Urteil des BFH vom 17.12.2008

BFH: Werbungskosten bei gemeinschaftlich erzielten Einkünften, vermietung, verpachtung, miteigentümer, erlöschen, aufwand, erbengemeinschaft, anschaffungskosten, auflösung, beendigung

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 17.12.2008, IX R 25/08
Werbungskosten bei gemeinschaftlich erzielten Einkünften
Tatbestand
1 I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war an einer Grundstücksgemeinschaft mit Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung beteiligt. Neben dem Kläger waren beteiligt F sowie die Erbengemeinschaft nach R (beteiligt an der
Erbengemeinschaft: H, M und T).
2 Die Grundstücksgemeinschaft erlosch dadurch, dass F und die Erbengemeinschaft ihre Anteile im Jahr 2001 (Streitjahr)
veräußerten; der Kläger blieb zu 1/3 Eigentümer des Grundstücks und vermietet auch weiterhin. Nach Auflösung der
Gemeinschaft zahlte der Kläger aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs 40 000 DM. Der Grund für diese Zahlung ist
nicht festgestellt. Nach Vortrag des Klägers zahlte er, damit H der Löschung von Grundschulden zustimmte. Das
Finanzamt (FA) erkannte diese Aufwendungen nicht --wie beantragt-- als Sonderwerbungskosten bei den Einkünften
der Grundstücksgemeinschaft aus Vermietung und Verpachtung an.
3 Auch die Klage blieb erfolglos (Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 1721). Das Finanzgericht (FG) führte
zur Begründung aus, Grundschuldlöschungskosten stellten jedenfalls dann keine (nachträglichen) Werbungskosten
dar, wenn sie auf die Zeit nach Beendigung der Vermietung und Verpachtung entfielen. Selbst wenn man dem Vortrag
des Klägers folge, dass es sich um Kosten zur Erwirkung der Löschungsbewilligung handele, seien diese Kosten
jedenfalls nach Erlöschen der Grundstücksgemeinschaft angefallen. Dieser Fall sei der Beendigung der Vermietung
und Verpachtung gleichzusetzen; denn die Löschung sei für die weitere Renovierung und nachfolgende
Einkünfteerzielung erforderlich gewesen.
4 Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, die er auf Verletzung materiellen Rechts stützt. Es seien
(nachträgliche) Sonderwerbungskosten von 40 000 DM zu berücksichtigen. Löschungskosten seien nicht stets
Anschaffungskosten. Das FG habe die Frage nicht behandelt, ob durch die Zahlung nicht vermieden worden sei,
frühere Einnahmen zurückzuerstatten. Überdies erziele er, der Kläger, durch Vermietung seines durch Aufteilung des
bisherigen gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Wohnungseigentumsgesetz verbliebenen Grundstücksteils nach
wie vor Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
5 Der Kläger beantragt,
6 das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung des FA vom 28. Juni 2005 aufzuheben sowie die einheitliche
und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Grundstücksgemeinschaft vom 22.
Mai 2002 insoweit zu ändern, als weitere Werbungskosten in Höhe von 40 000 DM als Sonderwerbungskosten des
Klägers bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen sind.
7 Das FA beantragt,
8 die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
9
II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat
es im Ergebnis zutreffend abgelehnt, die Aufwendungen des Klägers von 40 000 DM als Sonderwerbungskosten im
Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der
Grundstücksgemeinschaft zu berücksichtigen.
10 1. Werbungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der
Einnahmen, die bei der Einkunftsart abzuziehen sind, bei der sie erwachsen (§ 9 Abs. 1 Satz 2 EStG), und das heißt,
durch die sie veranlasst sind.
11 Im Streitfall stehen die Aufwendungen, um die es hier geht, nicht mit der von der Grundstücksgemeinschaft
verwirklichten Einkunftsart Vermietung und Verpachtung in wirtschaftlichem Zusammenhang.
12 a) Den objektiven Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklicht, wer die rechtliche oder
tatsächliche Macht hat, eines der in § 21 Abs. 1 EStG genannten Wirtschaftsgüter anderen entgeltlich auf Zeit zur
Nutzung zu überlassen und Träger der Rechte und Pflichten aus einem Miet- oder Pachtvertrag ist. Tritt --wie hier--
eine Grundstücksgemeinschaft als Vermieterin auf, verwirklichen steuerrechtlich die Miteigentümer den
Einkünfteerzielungstatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gemeinschaftlich (ständige Rechtsprechung, vgl.
Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. Mai 2004 IX R 49/02, BFHE 206, 168, BStBl II 2004, 929, und IX R
83/00, BFHE 206, 162, BStBl II 2004, 898). Folglich müssen diese Einkünfte zunächst auf der Ebene der Gemeinschaft
ermittelt und sodann auf die Miteigentümer verteilt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 27. Juli
2004 IX R 20/03, BFHE 206, 444, BStBl II 2005, 33, m.w.N.).
13 b) Daraus ergibt sich zugleich: Aufwendungen sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sie bei
den gemeinschaftlich erzielten Einkünften erwachsen sind. Sie müssen also, um sie als Werbungskosten im
Rahmen der gemeinschaftlichen Ermittlung der Einkünfte abziehen zu können, durch das gemeinschaftliche
Vermieten veranlasst sein. Dies gilt auch dann, wenn ein Miteigentümer allein den Aufwand getragen hat, der dann
als Sonderwerbungskosten abziehbar wäre (vgl. zur überquotalen Übernahme von Aufwendungen eingehend BFH-
Urteil vom 23. November 2004 IX R 59/01, BFHE 208, 203, BStBl II 2005, 454, m.w.N.). Wendet ein Miteigentümer
aber etwas auf, was nicht im Zusammenhang mit der gemeinschaftlichen Einkünfteerzielung, wohl aber mit der von
ihm z.B. nach Auflösung der Gemeinschaft allein fortgesetzten Vermietung steht, so kann dieser Aufwand nicht im
Rahmen der Gemeinschaft, sondern nur bei ihm selbst zu berücksichtigen sein.
14 2. Nach diesen Grundsätzen hat das FG im Ergebnis richtig entschieden; es ist zutreffend davon ausgegangen, dass
mit dem Erlöschen der Gemeinschaft auch die gemeinschaftliche Vermietungstätigkeit endet.
15 a) Das FG hat mangels substantiierten Vortrags des Klägers nicht feststellen können, ob es sich bei dem Aufwand um
nachträgliche Werbungskosten im Zusammenhang mit der gemeinschaftlichen Vermietung handelt, weil mit dem
aufgrund des gerichtlichen Vergleichs gezahlten Betrag z.B. (auch) rückständige Schuldzinsen oder
Abrechnungsbeträge beglichen wurden, die auf die Zeit der gemeinschaftlichen Vermietung des Mietobjekts entfallen
(vgl. BFH-Urteil vom 21. Dezember 1982 VIII R 48/82, BFHE 138, 47, BStBl II 1983, 373). Grundsätzlich sind die nach
dem Erlöschen der Grundstücksgemeinschaft und der dadurch bedingten Aufgabe der gemeinschaftlichen
Vermietungstätigkeit bezahlten Aufwendungen jedenfalls nicht bei den gemeinschaftlichen Einkünften aus
Vermietung und Verpachtung erwachsen. Hier kommt maßgebend hinzu, dass nach der Aussage des Klägers, die das
FG für den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO festgestellt und seiner Würdigung zugrunde gelegt hat, die Löschung der
Grundschuld für die weitere Renovierung und nachfolgende Einkünfteerzielung erforderlich war. Daraus lässt sich
allenfalls ein Zusammenhang mit der im Anschluss an das Ende der gemeinschaftlichen steuerbaren Tätigkeit
aufgenommenen Vermietungstätigkeit des Klägers schließen.
16 b) Erst auf der Ebene des Miteigentümers --hier des Klägers-- wird es deshalb darum gehen können, ob die Erwirkung
einer Löschungsbewilligung entgolten wurde und dieser Vorgang zu Anschaffungskosten des Klägers führt (vgl. BFH-
Urteile vom 21. Dezember 1982 VIII R 215/78, BFHE 138, 44, BStBl II 1983, 410, und vom 15. Dezember 1992 IX R
323/87, BFHE 169, 386, BStBl II 1993, 488) oder ob es sich dabei um sofort abziehbare Werbungskosten handelt. Im
Rahmen der gemeinschaftlichen Ermittlung der Einkünfte hat dies aber keine Bedeutung.