Rechtsanwalt John Miehler

Miehler & Müller Rechtsanwälte GbR
80333, München
Rechtsgebiete
Insolvenzrecht Strafrecht Zivilrecht
13.02.2014

Nein, auch drei Leitzordner mit Gläubigerschreiben reichen nicht, um Beratungshilfe zu bekommen

Foto 04.02.14 08 13 25Ich hatte zuletzt 3 Leitzordner mit Gläubigerunterlagen an die Rechtsantragstelle geschickt, die von mir für über 65 Gläubiger die Vorlage eines Forderungsverzeichnisses forderten, bevor Beratungshilfe bewilligt wird.

Jetzt habe ich die Antwort erhalten:

berH
Antwortschreiben der Rechtsantragstelle

Natürlich bin ich nicht besonders amüsiert, einen eindeutigeren Fall für eine Verbraucherinsolvenz habe ich noch nicht gesehen. Aber zunächst muss der Rechtspfleger überzeugt werden:

Sehr geehrter Herr Rechtspfleger XXXXXXX,

leider kann ich Ihre Bedenken, die der Erteilung der beantragten Beratungshilfe entgegenstehen sollen, nicht nachvollziehen.

Sie fordern von mir eine vollständige und aktuelle Gläubigerliste, die alle Gläubiger und die Höhe der Forderungen enthält, sowie die Kopie von 3-4 aktuellen Gläubigerschreiben. Ich habe Ihnen drei prall gefüllte Leitzordner mit sämtlichen Gläubigerschreiben vorgelegt.

Nach § 4 Abs. 2 BerHG ist der Sachverhalt, für den Beratungshilfe beantragt wird anzugeben. Das Gericht kann auch die Glaubhaftmachung seiner tatsächlichen Angaben verlangen. Die Vorlage einer Gläubigerliste wird aus gutem Grund nicht verlangt.

Eine aktuelle Gläubigerliste kann nur dann erstellt werden, wenn die Gläubiger angeschrieben und die Forderungsstände angefordert werden. Dies ist aber bereits eine anwaltliche Tätigkeit. Durch die Novellierung der Beratungshilfe kann der Anwalt nur dann tätig werden, wenn Beratungshilfe bereits bewilligt wurde. Eine nachträgliche Bewilligung ist nur unter engen Voraussetzungen möglich.

Auch erschließt sich mir nicht, warum Sie eine Gläubigerliste brauchen, wenn Ihnen bereits alle Unterlagen vorlagen. Dass eine Überschuldungssituation vorliegt, liegt in diesem Fall auf der Hand.

Auch ist es nicht Aufgabe der Rechtsantragstelle die „tatsächlichen Voraussetzungen für eine schuldhafte Arbeitsverweigerung“ zu ermitteln.

Nach derzeit (noch) geltendem Recht besteht nach § 295 InsO erst in der Wohlverhaltensperiode eine Arbeitspflicht des Schuldners. Eine solche besteht weder im Insolvenzverfahren noch besteht eine Erwerbsobliegenheit im „Vorverfahren“. Allenfalls kann die Stundung der Gerichtskosten nach § 4c Nr.4 InsO aufgehoben werden. Dass der Eröffnungsantrag abgewiesen werden könnte, weil der Schuldner seiner Erwerbsobliegenheit im Vorverfahren nicht nachgekommen sei, wäre mir neu.

Mit freundlichen Grüßen

John Miehler
Rechtsanwalt