Urteil des AG Duisburg vom 26.01.2006

AG Duisburg: zwangsversteigerung, eigentümer, akte, erde, zwangsvollstreckung, form, offenkundig, urkunde, wiedervereinigung, eigentum

Amtsgericht Duisburg, 46 K 361/04
Datum:
26.01.2006
Gericht:
Amtsgericht Duisburg
Spruchkörper:
Vollstreckungsgericht
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
46 K 361/04
Leitsätze:
Das Bonner Grundgesetz ist unverändert in Kraft. Eine deutsche
Reichsverfassung, eine kommissarische Reichsregierung oder ein
kommissarisches Reichtsgericht existieren ebenso wenig, wie die Erde
eine Scheibe ist.
Tenor:
hat das Amtsgericht Duisburg als Vollstreckungsgericht beschlossen:
Die Erinnerung des Schuldners vom 18. Januar 2006 gegen den
Beschluss des Rechtspflegers vom 10. Oktober 2004 (Anordnung der
Zwangsversteigerung) wird auf Kosten des Erinnerungsführers
zurückgewiesen.
Gründe
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I.
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Auf Antrag der Gläubigerin vom 3. September 2004 ordnete der Rechtspfleger mit
Beschluss vom 10. Oktober 2004 die Zwangsversteigerung des im Rubrum genannten
und im Eigentum des Schuldners stehenden Grundstücks an. Antrag und Beschluss
wurden dem Schuldner am 13. Oktober 2004 zugestellt (Bl. 7 der Akte). Am 23. Januar
2006 fand der Versteigerungstermin statt, der Schuldner war trotz Ladung nicht
erschienen. Ein Zuschlag wurde nicht erteilt, weil kein ausreichendes Gebot abgegeben
war.
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Unter Bezugnahme auf den anstehenden Versteigerungstermin hat der Schuldner mit
Schreiben vom 18. Januar 2006, bei Gericht eingegangen am 21. Januar 2006,
beantragt, das gesamte Verfahren für rechtswidrig zu erklären. Er ist der Ansicht, das
Grundgesetz sei am 17. Juli 1990 außer Kraft getreten, und verbreitet sich auf insgesamt
28 Seiten über die staats- und völkerrechtliche Lage Deutschlands, über seinen
persönlichen Rechtsstatus als vermeintlich exterritorialer Staatsangehöriger des
Deutschen Reiches sowie über eine angeblich fortgeltende Reichsverfassung "in der
Fassung vom 19. Januar 1996".
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II.
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Die Eingabe des Schuldners vom 18. Januar 2006 richtet sich gegen die Einleitung und
Durchführung des Verfahrens zur Zwangsversteigerung schlechthin, also gegen die
Anordnung der Zwangsversteigerung (§ 15 ZVG). Sie ist deshalb als
Vollstreckungserinnerung im Sinne des § 766 ZPO gegen den Beschluss vom 10.
Oktober 2004 zu behandeln. Für die Entscheidung ist der Richter des
Vollstreckungsgerichts zuständig (§ 20 Nr. 17 RpflG).
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Der Rechtsbehelf ist zulässig, aber in der Sache nicht begründet.
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1. Die Ausführungen des 1960 geborenen Schuldners über die Grundlagen der
gegenwärtigen staatlichen Ordnung in Deutschland und über seinen persön-lichen
Rechtsstatus sind abwegig. Eine deutsche Reichsverfassung vom 19. Januar 1996,
eine kommissarische Reichsregierung oder ein kommissarisches Reichsgericht
existieren ebenso wenig, wie die Erde eine Scheibe ist.
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Die allgemein anerkannte, historisch, politisch und rechtlich legitime ver-
fassungsmäßige Grundlage der Bundesrepublik Deutschland, ihrer Rechts-ordnung und
ihrer Institutionen ist das Bonner Grundgesetz vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1) in seiner
zuletzt durch das Gesetz vom 26. Juli 2002 (BGBl. I S. 2863) geänderten Fassung. Es ist
nach wie vor in Kraft. Die Bundesrepublik Deutschland in den Grenzen von 1990 ist der
gegenwärtige deutsche Nationalstaat. Einen anderen gibt es nicht. Die Bundesrepublik
Deutschland ist als Staat mit dem früheren Deutschen Reich identisch, sie ist dessen
heutige rechtliche und tatsächliche Erscheinungsform (vgl. BVerfG, Urteil vom 31. Juli
1973 – 2 BvF 1/73, BVerfGE 36, 1, 15 ff. = NJW 1973, 1539; Beschluss vom 21. Oktober
1987 – 2 BvR 373/83, BVerfGE 77, 137, 149 ff. = NJW 1988, 1313; Beschlssu vom 26.
