Urteil des BFH vom 05.06.2014

Keine Rückstellung für die ausschließlich gesellschaftsvertraglich begründete Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 5.6.2014, IV R 26/11
Keine Rückstellung für die ausschließlich gesellschaftsvertraglich begründete Pflicht zur Prüfung
des Jahresabschlusses
Leitsätze
Für die Verpflichtung zur Prüfung des Jahresabschlusses einer Personenhandelsgesellschaft darf
eine Rückstellung nicht gebildet werden, wenn diese Verpflichtung ausschließlich durch den
Gesellschaftsvertrag begründet worden ist.
Tatbestand
1 I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin)
Rückstellungen für die Prüfung ihrer Jahresabschlüsse bilden durfte.
2 Die Klägerin, eine KG, ist mit Gesellschaftsvertrag vom ... 1975 gegründet worden. In § 8
Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages heißt es, dass die Geschäftsführung den Jahresabschluss
bis zum 15. Mai des nachfolgenden Geschäftsjahres aufzustellen habe und der
Jahresabschluss von einem Angehörigen der wirtschafts- oder steuerberatenden Berufe, auf
den sich die Gesellschafter einigen, zu prüfen sei. Ihre Einkünfte aus Gewerbebetrieb
ermittelte die Klägerin in den Jahren 2001 bis 2004 (Streitjahre) durch Gewinnermittlung
gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 5 des Einkommensteuergesetzes in der für die Streitjahre
geltenden Fassung (EStG).
3 In den den Steuererklärungen für die Streitjahre beigefügten Jahresabschlüssen bildete die
Klägerin jeweils eine Rückstellung für die Prüfung des Jahresabschlusses, und zwar in ihrer
Bilanz zum 31. Dezember 2001 in Höhe von 20.000 DM, in ihrer Bilanz zum 31. Dezember
2002 in Höhe von 9.000 EUR, in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2003 in Höhe von
8.500 EUR und ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2004 in Höhe von 7.000 EUR. Ferner löste
die Klägerin in ihren Bilanzen zum 31. Dezember 2002, zum 31. Dezember 2003 und zum
31. Dezember 2004 die Rückstellung aus dem jeweiligen Vorjahr auf, indem sie ihre
Aufwendungen für die Prüfung ihres Jahresabschlusses nicht erfolgswirksam als Aufwand
berücksichtigte, sondern auf dem Rückstellungskonto verbuchte und den zurückgestellten
Betrag, soweit er den tatsächlichen Aufwand überstieg, gewinnerhöhend erfasste.
4 Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) stellte zunächst
erklärungsgemäß die Einkünfte der Klägerin gesondert und einheitlich fest. Sämtliche
Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
5 Nach einer Außenprüfung lehnte das FA die Bildung der Rückstellung für die Prüfung der
Jahresabschlüsse ab und erließ entsprechende Änderungsbescheide über die gesonderte
und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb (im Weiteren
Gewinnfeststellungsbescheide) für die Streitjahre. Die Nichtanerkennung der Bildung einer
Rückstellung für die Prüfung der Jahresabschlüsse führte im Zusammenspiel mit der
Rückgängigmachung der von der Klägerin gewinnwirksam vorgenommenen Auflösung der
Rückstellungen, soweit sie den tatsächlichen Aufwand überstiegen, im Jahr 2001 zu einer
Gewinnerhöhung von 20.000 DM und in den Jahren 2002 bis 2004 zu einer
Gewinnminderung von 1.225,84 EUR (2002), 500 EUR (2003) und 1.500 EUR (2004).
6 Die nach erfolglos durchgeführtem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das
Finanzgericht (FG) als unbegründet ab. Zur Begründung hat das FG im Wesentlichen
ausgeführt, die Zulässigkeit der Klage sei auch für die Streitjahre 2002 bis 2004 zu bejahen,
obgleich die Klägerin für diese Streitjahre begehrt habe, ihre Verluste aus Gewerbebetrieb
zu vermindern.
7 Die Klägerin habe in ihren Bilanzen zum 31. Dezember der jeweiligen Streitjahre keine
Rückstellung für die Prüfung ihres Jahresabschlusses bilden können. Gemäß § 249 Abs. 1
Satz 1 des Handelsgesetzbuchs in der für die Streitjahre geltenden Fassung (HGB), der
gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auch für die Steuerbilanz gelte, sei eine Rückstellung nur für
sog. Außenverpflichtungen zu bilden. Nicht erfasst würden Innenverpflichtungen, d.h.
