Urteil des VG Wiesbaden vom 27.02.2009

VG Wiesbaden: veröffentlichung, schutz des privatlebens, stand der technik, landwirtschaft, internetseite, gerichtshof der europäischen gemeinschaften, europäischer gerichtshof für menschenrechte

Gericht:
VG Wiesbaden 6.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 K 1045/08.WI
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
EGV 259/2008, Art 29 EGRL
46/95, Art 44a EGV
1290/2005, Art 2 EGV
259/2008, Art 8 Abs 2 MRK
(Zur Veröffentlichung von Daten als Empfänger von
Agrarbeihilfen - Zur Vorratsspeicherung von Daten über
den Telekommunikationsverkehr - keine Speicherung der
IP-Adressen von Internetnutzern - BGB-Gesellschaft und
informationelle Selbstbestimmung)
Tenor
Das Verfahren wird ausgesetzt.
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden folgende Fragen zur
Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Sind die Art. 42 Abs. 1 Nr. 8b und 44a der VERORDNUNG (EG) Nr. 1290/2005
DES RATES vom 21. Juni 2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen
Agrarpolitik (Abl. L 209 vom 11.08.2005, S. 1), eingefügt durch VERORDNUNG (EG)
Nr. 1437/2007 DES RATES vom 26. November 2007 zur Änderung der Verordnung
(EG) Nr. 1290/2005 über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik (Abl. L
322 vom 07.12.2007, S. 1), ungültig?
2. Ist die VERORDNUNG (EG) Nr. 259/2008 DER KOMMISSION vom 18. März 2008
mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates
hinsichtlich der Veröffentlichung von Informationen über die Empfänger von Mitteln
aus dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und dem
Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums
(ELER) (Abl. L 76 vom 19.03.2008, S. 28)
a) ungültig
b) oder nur deshalb gültig, weil die RICHTLINIE 2006/24/EG DES EUROPÄISCHEN
PARLAMENTS UND DES RATES vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung
von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer
Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder
verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG (ABl. L 174 vom
28.06.2006, S. 5) ungültig ist?
Falls die in der ersten und zweiten Frage genannten Vorschriften gültig sind:
3. Ist Art. 18 Abs. 2 2. Spiegelstrich der RICHTLINIE 95/46/EG DES EUROPÄISCHEN
PARLAMENTS UND DES RATES vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher
Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien
Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31) dahin auszulegen, dass die
Veröffentlichung nach der VERORDNUNG (EG) Nr. 259/2008 DER KOMMISSION
vom 18. März 2008 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr.
1290/2005 des Rates hinsichtlich der Veröffentlichung von Informationen über die
Empfänger von Mitteln aus dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft
(EGFL) und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des
ländlichen Raums (ELER) erst erfolgen darf, wenn die in diesem Artikel
vorgesehene Verfahrensweise, die die Meldung an die Kontrollstelle ersetzt,
durchgeführt worden ist?
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4. Ist Art. 20 der RICHTLINIE 95/46/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES
RATES vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der
Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281
vom 23.11.1995, S. 31) dahin auszulegen, dass die Veröffentlichung nach der
VERORDNUNG (EG) Nr. 259/2008 DER KOMMISSION vom 18. März 2008 mit
Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates
hinsichtlich der Veröffentlichung von Informationen über die Empfänger von Mitteln
aus dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und dem
Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums
(ELER) erst erfolgen darf, wenn die Vorabkontrolle erfolgt ist, die das nationale
Recht für diesen Fall vorschreibt?
5. Falls die vierte Frage bejaht wird: Ist Art. 20 der RICHTLINIE 95/46/EG DES
EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 24. Oktober 1995 zum Schutz
natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum
freien Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31) dahin auszulegen, dass
keine wirksame Vorabkontrolle vorliegt, wenn sie auf der Grundlage eines
Verzeichnisses nach Art. 18 Abs. 2 2. Spiegelstrich dieser Richtlinie erfolgt ist, das
eine vorgeschriebene Information nicht enthält?
6. Ist Art. 7 – und hier insbesondere Buchstabe e – der RICHTLINIE 95/46/EG DES
EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 24. Oktober 1995 zum Schutz
natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum
freien Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31) dahin auszulegen, dass er
einer Praxis, die IP-Adressen der Benutzer einer Homepage ohne deren
ausdrücklicher Einwilligung zu speichern, entgegensteht?
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Veröffentlichung ihrer Daten als Empfängerin
von Agrarbeihilfen nach der Verordnung (EG) Nr. 259/2008 der Kommission.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die
Gesellschafter sind Y und Y. Sie betreibt einen landwirtschaftlichen
Vollerwerbsbetrieb und nimmt an dem Verfahren über eine Betriebsprämie teil. Sie
stellte einen Gemeinsamen Antrag als Sammelantrag. Mit Bescheid vom
31.12.2008 bewilligte der Landrat des D-Kreises eine Betriebsprämie von …..
Euro. Im Antragsformular auf Seite 15 im letzten Absatz befand sich folgender
Hinweis: ”Mir ist bekannt, dass nach Art. 44a der VO (EG) Nr. 1290/2005
vorgeschrieben ist, Informationen über die Empfänger von EGFL- und ELER-Mitteln
sowie die Beträge, die jeder Begünstigte erhalten hat, zu veröffentlichen. Die
Veröffentlichung betrifft alle Maßnahmen, die im Zusammenhang mit dem
Gemeinsamen Antrag als Sammelantrag im Sinne von Art. 11 der VO (EG) Nr.
796/2004 beantragt werden und erfolgt alljährlich bis spätestens zum 31. März des
Folgejahres.” Auf der Internetseite der Beigeladenen http://www.agrar-fischerei-
zahlungen.de werden Namen der Empfänger, Ort mit Postleitzahl und die Höhe
der Jahresbeträge bereit gestellt. Die Seite ist mit einer Suchfunktion ausgestattet.