Oktober 2004 – 2 BvR 955/00, 2 BvR 1038/01, NVwZ 2005, 560, 563).
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Das Deutsche Reich in seiner historischen Gestalt ist spätestens mit der
bedingungslosen Kapitulation aller Streitkräfte vom 7. und 8. Mai 1945 institutionell
vollständig zusammengebrochen (vgl. BVerfG, Urteil vom 23. Oktober 1952 – 1 BvB
1/51, BVerfGE 2, 1, 56 f.; Urteil vom 17. Dezember 1953 – 1 BvR 147/52, BVerfGE 3,
58). Seine damals noch vorhandenen Organe und sonstigen staatsrechtlichen
Strukturen sind im Mai 1945 auf allen Ebenen endgültig weggefallen, an ihre Stelle sind
in den folgenden Jahren, zuletzt durch die deutsche Wiedervereinigung vom 3. Oktober
1990, neue, durch allgemeine Wahlen historisch und rechtlich uneingeschränkt
legitimierte Strukturen getreten.
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Anderslautende Behauptungen und Rechtsansichten beruhen auf ideologisch
bedingten Wahnvorstellungen. Sie werden gemeinhin allenfalls von rechtsradikalen
Agitatoren (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 23. Oktober 1952 – 1 BvB 1/51, BVerfGE 2, 1,
56 f.; Verfassungsschutzbericht 2003, hrsgg. vom Bundesministerium des Innern, 2004,
S. 55, 89 f.) oder von Psychopathen vertreten (vgl. dazu Informationsdienst gegen
Rechtsextremismus, www.idgr.de, Suchbegriff: kommissarische Reichsregierung).
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Zu einer weiteren Auseinandersetzung mit den Prämissen oder Schluss-folgerungen
des Schuldners besteht kein Anlass. Eine gerichtliche Entscheidung muss sich nicht mit
jedem tatsächlichen Vorbringen und jedem vorgebrachten Rechtsgedanken der
Beteiligten ausdrücklich befassen. Sie muss lediglich darlegen, welche tatsächlichen
Feststellungen und rechtlichen Erwägungen maßgeblich sind.
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Der Schuldner nimmt im Übrigen seine Ausführungen offenkundig selbst nicht ernst.
Indem er nämlich beim Amtsgericht Duisburg Anträge stellt, die auf rechtlich
verbindliche Entscheidungen abzielen, erkennt er zugleich die auf dem Grundgesetz
beruhenden Institutionen in Deutschland an.
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2. Das vorliegende Zwangsversteigerungsverfahren ist gesetzmäßig. Die Anordnung
der Zwangsversteigerung (§ 15 ZVG) als besondere Form der Zwangsvollstreckung ist
nach dem Gesetz zulässig, wenn der antragstellende Gläubiger über einen
vollstreckbaren persönlichen oder dinglichen Schuldtitel gegen den Eigentümer als
Schuldner verfügt, der dem Eigentümer spätestens bei Beginn der Vollstreckung
ordnungsgemäß zugestellt worden ist (§§ 1147, 1192 BGB, §§ 704, 724, 750, 794, 795,
797 Abs. 2. § 869 ZPO, §§ 15 bis 17 ZVG).
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Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Sie ergeben sich im Einzelnen
aus den eingereichten Antragsunterlagen der antragstellenden Gläubigerin, nämlich:
der vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde Nr. 000 des Notars P in D vom 24.
Oktober 1989, dem Grundschuldbrief vom 23. Januar 1990, der Vollstreckungsklausel
des Notarvertreters R vom 13. Mai 2003 sowie der Zustellungsurkunde des
Gerichtsvollziehers E vom 26. Mai 2003 (Bl. 2 der Akte).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
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