martina heck

26.08.2015

Hundehaltung im Auto ist tierschutzwidrig – auch während der Arbeitszeit

Erneut musste das Verwaltungsgericht Stuttgart über die Frage entscheiden, ob es tierschutzwidrig ist, einen Hund während der Arbeitszeit in einer Transportbox im Auto zu halten.

Wie auch schon vor zwei Jahren (wir hatten hier darüber berichtet) ist das Verwaltungsgericht Stuttgart zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Transportbox im Auto  nur zum Transport, nicht aber zur länger dauernden Unterbringung eines Hundes während der Arbeitszeit geeignet ist.

Zudem betont das Gericht in seiner aktuellen Entscheidung, dass der Transport eines Hundes nach der Fahrt von der Wohnung zum Arbeitsplatz abgeschlossen ist und nicht während der Arbeitszeit bis zum Ende der Rückfahrt andauert, wenn der Hund im Auto verbleibt.
Arbeitszeit im Auto zu halten.

Hintergrund der Entscheidung war folgendes:

Der Kläger ist Eigentümer einer  Weimaraner-Hündin. An vier Tagen in der Woche fuhr er mit der Hündin von A. nach G. zur Arbeit, wobei er die Hündin solange im Kofferraum seines Kombis in einer Box mit den Maßen Länge/Breite/Höhe 120/80/100 cm unterbrachte. Kollegen von ihm zeigten dies dem Veterinäramt des Landratsamts an. Bei einer Kontrolle stellte das Veterinäramt fest, dass der Hund im Auto nicht stehen, sondern nur sitzen oder liegen konnte. Die Seitenscheiben waren 10 bis 20 cm weit geöffnet.

Das zuständige Landratsamt untersagte Kläger, während seiner Arbeitszeit seinen Hund in einem Kraftfahrzeug zu halten und drohte ihm für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld von 400,00 EUR an. Zur Begründung hieß es, von einer vorherigen Anhörung habe abgesehen werden können, weil wegen des sonnigen Wetters Gefahr im Verzug bestanden habe. Eine verhaltensgerechte Haltung sei in einem Kraftfahrzeug nicht möglich. Bei Zwingerhaltung seien 10 m² verfügbare Fläche erforderlich, dieser Wert könne analog herangezogen werden. Die Bewegungsfreiheit des Hundes werde übermäßig eingeschränkt. Weniger belastende Maßnahmen seien nicht gegeben.

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens argumentierte der Kläger dahingehend, dass der Hund  im Auto ausreichend Bewegungsfreiheit habe. Er achte darauf, dass der Wagen nicht in der prallen Sonne stehe und habe die Fenster des Kofferraums zum Schutz mit Folien abgedunkelt. Die Fenster blieben 10 bis 20 cm geöffnet. Inzwischen habe er einen Garagenstellplatz. Die Hundebox sei nicht mit einer Zwingerhaltung vergleichbar. Der Kläger stelle sicher, dass die Hündin während des Tages regelmäßig beschäftigt werde und den benötigten Auslauf erhalte. Nach den Spaziergängen befinde sie sich zur Erholung in der Transportbox. Die Hündin werde nicht im Auto gehalten, sondern zu Hause, wo sie genügend Auslauf habe. Die Weimaraner benötigten einen engen Bezug zu ihren Führern. Die anderweitige Betreuung sei für das Tier nachteilig. Es sei unentspannt, trauere und suche nach dem Kläger.

Der Widerspruch wurde zurückgewiesen und die folgende Klage abgewiesen.

Ein Verstoß gegen die in § 28 Abs. 1 LVwVfG verankerte Pflicht, den Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsakts anzuhören, ist nicht gegeben. Eine mündliche Anhörung des Klägers war  zwar bei einer Kontrolle nach seinen Angaben gescheitert. Bereits am Folgetag erließ das Landratsamt aber den Bescheid, weil es – nach den damaligen Erkenntnissen zu Recht – von Gefahr im Verzug ausging. Auch wenn bei der Kontrolle keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Leiden bei dem Hund festgestellt wurden, war doch wegen des herrschenden warmen Wetters alsbald damit zu rechnen. Außerdem wäre ein Verstoß gegen die Pflicht zur Anhörung jedenfalls durch die Gelegenheit zur Stellungnahme im Widerspruchsverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG geheilt worden.

Die angefochtene Verfügung findet ihre Rechtsgrundlage in § 16 a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TierSchG. Danach kann die zuständige Behörde insbesondere im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 erforderlichen Maßnahmen anordnen; nach § 2 Nr. 1 TierSchG muss, wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen.

