Urteil des BFH vom 25.09.2013

Keine Steuerbegünstigung für den von beauftragten Subunternehmern verbrauchten Strom - Stromsteuerrechtlicher Unternehmensbegriff - Unternehmensgruppen - Ausschluss von Dienstleistungsunternehmen verfassungsgemäß

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 25.9.2013, VII R 64/11
Keine Steuerbegünstigung für den von beauftragten Subunternehmern verbrauchten Strom -
Stromsteuerrechtlicher Unternehmensbegriff - Unternehmensgruppen - Ausschluss von
Dienstleistungsunternehmen verfassungsgemäß
Leitsätze
Einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes steht für die Strommengen keine
Steuerbegünstigung zu, die auf dem Betriebsgelände von Mitarbeitern eines anderen, rechtlich
selbstständigen Unternehmens zur Erfüllung eines mit diesem Unternehmen abgeschlossenen
Werkvertrags verbraucht werden.
Tatbestand
1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist ein Unternehmen des Produzierenden
Gewerbes, das Wurst- und Schinkenerzeugnisse herstellt und eine Erlaubnis zur
steuerbegünstigten Entnahme von Strom besitzt. In den Produktionsprozess war im Jahr 2006
u.a. ein Unternehmen (U) eingebunden, das nicht über eine Erlaubnis zur Entnahme
steuerbegünstigten Stroms zu betrieblichen Zwecken verfügte. Im Einzelnen waren in der
Produktion neben eigenem Personal der Klägerin ca. ... bei U beschäftigte und von U auch
bezahlte Mitarbeiter eingesetzt, die in der Wurstproduktion tätig waren und das im Eigentum
der Klägerin stehende Fleisch zerlegten und bearbeiteten. Zwischen der Klägerin und U
bestand im Jahr 2006 ein Werkvertrag, nach dem U die ihm übertragenen Tätigkeiten
(Zerlegen und Bearbeitung von Fleisch sowie damit verbundene Arbeiten) selbstständig und
eigenverantwortlich zu erledigen hatte. Zur Ausübung dieser Tätigkeiten hatte die Klägerin U
bestimmte Flächen in ihrem Betrieb sowie Maschinen, Strom und Wasser zur Verfügung zu
stellen; sie war zudem berechtigt, Qualitäts- und Hygienekontrollen durchzuführen. Die
Organisation der vertraglichen Leistungen und aller zur Erfüllung des Vertrags notwendigen
Handlungen oblagen allein U, der Klägerin stand insoweit kein Weisungsrecht zu. U war
zudem für die Sozialversicherung ihrer Arbeitnehmer zuständig. Die von U ausgeführten
Tätigkeiten wurden auf der Grundlage eines Leistungsverzeichnisses bezahlt, in dem ein
bestimmter Nettopreis pro Stück oder Kilogramm vereinbart war. Für Sonderfälle war ein
Stundenlohn vereinbart.
2 Aufgrund des Ergebnisses einer Außenprüfung setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte
(das Hauptzollamt --HZA--) mit Steuerbescheid vom 23. September 2009 gegen die Klägerin
für das Jahr 2006 Stromsteuer in Höhe von ... EUR fest. Zudem setzte es mit Bescheid vom
5. Oktober 2009 den mit Vergütungsbescheid vom 18. April 2007 errechneten
Vergütungsbetrag von ... EUR auf nunmehr ... EUR herab. Dabei ging es davon aus, dass die
Klägerin den zum ermäßigten Steuersatz bezogenen Strom unberechtigt an U weitergegeben
habe.
3 Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, die Weitergabe
des Stroms an U sei von der der Klägerin nach § 9 Abs. 4 des Stromsteuergesetzes
(StromStG) erteilten Erlaubnis nicht umfasst gewesen, weshalb nach § 9 Abs. 6 Satz 2
StromStG die Stromsteuer entstanden sei. Dafür, dass einem Unternehmen i.S. des § 2 Nr. 4
i.V.m. Nr. 3 StromStG nicht jede beliebige Tätigkeit zugeordnet werden könne, die in
irgendeinem Zusammenhang mit dessen Produktionsvorgängen stehe, spreche die in § 15
der Stromsteuer-Durchführungsverordnung (StromStV) getroffene Regelung, nach der der
Antragsteller den Schwerpunkt seiner Tätigkeit aufgrund der Anzahl der in einem bestimmten
Bereich tätigen Personen --einschließlich der gegen Entgelt gemäß dem
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz zur Arbeitsleistung überlassenen Arbeitskräfte-- bestimmen
könne. Auszugehen sei von einer formalen Definition des Unternehmensbegriffs. Nicht erfasst
würden deshalb im Rahmen eines Werkvertrags von einem anderen Unternehmen
ausgeführte Tätigkeiten. Im Streitfall sei zu berücksichtigen, dass U seine Tätigkeit
selbstständig und eigenverantwortlich zu erledigen gehabt habe. Dabei habe U sich eigener
Arbeitskräfte bedient, die von ihm auch entlohnt worden und sozialversichert gewesen seien.
