Urteil des BFH vom 18.11.2009

Verfassungsmäßigkeit der begrenzten Abzugsfähigkeit der Altersvorsorgeaufwendungen - Endgültige Ausgestaltung - Rechtscharakter der Altersvorsorgeaufwendungen - Zuweisung zu Sonderausgaben - Prinzip der "intertemporalen Korrespondenz" - Höchstbeträge - Gl

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 18.11.2009, X R 45/07
Verfassungsmäßigkeit der begrenzten Abzugsfähigkeit der Altersvorsorgeaufwendungen - Endgültige Ausgestaltung -
Rechtscharakter der Altersvorsorgeaufwendungen - Zuweisung zu Sonderausgaben - Prinzip der "intertemporalen
Korrespondenz" - Höchstbeträge - Gleichbehandlung durch Hinzurechnung der Arbeitgeberbeiträge - Finanzierbarkeit der
Neuregelung - Fehlende Korrespondenz von Einnahmen und Ausgaben in der Übergangszeit - Übergangsregelung belastet
Rentenbezieher mit erstmaligem Rentenbezug ab 2039 - Rüge eine Doppelbesteuerung erst bei Rentenbezug - Kein
Anspruch aus Art. 19 Abs. 4 GG auf vorverlegte Prüfung - Unterschiedliche Entlastung verletzt nicht Art. 3 GG
Tatbestand
1
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute, die jeweils
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beziehen. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2005
beantragten sie den Abzug der von ihnen geleisteten Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung
(Kläger: 1.915 EUR und Klägerin: 3.209 EUR). Von diesen Altersvorsorgeaufwendungen berücksichtigte der Beklagte
und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgende Beträge:
2
Kläger Klägerin Gesamt
EUR
EUR
EUR
Arbeitnehmeranteile gesetzliche Rentenversicherung
1.915
3.209
5.124
zuzüglich Arbeitgeberanteil
1.915
3.209
5.124
Beitragssumme
10.248
davon 60 %
6.149
abzüglich Arbeitgeberanteil
5.124
berücksichtigte Aufwendungen
1.025
3
Mit der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage machten die Kläger geltend, die Einbeziehung der
Arbeitgeberbeiträge gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des
Alterseinkünftegesetzes vom 5. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1427) --AltEinkG-- ab dem Veranlagungszeitraum 2005 in die
Höchstbetragsberechnungen gemäß § 10 Abs. 3 und 4 EStG sei bereits einfachgesetzlich rechtswidrig. Die
Zahlungen, die ein Arbeitgeber anlässlich eines Arbeitsverhältnisses an die gesetzlichen Träger der
Sozialversicherung zu leisten habe, seien keine Gegenleistung für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers und damit
kein Arbeitslohn. Sie beruhten auf einer eigenen gesetzlichen Verpflichtung des Arbeitgebers gegenüber den Trägern
der gesetzlichen Sozialversicherung, so dass § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG insoweit nur deklaratorische Wirkung zukomme.
4
Den Klägern sei unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung ein Abzug von 60 % ihrer eigenen
Altersvorsorgeaufwendungen, d.h. für 2005 weitere 2.050 EUR, ansteigend bis zum Jahr 2025 auf 100 %
zuzugestehen. Hierdurch würden sie auch nicht gegenüber Selbständigen bevorzugt, da die Beiträge, die
Arbeitnehmer in das Umlagesystem aufgrund des Generationenvertrages einzahlten, mit Zahlungen Selbständiger
etwa in berufsständische Versorgungswerke nicht zu vergleichen seien. Deren Höchstbeiträge seien zum Teil nicht
nur niedriger, sondern sie gewährten den Versicherten auch einen wesentlich höheren Versicherungsschutz.
5
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 1037
veröffentlichten Urteil als unbegründet ab.
6
Ihre Revision begründen die Kläger damit, die Einbeziehung des Arbeitgeberanteils zur Sozialversicherung gemäß §
10 Abs. 3 Satz 5 EStG in die Höchstbetragsberechnung führe zu dessen Gleichstellung mit steuerpflichtigem Lohn,
obwohl der Arbeitgeberanteil nicht einmal steuerbar sei, was durch die deklaratorische Vorschrift des § 3 Nr. 62 EStG
zum Ausdruck komme. Das AltEinkG gehe an den Intentionen der verfassungsrechtlichen Vorgaben vorbei und
behandle faktisch die Arbeitgeberleistungen als Arbeitslohn. Das FG verkenne, dass die Arbeitgeberbeiträge damit
einer sofortigen Besteuerung unterworfen würden, wie sich aus der von ihnen vorgelegten Vergleichsrechnung
ergebe. Die Auffassung des FG, der Gesetzgeber hätte ebenso gut den gesetzlichen Tatbestand auch in der Weise
formulieren können, dass 20 % des Arbeitnehmeranteils zur gesetzlichen Rentenversicherung als Sonderausgaben
und im Übrigen 60 % der Altersvorsorgeaufwendungen, die der Steuerpflichtige zusätzlich aus versteuertem
Einkommen aufwende, Berücksichtigung finden könnten, werde nicht durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts
(BVerfG) vom 6. März 2002 2 BvL 17/99 (BVerfGE 105, 73) gestützt. Der hieraus resultierende Gesetzgebungsauftrag
sei gewesen, die Einzahlungen des Steuerpflichtigen in die gesetzliche Sozialversicherung während der
Erwerbsphase überwiegend steuerfrei zu stellen, damit es nicht zu einer doppelten Besteuerung durch die ab 2040
voll zu versteuernden Rentenbezüge komme. Diese überwiegende Steuerfreistellung könne bei einem Arbeitnehmer,
der im Jahr 2025 das Rentenalter erreiche, nicht mehr eingehalten werden.
7
Durch das Urteil des FG werde suggeriert, der Arbeitgeber habe Sonderausgaben für den Arbeitnehmer getragen.
Dies sei jedoch bei den Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung nicht der Fall, weil diese nach der
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (Urteil vom 6. Juni 2002 VI R 178/97, BFHE 199, 524, BStBl II 2003,
34) auf einer eigenen dem Arbeitgeber aus sozialen Gründen unmittelbar auferlegten öffentlichen Verpflichtung
beruhten. Darüber hinaus handele es sich bei den Arbeitgeberaufwendungen um eine aus der Höhe der
beitragspflichtigen Lohnsumme des Betriebes berechnete zusätzliche unmittelbar drittnützige Abgabenlast auf den
privatrechtlich dem Unternehmer zugeordneten Unternehmensertrag. Wegen des seit 1969 geltenden
Umlageverfahrens sei der Arbeitgeberbeitrag nicht für den Arbeitnehmer, sondern ausschließlich für Dritte bestimmt.
Der einzelne pflichtversicherte Arbeitnehmer habe durch die Zahlung des Arbeitgeberanteils weder einen
individuellen mitgliedschafts- oder beitragsrechtlichen Vorteil noch einen leistungsrechtlichen oder sonstigen
Vermögenszuwachs. Weder seine spätere Rente noch sein Teilhaberecht (prozentuale Rangstelle) noch ein
sonstiges Recht würden --auch nur der rechtlichen Möglichkeit nach-- erhöht. Der Arbeitgeberbeitrag sei vielmehr
systemnützig. Er bringe den einzelnen Arbeitgebern und ihren Belegschaften Vor- und Nachteile; der
Arbeitgeberbeitrag werde von der Gesamtheit der pflichtversicherten Arbeitnehmer mitverdient und entsprechend
berechnet (Urteil des Bundessozialgerichts --BSG-- vom 29. Juni 2000 B 4 RA 57/98 R, BSGE 86, 262).
8
Dass der Arbeitgeber nichts für seinen Arbeitnehmer geleistet habe, zeige die Beschäftigung eines Altersrentners mit
unbegrenzter Hinzuverdienstmöglichkeit sowie die eines geringfügig Beschäftigten bis 400 EUR monatlich. Weiter
seien als Beispiel die Mitglieder der Künstlersozialversicherung zu beachten, bei denen der Sonderausgabenabzug
nicht gekürzt werde, obwohl Beiträge von der Künstlersozialkasse für die Künstler an die Deutsche
Rentenversicherung abgeführt würden, die gemäß § 3 Nr. 57 EStG steuerfrei seien. Aus diesen Beispielen folge, dass
nur Arbeitnehmeraufwendungen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den späteren Rentenleistungen stünden
und somit Gegenstand von steuermindernden Aufwendungen sein könnten. Arbeitgeberleistungen allein führten
demgegenüber nicht zu Leistungsansprüchen des Arbeitnehmers gegen die Deutsche Rentenversicherung.
9
Ergebnis der Neuregelung durch das AltEinkG sei, dass auf der einen Seite Steuerpflichtige, die nach
beamtenrechtlichen Grundsätzen besoldet würden --wenn auch von einem gekürzten Höchstbetrag--, Selbständige,
Arbeitnehmer mit Selbständigenstatus sowie selbständige Künstler 60 % ihrer Aufwendungen geltend machen
könnten. Demgegenüber könnten auf der anderen Seite sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer nur 20 % ihrer
Aufwendungen steuerlich berücksichtigen, was sich zudem erst ab einem Einkommen von mehr als 25.692 EUR
auswirke. Während bei den erstgenannten Gruppen eine zum Teil erhebliche Verbesserung im Vergleich zum
früheren Zustand feststellbar sei, ergäbe sich für den Durchschnittsverdiener keine nennenswerte Verbesserung. Für
diese Einkommensgruppen gälten die Neuregelungen des AltEinkG nur hinsichtlich der vollen Besteuerung ihrer
Renten, nicht aber hinsichtlich der Aufwendungen in der Erwerbsphase. Die gesetzliche Neuregelung führe zu einer
weiteren Verlagerung der Steuer- und Abgabenlast auf die normalen Arbeitnehmerhaushalte. Der
Gesetzgebungsauftrag sei klar verfehlt worden.
10 Die Rechtsprechung des BFH zur unterschiedlichen Behandlung von Vorsorgeaufwendungen von Beamten einerseits
und von Arbeitnehmern andererseits habe sich zugunsten der Arbeitnehmer teilweise geändert. Wende man die
Grundsätze des BFH in seinem Urteil vom 8. März 2006 IX R 78/01 (BFHE 212, 514, BStBl II 2006, 448) zum
Werbungskostencharakter der Ausgleichszahlungen, die ein zum Versorgungsausgleich verpflichteter Beamter
aufgrund einer Vereinbarung gemäß § 1408 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs an seinen Ehegatten zur
Vermeidung einer Kürzung seiner Versorgungsansprüche leiste, auch auf die Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen
Rentenversicherung an, ergebe sich, dass die Zahlungen als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 22 Nr.
1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG abziehbar seien. Eine solche Einordnung der Zahlungen sei sachgerecht.
