martina heck

30.12.2015

Vermietung an nahe Angehörige und der Fremdvergleich

In steuerlicher Hinsicht ist bei der Vermietung von Räumlichkeiten an nahe Angehörige immer darauf zu achten, dass das Mietverhältnis, auch so, wie es gelebt wird, dem sogenannten Fremdvergleich standhält, da sonst insbesondere die Gefahr besteht, dass für diese Wohnung Werbungskosten nicht berücksichtigt werden.

Dies hat eindrucksvoll nun wieder einmal das Finanzgericht Düsseldorf aufgezeigt.

In dem entschiedenen Fall waren die Kläger Eigentümer eines Hauses mit einer Gesamtwohnfläche von 119 qm. In der Einkommensteuererklärung 2012 erklärten sie hierzu in der Anlage V Mieteinnahmen für die Wohnung im Erdgeschoss (65 qm) iHv 6.417 € sowie Werbungskosten von 18.450 €, dies ergab einen Verlust von 10.343 €. In den Werbungskosten waren umlagefähige Betriebskosten von 4.261 € enthalten. Die vereinnahmten Umlagen betrugen 1.690 €. Auf diesbezügliche Nachfrage des beklagten Finanzamtes erklärten die Kläger, bezüglich der Wohnung im Obergeschoss von 54 qm sei ein Vertrag vom 23.11.2011 mit ihrer Tochter geschlossen worden. Die Tochter zahle keine Miete, da sie nur einer geringfügigen Beschäftigung nachgehe, aus der dortigen Entlohnung bestreite sie im Wesentlichen ihren Unterhalt. Auch eine Beteiligung der Tochter an den Nebenkosten finde nicht statt.

Laut Vertrag betrug die Kaltmiete 350 €, die monatlichen Nebenkostenvorauszahlungen betrugen 125 €.

Laut Anlage Kind für 2012 besuchte die Tochter bis zum 1. 7. 2012 das Gymnasium, ab dem 01.10.2012 studierte sie in B.

Im Einkommensteuerbescheid 2012 vom 09.08.2013 verneinte das Finanzamt für die Wohnung im Obergeschoss die Einkunftserzielungsabsicht der Kläger. Die Werbungskosten wurden daher gekürzt und nur anteilig mit 53,78 % zum Abzug zugelassen, soweit die nicht direkt zuzuordnen waren. Es ergab sich ein Verlust von 1.031 € aus Vermietung und Verpachtung.

Gegen den Bescheid legten die Kläger Einspruch ein und begründeten diesen wie folgt:

Für 2012 seien bezüglich der Wohnung der Tochter Mieteinnahmen von 4.200 € sowie Nebenkosten von 114,98 € laut Abrechnung entstanden. Diesen Aufwand habe die Tochter aus dem Barunterhalt bestritten, da sie gegen die Kläger einen Unterhaltsanspruch habe. Laut Düsseldorfer Tabelle betrage der Anspruch monatlich mindestens 781 € und übersteige die Warmmiete. Der Differenzbetrag werde bar an die Tochter je nach Bedarf ausbezahlt. Die Tochter sei zwar unter der Adresse der Kläger (Haus D) gemeldet, wohne aber in der streitbefangenen Wohnung. Die Kläger übersandten eine neue Anlage V, in der sie für das Haus insgesamt Mieteinnahmen von 10.618 € und Einnahmen aus Umlagen von 3.085 € erklärten sowie Werbungskosten von 18.139 €, Verlust daher 4.436 €.

Dem Einspruch blieb der Erfolg versagt, der Klage nun ebenso.

Nach Auffassung des Finanzegerichts Düsseldorf hat das Finanzamt die Einkünfte des Hauses ohne Berücksichtigung der Wohnung im Obergeschoss mit ./. 1.031 € angesetzt.

Ein steuerlich anzuerkennendes Mietverhältnis zwischen den Klägern und ihrer Tochter, der Zeugin, liegt nicht vor. Denn die Überlassung der Wohnung an die Tochter stellt sich nicht als entgeltliche Nutzungsüberlassung, sondern vielmehr als Gewährung von Naturalunterhalt dar.

Der Mietvertrag hält bereits dem sogenannten Fremdvergleich nicht stand.