Die räumliche Eingliederung in das Unternehmen der Klägerin ändere nichts an der
rechtlichen Selbstständigkeit des U und führe auch nicht zur Begründung einer Betriebsstätte
der Klägerin nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 StromStV. Infolgedessen seien die angefochtenen
Verwaltungsentscheidungen, insbesondere die Aufteilung der Strommengen und die
Reduzierung des Spitzenausgleichs, nicht zu beanstanden. Das FG-Urteil ist in der Zeitschrift
für Zölle und Verbrauchsteuern (ZfZ) 2012, Beilage 1, 14 veröffentlicht.
4 Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin die Gewährung eines ermäßigten Steuersatzes für die
gesamte von ihr zu betrieblichen Zwecken entnommene Strommenge. Die Einschaltung eines
Subunternehmers führe nicht dazu, dass der durch diesen verwendete Strom als zu
außerbetrieblichen Zwecken entnommen angesehen werden müsse. Das Erfordernis des
Einsatzes ausschließlich selbst beschäftigter Mitarbeiter widerspräche dem Sinn und Zweck
der stromsteuerrechtlichen Begünstigung von Unternehmen des Produzierenden Gewerbes.
Für fremde Dritte habe sie keine Dienstleistungen erbracht. Eine Rechtsgrundlage zur
differenzierten Betrachtungsweise könne der Definition des Unternehmensbegriffs in § 2 Nr. 4
StromStG nicht entnommen werden. Deshalb sei es irrelevant, wie ein begünstigtes
Unternehmen seine internen Produktionsabläufe organisiere und ob es hierfür
Subunternehmer einschalte. Der vorliegende Sachverhalt, dessen Fallgestaltung bisher noch
nicht Gegenstand einer finanzgerichtlichen Entscheidung gewesen sei, gebe keine
Veranlassung, Zuordnungsthemen in Verbindung mit § 15 StromStV zu erörtern. Im Schrifttum
habe sich als einziger Rüsken (Rüsken, Kann ein Unternehmen des produzierenden
Gewerbes den Verkauf seiner Produktion Dritten übertragen, ohne insoweit die
Stromsteuerbegünstigung einzubüßen? BFH-PR 2011, 246) mit Inhalt und Reichweite des § 2
Nr. 4 StromStG auseinandergesetzt und in Abrede gestellt, dass die Selbstständigkeit i.S. des
§ 2 Nr. 4 StromStG durch eine eigene Rechtssubjektivität begründet werde. Auch sei es
seiner Ansicht nach nicht ohne Weiteres einsichtig, dass unter Berücksichtigung der
gesetzgeberischen Intention des Stromsteuergesetzes ausgegliederte Betriebe nicht
stromsteuerbegünstigt sein sollen. Im Streitfall habe das FG den zwischen ihr und U
abgeschlossenen Werkvertrag nur unzureichend ausgewertet und die Kündigungsrechte
sowie die Eingliederung von U in ihren Herstellungsprozess unberücksichtigt gelassen.
5 Das HZA weist darauf hin, dass auch Werkvertragsunternehmen in der Rentenversicherung
entlastet würden und diese Entlastung bei ihrer Preiskalkulation berücksichtigten. Im Fall
einer stromsteuerrechtlichen Einbindung eines Subunternehmens in den Betrieb des
Entlastungsberechtigten profitiere ein Auftraggeber durch den ihm zu gewährenden
Spitzenausgleich und durch die Entlastung des Auftragnehmers in der Rentenversicherung
doppelt. Folge man der Auffassung der Klägerin, könnte sie in letzter Konsequenz die
gesamte Produktion auf das Personal von U übertragen und würde immer noch
stromsteuerrechtlich begünstigt. Die besondere Hervorhebung des Instruments der
Arbeitnehmerüberlassung in § 15 Abs. 5 Satz 2 StromStV mache deutlich, dass die
Beschäftigung eines rechtlich selbstständigen Subunternehmers aus stromsteuerrechtlicher
Sicht nicht dem Auftraggeber zugerechnet werden könne. Im Übrigen schließt sich das HZA
den Ausführungen des FG an.