11 Hinzu komme der Beschluss des BVerfG vom 11. Januar 2005 2 BvR 167/02 (BVerfGE 112, 164), in dem es
festgestellt habe, die Einbeziehung von Sozialversicherungsbeiträgen des Kindes in die Bemessungsgrundlage für
den Jahresgrenzbetrag gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG verstoße gegen den Gleichheitssatz, da es sich bei den
Sozialversicherungsbeiträgen des Kindes nicht um disponible Einkünfte handele. Die Anwartschaften eines Beamten
auf Altersvorsorge flössen diesem mangels Disponibilität ebenfalls nicht zu. In konsequenter Anwendung der
Grundsätze des BVerfG müssten die Bruttobezüge eines Arbeitnehmers bereits vor der Ermittlung der Einkünfte um
die nicht disponiblen Beiträge zur Sozialversicherung gekürzt werden. Im Ergebnis wäre damit die volle
Rechtsangleichung zu den Beamten hergestellt und die Regelung des § 10 Abs. 3 EStG entbehrlich.
12 Durch die Ungleichbehandlung von Beamten- und Arbeitnehmerbezügen ergäben sich im Übrigen auch dort
Ungereimtheiten, wo steuerliche Vorschriften (außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG,
Eigenheimzulagengesetz --EigZulG--) an den Einkommensbegriff anknüpften. Demgegenüber enthielten
außersteuerliche Vorschriften (§ 21 des Bundesausbildungsgesetzes, § 16 des Wohngeldgesetzes) eine realitätsnahe
Auslegung des Einkommensbegriffs.
13 Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den geänderten Einkommensteuerbescheid 2005 vom 29. Januar 2007
dahingehend zu ändern, dass weitere Altersvorsorgeaufwendungen in Höhe von 2.050 EUR zum Abzug zugelassen
werden.
14 Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
15
II. Die Revision der Kläger ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --
FGO--).
16
Die Vorschriften zur steuerlichen Berücksichtigung der Altersvorsorgeaufwendungen in Gestalt des AltEinkG sind
sowohl im Hinblick auf ihre endgültige Ausgestaltung als auch in Bezug auf die getroffene Übergangsregelung
verfassungsmäßig.
17
1. Mit Beschluss vom 1. Februar 2006 X B 166/05 (BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420) hatte der erkennende Senat
entschieden, es sei nicht ernstlich zweifelhaft, dass im zeitlichen Anwendungsbereich des AltEinkG ab dem 1. Januar
2005 geleistete Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) als
Sonderausgaben nach näherer Maßgabe der Überleitung in die sog. nachgelagerte Besteuerung nur beschränkt
abziehbar seien. Bei summarischer Beurteilung bestünden gegen diese gesetzliche Regelung keine
durchgreifenden Bedenken.
18
Dieser Auffassung sind die Finanzgerichte gefolgt (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. November 2006 10 K
171/06, nicht veröffentlicht --n.v.--; FG Köln, Urteil vom 20. Dezember 2006 12 K 2253/06, EFG 2007, 836;
Niedersächsisches FG, Urteil vom 28. August 2007 15 K 30254/06, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst
2008, 1372; FG Nürnberg, Urteil vom 1. August 2007 VII 51/2006, n.v.; Hessisches FG, Beschluss vom 31. Januar
2007 1 V 3571/06, n.v.; FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Juni 2008 10 V 2450/08, Deutsche Steuer-
Zeitung/Eildienst 2008, 628). Dem hat sich die Finanzverwaltung angeschlossen (Aktualisierung des Schreibens des
Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 24. Februar 2005, BStBl I 2005, 429 durch Schreiben vom 30. Januar
2008, BStBl I 2008, 390). Die Literatur lehnt die Senatsauffassung dagegen überwiegend ab (Schmidt/Drenseck,
EStG, 28. Aufl., § 9 Rz 38; Hallerbach, Steuern und Bilanzen --StuB-- 2006, 305; Horlemann, Finanz-Rundschau --
FR-- 2006, 1075; Schneider/Bahr, Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer --INF-- 2006, 386; Paus, FR
2006, 584; Heuermann, Der Betrieb --DB-- 2006, 688 für die Zeit nach Ablauf der Übergangsregelung; dagegen P.
Fischer, Neue Wirtschafts-Briefe, Fach 3, S. 13895; ders. in FR 2007, 76; differenzierend Söhn, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff --KSM--, EStG, § 10 Rz E 272 ff.; Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 10 EStG
Rz 122 und 335 ff.; Dreher, Das Alterseinkünftegesetz, 2006, S. 79 ff.).
19
Der erkennende Senat hält auch im Rahmen der abschließenden Prüfung der Problematik an seiner im Beschluss in
BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420 vertretenen Rechtsauffassung fest. Weder die endgültige Regelung der
Abziehbarkeit der Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG in der
Begrenzung des § 10 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 EStG (unten 2.) noch die die Kläger treffende Übergangsregelung in § 10
Abs. 3 Sätze 4 bis 6 EStG (unten 3.) verstoßen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 des
Grundgesetzes (GG) sowie gegen das objektive und subjektive Nettoprinzip.
20
2. Mit den gesetzlichen Neuregelungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG hat der Gesetzgeber den Vorgaben
des BVerfG im Urteil in BVerfGE 105, 73 Rechnung getragen. Das BVerfG hatte die unterschiedliche Besteuerung
der Beamtenpensionen nach § 19 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 EStG in der vor dem AltEinkG geltenden Fassung einerseits
und der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung andererseits teilweise für verfassungswidrig erklärt und
dem Gesetzgeber aufgegeben, die Rechtslage bis zum Jahresbeginn 2005 zu bereinigen.
21
a) § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG regelt die Abziehbarkeit von Beiträgen zu den gesetzlichen
Rentenversicherungen und anderer Altersvorsorgeaufwendungen. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG bestimmt: "Zu den
Beiträgen nach Buchstabe a und b ist der nach § 3 Nr. 62 steuerfreie Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen
Rentenversicherung und ein diesem gleichgestellter steuerfreier Zuschuss des Arbeitgebers hinzuzurechnen." Nach
§ 10 Abs. 3 Satz 1 EStG sind Vorsorgeaufwendungen nach Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 bis zu 20.000 EUR zu
berücksichtigen. Bei zusammenveranlagten Ehegatten verdoppelt sich der Höchstbetrag (§ 10 Abs. 3 Satz 2 EStG).
Der Höchstbetrag nach Satz 1 oder 2 ist bei Steuerpflichtigen, die zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 und 2
EStG gehören oder Einkünfte i.S. des § 22 Nr. 4 EStG erzielen und die ganz oder teilweise ohne eigene
Beitragsleistungen einen Anspruch auf Altersversorgung erwerben, um den Betrag zu kürzen, der, bezogen auf die
Einnahmen aus der Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zum genannten Personenkreis begründen, dem Gesamtbeitrag
(Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) zur allgemeinen Rentenversicherung entspricht (§ 10 Abs. 3 Satz 3 EStG).
22
Die endgültige Ausgestaltung der steuerlichen Berücksichtigung der Altersvorsorgeaufwendungen besteht daher
aus drei Elementen: der Zuordnung der Altersvorsorgeaufwendungen zu den Sonderausgaben (unten b), der
Begrenzung des steuerlichen Abzugs der Vorsorgeaufwendungen auf 20.000 EUR bzw. im Falle der
Zusammenveranlagung auf 40.000 EUR (unten c) sowie der Hinzurechnung des nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreien
Arbeitgeberanteils zur gesetzlichen Rentenversicherung bei der Ermittlung der geleisteten Vorsorgeaufwendungen
(unten d). Alle drei Regelungen sind unter Berücksichtigung der nachfolgenden verfassungsrechtlichen Grundsätze
nicht zu beanstanden.
23
Im Bereich des Steuerrechts, insbesondere des Einkommensteuerrechts, wird die Gestaltungsfreiheit des
Gesetzgebers nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG vor allem durch zwei eng miteinander verbundene
Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot
der Folgerichtigkeit (BVerfG-Entscheidungen in BVerfGE 105, 73, 125; vom 8. Juni 2004 2 BvL 5/00, BVerfGE 110,
412, 433; vom 4. Dezember 2002 2 BvR 400/98, 1735/00, BVerfGE 107, 27, 46; vom 21. Juni 2006 2 BvL 2/99,
BVerfGE 116, 164, 180, und vom 7. November 2006 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, 30). Im Interesse
verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit muss darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei
gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler
Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Besteuerung niedrigerer Einkommen
angemessen abgestuft werden muss (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 107, 27, 47; vom 16. März 2005 2 BvL
7/00, BVerfGE 112, 268, 279, jeweils m.w.N.). Dabei muss eine gesetzliche Belastungsentscheidung folgerichtig im
Sinne von Belastungsgleichheit umgesetzt werden (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 107, 27, 47; in BVerfGE 116,
164, 180). Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes
(vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 30. September 1998 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88, 95; vom 11. November 1998 2
BvL 10/95, BVerfGE 99, 280, 290; in BVerfGE 107, 27, 47; in BVerfGE 116, 164, 180; BVerfG-Urteil in BVerfGE 105,
73, 126).
24
b) Die gesetzliche Zuweisung der Altersvorsorgeaufwendungen zu den Sonderausgaben in § 10 EStG ist
verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, obwohl die Altersvorsorgeaufwendungen ihrer Rechtsnatur nach in
erster Linie vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften i.S. des § 22 EStG sind.
25
aa) Vorweggenommene Werbungskosten liegen nach der Rechtsprechung des BFH dann vor, wenn Aufwendungen
in einem hinreichend klaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer bestimmten Einkunftsart stehen (BFH-Urteil
vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind bei
den ab dem Veranlagungszeitraum 2005 geleisteten Altersvorsorgeaufwendungen gegeben.
26
Der Gesetzgeber hat bei der im AltEinkG verwirklichten Rentenbesteuerung das Prinzip der "intertemporalen
Korrespondenz" zugrunde gelegt. Altersrenten sind als solche steuerbar. Zu berücksichtigen sind --wenn auch
zeitlich versetzt-- alle Aufwendungen und alle Erträge. Im Grundsätzlichen hat sich der Gesetzgeber damit von dem
für die Rentenbesteuerung bis zum Veranlagungszeitraum 2004 maßgeblichen Versicherungsprinzip und der
Ertragsanteilsbesteuerung (Zinsbesteuerung) gelöst. Dies ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden
(Senatsurteil vom 26. November 2008 X R 15/07, BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710, unter II.2.a bb (1)). Damit sind
Altersvorsorgeaufwendungen ihrer Rechtsnatur nach Erwerbsaufwendungen, soweit sie mit künftigen (steuerbaren)
Renteneinnahmen im Zusammenhang stehen.
27
Der Werbungskostencharakter wird demzufolge auch von der ganz überwiegend vertretenen Rechtsansicht (vgl. z.B.
Abschlussbericht der Sachverständigenkommission zur Neuordnung der steuerrechtlichen Behandlung von
Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen --Sachverständigenkommission--, BMF-Schriftenreihe Bd. 74, S.
