Urteil des AG Kirchhain vom 29.01.2008

AG Kirchhain: fahrzeug, verkehrsunfall, wertminderung, geschwindigkeit, zukunft, sachverständigenkosten, anhörung, reparaturkosten, kollision, vollstreckung

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Gericht:
AG Kirchhain
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 C 359/07 (2), 7 C
359/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 249 Abs 2 BGB
Schadensersatz bei Kfz-Unfall: Quotenvorrecht für
Rechtsanwaltskosten bei Schadensabwicklung über die
eigene Kaskoversicherung
Tenor
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den
Kläger 1.066,00 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem
Basiszinssatz aus 906,95 Euro seit dem 17.07.2005 und aus 159,05
Euro seit dem 31.07.2007 sowie weitere 148,33 Euro zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem
Kläger sämtliche Schäden, die ihm in Zukunft aus dem Verkehrsunfall
vom 15.06.2007 um 7.10 Uhr in ... S, M/Einmündung Estraße
entstehen, in Höhe von 50 % zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht
auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritter übergeleitet
worden sind, übergegangen sind oder noch übergehen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 15 %, die
Beklagten 85 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die Vollstreckung jeweils gegen
Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages
abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich
am 15.06.2007 um 7:10 Uhr in S an der Kreuzung M/Estraße ereignet hat und an
dem das klägerische Fahrzeug, ein Seat mit dem Kennzeichen ... und der Lkw,
deren Halterin die Beklagte zu 3) ist und der zum Unfallzeitpunkt von dem
Beklagten zu 2) gefahren wurde und bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversichert
ist, beteiligt waren. Das klägerische Fahrzeug wurde zum Zeitpunkt des Unfalls von
der Zeugin ... der Tochter des Klägers gefahren. Der Beklagte zu 2) war von dem
Verladeplatz der Firma Ferrero nach rechts in die Straße M eingebogen und fuhr in
Richtung DAG-Gebiet. Von rechts aus Richtung des Beklagten zu 2) gesehen
mündet die Estraße auf die Straße M. Aus dieser Straße kam die Zeugin ... mit
dem Fahrzeug des Klägers und beabsichtigte nach links in die Straße Mn
abzubiegen. Aufgrund der dort vorhandenen Beschilderung mit den
Vorfahrtszeichen 205/206 befand sich der Beklagte zu 2) auf der
vorfahrtsberechtigten Straße und die Zeugin ... war wartepflichtig. Es kam dann im
Einmündungsbereich zu einer Kollision zwischen den beiden Fahrzeugen, wobei die
Zeugin ... mit dem klägerischen Fahrzeug in die rechte Seite des Lkw's fuhr. Die
Beschädigungen am Pkw des Klägers befinden sich vorne rechts, die
Beschädigungen am Lkw befinden sich in dem Raum zwischen der Vorderachse
und der Hinterachse. Die weiteren Einzelheiten der Kollision sind zwischen den
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und der Hinterachse. Die weiteren Einzelheiten der Kollision sind zwischen den
Parteien streitig. Die Reparaturkosten am klägerischen Fahrzeug belaufen sich
inklusive MwSt auf 2.117,87 Euro. Außergerichtliche Zahlungen der Beklagten sind
nicht erfolgt trotz entsprechender Fristsetzung zum 06.07.2007 durch anwaltliches
Schreiben vom 22.06.2007.
Der Kläger hat daraufhin seines Vollkaskoversicherung in Anspruch genommen
und den Schaden vollständig reparieren lassen. Die Kaskoversicherung hat dem
Kläger 1.479,72 Euro gezahlt. Die Schadensabwicklung mit der Kaskoversicherung
des Klägers wurde durch dessen Prozessbevollmächtigten vorgenommen. Der
Kläger macht nunmehr die Selbstbeteiligung in Höhe von 300,00 Euro, die
eingetretene Wertminderung in Höhe von 150,00 Euro, die verauslagten
Sachverständigengebühren in Höhe von 315,95 Euro sowie die für die Regulierung
mit der Kaskoversicherung entstandenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von
229,55 Euro geltend sowie Nutzungsausfall in Höhe von 116,00 Euro (4 x 29,00
Euro) und weitere 25,00 Euro Kostenpauschale.
Darüber hinaus begehrt er noch außergerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten
in Höhe von 148,33 Euro. Wegen der Aufstellung wird auf Bl. 7 d. A. Bezug
genommen.