Dafür genügt es, Eingaben für ein Feld zu machen, also etwa nur die Postleitzahl
einzugeben, um eine entsprechende Aufstellung zu erhalten. In den Hinweisen
zum Datenschutz im Impressum der Webseite heißt es: ”Bei jedem Zugriff auf den
Server werden Daten für statistische und Sicherungszwecke gespeichert. Für eine
begrenzte Zeit wird die IP-Adresse des Internet-Service-Providers, Datum und
Uhrzeit sowie die besuchte Internetseite gespeichert. Diese Daten werden
ausschließlich zur Verbesserung des Internetdienstes genutzt und nicht an Dritte
weitergegeben oder auf den Adressaten zurückführbar ausgewertet.” (www.agrar-
fischerei-zahlungen.de/afig/impressum.html, Stand: 10.02.2009)
Die Klägerin hat am 26.09.2008 Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, dass Art. 44a
der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 gegen Datenschutzrecht der Gemeinschaft
verstoße. Bei den veröffentlichten Informationen handele es sich um persönliche
Daten, die auch Rückschlüsse auf den Betrieb zuließen. Überwiegende
Allgemeininteressen könnten nicht zur Rechtfertigung herangezogen werden. Eine
Veröffentlichung der Beihilfen für jeden Landkreis sei ausreichend, an
betriebsspezifischen Daten hätten die Steuerzahler kein Interesse. In den Regeln
zum Europäischen Sozialfonds sei keine namentliche Nennung der Empfänger
vorgesehen. Es sei außerdem technisch nicht auszuschließen, dass die im Internet
zugänglichen Daten von Dritten unkontrolliert gespeichert und weiterverarbeitet
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zugänglichen Daten von Dritten unkontrolliert gespeichert und weiterverarbeitet
würden.
Die Klägerin beantragt,
das Land Hessen zu verpflichten, die Weitergabe oder Veröffentlichung aller
Daten aus dem gemeinsamen Antrag 2008/Sammelantrag im Sinne von Artikel 11
der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 an die Bundesrepublik Deutschland und die
Europäische Union zu unterlassen bzw. durch Anordnung zu untersagen, soweit
die Weitergabe zum Zwecke der allgemeinen Veröffentlichung von Informationen
über die der Klägerin gewährten finanziellen Beträge aus dem Europäischen
Garantiefonds für Landwirtschaft (EGFL) und dem Europäischen
Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) erfolgen soll.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält die Klage für unzulässig und unbegründet. Die Pflicht der
Mitgliedstaaten, die Daten im Internet zu veröffentlichen, ergebe sich aus Art. 44a
der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 und der Durchführungsverordnung (EG) Nr.
259/2008. Die Vorschriften seien zweifelsfrei gültig. Die Veröffentlichung erfolge in
einem überwiegenden Allgemeininteresse. Sie diene der Transparenz der
Agrarausgaben und gehe nicht über das hinaus, was in einer demokratischen
Gesellschaft zur Verhütung von Unregelmäßigkeiten erforderlich sei. Die Klägerin
sei über die Veröffentlichung informiert worden und könne diese durch den
Verzicht auf die Beihilfen abwenden.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie ist trägt vor, dass die Internetseite so
aufgebaut sei, dass Antworten auf Suchanfragen aus der Datenbank generiert
würden. Daher sei die Erschließbarkeit durch allgemeine Suchmechanismen
(sogenannte Webcrawler) wie Google derzeit konstruktionsbedingt erschwert. Nach
zwei Jahren würden die Daten aus der Datenbank entfernt. Es sei allerdings
technisch nicht möglich zu verhindern, dass nach Ablauf des
Veröffentlichungszeitraums Datenspuren der betroffenen Personen im Internet zu
finden seien.
In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht Vertreter des Hessischen
Datenschutzbeauftragten, Herrn A und Herrn B, als Sachverständige gehört.
Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen
Verhandlung vom 16.02.2009 verwiesen.
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung zugesichert, dass die Klägerin
mit ihren Beträgen nicht vor dem rechtskräftigen Abschluss des
Hauptsacheverfahrens veröffentlicht wird.
Die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 259/08 der Kommission richtet sich in
Deutschland nach dem Gesetz zur Veröffentlichung von Informationen über die
Zahlung von Mitteln aus den Europäischen Fonds für Landwirtschaft und Fischerei
(Agrar- und Fischereifonds-Informationen-Gesetz - AFIG) vom 26. November 2008
(BGBl. I S. 2330) und der Verordnung über die Veröffentlichung von Informationen
über die Zahlung von Mitteln aus den Europäischen Fonds für Landwirtschaft und
für Fischerei (Agrar- und Fischereifonds-Informationen-Verordnung - AFIVO) vom
10.12.2008 (eBAnz. 2008, AT147 V1).
Die Vorschriften lauten wie folgt:
Agrar- und Fischereifonds-Informationen-Gesetz (AFIG)
1. der Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates vom 21. Juni
2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. EU Nr. L 209 S. 1)
in der jeweils geltenden Fassung und der zu ihrer Durchführung erlassenen
Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften, soweit darin eine Veröffentlichung
von Informationen über die Empfänger von Mitteln aus dem Europäischen
Garantiefonds für die Landwirtschaft und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds
für die Entwicklung des ländlichen Raums sowie über die Beträge, die jeder
Empfänger erhalten hat, vorgesehen ist;
2. der Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1198/2006 des Rates vom 27. Juli
2006 über den Europäischen Fischereifonds (ABl. EU Nr. L 223 S. 1) in der jeweils
geltenden Fassung und der zu ihrer Durchführung erlassenen Rechtsakte der
geltenden Fassung und der zu ihrer Durchführung erlassenen Rechtsakte der
Europäischen Gemeinschaften, soweit darin Aufgaben der Verwaltungsbehörde im
Zusammenhang mit den Informationsmaßnahmen im Sinne des Artikels 51 der
Verordnung (EG) Nr. 1198/2006 vorgesehen sind.
