Kompensationsverbot nach § 370 Abs. 4 Satz 3 AO auch für das Verhältnis spanischer
Umsatzsteuer und spanischer Vorsteuerbeträge Geltung beanspruchen kann, gilt es
vorliegend schon deshalb nicht, weil ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang
zwischen verschwiegenen steuererhöhenden und steuermindernden Umständen besteht
(BGH-Urteil vom 26. Juni 1984 5 StR 322/84, HFR 1985, 40; s. dazu auch BGH-Urteil vom
24. Oktober 1990 3 StR 16/90, HFR 1991, 619); innergemeinschaftliche Lieferung und
innergemeinschaftlicher Erwerb sind ein und derselbe wirtschaftliche Vorgang (EuGH-Urteil
Teleos in Slg. 2007, I-7797 Rdnr. 23).
53 Zum subjektiven Tatbestand hat das FG ebenfalls keine Feststellungen getroffen. Diese
wären für die Annahme der Beteiligung an einer Steuerhinterziehung aber erforderlich
gewesen, zumal es sich bei dem innergemeinschaftlichen Verbringen und dem damit
korrespondierenden innergemeinschaftlichen Erwerb, insbesondere dann, wenn von einem
zunächst nur vorübergehenden Verbringen auszugehen ist, um eine Rechtssituation handelt,
bei deren Fehlbeurteilung jedenfalls der subjektive Tatbestand eines Steuervergehens nicht
ohne weiteres angenommen werden kann. Das FG wird hierzu weitere Feststellungen treffen
müssen.
54 4. Selbst wenn die Steuerbefreiung nach §§ 4 Nr. 1 Buchst. b, 6a Abs. 2 UStG mit den
Grundsätzen des EuGH-Urteils "R" in Slg. 2010, I-12605 zu versagen sein sollte, entbehrt
das FG-Urteil Feststellungen zur Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 28 UStG. Danach sind die
Lieferungen von Gegenständen, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a UStG
ausgeschlossen ist, steuerbefreit. Das FG hat für die Yacht A die Voraussetzungen des
Ausschlusses des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1a UStG aus den unter II.1. genannten
Gründen zu Recht bejaht. Nach den bisherigen Feststellungen sind keine Anhaltspunkte
dafür erkennbar, dass die Gewinnabsichten der Klägerin hinsichtlich der Yacht A anders zu
beurteilen wären, als hinsichtlich der Yacht B. Dann aber wäre auch der Vorsteuerabzug aus
dem Erwerb der Yacht A bereits für das nicht vom Streitzeitraum umfasste Jahr 2006 nach
§ 15 Abs. 1a UStG zu versagen gewesen mit der Folge, dass die Lieferung der Yacht unter
die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 28 UStG fallen würde. Dass FG-Urteil enthält auch hierzu
nicht die erforderlichen Feststellungen.
55 5. Da das Urteil aus den o.g. Gründen aufzuheben war, kommt es auf den gerügten
Verfahrensmangel nicht an.