Der Kläger behauptet, die Zeugin ... habe zunächst im Einmündungsbereich der
Estraße angehalten, um dem Lkw die Vorfahrt zu gewähren. Dieser habe dann in
Annäherung an den Einmündungsbereich den rechten Fahrtrichtungsanzeiger
eingeschaltet und die Geschwindigkeit verlangsamt. Die Zeugin ... sei daher davon
ausgegangen, dass der Beklagte zu 2) nach rechts in die Estraße habe einbiegen
wollen und sei daher losgefahren.
Durch die Inanspruchnahme der Kaskoversicherung sei ein Höherstufungsschaden
entstanden, der noch nicht bezifferbar sei.
Der Kläger beantragt daher,
die Beklagten zu verurteilen, gesamtschuldnerisch an den Kläger
1.136,50 Euro nebst 5 Prozentpunkten Jahreszinsen über dem
Basiszinssatz aus 906,95 Euro seit dem 17.07.2007, aus einem
weiteren Betrag von 229,55 Euro seit dem 31.07.2007 und weitere
148,33 Euro an nicht anrechenbaren, außergerichtlich angefallenen
Rechtsanwaltsgebühren zu bezahlen
und ferner,
festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger
sämtliche Schäden, die ihm in Zukunft aus dem Verkehrsunfall vom
15.06.2007 um 07:10 Uhr in ... S, M/Einmündung Estraße entstehen, zu
ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger
oder sonstige Dritte übergeleitet worden sind, übergegangen sind
oder noch übergehen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, der Beklagte zu 2) habe weder in Annäherung an den
Einmündungsbereich seine Geschwindigkeit verringert noch sei der rechte
Fahrtrichtungsanzeiger eingeschaltet gewesen.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf den Schriftsatz vom
16.08.2007 (Bl. 33 ff d. A.) sowie auf die Angaben des Beklagten zu 2) im Rahmen
der informatorischen Anhörung vom 13.11.2007 (Bl. 55 und 56 d. A.) Bezug
genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugin ...
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom
13.11.2007 (Bl. 54 ff. d. A.) Bezug genommen.
Soweit am 13.11.2007 ein weiterer Beweisbeschluss ergangen ist, mit dem ein
Sachverständigengutachten eingeholt werden sollte, ist davon Abstand
genommen worden, da entgegen den ursprünglichen Angaben, das
Aufzeichnungsgerät des Lkw's nicht mehr auslesbar war und somit für den
Sachverständigen keine Grundlage für die Erstellung eines Gutachtens mehr
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Sachverständigen keine Grundlage für die Erstellung eines Gutachtens mehr
gegeben war.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist in der Hauptsache nur in Höhe von 1.066,00 Euro begründet.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts
fest, dass der Unfall auf ein jeweils hälftiges Verschulden der Zeugin ... und des
Beklagten zu 2) zurückzuführen ist, da die Zeugin ... entgegen § 8 StVO die
Vorfahrt des Beklagten zu 2) nicht beachtet hat, der Beklagte zu 2) allerdings zu
diesem Zeitpunkt den Fahrtrichtungsanzeiger nach rechts eingeschaltet hatte und
daher den falschen Eindruck bei der Zeugin ... erweckt hat, er wolle nach rechts in
die Estraße einbiegen.