(1)Die für die Zahlung von Mitteln aus dem Europäischen Garantiefonds für die
Landwirtschaft, dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des
ländlichen Raums zuständigen Stellen des Bundes und, soweit diese Mittel von den
Ländern gezahlt werden, die hierfür zuständigen Stellen der Länder und im Fall des
Europäischen Fischereifonds die zuständige Verwaltungsbehörde veröffentlichen
die Informationen nach
(2) Abweichend von Absatz 1 kann bis zum 31. März 2009 die Rechtsverordnung
nach Absatz 1 ohne Zustimmung des Bundesrates erlassen werden. Die
Rechtsverordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer
Kraft. Ihre Geltungsdauer kann nur mit Zustimmung des Bundesrates verlängert
werden.
Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
Agrar- und Fischereifonds-Informationen-Verordnung (AFIVO)
Diese Verordnung gilt für Veröffentlichungen nach dem Agrar- und Fischereifonds-
Informationen-Gesetz.
Auf der in § 2 Abs. 1 des Agrar- und Fischereifonds-Informationen-Gesetzes
bezeichneten Internetseite werden nur die
2. in den Artikeln 30 und 31 der Verordnung (EG) Nr. 498/2007 der Kommission
vom 26. März 2007 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr.
1198/2006 des Rates über den Europäischen Fischereifonds (EFF) (ABl. L 120
vom 10.5.2008, S. 1)
in der jeweils geltenden Fassung genannten Informationen veröffentlicht.
(2) Innerhalb der Datenbank ist für die die Europäischen Fonds für Landwirtschaft
betreffenden Informationen eine Suchfunktion vorzusehen, die eine Suche nach
den genannten Informationen ermöglicht.
(1) Soweit nach den für die veröffentlichende Stelle geltenden
datenschutzrechtlichen Bestimmungen eine Berichtigung der veröffentlichten
Informationen erforderlich ist, hat die veröffentlichende Stelle unverzüglich die
Informationen in der Veröffentlichungsdatei der Datenbank entsprechend zu
ändern.
(2) Soweit nach den für die veröffentlichende Stelle geltenden
datenschutzrechtlichen Bestimmungen Veröffentlichungen unzulässig sind oder
unzulässig werden, hat die veröffentlichende Stelle unverzüglich die der
Veröffentlichung zu Grunde liegenden Informationen in der Veröffentlichungsdatei
der Datenbank entsprechend zu löschen. Die Löschung unterbleibt, wenn Grund zu
der Annahme besteht, dass anderenfalls schutzwürdige Interessen der betroffenen
Person beeinträchtigt werden. In diesem Fall sind die Informationen unverzüglich
zu sperren.
(3) Die jeweils veröffentlichende Stelle löscht die veröffentlichten Daten zwei Jahre
nach dem ersten Tag ihrer Veröffentlichung.
(2) Die Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung vom 17. Juli 2002 (BGBl. I S.
2654) in der jeweils geltenden Fassung gilt entsprechend.
Die Bundesanstalt hat das Sicherheitskonzept nach Maßgabe der Bedingungen
der DIN ISO/IEC 27001, Ausgabe 2008–09, Zertifizierung auf der Basis von IT-
Grundschutz, regelmäßig daraufhin zu überprüfen oder überprüfen zu lassen, ob
es noch dem Stand der Technik entspricht oder an die technische Entwicklung
anzupassen ist. Die Frist des Satzes 2 beginnt mit dem Abschluss der
Erstzertifizierung nach Satz 1 Nr. 1.
(3) Kommt es während einer Datenübermittlung zu Störungen oder
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(3) Kommt es während einer Datenübermittlung zu Störungen oder
Unterbrechungen, hat die Bundesanstalt dies der übermittelnden Stelle
unverzüglich anzuzeigen. In diesem Fall verlangt die Bundesanstalt eine erneute
Übermittlung.
(1) Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
(2) Die Verordnung tritt am 12. Juni 2009 außer Kraft, sofern nicht mit
Zustimmung des Bundesrates etwas anderes verordnet wird.
Nach diesen Vorschriften wird die für die Veröffentlichungen bestimmte Homepage
von der Beigeladenen im Rahmen der Auftragsdatenverarbeitung für den
Beklagten betrieben. Die Beigeladene bedient sich dabei wiederum eines
zertifizierten privaten Providers. Die Regelungen mit dem Provider sind dem
Gericht nur allgemein bekannt, da das Verfahrensverzeichnis auf Module Bezug
nimmt, die nur allgemein erläutert sind und keine konkreten Maßnahmen für den
Leser beinhalten. Die Beigeladene bzw. der von ihr beauftragte Provider speichert
auch die IP-Adressen der Benutzer. Die Vertreterin der Beigeladenen erklärte in
der mündlichen Verhandlung, dies würde anonymisiert geschehen, genau wisse sie
es jedoch nicht.
Datenschutzrechtlich bleibt die Verantwortung jedoch bei den zuständigen Stellen
der Länder (§ 2 Abs. 2 AFIG). Zuständig für Hessen ist das Hessische Ministerium
für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz (jetzt: Hessisches
Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) als
Zahlstelle; zumindest bei Klageerhebung. Zwar wurden durch Vertrag vom
11.07.2008 die Aufgabe auf die Investitionsbank Hessen (IBH) übertragen. Dieser
Vertrag liegt dem auch Gericht vor. Darin wird nicht speziell auf die Frage der
Veröffentlichung nach der Verordnung 259/2008 der Kommission eingegangen. In
§ 14 Abs. 2 des Vertrags ist vorgesehen, dass das Ministerium die Beauftragung
der IBH und ihre Zulassung als Zahlstelle im Staatsanzeiger bekannt macht. Das
ist jetzt bis zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht erfolgt. In dem Erlass des
Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz zur
Veröffentlichung von Informationen über die Empfänger von Mitteln aus dem
Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft, dem Europäischen
Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und dem
europäischen Fischereifonds vom 10.11.2008 (Staatsanzeiger 2008, S. 3038 f.)
bezeichnet sich dieses selbst als Zahlstelle. Der Erlass ist nicht aufgehoben.