21; Söhn, in: KSM, a.a.O., § 10 Rz E 276 ff.; HHR/Kulosa, § 10 EStG Rz 122; Heuermann, DB 2006, 688; Ruland in
Festschrift für Selmer 2004, 889, 897; Söhn, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 2003, 332; Weber-Grellet, Deutsches
Steuerrecht --DStR-- 2004, 1721, 1725; a.A. P. Fischer, Betriebs-Berater 2003, 873, 877) bejaht.
28
bb) Der Gesetzgeber hat jedoch durch die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG getroffene Regelung die
Altersvorsorgeaufwendungen mit konstitutiver Wirkung den Sonderausgaben zugeordnet. Er hat für diese
Aufwendungen --unabhängig von ihrer Rechtsnatur-- eine Sonderregelung getroffen, die als lex specialis eine
Sperrwirkung gegenüber der generellen Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG entfaltet.
29
aaa) Der erkennende Senat hat dies in seinem Beschluss in BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420, unter II.5. unter
Hinweis auf den Wortlaut der Norm, den systematischen Zusammenhang und den Willen des Gesetzgebers, der sich
in der Norm niedergeschlagen hat, ausführlich begründet, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen darauf
Bezug genommen wird (zustimmend Dreher, a.a.O., S. 105; HHR/Kulosa, § 10 EStG Rz 122 a.E.; Söhn, in: KSM,
a.a.O., § 10 Rz E 315 f.; ders., FR 2006, 905, 912; a.A. Hallerbach, StuB 2006, 305; Horlemann, FR 2006, 1075;
Paus, FR 2006, 584, und Schneider/Bahr, INF 2006, 386).
30
bbb) Diese Beurteilung ändert sich auch nicht dadurch, dass --was der angerufene Senat in dem vorstehenden
Beschluss noch offengelassen hatte-- die Altersvorsorgeaufwendungen im Wesentlichen den Rechtscharakter von
vorweggenommenen Werbungskosten haben. Zwar ordnet § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG an, dass die in § 10 EStG
genannten Aufwendungen dann keine Sonderausgaben sind, wenn sie Werbungskosten oder Betriebsausgaben
sind oder wie solche behandelt werden.
31
Im Gegensatz dazu nimmt § 10 Abs. 3 EStG Bezug auf die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG genannten
Vorsorgeaufwendungen und normiert ausdrücklich ihre beschränkte Abziehbarkeit als Sonderausgabe.
32
ccc) Um dem in dem Gesetzgebungsverfahren unmissverständlich zum Ausdruck gekommenen Willen des
Gesetzgebers zur Geltung zu verhelfen, ist das widerstreitende Verhältnis von § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG zu § 10 Abs. 1
Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 EStG nach dem Grundsatz vom Vorrang der speziellen Norm nur in der Weise aufzulösen, dass
die in § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG enthaltene spezielle Zuweisung zu den Sonderausgaben dem Einleitungssatz des §
10 Abs. 1 EStG vorgeht. Nur so wird der vollständige Abzug der Altersvorsorgeaufwendungen als steuermindernder
Aufwand vermieden. Jedes andere Ergebnis hat der Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollt (vgl. BTDrucks 15/2150, S.
22).
33
Dies lässt sich nicht nur der Höchstbetragsregelung des § 10 Abs. 3 Sätze 1 und 2 EStG, sondern auch der
Übergangsregelung entnehmen. Die gesetzgeberische Intention, in der ab dem Jahr 2005 beginnenden
Übergangsphase Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und andere Altersvorsorgeaufwendungen nicht in
vollem Umfang als Werbungskosten, sondern prozentual begrenzt als Sonderausgaben zum Abzug zuzulassen,
belegt zudem die in § 10 Abs. 4a EStG vorgesehene Günstigerprüfung: Auch diese hätte keinen sinnvollen
Anwendungsbereich, wenn die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung ohnehin ganz oder überwiegend als
vorweggenommene Werbungskosten abziehbar wären.
34
ddd) Hierin liegt auch der Unterschied zu den Urteilen des IX. Senats des BFH vom 8. März 2006 IX R 107/00 (BFHE
212, 511, BStBl II 2006, 446) und in BFHE 212, 514, BStBl II 2006, 448. Dort waren Ausgleichszahlungen zu
beurteilen, die ein zum Versorgungsausgleich verpflichteter Beamter an seinen Ehegatten leistet, um eine Kürzung
seiner Versorgungsbezüge zu vermeiden. Diese Ausgleichszahlungen fallen nicht unter die spezielle gesetzliche
Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG und unterliegen somit auch nicht der gesetzlich angeordneten
beschränkten Abziehbarkeit.
35
eee) Diese Auslegung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 EStG steht nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des
VI. Senats des BFH, wonach der Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug Vorrang vor dem Abzug von
Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben hat, so dass § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG keine Sperrwirkung für einen
Abzug entfaltet (so bereits BFH-Urteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, m.w.N., und Urteile vom 18. Juni 2009 VI
R 14/07, BFHE 225, 393, VI R 31/07, BFH/NV 2009, 1797, VI R 79/06, n.v., VI R 6/07, BFH/NV 2009, 1796, VI R
49/07, BFH/NV 2009, 1799). Diese Aussage des VI. Senats bezieht sich zunächst nur auf den Bereich der
Berufsausbildungskosten und muss zudem vor dem Hintergrund der Änderung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG und der
Einführung des § 12 Nr. 5 EStG durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21.
Juli 2004 (BGBl I 2004, 1753) gesehen werden. Der Gesetzgeber orientierte sich dabei weitgehend an der ab dem
Jahr 2002 geänderten Rechtsprechung des BFH, nach der Aufwendungen für berufliche Bildungsmaßnahmen, die
nach der ersten Berufsausbildung bzw. einem Erststudium stattfinden, zum Betriebsausgaben-
/Werbungskostenabzug zugelassen werden. Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung und für das
Erststudium werden dagegen typisierend den Lebensführungskosten zugerechnet (Bericht des Finanzausschusses
zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung, BTDrucks 15/3339, S. 10). Danach sind nur die
Berufsausbildungskosten, die Aufwendungen i.S. des § 12 Nr. 5 EStG darstellen und damit keine Werbungskosten
und Betriebsausgaben sind, als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG abziehbar. Zu einer Kollision
zwischen § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG und § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG kann es daher --nach Auffassung des Gesetzgebers--
gar nicht erst kommen, so dass sich auch die Frage einer Sperrwirkung nicht stellt.
36
Demgegenüber kommt im Bereich der Altersvorsorgeaufwendungen --insbesondere durch § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG--
eindeutig der Wille des Steuergesetzgebers zum Ausdruck, die Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben nur im
begrenzten Umfang zum Abzug zuzulassen. Damit ordnet er die Altersvorsorgeaufwendungen trotz ihres
Werbungskostencharakters abweichend von § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG den Sonderausgaben zu, so dass § 10 Abs. 1
Satz 1 EStG insoweit gegenüber § 10 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 EStG keine Sperrwirkung entfalten kann.
37
cc) Dass der Gesetzgeber die Vorsorgeaufwendungen trotz ihrer Rechtsnatur konstitutiv den Sonderausgaben und
nicht den Werbungskosten zugewiesen hat, mag steuersystematisch bedenklich sein; verfassungsrechtlich ist die
Zuweisung jedoch nicht von vornherein unzulässig, da keine Grundgesetznorm eine entsprechende Zuordnung
fordert (so auch Musil, StuW 2005, 278, 280; Söhn/Müller-Franken, StuW 2000, 442, 445; Söhn, FR 2006, 905, 908
f.). Entscheidend ist nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht die systematisch richtige Einordnung
steuermindernder Aufwendungen, sondern entscheidend sind die im Wesentlichen gleichen steuerlichen
Auswirkungen (BVerfG-Beschluss vom 19. Februar 1991 1 BvR 1231/85, BVerfGE 83, 395 zur Steuerfreiheit von
Beihilfen nach § 3 Nr. 11 EStG im Vergleich zur Abziehbarkeit von Krankheitsaufwendungen nach § 33 EStG).
38
Eine systemwidrige Einordnung der Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben kann demzufolge dann
verfassungsrechtlich relevant sein und einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz darstellen, wenn die
daraus resultierenden unterschiedlichen Rechtsfolgen zu einer nicht gerechtfertigten steuerlichen
Ungleichbehandlung der Altersvorsorgeaufwendungen im Vergleich zu anderen vorweggenommenen
Werbungskosten führen.
39
aaa) Die steuerliche Einordnung von Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben gegenüber einer
Behandlung als vorweggenommene Werbungskosten führt in den folgenden Einzelfällen zu unterschiedlichen
Rechtsfolgen: Es ist einem Steuerpflichtigen verwehrt, Verluste, die im Fall des Ansatzes von Werbungskosten bei
den sonstigen Einkünften gemäß § 22 EStG eintreten würden, im Wege des Verlustvor- oder -rücktrags gemäß § 10d
EStG zu berücksichtigen, wenn ihm anderweitige positive Einkünfte zum Verlustausgleich nicht oder nicht in
ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen. Auch bewirkt die Behandlung als Sonderausgabe, dass bei der
Bemessungsgrundlage für die zumutbare Eigenbelastung i.S. des § 33 EStG die Altersvorsorgebeiträge
unberücksichtigt bleiben. Umgekehrt führt der im Falle des Sonderausgabenabzugs höhere Betrag des
Gesamtbetrags der Einkünfte dazu, dass von dem Steuerpflichtigen geleistete Spendenbeträge in weitergehendem
Umfang gemäß § 10b EStG abziehbar sind.
40
bbb) Art. 3 Abs. 1 GG verbietet die ungleiche Behandlung von wesentlich Gleichem und die Gleichbehandlung von
wesentlich Ungleichem (BVerfG-Entscheidungen vom 24. April 1991 1 BvR 1341/90, BVerfGE 84, 133, 157 f.; vom
15. Juli 1998 1 BvR 1554/89 u.a., BVerfGE 98, 365, 385). Art. 3 Abs. 1 GG ist dann verletzt, wenn sich ein
vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst einleuchtender Grund für die gesetzliche
Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, unter C.I., m.w.N.).
41
ccc) Für die unterschiedliche Behandlung der Altersvorsorgeaufwendungen und anderer vorweggenommener
Werbungskosten besteht ein sachlicher Grund.
42
In den Altersvorsorgeaufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG sind nicht nur Beiträge enthalten, die
der Absicherung des Steuerpflichtigen für den Fall der Erwerbsunfähigkeit und des Alters sowie der Absicherung
seiner Hinterbliebenen dienen. Die Beiträge haben daher nicht ausschließlich Werbungskostencharakter.