Entscheidungsgründe
6 II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO).
Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin in Bezug auf den von U im Rahmen
seiner Subunternehmertätigkeit verwendeten Strom keine Begünstigung zusteht, weil sie ihn
nicht zu eigenbetrieblichen Zwecken entnommen hat. Somit sind sowohl die Festsetzung der
Stromsteuer als auch die Korrektur des Spitzenausgleichs rechtlich nicht zu beanstanden.
7 1. Gemäß § 9 Abs. 3 StromStG a.F. unterliegt Strom einem ermäßigten Steuersatz, wenn er
von Unternehmen des Produzierenden Gewerbes oder Unternehmen der Land- und
Forstwirtschaft für betriebliche Zwecke entnommen wird. Darüber hinaus wird für
nachweislich versteuerten Strom, den ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes für
betriebliche Zwecke entnommen hat, auf Antrag der sog. Spitzenausgleich nach § 10 Abs. 1
StromStG gewährt. Beide Begünstigungen setzen voraus, dass es sich um ein Unternehmen
i.S. des § 2 Nr. 4 StromStG handelt, das produzierend tätig ist und den entnommenen Strom
für eigenbetriebliche Zwecke verwendet. Ausgeschlossen von der Begünstigung ist eine
Verteilung des einem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Stroms an Dritte.
8 a) Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Klägerin ein Unternehmen des
Produzierenden Gewerbes ist. Auch ist sie nach den Feststellungen des FG im Besitz einer
Erlaubnis zur Entnahme steuerbegünstigten Stroms (§ 9 Abs. 4 StromStG). Im Streitfall hat
sie jedoch einen Teil des auf ihrem Betriebsgelände verbrauchten Stroms nicht selbst und
damit zu eigenbetrieblichen Zwecken verwendet, sondern sie hat ihn unentgeltlich im
Rahmen eines Werkvertrags einem anderen Unternehmen zur Verfügung gestellt. Es ist
auch unstreitig, dass es sich bei U um ein rechtlich selbstständiges Unternehmen und nicht
etwa um eine Betriebsstätte der Klägerin oder auch nur um ein mit der Klägerin rechtlich
verbundenes Unternehmen handelt. Streitentscheidend ist allein die Frage, ob die von U im
Auftrag der Klägerin ausgeführten Tätigkeiten und die dabei verbrauchten Strommengen
dem Unternehmen der Klägerin nach § 9 Abs. 3 StromStG a.F. zugeordnet werden können,
oder ob die Grundwertungen des Stromsteuerrechts eine getrennte Betrachtung gebieten.
9 b) Stromsteuerrechtlich begünstigt ist nach § 2 Nr. 4 StromStG die jeweils kleinste rechtlich
selbstständige Einheit und nicht ein Unternehmensverbund, wie dies z.B. in einem
Organkreis der Fall ist. Seit der Änderung der Begriffsbestimmung durch das Gesetz zur
Fortführung der ökologischen Steuerreform vom 16. Dezember 1999 ist es nicht mehr
erforderlich, dass das Unternehmen aus handels- oder steuerrechtlichen Gründen Bücher
führt und Bilanzen erstellt. Ausdrücklich erfasst werden auch kommunale Eigenbetriebe. Der
in dieser Weise verstandene Unternehmensbegriff des Stromsteuerrechts ist nicht
deckungsgleich mit dem Unternehmensbegriff des § 2 des Umsatzsteuergesetzes oder mit
dem Betriebsstättenbegriff des § 12 der Abgabenordnung (AO). Vielmehr ist zur Auslegung
des in § 9 Abs. 3 und § 10 Abs. 1 StromStG a.F. verwendeten Unternehmensbegriffs auf die
mit diesen Regelungen verbundene stromsteuerrechtliche Zielsetzung abzustellen.
10 Die Gewährung ermäßigter Steuersätze und des sog. Spitzenausgleichs für Unternehmen
des Produzierenden Gewerbes dient insbesondere dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit im
internationalen Wettbewerb stehender Herstellungsbetriebe. In verfassungsrechtlich nicht zu
beanstandender Weise sind Dienstleistungsunternehmen von den Begünstigungen
ausgeschlossen (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April
2004 1 BvR 1748/99, 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274).
11 Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes werden Unternehmen als solche und nicht
bestimmte Vorgänge begünstigt, bei denen Strom verbraucht wird. Eine Erlaubnis nach § 9
Abs. 4 StromStG wird daher personenbezogen natürlichen oder juristischen Personen erteilt.