Außerdem besteht zwischen Bund und Ländern ein Verwaltungsabkommen, das
jedoch vor allem die Kostenverteilung regelt. Hierin ist von einer Weiterdelegierung
keine Rede. Die IBH ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts, über die das
Ministerium die Aufsicht ausübt; dies auch, wenn der IBH wirksam die
Zahlstellenfunktion übertragen worden wäre. Dem Gericht liegt auch nur das
Verfahrensverzeichnis des Hessischen Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum
und Verbraucherschutz vor, in dem als dieses sich selbst als verantwortliche Stelle
und EU-Zahlstelle bezeichnet. Ferner liegt das Verfahrensverzeichnis der
Beigeladenen vor.
Die Art. 18 bis 21 der Richtlinie 95/46/EG wurden durch die folgenden Vorschriften
umgesetzt. Für die Beigeladene gilt Bundesrecht, für das Ministerium und die IBH
hessisches Landesrecht.
Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) in der Fassung vom 14. Januar
2003 (BGBl. I S. 66)
(2) Die Meldepflicht entfällt, wenn die verantwortliche Stelle einen Beauftragten für
den Datenschutz bestellt hat
2. Inhaber, Vorstände, Geschäftsführer oder sonstige gesetzliche oder nach der
Verfassung des Unternehmens berufene Leiter und die mit der Leitung der
Datenverarbeitung beauftragten Personen,
(3) (…)
Hessisches Datenschutzgesetz (HDSG) in der Fassung vom 07. Januar
1999 (GVBl. I S. 98)
(1) Die datenverarbeitende Stelle hat schriftlich einen behördlichen
Datenschutzbeauftragten sowie einen Vertreter zu bestellen. Bestellt werden
dürfen nur Beschäftigte, die dadurch keinem Interessenkonflikt mit sonstigen
dienstlichen Aufgaben ausgesetzt werden. Für die Wahrnehmung seiner Aufgaben
nach Abs. 2 muß der behördliche Datenschutzbeauftragte die erforderliche
Sachkenntnis und Zuverlässigkeit besitzen. Wegen dieser Tätigkeit, bei der er frei
von Weisungen ist, darf er nicht benachteiligt werden. Er ist insoweit unmittelbar
der Leitung der datenverarbeitenden Stelle zu unterstellen; in Gemeinden und
Gemeindeverbänden kann er auch einem hauptamtlichen Beigeordneten
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Gemeindeverbänden kann er auch einem hauptamtlichen Beigeordneten
unterstellt werden. Der behördliche Datenschutzbeauftragte ist im erforderlichen
Umfang von der Erfüllung anderer Aufgaben freizustellen sowie mit den zur
Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen räumlichen, personellen und sachlichen
Mitteln auszustatten. Die Beschäftigten der datenverarbeitenden Stelle können
sich ohne Einhaltung des Dienstweges in allen Angelegenheiten des
Datenschutzes an ihn wenden.
4. das nach § 6 Abs. 1 zu erstellende Verzeichnis zu führen und für die Einsicht
nach § 6 Abs. 2 bereitzuhalten,
(3) Die datenverarbeitende Stelle kann einen Beschäftigten ihrer Aufsichtsbehörde
mit deren Zustimmung zum Beauftragten für den Datenschutz bestellen. Mehrere
datenverarbeitende Stellen können gemeinsam einen ihrer Beschäftigten zum
Datenschutzbeauftragten bestellen, wenn dadurch die Erfüllung seiner Aufgabe
nicht beeinträchtigt wird. Bestellungen von Personen, die nicht der
datenverarbeitenden Stelle angehören, sind dem Hessischen
Datenschutzbeauftragten mitzuteilen.
(1-5) (…)
(7) (…)
Die Verarbeitung von Daten der Nutzer einer Internetseite ist im
Telemediengesetz (TMG) vom 26. Februar 2007 (BGBl. I S. 179)
geregelt.
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(2) Der Diensteanbieter darf Nutzungsdaten eines Nutzers über die
Inanspruchnahme verschiedener Telemedien zusammenführen, soweit dies für
Abrechnungszwecke mit dem Nutzer erforderlich ist.
(3) Der Diensteanbieter darf für Zwecke der Werbung, der Marktforschung oder zur
bedarfsgerechten Gestaltung der Telemedien Nutzungsprofile bei Verwendung von
Pseudonymen erstellen, sofern der Nutzer dem nicht widerspricht. Der
Diensteanbieter hat den Nutzer auf sein Widerspruchsrecht im Rahmen der
Unterrichtung nach § 13 Abs. 1 hinzuweisen. Diese Nutzungsprofile dürfen nicht
mit Daten über den Träger des Pseudonyms zusammengeführt werden.
(6) Die Abrechnung über die Inanspruchnahme von Telemedien darf Anbieter,
Zeitpunkt, Dauer, Art, Inhalt und Häufigkeit bestimmter von einem Nutzer in
Anspruch genommener Telemedien nicht erkennen lassen, es sei denn, der
Nutzer verlangt einen Einzelnachweis.
II.
Das Gericht setzt das Verfahren aus und reicht beim Gerichtshof ein
Vorabentscheidungsersuchen zur Gültigkeit der 42 Abs. 1 Nr. 8b und 44a der
Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 und der Verordnung (EG) Nr. 259/2008 sowie zur
Auslegung der Richtlinie 95/46/EG ein, weil eine Entscheidung darüber zum Erlass
seines Urteils erforderlich ist.
Die Klage richtete und richtet sich gegen den richtigen Beklagten, da die Funktion
als Zahlstelle während des laufenden gerichtlichen Verfahrens nicht wirksam auf
die Investitionsbank Hessen übertragen wurde. Es fehlt schon an der notwendigen
öffentlichen Bekanntmachung. Denn es handelt sich bei den Aufgaben der IBH im
Bereich Agrarförderung nicht um eine originäre Zuständigkeit der IBH, sondern es
ist ein vertraglicher Übergang vorausgesetzt. Daraus folgt auch, dass das
Ministerium in jedem Fall weiterhin eine Restverantwortung innehat (vgl. auch die
Aufsichtsregelung in § 12 des Vertrags), die über die allgemeine gesetzliche
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Aufsichtsregelung in § 12 des Vertrags), die über die allgemeine gesetzliche
Rechtsaufsicht hinausgeht. Andernfalls hätte die IBH und nicht das Ministerium ein
Verfahrensverzeichnis aufstellen müssen, was gerade nicht der Fall ist. Von der
Verantwortung des Ministeriums geht wohl auch die Beigeladene aus, da auf der
Internetseite zur Veröffentlichung als verantwortliche Stelle für Hessen weiterhin
das Ministerium genannt ist ( www.agrar-fischerei-
zahlungen.de/agrar_ansprechpartner.htnl#He, Stand 24.02.2009).