43
Die gesetzliche Rentenversicherung gewährt nach dem Grundsatz "Rehabilitation vor Rente" auch Leistungen der
medizinischen Rehabilitation und der Teilhabe am Arbeitsleben, wenn hierdurch die Erwerbsfähigkeit wesentlich
gebessert oder wiederhergestellt werden kann (§ 9 Abs. 1 des Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche
Rentenversicherung --SGB VI--). Das Leistungsspektrum ist im Zweiten Unterabschnitt des Zweiten Kapitels des SGB
VI in den §§ 13 bis 32 geregelt. Der Beitragsanteil, der diese Leistungen finanziert, stellt keine vorweggenommenen
Werbungskosten dar, weil die erhaltenen Leistungen nicht zu steuerpflichtigen Einnahmen führen (vgl. z.B. für das
Übergangsgeld gemäß §§ 20 f. SGB VI § 3 Nr. 1 Buchst. c EStG). Dasselbe gilt für den Zuschuss zu den
Aufwendungen für die Krankenversicherung, den ein freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherter
Rentner gemäß § 106 SGB VI erhält und der nach § 3 Nr. 14 EStG steuerfrei ist. Die einheitliche Behandlung der
Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben macht eine Beitragsaufteilung entbehrlich und dient damit der
Praktikabilität.
44
Hinzu kommt, dass die Altersvorsorgeaufwendungen nach Ansicht des erkennenden Senats eine "Doppelnatur" (so
auch Weber-Grellet, DStR 2004, 1721, 1725) haben. Sie gewähren bereits vor Eintritt des Rentenfalls Rechte, die
einem Versicherungsschutz gleichkommen. Durch sie werden Anwartschaften begründet, die mit Abschluss der
Erwerbsphase zu einer geldwerten Rechtsposition erstarken (BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, 124). Sie führen
daher bereits in der Erwerbsphase in gewisser Hinsicht zu einer Vermögensbildung. Auch aus diesem Grund
erscheint die Beibehaltung der Einordnung der Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben trotz des
Systemwechsels zur nachgelagerten Besteuerung vertretbar.
45
ddd) Die vorstehend dargestellten Erwägungen rechtfertigen die konstitutive Zuordnung der
Altersvorsorgeaufwendungen zu den Sonderausgaben, zumal die oben dargestellten unterschiedlichen
Rechtsfolgen zwischen der Behandlung als Werbungskosten oder als Sonderausgaben nicht besonders gravierend
sind. Es handelt sich zudem eher um Ausnahmefälle, so dass vor allem vor dem Hintergrund der Praktikabilität die
Nachteile hinzunehmen sind (a.A. Söhn, in: KSM, a.a.O., § 10 Rz E 327).
46
Dies gilt insbesondere in Bezug auf die von den Klägern erwähnten Auswirkungen der Zuordnung der
Vorsorgeaufwendungen bei der Eigenheimzulage. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Eigenheimzulage
zum 1. Januar 2006 abgeschafft wurde (Gesetz zur Abschaffung der Eigenheimzulage vom 22. Dezember 2005,
BGBl I 2005, 3680), so dass die Auswirkungen nur für ein Jahr gegeben sein können, da das AltEinkG erst zum 1.
Januar 2005 in Kraft trat.
47
Zum anderen ist für die Einkunftsgrenze der Eigenheimzulagenberechtigung gemäß § 5 EigZulG die Summe der
positiven Einkünfte nach § 2 Abs. 2 EStG entscheidend. Das führt dazu, dass sich die Vorsorgeaufwendungen als
(vorweggenommene) Werbungskosten nur dann auswirken können, wenn der Steuerpflichtige bereits
entsprechende steuerpflichtige sonstige Einkünfte i.S. des § 22 EStG hat.
48
c) Gegen die gesetzliche Begrenzung der steuerlichen Berücksichtigung der Altersvorsorgeaufwendungen auf
20.000 EUR bzw. 40.000 EUR in § 10 Abs. 3 Satz 1 und 2 EStG bestehen keine durchgreifenden
verfassungsrechtlichen Bedenken. Es liegt weder ein Verstoß gegen das objektive noch gegen das subjektive
Nettoprinzip vor.
49
aa) Ein tragendes Strukturelement des Einkommensteuerrechts ist das objektive Nettoprinzip. Danach werden
Einnahmen nicht brutto, sondern nur gekürzt um damit im Zusammenhang stehende Erwerbsaufwendungen der
Besteuerung unterworfen (BVerfG-Entscheidungen vom 2. Oktober 1969 1 BvL 12/68, BVerfGE 27, 58, und vom 23.
Januar 1990 1 BvL 4-7/87, BVerfGE 81, 228). Zwar kennt das geltende Einkommensteuerrecht eine Reihe von
Abzugsverboten für bestimmte Aufwendungen trotz betrieblicher bzw. beruflicher Veranlassung. Solche
Abzugsverbote bedürfen jedoch stets eines besonderen, verfassungsrechtlich tragfähigen sachlichen Grundes (vgl.
BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08, BVerfGE 122, 210, m.w.N.).
50
Es kann dahingestellt bleiben, ob in dem Bereich der Sonderausgaben das Nettoprinzip überhaupt zum Tragen
kommen kann. Da aber die Aufwendungen ohne die konstitutive Zuordnung zu den Sonderausgaben im
Wesentlichen als Werbungskosten abziehbar gewesen wären, kann sich der Gesetzgeber durch eine von ihm
gewählte anderweitige systematische Zuordnung nicht einer folgerichtigen Umsetzung der verfassungsrechtlichen
Vorgaben und damit der Geltung des objektiven Nettoprinzips entziehen (vgl. dazu auch BVerfG-Beschluss in
BVerfGE 112, 268).
51
Das objektive Nettoprinzip ist nicht verletzt, die gesetzliche Begrenzung des Abzugs der
Altersvorsorgeaufwendungen in § 10 Abs. 3 Sätze 1 und 2 EStG auf den Höchstbetrag von 20.000 EUR (40.000 EUR
im Falle von zusammenveranlagten Ehegatten) ist sachlich gerechtfertigt.
52
Der Gesetzgeber hielt diese Begrenzung auf ein Volumen, das weit oberhalb der Höchstbeträge zur gesetzlichen
Rentenversicherung liegt, zur Verhinderung von Missbräuchen für geboten (BTDrucks 15/2150, S. 22, 34). Dies ist
jedenfalls nicht sachwidrig (ebenso Söhn, StuW 2003, 332, 336; Risthaus, DB 2004, 1329, 1331; Weber-Grellet,
DStR 2004, 1721, 1726; a.A. Dreher, a.a.O., S. 121). Die Annahme, das Risiko des vorzeitigen Versterbens und der
damit verbundene Totalverlust des eingezahlten Kapitals verhinderten einen Missbrauch
(Sachverständigenkommission, a.a.O., S. 25; Söhn, FR 2006, 905, 911), ist jedenfalls nicht zwingend. Dorenkamp
(Nachgelagerte Besteuerung von Einkommen, Schriften zum Steuerrecht, Bd. 78, 283) hat dargelegt, dass
angesichts der Größenordnung der Belastungsunterschiede zwischen nachgelagerter und traditioneller Besteuerung
die Umschichtung erheblicher Beträge in Rentenversicherungsprodukte jedenfalls bei jüngeren Steuerpflichtigen
nicht auszuschließen sei. Es ist Sache des Gesetzgebers, die künftige Entwicklung von Sachverhalten zu beurteilen.
Dabei kommt ihm ein weiter Prognose- und Einschätzungsspielraum zu (BVerfG-Urteil vom 10. Juni 2009 1 BvR
706/08, 1 BvR 814/08, 1 BvR 819/08, 1 BvR 832/08, 1 BvR 837/08, Neue Juristische Wochenschrift 2009, 2033,
m.w.N. aus der BVerfG-Rechtsprechung).
53
bb) Die nur beschränkte Abziehbarkeit von Altersvorsorgeaufwendungen verletzt nicht das aus dem
Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) abzuleitende subjektive Nettoprinzip. Danach muss dem Steuerpflichtigen ein
"staatsfreies Existenzminimum" verbleiben. Bestimmte zwangsläufige Aufwendungen müssen, auch wenn sie in den
Bereich der privaten Lebensführung fallen, steuerlich verschont werden (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27; vgl.
auch zur steuerlichen Freistellung von Beiträgen zu privaten Versicherungen für den Krankheits- und Pflegefall
BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008 2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125).
54
Der Gesetzgeber ist dieser Verpflichtung durch das AltEinkG nachgekommen. Die Aufwendungen für die Zeit ab dem
Jahr 2025 sind bis zu einem Höchstbetrag von 20.000 EUR bzw. im Fall der Zusammenveranlagung von 40.000
EUR vollständig steuerlich abziehbar. Die Begrenzung ist unter dem Gesichtspunkt des subjektiven Nettoprinzips
nicht zu beanstanden, das die steuerliche Freistellung von zwangsweise entstehendem existenzsichernden Aufwand
verlangt. Messgröße hierfür ist das sozialhilferechtlich gewährleistete Leistungsniveau (BVerfG-Beschluss in
BVerfGE 120, 125, unter C.II.3.). Da der Höchstbetrag von 20.000 EUR bzw. 40.000 EUR den Höchstbetrag zur
gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten erheblich übersteigt (BTDrucks 15/2150, S. 22; im
Jahr 2009 in den alten Bundesländern 12.895 EUR [5.400 x 12 x 19,9 %]), beruhen darüber hinausgehende
Beiträge lediglich auf einer freiwilligen Entscheidung des Steuerpflichtigen, Rentenansprüche zu erwerben, die über
die bloße Existenzsicherung hinausgehen. Die Höchstbetragsregelung des § 10 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 EStG verletzt
daher das subjektive Nettoprinzip nicht.
55
d) Die Hinzurechnung der steuerfreien Arbeitgeberbeiträge bei der Ermittlung der Höhe der Vorsorgeaufwendungen
verstößt ebenso wenig gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG wie die Nichteinbeziehung von
fiktiven Beiträgen zur Beamtenversorgung in die Höchstbetragsberechnung.
56
aa) Die Einbeziehung der Arbeitgeberanteile in die Berechnung des abziehbaren Höchstbetrags beruht auf einem
sachgerechten Grund. Sie soll gewährleisten, dass zwei Steuerpflichtige, von denen nur einer einen steuerfreien
Arbeitgeberanteil oder -zuschuss erhalten hat, hinsichtlich des Gesamtaufwands für die Altersversorgung im
Ergebnis in gleichem Umfang steuerlich freigestellt werden. Insofern dient die Einbeziehung der Gleichbehandlung
der Arbeitnehmer mit den Selbständigen, die für ihre Altersversorgung selbst aufkommen müssen.