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 EStG) erzielt, wer sein Grundstück, Gebäude oder Gebäudeteil in der Absicht vermietet, daraus auf Dauer ein positives Ergebnis zu erreichen. Mietverträge unter nahe stehenden Personen sind jedoch in der Regel der Besteuerung nur dann zu Grunde zu legen, wenn der maßgebliche Vertrag bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart worden ist und sowohl seine Gestaltung als auch die tatsächliche Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht. Dies setzt voraus, dass die Hauptpflichten der Vertragsparteien klar und eindeutig vereinbart worden sind und entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden. Diese Anforderungen gründen auf der Überlegung, dass es zwischen diesen Personen typischerweise an einem Interessengegensatz mangelt und somit zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten steuerrechtlich missbraucht werden können. Im Interesse einer effektiven Missbrauchsbekämpfung ist es daher geboten und zulässig, an den Beweis des Abschlusses und an den Nachweis der Ernstlichkeit von Vertragsgestaltungen zwischen nahe stehenden Personen strenge Anforderungen zu stellen. Mietverträge unter nahe stehenden Personen sind daher daraufhin zu überprüfen, ob sie durch die Einkünfteerzielung (§ 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG) oder den steuerrechtlich unbeachtlichen privaten Bereich (§ 12 EStG) veranlasst sind.

Im Streitfall hatten die Kläger mit ihrer Tochter eine unbare Zahlung der monatlichen Miete durch Überweisung auf ein Konto der Kläger vereinbart. Tatsächlich ist aber zu keiner Zeit Geld von einem Konto der Tochter auf das der Kläger geflossen. Eine Vermögensminderung bei der Tochter als Mieterin und Vermögensmehrung bei den Klägern als Vermieter ist nicht erfolgt. Anders als in dem der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 19.10.1999 zugrunde liegenden Sachverhalt hat hier die Tochter den Mietzins nicht aus dem von den Eltern gewährten Barunterhalt geleistet.

Etwas anderes folgt nicht aus dem Vorbringen der Kläger, es sei eine Verrechnung zwischen dem Unterhaltsanspruch der Tochter und ihrem Anspruch auf den monatlichen Mietzins vorgenommen worden. Eine solche Verrechnung gegenseitiger und fälliger Ansprüche ist zwar grundsätzlich auch bei Verträgen zwischen Angehörigen zulässig. Sie müsste aber, um steuerlich anerkannt zu werden, tatsächlich zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen nachweisbar durchgeführt worden sein. Dies gilt hier umso mehr, als nicht etwa eine Aufrechnung zwischen wechselseitigen gleich hohen Forderungen erfolgt sein soll, sondern eine Anrechnung der Miete auf einen Unterhaltsanspruch der Tochter. Die Höhe dieses Unterhaltsanspruchs ist zwischen den Klägern und der Tochter nicht im Einzelnen festgelegt worden. Ebenso wenig ist vereinbart und abgerechnet worden, welche weiteren Barunterhaltsleistungen die Kläger an die Tochter monatlich zu erbringen hatten und tatsächlich geleistet haben. Nach Aussage der Zeugin gab es eine Auflistung ihrer monatlichen Kosten, die eigentlich immer gleich hoch seien. Solche „Auflistungen“ sind aber von den Klägern nicht für die einzelnen Fälligkeitstermine vorgelegt worden. Dass die Beträge monatlich immer gleich seien, erscheint zudem schon deshalb nicht glaubhaft, weil die Studienkosten – die laut Zeugenaussage von den Klägern gezahlt wurden – jedenfalls in Form der Semesterbeiträge nur zwei Mal jährlich anfallen.

Dass es den Klägern und der Tochter nicht um die entgeltliche Vermietung einer Wohnung, sondern um die Gewährung von Naturalunterhalt in Form der Gestellung von Wohnraum ging, ergibt sich zudem aus weiteren Umständen. Die Wohnverhältnisse der Familie im Haus D (Meldeadresse der Tochter bei den Eltern) waren nach Angaben des Klägers beengt. Nachdem die Urgroßmutter der Zeugin, die zuvor die Wohnung im Obergeschoss des streitgegenständlichen Hauses bewohnt hatte, verstorben war, ist zunächst erfolglos eine erneute Vermietung versucht worden. Sodann wurde der Tochter angeboten, an Stelle ihres bisherigen Zimmers im elterlichen Haus in die Wohnung im Nachbarhaus einzuziehen. Dieser Einzug ist nach Aussage der Zeugin „schrittchenweise“ erfolgt, sodann wurde der Mietvertrag abgeschlossen. Dies erfolgte zu einem Zeitpunkt, als die Tochter zwar gerade achtzehn Jahre alt und volljährig war, aber noch bis zum Sommer die Schule besuchte. Dass die Tochter die  Wohnung zum selbständigen hauswirtschaftlichen Leben genutzt hat, hat die Beweisaufnahme nicht ergeben. Vielmehr hat sie weiterhin bei den Eltern die Mahlzeiten eingenommen.

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 20.05.2015 – 7 K 1077/14 E