Ob die Klage begründet ist, hängt zunächst von der Gültigkeit der vorgelegten
Gemeinschaftsvorschriften ab. Erweist sich die Verordnung (EG) Nr. 259/2008 als
ungültig, fehlt es an einer Rechtsgrundlage für die Verarbeitung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1
HDSG) und der Klage ist stattzugeben. Die Klägerin kann sich als Gesellschaft
ebenfalls auf das Recht der informationellen Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1
i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 sowie Art. 19 Abs. 3 GG insoweit
berufen, als ihren Trägern Schutz gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung,
Verwendung oder Weitergabe der betreffenden individualisierte oder
individualisierbarer Daten zusteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.12.2001, Az.: 6 C
7/01, Rdnr. 18 - nach Juris; BVerfG, Beschluss vom 01.10.1987, Az.: 2 BvR 1178/86
u. a., Rdnr. 126 - nach Juris; BVerfG, Urteil vom 17.07.1984, Az.: 2 BvE 11/83, 2
BvE 15/83, Rdnr. 135 f. - nach Juris; VG Wiesbaden, Urteil vom 07.12.2007, Az.: 6 E
928/07, S. 11). Insoweit sind die Ausführungen des Hessischen
Datenschutzgesetzes auch auf juristische Personen, soweit ein grundrechtlich
verbürgtes Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 14 GG gegeben
ist, entsprechend anzuwenden. Eine Ungültigkeit der Verordnung kann sich aus
dieser selbst oder daraus ergeben, dass die Vorschriften aus der Verordnung (EG)
Nr. 1290/2007, deren Durchführung sie dient, ungültig sind. Sind diese
Gemeinschaftsvorschriften gültig, ergibt sich ein Unterlassungsanspruch der
Klägerin, wenn die Regelungen der Gemeinschaft zum Datenschutz nicht beachtet
wurden. Um das zu prüfen, ist eine Auslegung durch den Gerichtshof nötig.
Nach Auffassung des Gerichts verstoßen die Art. 44a und 40 Abs. 1 Nr. 8b der
Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 gegen primäres Gemeinschaftsrecht.
Nach Art. 44a der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 veröffentlichen die
Mitgliedstaaten Informationen über die Empfänger von EGFL- und ELER-Mitteln
sowie der Beträge, die jeder Begünstigte aus diesen Fonds erhalten hat. Diesem
Artikel entnimmt das Gericht, dass über jeden Empfänger eine Veröffentlichung
erfolgen muss. Darin liegt ein Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz, der nicht
gerechtfertigt ist.
Dass Datenschutz auf Gemeinschaftsebene ein Grundrecht ist, ergibt sich aus
dem Schutz des Privatlebens in Art. 8 EMRK und den Verfassungstraditionen der
Mitgliedstaaten. Dies wird bekräftigt durch die Charta der Grundrechte der
Europäischen Union, die in Art. 7 den Schutz des Privatlebens und in Art. 8 den
Schutz der persönlichen Daten als Grundrecht enthält (vgl. das Urteil des
Gerichtshofs vom 28.01.2008 in der Rechtsache C-275/06, Promusicae/Telefonica,
Slg. 2008, I-271, Rn. 63 und die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom
18.07.2007 in dieser Rechtssache, Rn. 51 ff.). Berufliche Tätigkeiten sind mit
geschützt (vgl. das Urteil des Gerichtshofs vom 20.05.2003 in den verbundenen
Rechtssachen C-465/00, C-138/01 und C-139/01, Rechnungshof/Österreichischer
Rundfunk, Slg. 2003, I-4989, Rn. 73). Auch soweit wie im vorliegenden Fall Daten
einer Gesellschaft betroffen sind, sieht das Gericht diese als vom Schutz des
Grundrechts mit umfasst. In der Charta der Grundrechte wird der Datenschutz,
den Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten folgend, als eigenes
Grundrecht erwähnt und so vom Schutz des Privatlebens abgekoppelt. Auch der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sieht durch Art. 8 EMRK juristischen
Personen geschützt (vgl. zusammenfassend Grabenwarter, Europäische
Menschenrechtskonvention, 3. Aufl., § 22 Rn. 4). Hier kommt dazu, dass der Name
der Gesellschaft aus den Namen der Gesellschafter besteht, so dass zu
veröffentlichende Informationen diesen persönlich zuzurechnen sind. In jeder
Veröffentlichung liegt ein Eingriff in dieses Grundrecht, weil es sich um die denkbar
breiteste Übermittlung handelt.
Das Gericht weist darauf hin, dass Gesellschaften bürgerlichen Rechts in
Deutschland erst seit kurzen als rechtsfähig und in gerichtlichen Verfahren
beteiligtenfähig angesehen werden. Nach früherer Rechtsprechung wären die
Gesellschafter persönlich die Kläger gewesen. Im Übrigen unterscheidet Art. 44a
der Verordnung nicht zwischen natürlichen und juristischen Personen, so dass
dieser in jedem Fall am Grundrecht auf Schutz von Daten natürlicher Personen zu
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dieser in jedem Fall am Grundrecht auf Schutz von Daten natürlicher Personen zu
messen ist.
Der Eingriff ist nicht gerechtfertigt. Zu dieser Frage zieht das Gericht die Schranke
in Art. 8 Abs. 2 EMRK heran (vgl. Urteil Rechnungshof/Österreichischer Rundfunk,
a.a.O., Rn. 80 ff.). Danach muss der Eingriff zur Erreichung eines dort genannten
Zwecks in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein. Die Maßnahme
muss demnach in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten
berechtigten Zweck stehen (vgl. Urteil Rechnungshof/Österreichischer Rundfunk,
a.a.O., Rn. 83) und es muss ein zwingendes gesellschaftliches Bedürfnis bestehen
(vgl. Schlussanträge, Promusicae/Telefonica, a.a.O., Rn. 54). Nach der 14.