Dies folgt allein schon aufgrund der Angaben des Beklagten zu 2) im Rahmen der
informatorischen Anhörung. Er hat auf entsprechenden Vorhalt angegeben, dass
er vor Ort gegenüber dem Polizeibeamten nicht zugegeben habe, dass der
Fahrtrichtungsanzeiger an gewesen sei, allerdings habe er gegenüber dem
Polizeibeamten erklärt, dass er an gewesen sein könnte, er sich doch allerdings
aufgrund der Neuwertigkeit des Lkw's eigentliche hätte ausgeschaltet haben
müssen. Wenngleich er dann im weiteren Verlauf sich darauf festgelegt hat, dass
dieser nicht eingeschaltet gewesen sei, steht dies nunmehr im Widerspruch zu
seiner immerhin zugestandenen Einlassung gegenüber dem Polizeibeamten, dass
er an gewesen sein könne. Aufgrund der damaligen Zeitnähe seiner Angaben
hätte es nahegelegen, bei der nunmehr von ihm angegebenen Gewissheit, dass
der Fahrtrichtungsanzeiger nicht eingeschaltet war, dies auch gegenüber dem
Polizeibeamten so zu erklären. Demzufolge hat das Gericht auch keinen Anlass an
der Richtigkeit der Aussage der Zeugin ... wonach der Blinker in Annäherung an
den Einmündungsbereich nach rechts gesetzt gewesen sei, während sie dort
gestanden habe. Nicht gefolgt werden kann jedoch der Aussage der Zeugin,
wonach der Lkw nicht nur die Geschwindigkeit verlangsamt habe, sondern auch
noch nach rechts in den Einmündungsbereich einen Schlenker gefahren sei. Dies
deshalb nicht, da sich bei ihren Angaben gegenüber den aufnehmenden
Polizeibeamten kein diesbezüglicher Hinweis befindet und auch der Beklagte zu 2)
für das Gericht nachvollziehbar erklärt hat, dass er ca. 50 m nach dem
Einmündungsbereich nach links auf das Betriebsgrundstück habe fahren wollen.
Bei dem sich danach ergebenden Anspruch des Klägers aus §§ 7, 17 StVG
gegenüber dem Beklagten zu 2) in Verbindung mit § 18 StVG, gegenüber der
Beklagten zu 1) in Verbindung mit § 3 Pflichtversicherungsgesetz, ergab sich daher
ein Anspruch dem Grunde nach auf Erstattung von 50 % des dem Kläger
entstandenen Schadens.
Zugrundezulegen war daher ein dem Kläger entstandener ursprünglicher Schaden
in Höhe von 2.954,41 Euro, zusammengesetzt aus den Reparaturkosten in Höhe
von 2.117,87 Euro, Wertminderung in Höhe von 150,00 Euro,
Sachverständigenkosten in Höhe von 315,95 Euro, Kostenpauschale in Höhe von
25,00 Euro, Nutzungsausfall in Höhe von 116,00 Euro sowie Kosten für die
Inanspruchnahme der Abwicklung des Schadens über die Kaskoversicherung in
Höhe von 229,59 Euro.
Als Quotenbevorrechtigt sind daher dem Kläger die 300,00 Euro Selbstbeteiligung,
die Wertminderung in Höhe von 150,00 Euro, die Sachverständigenkosten in Höhe
von 315,95 Euro und auch die 229,59 Euro. Dabei handelt es sich um notwendige
Aufwendungen im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB. Im Anschluss an die Entscheidung
des OLG Karlsruhe (NZV 1990, Seite 431) handelt es sich dabei um einen
kongruenten Schaden.
Bzgl. der nicht bevorrechtigten Schadenspositionen Nutzungsausfall in Höhe von
116,00 Euro und Pauschale in Höhe von 25,00 Euro waren hingegen nur
entsprechend der Quote ein Teilbetrag in Höhe von 70,50 Euro zu ersetzen.
Der entsprechende Zinsanspruch folgt aus §§ 284 ff BGB.
Entsprechend der obigen Quote war auch festzustellen, dass die zukünftig
entstehenden Schäden (Höherstufungsschaden) hälftig zu erstatten sind. Im
Übrigen war die Klage als unbegründet abzuweisen.
Bzgl. der hier geltend gemachten 148,33 Euro entsprechend der Klageschrift Bl. 7
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Bzgl. der hier geltend gemachten 148,33 Euro entsprechend der Klageschrift Bl. 7
ist dort zwar von einem überholten Gegenstandswert ausgegangen worden,
allerdings bei dem tatsächlich unter fiktiver Berechnung des vor der
Inanspruchnahme der Versicherung bestehenden Schadensersatzanspruchs von
1.362,41 Euro ergibt sich entsprechend der Rechtsprechung ein Anspruch auf im
Rahmen der Kostenfestsetzung zu berücksichtigenden Anwaltsgebühren in Höhe
von 136,50 Euro netto zzgl. 20,00 Euro Post- und Telekommunikationspauschale
sowie weiterer 29,73 Euro Umsatzsteuer, mithin ein Gesamtbetrag in Höhe von
186,23 Euro. Dieser Betrag liegt über den hier gerichtlich geltend gemachten
Gebühren, sodass dieser in vollem Umfang zuzusprechen war.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Ziff. 11, 711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.