57
Der Auffassung der Kläger, die Einbeziehung des Arbeitgeberanteils in die Höchstbetragsberechnung führe dazu,
dass dieser --obwohl er nicht einmal steuerbar sei-- dem steuerpflichtigen Arbeitslohn gleichgestellt werde, ist nicht
zu folgen. Im Gegensatz zu ihrer Auffassung sind die von ihnen vorgelegten Berechnungen kein Nachweis für eine
sofortige Besteuerung des Arbeitgeberanteils: In dem ersten Beispiel wird der Arbeitgeberbeitrag --wie dies auch § 3
Nr. 62 EStG entspricht-- nicht in die Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit einbezogen; in der
Alternative erhöht der Arbeitgeberbeitrag zwar die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, durch den Mechanismus
der Berechnung der Vorsorgeaufwendungen ergibt sich jedoch das identische Einkommen. Das zeigt, dass für die
Annahme einer sofortigen Besteuerung des Arbeitgeberbeitrags kein Raum ist.
58
Der erkennende Senat sieht die Ursache dieser rechnerischen Einbeziehung vielmehr darin, dass dem
Steuerpflichtigen, für den kein Arbeitgeberbeitrag geleistet wird, höhere Abzugsmöglichkeiten seiner
Altersvorsorgeaufwendungen gewährt werden müssen, um zu einer Gleichbehandlung zu kommen. Die
Einbeziehung der Arbeitgeberanteile ist lediglich eine Berechnungsmethode zur Umsetzung dieses Ziels; sie
beantwortet nicht die Frage, ob Arbeitgeberanteile steuerbare und grundsätzlich steuerpflichtige Einkünfte sind.
59
aaa) Dadurch, dass der erkennende Senat die Einbeziehung der Arbeitgeberanteile in die
Höchstbetragsberechnung für sachgerecht hält, weicht er nicht von der Rechtsprechung des BSG ab, die den
Arbeitgeberanteil lediglich als systemnützig ansieht. Der Arbeitnehmer erlangt nach dieser Rechtsprechung keinen
eigenen rechtlichen oder wirtschaftlichen Vorteil, so dass er auch eine entsprechende Beitragserstattung nicht
verlangen kann (BSG-Urteil in BSGE 86, 262). Auch besteht kein Widerspruch zur Rechtsprechung des VI. Senats
des BFH, die § 3 Nr. 62 EStG nur deklaratorischen Charakter beimisst (Urteil in BFHE 199, 524, BStBl II 2003, 34).
60
bbb) Zum einen hat das BVerfG ausdrücklich offengelassen, ob die Sichtweise, dass die Arbeitgeberbeiträge von
vornherein nicht Teil des steuerbaren Einkommens sind, verfassungsrechtlich zwingend ist (BVerfG-Entscheidungen
in BVerfGE 120, 125, und in BVerfGE 105, 73).
61
ccc) Zum anderen ist, selbst wenn man die Grundsätze der Entscheidungen des BSG und des VI. Senats des BFH
zugrunde legt, die ständige Rechtsprechung des BVerfG zu berücksichtigen, nach der auch die Arbeitgeberanteile
dem versicherten Arbeitnehmer als eigene Leistungen zuzurechnen sind und dem Schutzbereich des Art. 14 GG
unterfallen (BVerfG-Urteile vom 16. Juli 1985 1 BvL 5/80, 1 BvR 1023, 1052/83 und 1227/84, BVerfGE 69, 272, 302,
betreffend Renten- und Krankenversicherung; vom 28. April 1999 1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95, BVerfGE 100, 1, 35).
Danach dienten die Beiträge (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil) zur Rentenversicherung nach Einführung des
Umlageverfahrens (ab 1969) zwar der Finanzierung der zur Zeit der Beitragsentrichtung fälligen Rentenzahlungen;
gleichwohl erwerbe der Beitragszahler sein Anrecht auf Bezug der Rente, d.h. seinen staatlich garantierten Anspruch
gegen die Versichertengemeinschaft, nicht erst bei deren Anlaufen in einem Akt, sondern mit den Beitragszahlungen
wachsend während des Versicherungsverlaufs. Deren absolute Höhe (einschließlich der Arbeitgeberanteile) habe
auch im System des Umlageverfahrens insofern für den Wert der erworbenen Teile des Rentenrechts Bedeutung, als
sie die Rangstelle des Versicherten innerhalb der Versichertengemeinschaft festlegten (BVerfG-Beschluss vom 26.
März 1980 1 BvR 121, 122/76, BVerfGE 54, 11, 27 f.). Hiermit übereinstimmend hat das BVerfG --in Kenntnis des
BSG-Urteils in BSGE 86, 262-- dargelegt, dass auch der Arbeitgeberanteil "letztlich einen Teil der Gegenleistung
bilde, die sich der Arbeitnehmer erarbeiten müsse"; demgemäß sei der Erwerb des Anwartschaftsrechts (auf
Leistungen aus der Sozialversicherung) das unmittelbare wirtschaftliche Ergebnis der Arbeits- und Dienstleistung
(BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73). Dementsprechend hat auch der IV. Senat des BFH mit Urteil vom 30. August
2007 IV R 14/06 (BFHE 219, 36, BStBl II 2007, 942) erkannt, dass es bei der Beurteilung des Arbeitgeberanteils im
Zusammenhang mit einem Dienstvertrag als Sonderbetriebseinnahme ausreichend sei, den in Frage stehenden
Vorteil bei wirtschaftlicher Betrachtung als Gegenleistung für die erbrachte Tätigkeit zu werten.
62
ddd) Hinzu kommt, dass die Regelung zur Ermittlung der Höchstbeträge nicht nur die Arbeitgeberbeiträge zur
gesetzlichen Rentenversicherung umfasst, sondern auch die Beiträge zu den berufsständischen
Versorgungswerken. Hier dürfte nicht zu bestreiten sein, dass der Arbeitnehmer einen unmittelbaren Vorteil durch
den Arbeitgeberbeitrag erhält. Es ist dem Gesetzgeber daher nicht verwehrt, dieses im Rahmen seiner
Gestaltungsfreiheit zu berücksichtigen.
63
eee) An der Erkenntnis, dass in Gestalt des Arbeitgeberanteils ein Beitrag zum Erwerb der Vorsorgeanwartschaft
vorliegt, der unmittelbar wirtschaftliches Ergebnis der Arbeitsleistung ist (BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, unter
C.V.1.b), ändern auch die von den Klägern dargestellten Beispiele der Beschäftigung eines Altersrentners mit
unbegrenzter Hinzurechnungsmöglichkeit sowie eines geringfügig Beschäftigten nichts. Vielmehr bestätigen diese
Ausnahmen die Regel.
64
Die Zahlungen des Arbeitgeberanteils im Falle des Altersrentners nach § 172 Abs. 1 SGB VI kommen --
ausnahmsweise-- ausschließlich der Versichertengemeinschaft und nicht dem einzelnen Versicherten zugute. Grund
dafür ist, dass die hierdurch ansonsten eintretenden Wettbewerbsvorteile für diese Arbeitgeber verhindert werden
sollen (Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, Kommentar, 3. Aufl., § 172 Rz 3). Bei den geringfügig Beschäftigten liegt
insoweit eine Sondersituation vor, als in diesen Fällen nur eine Pauschalabgabe erhoben wird, die sich aus 12 % für
die Rentenversicherung, 11 % für die Krankenversicherung sowie 2 % für eine einheitliche Pauschsteuer zusammen
setzt (für Minijobs in Privathaushalten gelten 5 % für die Rentenversicherung, 5 % für die Krankenversicherung sowie
2 % für eine einheitliche Pauschsteuer; vgl. Fichte in Erlenkämper/ Fichte, Sozialrecht, 6. Aufl., unter III.11.1 Rz 7 f.).
65
Auch die Beiträge der Künstlersozialversicherung an die Deutsche Rentenversicherung zugunsten des nach dem
Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten, die nach § 3 Nr. 57 EStG steuerfrei sind --das dritte Beispiel der
Kläger--, stellen einen Spezialfall dar. Der Steuerpflichtige ist zwar dadurch, dass er die von der Künstlersozialkasse
geleisteten Beiträge trotz der Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 57 EStG nicht gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG
hinzurechnen muss, begünstigt. An der grundsätzlichen Beurteilung der Einbeziehung des in § 3 Nr. 62 EStG
genannten Arbeitgeberanteils in die Höchstbetragsberechnung ändert dieser Sonderfall aber nichts.
66
bb) Die steuerliche Gleichbehandlung der Vorsorgeaufwendungen von Arbeitnehmern auf der einen und von
solchen der Beamten auf der anderen Seite wird durch die Einbeziehung des Arbeitgeberanteils in die
Höchstbetragsberechnung herbeigeführt. Die von dem Dienstherrn gewährleistete Altersversorgung in Form der
Beamtenversorgung wird bei den Beamten über einen anderen Mechanismus, nämlich die Regelung des § 10 Abs.
3 Satz 3 EStG, berücksichtigt. Nach dieser Vorschrift ist der Höchstbetrag von 20.000 EUR (40.000 EUR) für die
Personen, die im Zusammenhang mit ihrer Berufstätigkeit ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf
Altersvorsorge erhalten, um den Gesamtbeitrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) zur allgemeinen
Rentenversicherung zu kürzen. Bei ihnen können danach Altersvorsorgeaufwendungen nur noch in Höhe des
Differenzbetrags zwischen dem fiktiven gesetzlichen Beitrag und dem Höchstbetrag steuerlich berücksichtigt werden.
Hierdurch wird für diese Steuerpflichtigen die Abziehbarkeit von (weiteren) Vorsorgeaufwendungen im gleichen
Ausmaß eingeschränkt wie für Arbeitnehmer und Selbständige (vgl. dazu die Beispiele bei Risthaus, DB 2004, 1329,
1332).
67
3. Die begrenzte Abziehbarkeit ihrer Altersvorsorgeaufwendungen im Rahmen der Übergangsregelung in § 10 Abs.
3 Sätze 4 bis 6 EStG ist verfassungsmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
68
a) Das BVerfG hat in seinem Urteil in BVerfGE 105, 73 (unter D.II.) dem Gesetzgeber aufgegeben, sich im Rahmen
der Neuregelung der Renten und Pensionen für ein Lösungsmodell zu entscheiden und dieses folgerichtig
auszugestalten. Sowohl bei den weichenstellenden Grundentscheidungen als auch im Hinblick auf Art und Maß
vertrauensschützender Übergangsregelungen sei der weite gesetzgeberische Gestaltungsraum nicht unbegrenzt. In
jedem Fall seien die Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von
Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen, dass eine doppelte
Besteuerung vermieden werde. Im Übrigen sei auch für die Abwägung zwischen den Erfordernissen folgerichtiger
Ausrichtung der Einkommensbesteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen und den
Notwendigkeiten einfacher, praktikabler und gesamtwirtschaftlich tragfähiger Lösungen ein weiter gesetzgeberischer
Entscheidungsraum eröffnet (BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, 134 f.).
69
Ein Auftrag des BVerfG an den Gesetzgeber, "die Einzahlungen des Steuerpflichtigen in die gesetzliche
Sozialversicherung während der Erwerbsphase überwiegend steuerfrei zu stellen, damit es nicht zu einer doppelten
Besteuerung durch die ab 2040 voll zu besteuernden Rentenbezüge kommt", ist entgegen der Auffassung der Kläger
dem Urteil des BVerfG in BVerfGE 105, 73 nicht zu entnehmen.