Begründungserwägung der Verordnung (EG) Nr. 1437/2007 verfolgt die
Veröffentlichung das Ziel, die Transparenz in Bezug auf die Verwendung der
Gemeinschaftsmittel zu erhöhen und durch eine öffentliche Kontrolle die
Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung der betroffenen Fonds zu verbessern. Dazu
ist anzumerken, dass die Transparenz keinen eigenständigen Zweck darstellt,
sondern das Ergebnis der Maßnahme beschreibt. Die Verbesserung der
Haushaltskontrolle dient zwar – bei weiter Auslegung des Art. 8 Abs. 2 EMRK – dem
wirtschaftlichen Wohl des Landes. Sie ist jedoch vorliegend nicht angemessen. Das
Gericht bezweifelt schon, ob die Veröffentlichung überhaupt geeignet ist. Die
Beigeladene hat ein Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz vorgelegt (Bl. 114, 116 d.A. 6 K 1045/08.WI,
Band I). Daraus geht hervor, dass aus dessen fachlicher Sicht die Kontrolle der
verwendeten Mittel und die Verhütung von Unregelmäßigkeiten nicht verbessert
werden. Es bestünden schon umfangreiche Kontrollmechanismen, die
weiterentwickelt würden.
Jedenfalls steht die Veröffentlichung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu
dem verfolgten Zweck. Bei dieser Bewertung stütz sich das Gericht auf das Urteil
des Gerichtshofs in der Rechtssache Rechnungshof/Österreichischer Rundfunk und
das daraufhin ergangene Urteil des Österreichischen Verfassungsgerichtshofs vom
28.11.2003 (Aktenzeichen KR 1/00-33, verfügbar im Internet unter
http://www.vfgh.gv.at/cms/vfgh-
ite/attachments/3/8/6/CH0006/CMS1108403943433/kr1-33-00.pdf). Nach der
Rechtsprechung des Gerichtshofs in diesem Vorabentscheidungsverfahren ist es
zwingende Voraussetzung, dass die Veröffentlichung – in dem Fall ging es die
Bezüge von Bediensteten bestimmter juristischer Personen des öffentlichen
Rechts – wirklich erforderlich ist. Das ist nur dann der Fall, wenn der Zweck nicht
ebenso erreicht werden könnte, indem die Informationen nur den Kontrollorganen
mitgeteilt oder nur Gesamtbeträge veröffentlicht würden (vgl. Urteil
Rechnungshof/Österreichischer Rundfunk, a.a.O., Rn. 88). In seinem Urteil hat der
Österreichische Verfassungsgerichtshof entschieden, dass die Veröffentlichung
von Bezügen einzelner Beschäftigter nicht erforderlich ist. Dazu führt er aus (S. 30
unterer Absatz):
”Auch die Bundesregierung behauptet in ihrer Stellungnahme nicht, dass die
Veröffentlichung der Bezüge unter Nennung der Namen der Bezügeempfänger im
Sinne der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zur effizienten
Mittelverwendung notwendig sei. Sie argumentiert mehrfach damit, dass die
personenbezogene Einkommensveröffentlichung einem dringenden sozialen
Bedürfnis nach Transparenz bei der Verwendung öffentlicher Mittel und nach
Vermeidung deren Missbrauchs bestehe, tut aber nicht dar, wieso es notwendig
sein soll, die Namen von Personen und ihre Bezüge zu veröffentlichen, um die
ordnungsgemäße Verwendung öffentlicher Mittel sicherzustellen; darauf kommt es
aber nach der - den Verfassungsgerichtshof bindenden - Entscheidung des
Europäischen Gerichtshofes vom 20. Mai 2003, Rs. C-465/00 ua.,
, an.”
Dem schließt sich das Gericht für den vorliegenden Fall an. Ein entsprechender
Vortrag fehlt. Außerdem ergibt sich aus den Erwägungsgründen nichts, was eine
Erforderlichkeit im Sinne dieser Rechtsprechung auch nur im Ansatz begründet. In
wie weit unter diesem Umständen eine Veröffentlichung der Daten auch nur im
Ansatz dem öffentlichen Wohl des Landes dienen kann (Art. 8 Abs. 2 EMRK) oder
ein zwingendes öffentliches Interesse besteht, ist nicht dargetan.
Art. 42 Abs. 1 Nr. 8b der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 hält nach Ansicht des
Gerichts einer Überprüfung an Hand der Art. 202 4. Spiegelstrich EG und Art. 211
3. Spiegelstrich EG nicht Stand. Dieser Artikel 42 Abs. 1 Nr. 8b der Verordnung
(EG) Nr. 1290/2005 regelt, dass die Kommission die Bestimmungen zur
Durchführung des Art. 44a der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 erlässt. Hier erhält
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Durchführung des Art. 44a der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 erlässt. Hier erhält
die Kommission einen sehr weiten Spielraum, welche Daten in welcher Weise
veröffentlicht werden. Insbesondere bleibt offen, ob auch eine Veröffentlichung
ausschließlich im Internet erfolgt, was nach einen besonders gravierenden
Grundrechtseingriff darstellt. Auch wenn der Begriff der Durchführung weit
ausgelegt wird, müssen doch die wesentlichen Grundzüge der geregelten Materie
in dem Basisrechtsakt festgelegt werden, um noch von einer Durchführung
sprechen zu können. Ansonsten würde das institutionelle Gleichgewicht gestört,
insbesondere zu Lasten der Mitwirkung des Europäischen Parlaments. Dabei ist
auch zu berücksichtigen, dass Art. 8 Abs. 2 EMRK an eine demokratische
Gesellschaft anknüpft. Das muss bei der Einhaltung des institutionellen
Gleichgewichts berücksichtigt werden.