Gegen dieses Gebot der verhaltensgerechten Unterbringung verstieß der Kläger, indem er seine Hündin während seiner Arbeitszeit in seinem Fahrzeug einsperrte. Er arbeitete an vier Tagen in der Woche acht Stunden täglich oder, wie er in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, sechs bis sieben Stunden täglich. Er hat vorgetragen, mit dem Tier in der Mittagspause einen ausgiebigen Spaziergang unternommen zu haben. In der mündlichen Verhandlung hat er ergänzt, dass er auch kurz in kleineren Pausen mit der Hündin „Gassi“ gegangen sei. Dies ändert aber nichts daran, dass die Transportbox im Kofferraum des Fahrzeugs der Weimaraner-Hündin nur ganz geringe Bewegungsmöglichkeiten bietet. Daher ist die Box nur zum Transport, nicht aber zur Unterbringung des Hundes während der Abwesenheit des Klägers geeignet. Der zur Verfügung stehende Raum ist mit weniger als einem Kubikmeter zu gering. Einen Anhaltspunkt dafür, welcher Raum für eine längere Unterbringung von Hunden ausreichend ist, bietet die TierSchHundeV. Die TierSchHundeV ist auf den Fall der Haltung im Auto analog anzuwenden, denn sie konkretisiert gemäß § 2 a Abs. 1 TierSchG u. a. die Anforderungen an die Haltung von Hunden hinsichtlich der Bewegungsmöglichkeit, der Anforderungen an Einrichtungen zur Unterbringung der Tiere und hinsichtlich der Lichtverhältnisse. Nach § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 der TierSchHundeV darf die zur Verfügung stehende Bodenfläche an keiner Seite kürzer als 2 m sein. Nach § Satz 2 der Vorschrift muss bei einem Hund, der an mindestens fünf Tagen in der Woche den überwiegenden Teil des Tages außerhalb des Zwingers verbringt, die uneingeschränkt benutzbare Zwingerfläche mindestens 6 m² betragen. Diese Mindestwerte werden bei weitem nicht erreicht. Die dadurch verursachte Bewegungseinschränkung kann auch nicht durch mehrere Spaziergänge während des Tages kompensiert werden. Es bleibt nämlich dabei, dass die Hündin während der gesamten vom Kläger zu leistenden Arbeitszeit in ihrer Bewegungsmöglichkeit eingeschränkt ist. Ganz abgesehen davon könnte eine Verpflichtung des Klägers zu einer bestimmten Anzahl an Spaziergängen ohnehin nicht behördlich kontrolliert werden. Wie die erkennende Kammer bereits früher entschieden hat ist ein Kraftfahrzeug ganz generell kein tauglicher Ort, an dem ein Hund verhaltensgerecht untergebracht werden kann. Auch der Bayerische VGH beurteilt ein unbeaufsichtigtes Verwahren von Hunden im Pkw über mehrere Stunden als nicht verhaltensgerecht. Der Kläger bleibt Halter seiner Hündin an jedem beliebigen Ort, denn er hat sie auch dann in seiner Obhut, wenn er sich an seinem Arbeitsplatz befindet.

Die Unterbringung in der Transportbox, soweit das Auto in einer Tiefgarage geparkt ist, verstößt zusätzlich gegen § 5 Abs. 1 S. 1 TierSchHundeV, wonach ein Hund nur in Räumen gehalten werden darf, bei denen der Einfall von natürlichem Tageslicht sichergestellt ist. Dort wäre außerdem die erforderliche Sicht nach außen (§ 6 Abs. 3 S. 4 TierSchHundeV) nicht gegeben, so dass die Hündin zusätzlich unter Reizarmut leiden würde.

Die Unterbringung im Auto während der Arbeitszeit gehört auch nicht mehr zum Transport, bei dem die Vorschriften der TierSchHundeV nicht gelten würden (§ 1 Abs. 2 Nr. 1), wie der Kläger meint. Der Transport ist vielmehr nach der Fahrt von zu Hause zum Arbeitsplatz abgeschlossen; die Heimfahrt ist dann ein neuer Transport.

Das Landratsamt hat erkannt, dass ihm bei der Untersagung der Haltung des Hundes im Auto nach § 16 a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TierSchG Ermessen eingeräumt ist; es hat dieses Ermessen ebenso wie das Regierungspräsidium Stuttgart mit zureichenden Erwägungen ausgeübt. Fehler bei der Beurteilung, die Untersagung sei erforderlich, angemessen und geeignet, kann das Gericht nicht erkennen. Es mag zutreffen, dass die Weimaraner-Hündin die Trennung vom Kläger über einen längeren Zeitraum wahrnimmt und ihn vermisst; dieser Umstand erreicht indessen nicht das Gewicht einer nicht verhaltensgerechten Unterbringung und vermag daher die Angemessenheit der Maßnahme nicht in Frage zu stellen.

Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 12.03.2015 – 4 K 2755/14