Verpflichtungen, die sich der Kaufmann selbst auferlegt habe. Im Streitfall läge nur eine nicht
rückstellungsfähige Innenverpflichtung vor.
8 Zwar seien nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Jahresabschluss
Rückstellungen für die gesetzliche Verpflichtung zur Prüfung des Jahresabschlusses zu
bilden. Im Streitfall sei die Klägerin aber nicht gesetzlich verpflichtet gewesen, ihre
Jahresabschlüsse prüfen zu lassen.
9 Auch aus § 8 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages ergebe sich keine privatrechtliche
Außenverpflichtung der Klägerin. Die im Gesellschaftsvertrag geregelte Prüfung der
Jahresabschlüsse stelle keine Außenverpflichtung i.S. des § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB,
sondern eine gesellschaftsinterne Regelung dar.
10 Zudem dürfte für die gesetzlich nicht angeordnete Prüfung eine Rückstellung auch deshalb
nicht gebildet werden, da sie wirtschaftlich nicht im jeweils abgelaufenen Wirtschaftsjahr
verursacht worden sei.
11 Die vollständigen Urteilsgründe sind in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1868
veröffentlicht.
12 Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 5 Abs. 1 EStG i.V.m.
§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB).
13 Im Streitfall bestünde eine Pflicht, eine Rückstellung für die Kosten der
Jahresabschlussprüfung zu bilden, da die Klägerin zur Durchführung der Prüfung auf Grund
einer privatrechtlichen Vereinbarung, hier § 8 des Gesellschaftsvertrages, verpflichtet
gewesen sei. Es handele sich bei dieser Regelung nicht um eine Innenverpflichtung,
sondern um eine Verpflichtung gegenüber Dritten, hier den Gesellschaftern. Die Klägerin als
Personenhandelsgesellschaft sei ein eigenständiges Rechtssubjekt, ihr stünde auch die
Kaufmannseigenschaft gemäß § 6 Abs. 1 HGB zu. Die Rechtsträgereigenschaft der
Personenhandelsgesellschaft werde auch im Steuerrecht anerkannt. Deshalb würden auch
schuldrechtliche Rechtsbeziehungen zwischen der Personenhandelsgesellschaft und den
Gesellschaftern anerkannt. Letztere seien daher im Hinblick auf die gesellschaftsvertraglich
begründete Pflicht der Klägerin zur Prüfung des Jahresabschlusses als Dritte zu
qualifizieren, die diesen Anspruch auch mittels Klage durchsetzen könnten. Da die
Durchführung der Prüfung des Jahresabschlusses auch einklagbar sei, müsse mit der
Inanspruchnahme auch ernsthaft gerechnet werden.
14 Ausgehend von der gesellschaftsvertraglichen Verpflichtung im Außenverhältnis sei auch
die wirtschaftliche Verursachung zum jeweiligen Bilanzstichtag zu bejahen. Es könne
insoweit nämlich kein Unterschied bestehen, ob die Verpflichtung zur Prüfung des
Jahresabschlusses auf einer gesetzlichen oder auf einer privaten Verpflichtung beruhe.
15 Unzutreffend sei auch die Annahme des FA, dass die Prüfung der Aufstellung des
Abschlusses nachgelagert und lediglich der Beschlussfassung über die Feststellung des
Jahresabschlusses vorgeschaltet sei. In der Praxis sei es nämlich nicht unüblich, dass die
Prüfung auch dazu diene, feststellen zu lassen, ob der selbst aufgestellte Jahresabschluss
ordnungsgemäß erstellt worden sei. Teilweise werde der Wirtschaftsprüfer neben der
Prüfung auch mit der (teilweisen) Erstellung des Jahresabschlusses beauftragt. Die Prüfung
erfolge dann im Rahmen des Jahresabschlusses. Für sämtliche Kosten der Tätigkeit des
Prüfers sei daher eine Rückstellung zu bilden.