Selbst wenn Art. 44a oder 42 Abs. 1 Nr. 8b der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005
gültig sind, ergibt sich die Ungültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 259/2008 der
Kommission aus Verstößen gegen das Grundrecht auf Datenschutz, die die
Verordnung selbst enthält. Sie sieht vor, dass die Informationen ausschließlich im
Internet auf einer speziellen Website veröffentlicht werden. Angegeben werden der
Name des Empfängers und die Beträge, aufgeschlüsselt nach ”EGFL” und ”ELER”.
Diese Veröffentlichung geht nach Auffassung des Gerichts weit über das hinaus,
was in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist.
Bei der Veröffentlichung im Internet handelt es sich um einen besonders
tiefgreifenden Eingriff. Informationen sind weltweit einsehbar, und zwar auch in
solchen Staaten, deren Datenschutzniveau nicht dem in der Gemeinschaft
entspricht. Es wäre jedoch nach den Darlegungen der Sachverständigen möglich,
den Zugriff auf IP-Adressen aus der Europäischen Union zu beschränken. Das wäre
ein weniger tiefer Eingriff, die Verordnung sieht das aber nicht vor. Da es um die
Schwere des Eingriffs und nicht die Einordnung nach sekundärem
Gemeinschaftsrecht geht, ist es nach Auffassung des Gerichts unerheblich, ob es
sich nicht um eine Übermittlung in ein Drittland im Sinne von Art. 29 der Richtlinie
95/46/EG handelt, wie es der Gerichtshof in dem Urteil vom 06.11.2003 in der
Rechtssache C-101/01, Bodil Lindqvist, Slg. 2003, I-12971, entschieden hat.
Vielmehr kommt es darauf an, dass es nicht möglich ist, die Daten nach zwei
Jahren aus dem Internet zu entfernen. Art. 3 Abs. 3 der Verordnung, der eine
Löschung nach 2 Jahren vorsieht, kann demnach technisch nicht umgesetzt
werden. Zwar werden die Daten aus der Datenbank der Beigeladenen gelöscht, die
Speicherung der Informationen durch andere Webdienste kann aber weder
verhindert noch rückgängig gemacht werden. Zwar findet wohl keine Speicherung
in Zwischenspeichern von Suchmaschinen (z.B. Google-Cache) statt, weil jede
Anzeige aus der Datenbank generiert wird. Es kann aber nicht verhindert werden,
dass ein Nutzer legalerweise abgefragte Daten speichert und dann selbst ins
Internet stellt, etwa im html oder pdf Format. Dann ist auch ein Zugriff über
Suchmaschinen möglich. Diese Vorgehensweise wird durch die Suchfunktion
erleichtert, für die nach Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 259/2008 der Kommission
eine Angabe nach deren Art. 1 Abs. 1 (etwa nur der Name der Gemeinde oder die
Postleitzahl) ausreicht, um eine Suche durchzuführen.
Die bloße Veröffentlichung im Internet ist auch zur Information der Bürger nicht
geeignet. Es ist anzumerken, dass die Nennung der beiden Fonds mit ihren
Abkürzungen die Bürger eher verwirren als informieren könnte. Dabei ist nach dem
Ziel der Transparenz nicht auf die Fachöffentlichkeit, sondern auf den
interessierten ”Durchschnittsbürger” abzustellen. Da jedenfalls die Maßstäbe der
Beihilfenvergabe nicht gleichzeitig erläutert werden und von dem Namen und Ort
des Empfängers nicht auf dessen Betrieb und seine Lage geschlossen werden
kann, erreicht die Verordnung (EG) Nr. 259/2008 höchstens einen minimalen
Informationsmehrwert. Hinzu kommt, dass die ausschließliche Veröffentlichung im
Internet abschreckenden Charakter hat. Diejenigen Bürger, die überhaupt Zugang
zum Internet haben und sich informieren wollen, werden gezwungen, sich einer
Vorratsdatenspeicherung nach der Richtlinie 2006/24/EG auszusetzen. Das Gericht
sieht es als einen Wertungswiderspruch an, einerseits die Telekommunikation
verstärkt zu überwachen , aber andererseits Informationen, die der Teilnahme der
Bürger an öffentlichen Angelegenheiten dienen sollen, nur elektronisch zugänglich
zu machen. Da der Gerichtshof in die Lage kommen kann, dass er die Gültigkeit
der Verordnung (EG) 259/2008 nur bejaht, wenn die Vorratsdatenspeicherung
nach der Richtlinie 2006/24/EG entfällt, legt das Gericht auch die Frage der
Gültigkeit dieser Richtlinie mit vor. Dadurch ist der Gerichtshof befugt, die
Vereinbarkeit der Richtlinie mit Grundrechten, insbesondere dem Rechts auf
Datenschutz, zu prüfen. Er ist daran auch nicht durch das Urteil vom 10.02.2009 in
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Datenschutz, zu prüfen. Er ist daran auch nicht durch das Urteil vom 10.02.2009 in
der Rechtssache Irland/Parlament und Rat, C-301/06, gehindert, weil Irland die
Klage nur auf den Klagegrund der Unzuständigkeit gestützt hat (vgl. Rn. 57 dieses
Urteils). Das Gericht sieht in der Datenspeicherung auf Vorrat einen Verstoß
gegen das Grundrecht auf Datenschutz. Sie ist in einer demokratischen
Gesellschaft nicht notwendig. Der Einzelne gibt keine Veranlassung für den Eingriff,
kann aber bei seinem legalen Verhalten wegen der Risiken des Missbrauchs und
des Gefühls der Überwachung eingeschüchtert werden (vgl. Schlussanträge
Promusicae/Telefonica, a.a.O., Rn. 82). Die Generalanwältin hat ausgeführt: ”Man
kann daran zweifeln, ob die Speicherung von Verkehrsdaten aller Nutzer –
gewissermaßen auf Vorrat – mit Grundrechten vereinbar ist, insbesondere da dies
ohne konkreten Verdacht geschieht.” Auf die von ihr in den Fußnoten 42 und 43
(Schlussanträge Promusicae/Telefonica, a.a.O.) bezeichneten Quellen wird voll
inhaltlich Bezug genommen.