70
b) Nach der Übergangsregelung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 4 EStG sind im Kalenderjahr 2005 die nach § 10 Abs. 3
Sätze 1 bis 3 EStG ermittelten Vorsorgeaufwendungen mit 60 % anzusetzen. Nach § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG ist der
sich danach ergebende Betrag, vermindert um den nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreien Arbeitgeberanteil zur
gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss des Arbeitgebers, als
Sonderausgabe abziehbar. Der in § 10 Abs. 3 Satz 4 EStG genannte Prozentsatz erhöht sich nach Satz 6 der
Vorschrift in den folgenden Kalenderjahren bis zum Kalenderjahr 2025 um je 2 Prozentpunkte je Kalenderjahr.
71
c) Die Übergangsregelung in Bezug auf die Altersvorsorgeaufwendungen steht in untrennbarem Zusammenhang mit
der Regelung der Besteuerung der ab dem Jahr 2005 zufließenden Renten gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a
Doppelbuchst. aa EStG. Der Besteuerungsanteil der Renten bestimmt sich nach dem Kohortenprinzip, also für alle
Rentner einheitlich nach dem Jahr des Beginns ihrer Rente. Für alle Renten, die vor dem Jahr 2040 beginnen, bleibt
nach der in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG enthaltenen Tabelle ein bestimmter Teil der
Rente, der durch regelmäßige Rentenerhöhungen nicht beeinflusst wird, dauerhaft steuerfrei (§ 22 Nr. 1 Satz 3
Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 4 EStG).
72
d) Die Übergangsregelung in § 10 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 EStG wird zum einen charakterisiert durch eine begrenzte
und nur allmählich ansteigende steuerliche Abzugsmöglichkeit der Vorsorgeaufwendungen bis zu deren vollen
Berücksichtigung ab dem Jahr 2025 und zum anderen durch die von Beginn an vollständige Einbeziehung des
Arbeitgeberanteils in die Berechnung der maximal abziehbaren Aufwendungen. Dies führt dazu, dass Arbeitnehmer,
wie die Kläger, im Streitjahr 2005 nur 20 % des Arbeitnehmeranteils zur gesetzlichen Rentenversicherung steuerlich
geltend machen können.
73
e) Die Übergangsregelung entspricht noch den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Sie verstößt nicht gegen das
objektive Nettoprinzip (unten aa), solange das strikt zu beachtende Verbot der Doppelbesteuerung eingehalten wird
(unten bb). Ein Verstoß gegen das subjektive Nettoprinzip liegt nicht vor (unten cc). Der Mechanismus der
Einbeziehung der Arbeitgeberbeiträge in die Höchstbetragsberechnung kann im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG noch
gerechtfertigt werden (unten dd).
74
aa) Die Übergangsregelung weicht zwar von dem nach dem objektiven Nettoprinzip maßgeblichen
Veranlassungsprinzip ab, da im Jahr 2005 nur 60 % der Altersvorsorgeaufwendungen und damit 20 % der vom
Arbeitslohn der Kläger einbehaltenen Arbeitnehmeranteile zu ihrer gesetzlichen Rentenversicherung steuerlich
abzugsfähig sind.
75
aaa) Ein wichtiger Grund für die nur begrenzte Abzugsfähigkeit und die gewählte Stufenlösung ist, dass eine
sofortige Abziehbarkeit der Beiträge zu Leibrentenversicherungen für die öffentlichen Haushalte nicht finanzierbar
gewesen wäre, da es sofort zu einer Minderung der Steuereinnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe gekommen
wäre (BTDrucks 15/2150, S. 22).
76
bbb) Der Gesetzgeber durfte bei der Einschränkung der Abziehbarkeit der Vorsorgeaufwendungen die
Finanzierbarkeit der Neuregelung für die öffentlichen Haushalte berücksichtigen und insofern das Nettoprinzip
einschränken. Zwar hat das BVerfG in ständiger Rechtsprechung das Ziel der Einnahmenvermehrung für sich
genommen nicht als hinreichenden sachlichen Grund für die Beschränkung des Abzugs betrieblich bzw. beruflich
veranlasster Aufwendungen von der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage anerkannt (vgl. BVerfG-Urteil in
BVerfGE 122, 210, m.w.N.).
77
Im vorliegenden Fall handelt der Gesetzgeber aber nicht mit dem Ziel der Einnahmenvermehrung, sondern mit dem
Ziel, ausgehend von einer nicht systemgerechten Regelung eine nunmehr verfassungskonforme Ausgestaltung der
steuerlichen Berücksichtigung der Altersvorsorge und Alterseinkünfte zu erreichen, ohne durch die damit
verbundenen Mindereinnahmen die öffentlichen Haushalte zu gefährden (BTDrucks 15/2150, S. 22). Das BVerfG
selbst hat in seinem Urteil in BVerfGE 105, 73, 135 ausdrücklich gefordert, dass sich der Gesetzgeber bei der
Übergangsregelung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen und an den Notwendigkeiten
einfacher, praktikabler und gesamtwirtschaftlich tragfähiger Lösungen orientiert. Insoweit konnte und musste die
Finanzierbarkeit der Neuregelung bei der Übergangsregelung berücksichtigt werden.
78
ccc) Hinzu kommt, dass es sich bei den Regelungen des AltEinkG um eine vollständige --vom BVerfG selbst
geforderte-- in sich systemgerechte Neugestaltung der Besteuerung der Altersvorsorge und der Alterseinkünfte
handelt. Eine solche Neugestaltung enthält notwendigerweise einen (teilweisen) Systemwechsel. Die dem
Steuergesetzgeber zustehende Gestaltungsfreiheit umfasst dann von Verfassungs wegen die Befugnis, neue Regeln
einzuführen, ohne durch Grundsätze der Folgerichtigkeit an frühere Grundentscheidungen gebunden zu sein
(BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, m.w.N.). Dies setzt allerdings voraus, dass wirklich ein neues Regelwerk
geschaffen wird. Die umfassende Gestaltungsfreiheit bei Entscheidungen für neue Regeln kann vom Gesetzgeber
dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn solche neuen Regeln nach Ziel und Wirkung die Orientierung an
alternativen in sich folgerichtigen und schlüssigen Prinzipien nicht erkennen lassen. Einen zulässigen
Systemwechsel kann es ohne ein Mindestmaß an neuer Systemorientierung nicht geben. Insbesondere dann, wenn
bei im Übrigen unveränderten Grundentscheidungen eine von diesen abweichende Belastungsentscheidung
lediglich in einem schmalen Teilbereich mit der Behauptung eines Systemwechsels begründet wird, bedarf es
greifbarer Anhaltspunkte --etwa der Einbettung in ein nach und nach zu verwirklichendes Grundkonzept--, die die
resultierende Ungleichbehandlung vor Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigen können (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 122,
210).
79
Bei den Regelungen des AltEinkG ist die Einbettung in ein solches Grundkonzept gegeben. Durch § 10 Abs. 3 Sätze
4 bis 6 EStG (in Bezug auf die Vorsorgeaufwendungen) sowie § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3
EStG (in Bezug auf die Besteuerung der entsprechenden Alterseinkünfte) sollen nicht nur die unterschiedlichen
Altersvorsorgesysteme, sondern auch die daraus resultierenden unterschiedlichen Alterseinkünfte von der
Ertragsanteilsbesteuerung in das neue Gesamtkonzept der nachgelagerten Besteuerung überführt werden.
80
ddd) Aus diesem Grund ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die Abziehbarkeit
der Altersvorsorgeaufwendungen ebenso wie die Besteuerung der zufließenden Rentenzahlungen mit jährlich
steigenden Stufen vorgesehen hat, selbst wenn der Umfang der späteren Besteuerung mit dem Abzug der Beiträge
nicht abgestimmt ist (a.A. HHR/Kulosa, § 10 EStG Rz 343).
81
Zwar hätte es dem objektiven Nettoprinzip und dem Gedanken der Korrespondenz entsprochen, die Höhe der
abziehbaren Vorsorgeaufwendungen konkret danach zu bemessen, in welchem Umfang die später zufließenden
Renteneinnahmen zu steuerpflichtigen sonstigen Einkünften führen. Von einer solchen Korrespondenz ist der
Gesetzgeber auch bei anderen ertragsteuerlichen Regelungen ausgegangen (vgl. z.B. die Regelungen zum
Halbeinkünfteverfahren in § 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung).
82
Der Gesetzgeber hat als Ausgangspunkt für die Höhe der prozentual abziehbaren Altersvorsorgebeiträge im
Rahmen der Übergangsregelung in § 10 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 EStG das Jahr des Abzugs der Aufwendungen
bestimmt, so dass es auf das Alter und den voraussichtlichen Rentenbeginn des Steuerpflichtigen nicht ankommt.
Demgegenüber richtet sich die Höhe der steuerpflichtigen Renteneinkünfte nach dem Jahr des Renteneintritts des
Steuerpflichtigen. Durch diese unterschiedlichen Bezugspunkte ist es im Rahmen der Übergangsregelung nicht
gewährleistet, dass die steuerliche Entlastung der Vorsorgeaufwendungen und die Besteuerung der daraus
resultierenden steuerpflichtigen Einnahmen korrespondieren. Eine Entsprechung wird erst im Zeitpunkt der
endgültigen Regelung, d.h. spätestens 2040 erreicht.
83
Nach Ansicht des erkennenden Senats ist das Vorgehen des Gesetzgebers vor dem Hintergrund der oben
dargestellten besonderen Komplexität des AltEinkG sowie aus Gründen der Praktikabilität verfassungsrechtlich noch
gerechtfertigt.
84
(1) Eine Bemessung des abziehbaren Prozentsatzes der Altersvorsorgebeiträge nach den Verhältnissen des
jeweiligen Steuerpflichtigen hätte dazu geführt, dass dem Kohortenprinzip entsprechend sich für jeden
Altersjahrgang die Höhe des abziehbaren Betrags mit unterschiedlichen Prozentsätzen ergeben hätte, was die
verwaltungsmäßige Handhabung der Übergangsregelung weiter erschwert hätte. In den meisten Fällen wäre durch
dieses Vorgehen im Rahmen der Übergangsregelung auch nur eine scheinbare individuelle Genauigkeit erreicht
worden, da in die künftigen Renteneinnahmen auch Beitragszahlungen einfließen, die in (ggf. zahlreichen) Jahren
vor Inkrafttreten des AltEinkG geleistet wurden und die daher bei einer konkreten Bemessung der Höhe der
abziehbaren geleisteten Vorsorgeaufwendungen ebenfalls hätten berücksichtigt werden müssen. Der Gesetzgeber
hat sich zu Recht außerstande gesehen, die zum Teil weit in die Vergangenheit zurückreichenden Verhältnisse in
einer dem Verifikationsprinzip entsprechenden Weise ermitteln zu lassen (BTDrucks 15/2150, S. 41).