Dabei setzt die stromsteuerrechtliche Einstuung als Unternehmen des Produzierenden
Gewerbes eine Zuordnung zu einem entsprechenden Wirtschaftszweig der Klassifikation der
Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamts (bis zum 31. Dezember 2006 WZ 93,
nunmehr WZ 2003) voraus (§ 2 Nr. 3 StromStG). Daraus folgt, dass sich der
stromsteuerrechtliche Unternehmensbegriff auch nach den Vorgaben der Klassifikation der
Wirtschaftszweige orientiert. Ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 2 StromStG
(BTDrucks 14/440) entspricht der Unternehmensbegriff den Vorgaben des statistischen
Bundesamtes für dessen Erhebungen zum Produzierenden Gewerbe (Fachserie 4,
Reihe 4.1.1.). Aus Gründen der Praktikabilität und zur Herstellung einer Kongruenz mit dem
Unternehmensbegriff der Klassifikation der Wirtschaftszweige hat der Gesetzgeber auf eine
formale Betrachtungsweise abgestellt und zum prägenden Merkmal die rechtliche
Selbstständigkeit bestimmt (Senatsurteil vom 30. November 2004 VII R 41/03, BFHE 208,
361, ZfZ 2005, 168). Dabei hat er jedoch in Abweichung von den statistischen Vorgaben
eine wesentliche Einschränkung vorgenommen. Im Gegensatz zur Vorbemerkung 3.2
WZ 2003 sieht er Unternehmensgruppen nicht als Einheit an. Somit sind allein aufgrund der
Rechtsformwahl Kooperationen, Unternehmensgruppen und aus Unternehmen bestehende
Gesellschaften von der Begünstigung ausgeschlossen (Urteil des FG Düsseldorf vom
1. September 2004 4 K 5787/99 VSt, ZfZ 2005, 99). Auch hat der Gesetzgeber bewusst
davon abgesehen, zur Definition des Unternehmensbegriffs auf steuerrechtliche
Vorschriften, wie z.B. § 12 AO, Bezug zu nehmen. Durch die getroffene Regelung wird eine
zielgenaue Förderung der begünstigten Unternehmen sichergestellt. Dies ist insbesondere
bei Konzernverhältnissen von Bedeutung. Eine organschaftliche Verbundenheit rechtlich
selbstständiger Gesellschaften kann im Stromsteuerrecht nicht dazu führen, dass eine
abhängige Organgesellschaft in den Genuss einer Steuerbegünstigung käme, die ihr bei
isolierter Betrachtung ihrer Haupttätigkeit nicht zustünde (Senatsentscheidung in BFHE 208,
361, 365, ZfZ 2005, 168).
12 In diesem Zusammenhang misst der erkennende Senat der Formulierung des in § 9 Abs. 3
StromStG a.F. normierten Begünstigungstatbestands, der nicht auf eine Stromentnahme zu
unternehmenseigenen, sondern für betriebliche Zwecke abstellt, keine streitentscheidende
Bedeutung bei. Über eine extensive Deutung des Betriebsbegriffes kann die grundsätzliche
Entscheidung des Gesetzgebers, nur die in § 2 Nr. 4 StromStG definierten Unternehmen zu
begünstigen, nicht in Frage gestellt werden.
13 2. Entscheidend für die stromsteuerrechtliche Einstufung einer Betriebseinrichtung als
begünstigtes Unternehmen ist somit eine rechtlich selbstständige Wahrnehmung von
Aufgaben, die mit der betriebsbedingten Verwendung von Strom einhergeht. Wie der Senat
entschieden hat, ist dies bei der Tätigkeit von Kommissionären, die es gemäß § 383 Abs. 1
des Handelsgesetzbuchs gewerbsmäßig übernommen haben, in vom Kommittenten zur
Verfügung gestellten Filialen bestimmte Produkte für Rechnung des Kommittenten in
eigenem Namen zu verkaufen, der Fall (Senatsbeschluss vom 31. Januar 2008 VII B 79/07,
BFH/NV 2008, 1013). Der Umstand, dass die Filialen feste Bestandteile eines einheitlichen
Verkaufskonzepts und eines großflächigen Vertriebsnetzes eines Kommittenten sind,
vermag an der rechtlichen Selbstständigkeit und der dadurch vermittelten
Unternehmensqualität der einzelnen Kommissionäre nichts zu ändern. Auch für den Fall der
Verpachtung von Verkaufsstellen an Personen, die keine Angestellten des Unternehmens
sind, sondern auf Provisionsbasis im Rahmen einer selbstständigen und
eigenverantwortlichen Handelsvertretertätigkeit u.a. Produkte des Unternehmens veräußern
sowie Eigengeschäfte ausführen, hat der Senat entschieden, dass der verpachtete
Geschäftsbetrieb und nicht etwa der Verpächter als steuerbegünstigtes Unternehmen i.S.
