Ein Maklervertrag kann durch Übersendung des Exposés und Inanspruchnahme von Maklerleistungen – hier: Besichtigungstermine – konkludent geschlossen werden. Fernabsatzrecht und das Widerrufsrecht des Verbrauchers passen generell nicht auf Immobilienmaklerverträge. Der Maklerkunde ist als Verbraucher nicht schützenswert.
OLG Schleswig, Urt. v. 22.1.2015 – 16 U 89/14
(LG Itzehoe – 6 O 379/13)
BGB §§ 145 ff., 312b Abs. 1 S. 1, 312d, 355 Abs. 1 S. 2, 652 Abs. 1
Das Problem
Eine Maklerin bewarb im Jahr 2013 im Internet ein Grundstück mit dem Zusatz: „Maklercourtage: Unsere Courtage beträgt 6,25 % des Kaufpreises inkl. gesetzlicher Mehrwertsteuer. Die Courtage ist vom Käufer zu zahlen …“ Weiter unten heißt es unter „weitere Daten“ aber: „Provision: „Es wird keine Käufer-Maklerprovision verlangt.“ Auf Anfrage des Beklagten übersandte die Maklerin ein Exposé, in dem erneut auf die vom Käufer zu zahlende Courtage und deren Höhe hingewiesen wurde. Sodann erfolgten auf Anfrage des Beklagten zwei Besichtigungen des Objekts. Der Bitte des Beklagten um Reduzierung der Courtage entsprach die Maklerin nicht. Nach dem Erwerb des Objekts weigerte sich der Beklagte, die Courtageforderung zu zahlen, und widerrief den Maklervertrag.
Die Entscheidung des Gerichts
Beide Instanzen entschieden zugunsten des Maklers. Der Maklervertrag sei durch konkludentes Handeln der Parteien geschlossen worden. Spätestens mit der Übersendung des Exposés habe ein Angebot auf Abschluss eines Maklervertrages vorgelegen. Der Widerspruch in der Internetanzeige hinsichtlich der Provisionspflichtigkeit des Angebots schade nicht, da die Anzeige lediglich eine invitatio ad offerendum darstelle. Ein hinreichend deutliches Provisionsverlangen enthalte aber das Exposé.
Der im Prozess erklärte Widerruf lasse die Provisionspflicht nicht entfallen, ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB komme nicht in Betracht. Da die Annahmeerklärung des Beklagten durch die Inanspruchnahme von Besichtigungsterminen abgegeben worden sei, seien beim Vertragsschluss nicht ausschließlich Fernkommunikationsmittel i.S.d. § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. verwendet worden. Zudem lasse es sich mit Sinn und Zweck des Fernabsatzrechts nicht vereinbaren, wenn die Parteien im Anschluss an die Kontaktaufnahme durch Fernkommunikationsmittel zur Vertragsdurchführung planmäßig persönlich zusammentreffen und dabei Vertragsbedingungen besprechen. Das Maklergeschäft unterscheide sich wesentlich von Fernabsatzverträgen, die darauf ausgelegt seien, dass die Vertragsparteien sich persönlich nicht zu sehen und zu sprechen bekommen. § 312d BGB in der 2013 geltenden Fassung sei auf Maklerverträge nicht anwendbar. Zweifelhaft sei, ob Immobilienmaklerverträge überhaupt Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen i.S.d. § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. seien. Fernabsatzrecht passe aber generell nicht auf Maklerverträge, da es den Verbraucher schützen möchte, der sich kein persönliches Bild von seinem Vertragspartner und der bestellten Dienstleistung oder Ware machen könne. Eines solchen Schutzes bedürften Maklerkunden aber nicht, da der Makler in Vorleistung trete ohne zu wissen, ob die Provision überhaupt fällig werde, wohingegen der Kunde mit Abschluss des Maklervertrages keine Zahlungsverpflichtung eingehe. Denn diese sei davon abhängig, dass der Maklerkunde aus freien Stücken den Kaufvertrag abschließt.
Konsequenzen für die Praxis
Dass Maklerverträge konkludent zustande kommen können, ist unstreitig (zum Abschlussmechanismus vgl. Hamm/Schwerdtner, Maklerrecht, 6. Aufl., Rz. 86 ff.). Ist das Provisionsverlangen in der Internetanzeige eindeutig, liegt das Angebot bereits in der Kontaktaufnahme des Kunden. Vorliegend kommt der Maklervertrag durch Übersendung des Makler-Exposés und Inanspruchnahme von Maklerleistungen – Objektbesichtigung – durch den Kunden zustande (zum Maklervertragsschluss im Internet vgl. Münch, MietRB 2013, 132). Fernabsatzverträge waren nach § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB in der vor dem 13.6.2014 geltenden Fassung Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, es sei denn, der Vertragsschluss ist nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt. Die Streitfrage, ob Maklerverträge Dienstleistungsverträge i.S.d. § 312b BGB a.F. sind, ist weiter offen (verneint: v.a. Moraht, NZM 2001, 883; bejaht: zuletzt OLG Düsseldorf v. 13.6.2014 – I-7 U 37/13, MietRB 2014, 293 = MDR 2014, 1067). Mit der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie in deutsches Recht beschränkt sich diese Debatte auf die vor dem 13.6.2014 abgeschlossenen Maklerverträge. Übertragbar auch auf das neue Verbraucherrecht ist die Auffassung des OLG Schleswig, dass der Maklerkunde nicht durch ein Widerrufsrecht geschützt werden müsse und Fernabsatzrecht auf Immobilienmakler nicht anwendbar sei.
Beraterhinweis
Die Entscheidung des OLG Schleswig ist noch nicht das letzte Wort. Ob Maklerverträge vom Fernabsatz- und Widerrufsrecht ausgenommen werden müssen, dürfte vom BGH in der anhängigen Revision geklärt werden (Az. I ZR 30/15).
RA FAMuWR FABuAR Mathias Münch, BRL BOEGE ROHDE LUEBBEHUESEN, Berlin
Veröffentlicht in: Der Miet-Rechts-Berater MietRB 2015, 138
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