85
Hinzu kommt, dass vor dem Hintergrund der sich ändernden gesetzlichen Regelungen über den Renteneintritt (vgl.
z.B. die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre durch das Rentenversicherungs-
Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl I 2007, 554) eine verlässliche Aussage über den
voraussichtlichen Renteneintritt --unabhängig von der individuellen Situation des Steuerpflichtigen-- nicht sicher
möglich ist.
86
(2) Ebenfalls verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass der Gesetzgeber als Ausgangspunkt für die
Übergangsregelung der Rentenbesteuerung einen anderen pauschalierenden Anknüpfungspunkt gewählt hat,
nämlich den Rentenjahrgang. Die Kohorte entscheidet über den Besteuerungsanteil der Renten während der
gesamten Rentenbezugsdauer eines Steuerpflichtigen, so dass es im Gegensatz zu den
Altersvorsorgeaufwendungen keiner jährlichen Anpassungen bedarf. Dieser Ansatz steht in der Tradition der
bisherigen Ertragsanteilsbesteuerung, die ebenfalls von einem einheitlichen Ertragsanteil für den gesamten
Rentenbezug ausging, und ermöglicht zudem eine praktikable Besteuerung der Alterseinkünfte, zumal sich der
Gesetzgeber nicht in der Lage gesehen hat, individuelle Besteuerungsanteile pro Steuerpflichtigen festzulegen
(BTDrucks 15/2150, S. 41).
87
Aus diesen Gründen hat sich der Gesetzgeber dadurch, dass er als Ausgangspunkt für die stufenweise
Verbesserung der Abzugsfähigkeit der Altersvorsorgeaufwendungen das Jahr der Leistung der
Altersvorsorgeaufwendungen gewählt hat, trotz der teilweise fehlenden Symmetrie zwischen der steuerlichen
Abzugsfähigkeit der Altersvorsorgeaufwendungen und der Besteuerung der Alterseinkünfte in der
Übergangsregelung noch im Rahmen des ihm zukommenden weiten Gestaltungsspielraums gehalten.
88
(3) Allerdings belastet diese pauschalierende und nicht symmetrische Übergangsregelung die Steuerpflichtigen, bei
denen --jedenfalls statistisch betrachtet-- sicher davon auszugehen ist, dass ihre Renten erst nach dem Jahr 2039
beginnen und daher voll zu versteuern sein werden. Bei dieser Gruppe hätte es das objektive Nettoprinzip geboten,
ihre Altersvorsorgeaufwendungen zumindest zum größten Teil (vgl. unter II.2.b cc ccc) steuerlich zum Abzug
zuzulassen. Dass diese Steuerpflichtigen im Rahmen der Übergangsregelung ihre Aufwendungen dennoch nur in
beschränktem Umfang abziehen können, ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt, weil die gesamte
Übergangsregelung konsequent und folgerichtig ausnahmslos für alle Steuerpflichtigen gilt, sowohl für die
Abziehbarkeit der Vorsorgeaufwendungen als auch für die Besteuerung der Renten und unabhängig davon, ob in
früheren Jahren Aufwendungen geleistet oder Renten bezogen wurden. Bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen
von der Übergangsregelung auszunehmen, hätte zu weiteren Unstimmigkeiten geführt. So wäre es nur schwer
erklärbar, wenn der Steuerpflichtige, der nach der jetzigen Rechtslage voraussichtlich im Jahr 2040 erstmals
Renteneinkünfte bezieht, bereits im Jahr 2005 seine Rentenbeiträge vollständig abziehen könnte, während ein
anderer Steuerpflichtiger, dessen voraussichtliches Renteneintrittsalter im Jahr 2039 liegt, seine
Altersvorsorgeaufwendungen bis 2025 nur stufenweise ansteigend geltend machen könnte.
89
Diese Rechtslage ist für Steuerpflichtige, deren Rente voraussichtlich nach dem Jahr 2039 beginnen wird, solange
hinnehmbar, solange das Verbot der doppelten Besteuerung beachtet ist. Dadurch ist auch bei dieser Fallgruppe
jedenfalls im Ergebnis sichergestellt, dass die teilweise nicht gegebene Abziehbarkeit ihrer Vorsorgeaufwendungen
sich unter Berücksichtigung der Vorgaben des BVerfG auf die Höhe der Besteuerung ihrer später zufließenden
Renten auswirken muss.
90
bb) Der weite gesetzgeberische Gestaltungsraum ist im Hinblick auf Art und Maß vertrauensschützender
Übergangsregelungen nicht unbegrenzt. Das BVerfG fordert, dass "in jedem Fall" die steuerliche Behandlung von
Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der
Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen sind, dass eine doppelte Besteuerung vermieden wird
(BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, unter D.II.; Senatsurteil in BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710).
91
aaa) Die Verfassungsmäßigkeit der nur beschränkten Abziehbarkeit der Altersvorsorgeaufwendungen in der bis zum
Jahr 2025 geltenden Übergangszeit unter dem Aspekt des Verbotes der Doppelbesteuerung kann jedoch nicht
isoliert betrachtet werden, sondern nur im Zusammenhang mit der korrespondierenden --in der Übergangszeit nur
anteiligen-- späteren Rentenbesteuerung (Senatsbeschluss in BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420).
92
Ob das Zusammenwirken der einkommensteuerrechtlichen Regelungen der Aufbauphase vor und nach Inkrafttreten
des AltEinkG mit den Regelungen der Versorgungsphase seit Inkrafttreten des AltEinkG in bestimmten Fällen einen
Verstoß gegen das Verbot doppelter Besteuerung bewirken kann, ist demnach nicht in diesem Verfahren zu
entscheiden, denn aus dem Verbot doppelter Besteuerung lässt sich kein Anspruch auf eine bestimmte
Abziehbarkeit der Beiträge in der Aufbauphase ableiten. Der Gesetzgeber kann dem Verbot doppelter Besteuerung
ebenso durch einen entsprechend schonenderen Zugriff in der Versorgungsphase Rechnung tragen. Ein Verstoß ist
deshalb in den Veranlagungszeiträumen der Versorgungsphase zu rügen, in denen die Altersbezüge der
Besteuerung unterworfen werden (BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008 2 BvR 1220/04, 410/04, BVerfGE 120,
169, m.w.N).
93
bbb) In der Verweisung der gerichtlichen Überprüfung des Verbots der Doppelbesteuerung auf den Beginn des
Rentenbezugs liegt kein Verstoß gegen die Rechtsschutzgarantie gemäß Art. 19 Abs. 4 GG. Aus dieser
Verfassungsnorm ergibt sich ein Anspruch auf zeitnahen und effektiven Rechtsschutz. Hieraus kann aber kein
Anspruch abgeleitet werden, die Problematik einer sich erst zu einem späteren Zeitpunkt stellenden Frage einer
überschießenden Rentenbesteuerung in der Weise zu lösen, dass die verfassungsrechtliche Prüfung auf die
steuerliche Behandlung der Altersvorsorgeaufwendungen (vor)verlagert wird, durch die für sich betrachtet noch kein
übermäßiger Besteuerungszugriff bewirkt wird. Es ist auch nicht unzumutbar, die Steuerpflichtigen darauf zu
verweisen, dass das Verbot der Doppelbesteuerung erst bei der Rentenbesteuerung zu klären ist, da erst mit Bezug
der Rente die Höhe des Besteuerungsanteils der Rente feststeht.
94
ccc) Das vom BVerfG ausgesprochene Verbot der doppelten Besteuerung ist strikt zu beachten. Der Gesetzgeber
wird zu prüfen haben, ob dieses Verbot auch in jedem Fall eingehalten werden kann. Der erkennende Senat wird in
künftig zu entscheidenden Fällen dem Verbot der doppelten Besteuerung besondere Aufmerksamkeit widmen.
95
cc) Der nur begrenzte Abzug der Altersvorsorgeaufwendungen im Rahmen der Übergangsregelung verletzt nicht
das subjektive Nettoprinzip.
96
aaa) Ausgangspunkt der verfassungsrechtlichen Beurteilung des subjektiven Nettoprinzips ist das aus Art. 1 Abs. 1
i.V.m. Art. 20 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG abzuleitende Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums.
Danach hat der Staat das Einkommen des Bürgers insoweit steuerfrei zu stellen, als dieser es zur Schaffung der
Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigen Daseins für sich und seine Familie benötigt. Einem
Grundgedanken der Subsidiarität, wonach Eigenversorgung Vorrang vor staatlicher Fürsorge hat, entspricht es, dass
sich die Bemessung des einkommensteuerrechtlich maßgeblichen Existenzminimums nach dem im Sozialhilferecht
niedergelegten Leistungsniveau richtet. Was der Staat dem Einzelnen voraussetzungslos aus allgemeinen
Haushaltsmitteln zur Verfügung zu stellen hat, darf er ihm nicht durch Besteuerung seines Einkommens entziehen
(ständige Rechtsprechung des BVerfG, siehe Beschluss in BVerfGE 120, 125, m.w.N.). Die somit von Verfassungs
wegen zu berücksichtigenden Aufwendungen zur Sicherung des Existenzminimums sind vom Steuergesetzgeber
nach dem tatsächlichen Bedarf realitätsgerecht zu bemessen. Im Bereich der Steuerfreiheit des Existenzminimums
hat er dabei allerdings dafür Sorge zu tragen, dass die typisierenden Regelungen in möglichst allen Fällen den
entsprechenden Bedarf abdecken.
97
bbb) Für die steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen bedeuten diese Grundsätze, dass der
Gesetzgeber gehalten ist, Beiträge zu solchen Versicherungen steuerlich freizustellen, die den Schutz des
Lebensstandards des Steuerpflichtigen in Höhe des Existenzminimums gewährleisten. Nicht entscheidend ist in
diesem Zusammenhang, ob Versicherungsbeiträge --wie z.B. zu leistende Sozialversicherungsbeiträge--
zwangsweise erhoben werden. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Schutz gegen das abgesicherte Risiko Bestandteil
des Leistungskatalogs der Sozialhilfe ist (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 120, 125, unter D.II.3.).
98
Hierin liegt kein Widerspruch zu dem von den Klägern zitierten Beschluss des BVerfG vom 11. Januar 2005 2 BvR
167/02 (BVerfGE 112, 164). In diesem Verfahren ging es um die Einbeziehung von Sozialversicherungsbeiträgen in
die Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag der Einkünfte eines Kindes gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG und
damit um die Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit der unterhaltsverpflichteten Eltern. Aussagen dazu,
inwieweit von Verfassungs wegen eine steuerliche Berücksichtigung von zwangsweise erhobenen Beiträgen zu
(Sozial)Versicherungen gefordert ist, die zu einer das Sozialhilfeniveau übersteigenden Absicherung führen, enthält
die Entscheidung des BVerfG nicht.