des § 2 Nr. 4 StromStG anzusehen ist (Senatsurteil vom 2. November 2010 VII R 48/09,
BFH-PR 2011, 246). Es ist kein überzeugender Grund ersichtlich, die Tätigkeit von
Werkunternehmern, die ihren Geschäften als selbstständige Gewerbetreibende nachgehen
und wie im Streitfall zwar nicht in ein Vertriebsnetz, jedoch in einen Herstellungsbetrieb
eingebunden sind, stromsteuerrechtlich anders zu beurteilen.
14 Von dem zuletzt genannten Fall unterscheidet sich der Streitfall insbesondere dadurch, dass
zwischen der Klägerin und U kein Pachtvertrag geschlossen worden ist. Vielmehr stellte die
Klägerin eine für die Tätigkeit von U benötigte Fläche sowie Maschinen unentgeltlich auf
ihrem eigenen Betriebsgelände zur Verfügung. Ansonsten verarbeiteten die von U
beschäftigten und entlohnten Arbeitnehmer, über die die Klägerin keine Weisungsbefugnis
hatte, im Eigentum der Klägerin stehendes Fleisch zu Fertigerzeugnissen. Das gleiche
Ergebnis hätte die Klägerin durch eine entgeltliche Überlassung ihrer Betriebseinrichtungen
an U durch den Abschluss eines zusätzlichen Miet- oder Pachtvertrags erzielen können. Bei
dieser Betrachtung könnte U --sofern dessen Tätigkeit in der Wurstproduktion eine solche
des Verarbeitenden Gewerbes i.S. des § 2 Nr. 3 StromStG ist (nach der Vorbemerkung 3.4.
zur WZ 2003 --die allerdings nach § 15 Abs. 8 StromStV auf die Tätigkeit sog. Converter
keine Anwendung findet-- werden Einheiten, die Leistungen gegen Entgelt oder auf
sonstiger vertraglicher Grundlage erbringen, z.B. Verarbeitung von vom Auftraggeber
bereitgestelltem Obst für die Konservierung, wie Einheiten klassifiziert, die die gleichen
Waren auf eigene Rechnung produzieren)-- stromsteuerrechtlich ebenfalls als begünstigtes
Unternehmen des Produzierenden Gewerbes anzusehen sein, denn eine Konkurrenz mit
anderen Unternehmen, die gleiche Leistungen --nämlich die Zerlegung und Bearbeitung von
Fleisch-- anbieten, dürfte außer Frage stehen. Die Möglichkeit, dass innerhalb eines
Betriebsgeländes entnommene Strommengen auf verschiedene vergütungsberechtigte
Unternehmen aufgeteilt werden können, erscheint nicht als von vornherein ausgeschlossen
(vgl. 4. Orientierungssatz in BFH-PR 2011, 246), so dass in solchen Fällen dem Anliegen
des Gesetzgebers Genüge getan wäre. Auch dieser Gesichtspunkt spricht dafür, die
selbstständige Tätigkeit von U, die es aufgrund eines Werkvertrags erbringt,
stromsteuerrechtlich nicht der Klägerin zuzuordnen. Dabei kommt es entgegen der
Auffassung der Revision weder auf die Art und das Ausmaß der Einbindung von U in den
Produktionsablauf der Klägerin noch auf die nähere Ausgestaltung der vertraglich
vereinbarten Kündigungsrechte an.
15 3. Da die Klägerin den von U zur Ausführung des mit ihr abgeschlossenen Werkvertrags
verwendeten Strom nicht zu betrieblichen Zwecken entnommen hat, kann für diese
Strommengen ein ermäßigter Steuersatz nicht gewährt werden. Insoweit kommt auch eine
Entlastung im Rahmen des sog. Spitzenausgleichs nach § 10 Abs. 1 StromStG nicht in
Betracht. Bei diesem Befund erweisen sich die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen
als rechtmäßig, so dass dahingestellt bleiben kann, ob die Steuer im Streitfall --wie das FG
zu Recht geurteilt hat-- aufgrund einer der Klägerin zuzuordnenden zweckwidrigen
Entnahme nach § 9 Abs. 6 Satz 2 StromStG oder aufgrund einer ohne Erlaubnis
vorgenommenen Leistung des Stroms an U nach § 5 Abs. 1 StromStG i.V.m. § 16 StromStV
a.F. entstanden ist.