16 Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung vom 11. Mai 2009 aufzuheben und
die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der
Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2001 bis 2004, allesamt vom 16. Juni 2008,
dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das Jahr 2001 um
20.000 DM gemindert sowie für das Jahr 2002 um 1.225,84 EUR, für das Jahr 2003 um
500 EUR und für das Jahr 2004 um 1.500 EUR erhöht werden.
17 Das FA beantragt (sinngemäß),
die Revision zurückzuweisen.
18 Aus der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung der Prüfung des Jahresabschlusses
ergebe sich keine rückstellungspflichtige Außenverpflichtung. Auch sei der Jahresabschluss
nicht von der Klägerin, sondern von den Prozessbevollmächtigten erstellt worden. Diese
hätten den Jahresabschluss ausweislich der vorliegenden Rechnung sodann auch geprüft.
Im Übrigen verweist das FA auf die Ausführungen der Vorentscheidung.
Entscheidungsgründe
19 II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung --FGO--).
20 1. Zu Recht --und vom FA nicht beanstandet-- hat das FG die Zulässigkeit der Klage auch im
Hinblick auf die Gewinnfeststellungsbescheide der Jahre 2002 bis 2004 bejaht, obgleich die
vom FA vorgenommene Gewinnermittlung für diese Jahre zur Feststellung niedrigerer
Einkünfte aus Gewerbebetrieb geführt hat. Es ist anerkannt, dass ein Steuerpflichtiger durch
eine zu niedrige Steuerfestsetzung oder durch eine zu niedrige Feststellung der Einkünfte
gemäß § 40 Abs. 2 FGO in seinen Rechten verletzt sein kann, wenn die Festsetzung einer
zu niedrigen Steuer oder die Feststellung zu niedriger Einkünfte Folge eines Bilanzansatzes
ist, der sich in vorhergehenden Veranlagungszeiträumen zu Ungunsten des
Steuerpflichtigen ausgewirkt hat (BFH-Urteil vom 24. Oktober 2006 I R 2/06, BFHE 215, 230,
BStBl II 2007, 469; BFH-Beschluss vom 9. September 2005 IV B 6/04, BFH/NV 2006, 22).
Dies ist hier der Fall; denn die niedrigere Feststellung der Gewinne für 2002 bis 2004 ist
Folge der Auflösung der Rückstellung, die für das vorhergehende Jahr 2001 zu einer
höheren Feststellung der Einkünfte geführt hat. Die Klägerin konnte deshalb auch die
Gewinnfeststellungen 2002 bis 2004 in ihr Klagebegehren einbeziehen.
21 2. Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass für die Prüfung der Jahresabschlüsse in
den Bilanzen der Streitjahre keine Rückstellung gebildet werden durfte.
22 a) Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind in der Handelsbilanz Rückstellungen für ungewisse
Verbindlichkeiten zu bilden. Das handelsrechtliche Passivierungsgebot für
Verbindlichkeitsrückstellungen gehört zu den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung
und gilt nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auch für die Steuerbilanz (ständige Rechtsprechung,
z.B. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. Februar 1969 GrS 2/68, BFHE 95, 31,
BStBl II 1969, 291, unter II.3.a; BFH-Urteile vom 8. September 2011 IV R 5/09, BFHE 235,
241, BStBl II 2012, 122, Rz 11, sowie vom 17. Oktober 2013 IV R 7/11, BFHE 243, 256,
BStBl II 2014, 302, jeweils m.w.N.).
23 aa) Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist
das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende
Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach --deren
Höhe zudem ungewiss sein kann-- sowie ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor
dem Bilanzstichtag. Als weitere Voraussetzung muss der Schuldner ernsthaft mit seiner
Inanspruchnahme rechnen. Zudem darf es sich bei den Aufwendungen nicht um
(nachträgliche) Herstellungs- oder Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts handeln (BFH-
Urteil in BFHE 243, 256, BStBl II 2014, 302).