99
ccc) Durch die Übergangsregelung sind die Arbeitgeberbeiträge vollständig und die Arbeitnehmerbeiträge im
Ergebnis zunächst nur mit 20 %, danach linear bis zum Jahr 2025 auf insgesamt 100 % ansteigend abziehbar. Ein
Problem aus Sicht der gerade dargestellten Grundsätze könnte sich dann stellen, wenn die --insoweit teilweise nicht
abziehbaren-- Altersvorsorgeaufwendungen (Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag zusammen) nur zu
Alterseinkünften führten, deren Höhe lediglich ein existenzsicherndes Niveau erreicht, also bei niedrigen
Arbeitnehmereinkünften. Bei diesen Einkünften ist jedoch zu beachten, dass nach dem alten Recht ein
alleinstehender Arbeitnehmer bei einem Bruttolohn von knapp 12.000 EUR die Altersvorsorgeaufwendungen
vollständig abziehen konnte (vgl. die Berechnungen der Sachverständigenkommission, Anlage 1 und BTDrucks
15/2150, S. 35, zu Nr. 3). Die für ihn ungünstigere Neuregelung wird durch die in § 10 Abs. 4a EStG von Amts wegen
vorgesehene Günstigerprüfung ausgeglichen, die --mit hier nicht relevanten Modifikationen-- die Anwendung des
alten Rechts anordnet. Die Günstigerprüfung stellt damit sicher, dass in der aktiven Zeit der Aufbau einer
Altersvorsorge in Höhe wenigstens des Existenzminimums vom Steuerzugriff verschont wird.
100 dd) Der Mechanismus der Einbeziehung der Arbeitgeberanteile im Rahmen der Übergangsregelung führt zu keiner
verfassungswidrigen Ungleichbehandlung der Kläger im Vergleich zu einem nicht angestellten Steuerpflichtigen und
einem Beamten.
101 Die Kläger rügen eine Ungleichbehandlung, da sich die steuerliche Abziehbarkeit ihrer
Altersvorsorgeaufwendungen kaum ändere, während sich die Abziehbarkeit der Altersvorsorgeaufwendungen i.S.
des § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG sowohl für Beamte als auch für Selbständige deutlicher verbessert habe. Steuerpflichtige
mit einem Bruttoeinkommen von unter 25.692 EUR profitierten nicht von der Neuregelung, müssten aber die volle
Besteuerung ihrer Altersbezüge dulden.
102 Die unterschiedlich hohe steuerliche Entlastung ist aber auch vor dem Hintergrund, dass ab 2040 die Rentenbezüge
voll der Besteuerung unterliegen, verfassungsrechtlich noch gerechtfertigt.
103 aaa) Den vom Steuerpflichtigen geleisteten Vorsorgeaufwendungen sind zunächst der nach § 3 Nr. 62 EStG
steuerfreie Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und ein diesem gleichgestellter steuerfreier
Zuschuss des Arbeitgebers hinzuzurechnen. Im Rahmen der Übergangsregelung wirkt sich dieser Gesamtbetrag im
Jahr 2005 nur zu 60 % steuermindernd aus (§ 10 Abs. 3 Satz 4 EStG). Gleichwohl ist der sich hierbei ergebende
Betrag gemäß § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG um 100 % des Arbeitgeberanteils bzw. des gleichgestellten steuerfreien
Arbeitgeberzuschusses zu kürzen, so dass nur die Differenz als Sonderausgabe abziehbar ist.
104 bbb) Diese Regelung soll gewährleisten, dass zwei Steuerpflichtige, von denen nur einer einen steuerfreien
Arbeitgeberanteil oder -zuschuss erhalten hat, hinsichtlich des Gesamtaufwands für die Altersversorgung im
Ergebnis in gleichem Umfang steuerlich freigestellt werden (vgl. unter II.2.d aa). Der Steuerpflichtige, der selbst den
Gesamtbeitrag zur Rentenversicherung und/oder andere Altersvorsorgeaufwendungen i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 2
EStG leistet, konnte im Jahr 2005 60 % der Aufwendungen, also 12.000 EUR als Sonderausgaben abziehen. Der
andere Steuerpflichtige, dessen Vorsorgeaufwendungen sich sowohl aus eigenen Beiträgen zur gesetzlichen
Rentenversicherung, Vorsorgeaufwendungen i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG als auch aus dem
anzusetzenden Arbeitgeberanteil von beispielsweise 2.000 EUR zusammensetzen, erhält eine Steuerfreistellung
über § 3 Nr. 62 EStG von 2.000 EUR. Umgekehrt kann er als Sonderausgaben 60 % von 20.000 EUR = 12.000 EUR
abzüglich 2.000 EUR Arbeitgeberanteil geltend machen. Die steuerliche Freistellung beider Steuerpflichtiger ist
daher im Ergebnis gleich (Senatsbeschluss in BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420, unter II.9.).
105 ccc) Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung ergibt sich auch nicht aus dem Vergleich der steuerlichen
Situation der Kläger mit der eines Beamten. Letzterer ist aufgrund des geltenden Alimentationsprinzips nicht für seine
Altersvorsorge beitragsbelastet, so dass sich seine Altersvorsorge im steuerunbelasteten Raum vollzieht. Andere
Arbeitnehmer können aber ihre Altersvorsorgeaufwendungen nur im Rahmen der Übergangsregelung beschränkt
abziehen. Die Besteuerung der Alterseinkünfte ab dem Jahr 2040 ist in beiden Fällen demgegenüber gleich; die
Einkünfte unterliegen uneingeschränkt der Besteuerung.
106 (1) Der Gesetzgeber hat den im BVerfG-Beschluss vom 24. Juni 1992 1 BvR 459/87, 1 BvR 467/87 (BVerfGE 86,
369) erteilten und im Rentenurteil in BVerfGE 105, 73 konkretisierten Gesetzgebungsauftrag zutreffend so
verstanden, dass eine gleichheitsgerechte Besteuerung der Altersbezüge nur möglich ist, wenn bei der Neuregelung
die Besteuerung aller bestehenden Altersversorgungssysteme aufeinander abgestimmt wird (BVerfG-Beschluss in
BVerfGE 120, 169).
107 (2) Aufgabe der Übergangsregelung ist es, die bestehenden unterschiedlichen Altersvorsorge- und
Alterseinkünftesysteme in ein System der nachgelagerten Besteuerung zu integrieren. Es liegt in ihrem Wesen, einen
vorgefundenen Rechtszustand gleitend in eine neue gesetzgeberische Konzeption zu überführen (Senatsurteil in
BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710, unter II.2.b cc). Insoweit ist es entscheidend, dass Altersvorsorgeaufwendungen
nach Ablauf der Übergangsregelung im Jahr 2025 grundsätzlich in vollem Umfang als Sonderausgaben abziehbar
sind und damit die mit künftigen Renteneinnahmen im Zusammenhang stehenden Rentenbeiträge --von
Sonderfällen abgesehen-- aus unversteuertem Einkommen stammen.
108 (3) Da die steuerliche Situation der Arbeitnehmer, Selbständigen und Beamten im Bereich der Altersvorsorge und
der Alterseinkünfte bis zur Neuregelung im Jahr 2005 vollkommen unterschiedlich war, ist es zwangsläufig, dass
unterschiedliche Zwischenschritte notwendig sind, um zu der angestrebten Neuregelung zu gelangen, in der die
Besteuerung aller bestehenden Altersversorgungssysteme aufeinander abgestimmt ist.
109 Bei der Überprüfung dieser Zwischenschritte ist zu beachten, dass die Besteuerung der Alterseinkünfte der Rentner,
die vormals Arbeitnehmer waren, insbesondere im Vergleich zur Besteuerung der Alterseinkünfte der Beamten als
mit dem Gleichheitssatz unvereinbar privilegiert angesehen wurde. Daraus folgt, dass diese Gruppe von
Steuerpflichtigen auf dem Weg in die endgültige verfassungsgemäße Regelung, in der alle
Altersvorsorgeaufwendungen und die daraus resultierenden Alterseinkünfte gleich behandelt werden, wegen ihrer
früheren Bevorzugung in einem geringeren Umfang entlastet werden kann, ohne dass die unterschiedliche
Entlastung zu einer Verletzung des Gleichheitssatzes führt.
110 (4) Die Besteuerung der Beamtenpensionen beruht bereits auf dem angestrebten Konzept der nachgelagerten
Besteuerung, so dass dessen Ziel, das Lebenseinkommen eines Steuerpflichtigen nur einmal, aber auch mindestens
einmal zu besteuern (Senatsurteil in BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710), nach dem Abschmelzen des
Versorgungsfreibetrags gemäß § 19 Abs. 2 EStG im Jahr 2040 erreicht ist. Es ist daher nicht sachwidrig, dass der
Gesetzgeber davon abgesehen hat, Beamte entsprechend dem für gesetzlich Rentenversicherungspflichtige bis
2004 geltenden System durch die steuerliche Erfassung eines fiktiven Beitrags zu ihrer Pension in der Erwerbsphase
zu besteuern, wobei es dahinstehen kann, ob eine Besteuerung des fiktiven Beitrags eines Beamten zu seiner
Pension überhaupt möglich und umsetzbar wäre (a.A. Wesselbaum-Neugebauer, FR 2007, 683).
111 Zudem ist darauf hinzuweisen, dass das strikt zu beachtende Verbot der Doppelbesteuerung (siehe unter II.3.e bb)
den anderen Steuerpflichtigen die Gewähr dafür bietet, dass es auch bei ihnen nur zu einer einmaligen Besteuerung
kommen darf. Es stellte keine Belastungsgleichheit her, sondern wäre ein neuerlicher Systembruch, wenn der
Gesetzgeber für eine Gruppe von Steuerpflichtigen, die bereits folgerichtig nach dem neuen System besteuert
werden, für eine Übergangszeit die nicht folgerichtige und nicht systemgerechte Besteuerung anderer
Steuerpflichtiger einführte, die er auslaufen lassen will.
112 Die nur begrenzte Entlastung der Kläger ist damit durch die besonders komplexe Übergangssituation der
Neuregelung der Altersvorsorge und -einkünfte noch gerechtfertigt. Es ist verfassungsrechtlich noch tragbar, nur
schrittweise zu einer vollen Entlastung ihrer Arbeitnehmerbeiträge zu gelangen.
113 Den Klägern ist zwar darin zuzustimmen, dass eine andere Regelung der steuerlichen Berücksichtigung der
Vorsorgeaufwendungen, wie sie auch in den von den Klägern aufgeführten anderen Rechtsgebieten realisiert
wurde, möglich --vielleicht auch wünschenswert-- gewesen wäre. Der Gesetzgeber hat dieses aber anders gesehen
und geregelt und hat sich dabei noch in dem ihm zugewiesenen weiten Gestaltungsspielraum gehalten.
114 Die von den Klägern geleisteten Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sind nach alledem
lediglich in beschränktem Umfang als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. Abs. 3 EStG
abzuziehen.