24 bb) Des Weiteren setzt das Bestehen einer Verbindlichkeit den Anspruch eines Dritten im
Sinne einer Außenverpflichtung voraus, die erzwingbar ist (BFH-Urteile vom 8. November
2000 I R 6/96, BFHE 193, 399, BStBl II 2001, 570, und vom 29. November 2007 IV R 62/05,
BFHE 220, 85, BStBl II 2008, 557). Außenverpflichtung i.S. des § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB
meint grundsätzlich eine Schuld gegenüber einer dritten Person. Der Dritte als Gläubiger
muss deshalb regelmäßig einen Anspruch i.S. des § 194 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
gegen den Steuerpflichtigen haben; der Dritte muss also das Recht haben, vom
Steuerpflichtigen ein bestimmtes Tun oder Unterlassen verlangen zu können
(Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 5. Aufl., § 249 Rz 10). Ausreichend
ist allerdings auch ein faktischer Leistungszwang, dem sich der Steuerpflichtige aus
sittlichen, tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht entziehen kann, obwohl keine
Rechtspflicht zur Leistung besteht (u.a. BFH-Urteile vom 29. November 2000 I R 87/99,
BFHE 194, 57, BStBl II 2002, 655, und vom 10. Januar 2007 I R 53/05, BFH/NV 2007, 1102).
25 cc) Von den Rückstellungen für Außenverpflichtungen abzugrenzen sind
Aufwandsrückstellungen, denen keine Verpflichtung gegenüber einem Dritten zugrunde
liegt. In der Steuerbilanz sind Aufwandsrückstellungen unzulässig (nunmehr auch in der
Handelsbilanz gemäß § 249 Abs. 2 HBG i.d.F. des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes
vom 25. Mai 2009, BGBl 2009, 1102), soweit nicht gemäß § 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB
handelsrechtlich eine Passivierungspflicht besteht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 220, 85, BStBl II
2008, 557, m.w.N.). Die Voraussetzungen des § 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB (unterlassene
Instandhaltung mit dreimonatiger und Abraumbeseitigung mit einjähriger Nachholfrist) sind
im Streitfall offensichtlich nicht erfüllt.
26 b) Ausgehend von diesen Grundsätzen lagen die Voraussetzungen für die Bildung einer
Rückstellung für die Prüfung der Jahresabschlüsse zu den hier streitigen Bilanzstichtagen
nicht vor.
27 aa) Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass eine gesetzliche (öffentlich-rechtliche)
Verpflichtung zur Prüfung der Jahresabschlüsse weder nach § 1 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1
Satz 1 des Publizitätsgesetzes noch nach den Vorschriften des HGB, insbesondere § 264a
Abs. 1 i.V.m. §§ 316 ff. HGB, bestanden hat. Der Senat teilt diese Auffassung und sieht
deshalb von weiteren Ausführungen ab.
28 bb) Die in § 8 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages vorgesehene Verpflichtung zur Prüfung des
Jahresabschlusses rechtfertigt die Bildung einer Rückstellung ebenfalls nicht.
29 Nach § 8 Nr. 1 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages ist der Jahresabschluss, der gemäß § 8
Nr. 1 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages von der Geschäftsführung bis zum 15. Mai des
nachfolgenden Geschäftsjahres aufzustellen ist, von einem Angehörigen der wirtschafts-
oder steuerberatenden Berufe, auf den sich die Gesellschafter einigen, zu prüfen. Diese
Prüfung dient, wie sich § 8 Nrn. 2 und 3 des Gesellschaftsvertrages entnehmen lässt, als
Grundlage für die Feststellung des Jahresabschlusses durch die
Gesellschafterversammlung. Der geprüfte Jahresabschluss bildet sodann seinerseits die
Grundlage u.a. für die von der Gesellschafterversammlung zu treffenden
Gewinnverwendungsbeschlüsse.
30 Die gesellschaftsvertragliche Verpflichtung zur Prüfung des Jahresabschlusses beruht
allerdings ausschließlich auf einer freiwilligen gesellschaftsinternen Vereinbarung. Diese
regelt die besonderen formalen Anforderungen, die der Jahresabschluss über die
gesetzlichen Anforderungen hinaus erfüllen muss. Durch die formalisierte
Prüfungsverpflichtung durch einen objektiven Dritten werden im Ergebnis die Kontrollrechte
und Ansprüche der einzelnen Gesellschafter gestärkt. Die Selbstverpflichtung dient damit
ausschließlich dem einzelnen Gesellschafter. Der aus dem Gesellschaftsvertrag dem
einzelnen Gesellschafter erwachsene Anspruch auf Durchführung des formalisierten
Prüfungsverfahrens kann naturgemäß nur innerhalb des Gesellschafterverbundes geltend
gemacht und durchgesetzt werden. Er stellt daher keine Außenverpflichtung i.S. des § 249
HGB dar (ebenso Döllerer, Deutsche Steuer-Zeitung 1980, 357; Blümich/Krumm, § 5 EStG
Rz 920 "Jahresabschluss"; Schmidt/ Weber-Grellet, EStG, 33. Aufl., § 5 Rz 550
"Jahresabschluss"; Tiedchen in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5 EStG Rz 704
"Jahresabschluss, Buchführung"; anderer Ansicht Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar
Bilanzierung, a.a.O., § 249 Rz 118; Schubert in Beck Bil-Komm., 9. Aufl., § 249 Rz 100
"Jahresabschluss"; Rechnungslegungshinweis des Instituts der Wirtschaftsprüfer vom
23. Juni 2010 --IDW RH-- HFA 1.009, IDW-Fachnachrichten 2010, 354, Tz. 6).
31 Unerheblich ist, dass der einzelne Gesellschafter die Verpflichtung der Klägerin, den
Jahresabschluss prüfen zu lassen, einklagen kann. Denn die Einklagbarkeit der
Verpflichtung ist für sich gesehen nicht geeignet, die freiwillige Selbstverpflichtung als eine
Außenverpflichtung erscheinen zu lassen, die gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB
zurückgestellt werden könnte. Insoweit stehen sich die einzelnen Gesellschafter, denen ein
entsprechendes Klagerecht zusteht, und die Personengesellschaft nicht als fremde Dritte i.S.
des § 249 HGB gegenüber.
32 Dem steht nicht entgegen, dass eine Personengesellschaft, wie hier die Klägerin,
zivilrechtlich als selbständiges Rechtssubjekt anerkannt und auch steuerrechtlich die
Selbständigkeit (Rechtszuständigkeit) der Personengesellschaft jedenfalls partiell anerkannt
ist. Die steuerrechtliche Anerkennung der eigenen Rechtszuständigkeit der
Personengesellschaft hat insbesondere zur Folge, dass schuldrechtliche Beziehungen
zwischen der Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern anerkannt und wie Geschäfte
unter fremden Dritten behandelt werden, sofern sie einem Fremdvergleich standhalten
(Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. Februar 1991 GrS 7/89, BFHE 163, 1,
BStBl II 1991, 691). Zwar ist auch der Gesellschaftsvertrag ein Schuldverhältnis, durch den
schuldrechtliche Beziehungen zwischen den Gesellschaftern und zwischen Gesellschaftern
und Gesellschaft begründet werden. Durch den Gesellschaftsvertrag werden aber neben,
ergänzend zu oder abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen lediglich Rechte und
Pflichten im Innenverhältnis der Gesellschaft begründet. Dass die im Gesellschaftsvertrag
begründeten Rechte einklagbar sind, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die
Gesellschafter sich diesen Regelungen freiwillig unterworfen und damit lediglich die
Organisationsstruktur für das auf einen gemeinschaftlichen Zweck ausgerichtete Handeln
der Gesellschaft festgelegt haben. Davon zu unterscheiden sind die Schuldverhältnisse im
Außenverhältnis, in denen die Gesellschaft als Einheit mit dem einzelnen Gesellschafter
kontrahiert, wie etwa Kauf-, Darlehens- und Arbeitsverträge. Nur bei diesen
Rechtsgeschäften wird eine Außenverpflichtung i.S. des § 249 HGB begründet.
33 3. Die Sache ist spruchreif. Das FG hat für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend
festgestellt, dass die vom FA nicht anerkannten und hier streitgegenständlichen
Rückstellungen ausschließlich für die Kosten der Jahresabschlussprüfung und nicht für die
Kosten der Erstellung des Jahresabschlusses gebildet worden sind. Dies war zwischen den
Beteiligten im FG-Verfahren nicht streitig. Soweit das Vorbringen der Klägerin im
Revisionsverfahren dahin zu verstehen sein sollte, dass die Rückstellung im Wesentlichen
für die Kosten der Erstellung des Jahresabschlusses gebildet worden sei, weil die
Jahresabschlussprüfung mit der Aufstellung des Jahresabschlusses verzahnt gewesen sei,
handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, mit dem die Klägerin im
Revisionsverfahren nicht gehört werden kann.