Der nach Art. 8 ERMK zu wahrende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist durch die
Richtlinie 2006/24/EG nicht gewahrt, weshalb sie ungültig ist (zum engen
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz siehe zuletzt Europäischer Gerichtshof für
Menschenrechte, Urteil vom 04.12.2008, Az. 30562/04 und 30566/04, Rdnr. 103
ff.).
Soweit die in den ersten beiden Fragen bezeichneten Gemeinschaftsvorschriften
gültig sind, kommt es darauf an, wie es sich auswirkt, wenn die an der
Veröffentlichung beteiligten Stellen eines Mitgliedstaats das Verfahren der
Meldung nach Art. 18 der Richtlinie 95/46/EG nicht eingehalten haben. Nach Art. 5
der Richtlinie 95/46/EG richten sich die Voraussetzungen, unter denen die
Verarbeitung von Daten rechtmäßig ist, nach dem Kapitel II der Richtlinie. Dazu
gehört der Abschnitt IX ”Meldung”. Diese Regelungen der Richtlinie 95/46/EG
werden durch bereichsspezifische Vorschriften nicht verdrängt. Der
Erwägungsgrund Nr. 7 der Verordnung (EG) Nr. 259/2008 geht von der Anwendung
der Richtlinie aus und nimmt auf diese Bezug. Die Umsetzungen der Meldepflicht
erfolgte sowohl im Bundesrecht als auch im hessischen Landesrecht. Die
Regelungen beruhen auf Art. 18 Abs. 2 2. Spiegelstrich der Richtlinie 95/46/EG.
Die Meldung bei einer Kontrollstelle wird durch die Führung eines Verzeichnisses
mit den Informationen, die in das Register der Kontrollstelle einzutragen wären, bei
dem behördlichen Datenschutzbeauftragte ersetzt, welcher an die Stelle der
Kontrollstelle tritt (§ 5 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 HDSG). In diesem Fall sind die
Verzeichnisse (Meldungen) aber fehlerhaft. So ist die Auftragsdatenverarbeitung
durch die Beigeladene – und ggf. eines privaten Dritten – bei der Meldung des
Hessischen Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz
nicht ausgewiesen. Es ist unter anderem auch unvollständig, weil konkrete
Angaben zu den Löschfristen fehlen. In dem Verfahrensverzeichnis der
Beigeladenen ist der private Provider nicht erwähnt. Angaben über die
Speicherung von IP-Adressen fehlen gänzlich (zur statistischen Auswertung und zu
Zwecken der Datensicherheit). Das Gericht geht davon aus, dass eine
Verarbeitung von personenbezogenen Daten und damit eine Veröffentlichung von
personenbezogenen Daten erst erfolgen darf, wenn die Maßnahmen nach den Art.
18 Abs. 2 2. Spiegelstrich der Richtlinie 95/46/EG durchgeführt worden sind in dem
Sinne, das eine vollständige, aussagekräftige Meldung vorliegt. Andernfalls wäre
eine Verarbeitung nach Treu und Glauben und auf rechtmäßige Weise (Art. 6
Buchstabe a der Richtlinie 95/46/EG) nicht möglich; konkrete Zwecke sind nicht
benannt. Würde man eine unvollständige Meldung (unvollständiges
Verfahrensverzeichnis) nicht im Sinne von Art. 6 der Richtlinie 95/46/EG als
Wirksamkeitsvoraussetzung ansehen, wäre die praktische Wirksamkeit der
Vorschriften über die Meldung beeinträchtigt – gar aufgehoben – , weil der Verstoß
für die weitere Verarbeitung mit personenbezogenen Daten folgenlos bliebe. Ein
Ergebnis, welches schier untragbar sein dürfte.
Nach § 7 Abs. 6 Satz 3 HDSG (siehe auch § 4d Abs. 5 Satz 1 BDSG) ist für die
Veröffentlichung nach der Verordnung (EG) Nr. 259/2008 eine Vorabkontrolle nach
Art. 20 der Richtlinie 95/46/EG durch den behördlichen Datenschutzbeauftragten
durchzuführen. Nach beiden Gesetzen erfolgt die Vorabkontrolle nicht durch eine
zentrale Kontrollstelle, sondern bei der verantwortlichen Stelle durch deren
betrieblichen oder behördlichen Datenschutzbeauftragten. Da im vorliegenden Fall
auch Art. 20 der Richtlinie anwendbar ist, darf die Veröffentlichung wegen Art. 6
Buchstabe a der Richtlinie nach Ansicht des Gerichts erst erfolgen, wenn die
Vorabkontrolle nach Art. 20 der Richtlinie durchgeführt worden ist. Andernfalls wäre
dieses Instrument nicht effektiv und es würde sich die Frage stellen, warum diese
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dieses Instrument nicht effektiv und es würde sich die Frage stellen, warum diese
Regelung überhaupt aufgenommen wurde.
Wenn die vierte Frage bejaht wird, kommt es darauf an, ob die Vorabkontrolle hier
ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Die Vorabkontrolle erfolgte jedoch auf
Grundlage unvollständiger Verfahrensverzeichnisse (Meldungen). Da die
Bewertung nach der Richtlinie 95/46/EG auf der Grundlage der in den
Verzeichnissen enthaltenen Informationen erfolgt, kann sie nur wirksam
durchgeführt werden, wenn diese richtig und vollständig sind. Nur dann ist die
Grundlage für einen effektiven Schutz der Betroffenen gegeben.
Weiter stellt sich die Frage, ob die IP-Adressen der Benutzer, die die Daten nach
der Verordnung (EG) 259/2008 auf der Internetseite der Beigeladenen abrufen,
gespeichert werden dürfen. Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass die
Speicherung der IP Adressen – wie auf der Webseite angegeben – erfolgt.
Jedenfalls muss sich die Beigeladene an ihrer Erklärung festhalten lassen. Der
Anwendungsbereich der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG und des deutschen
Datenschutzrechts einschließlich § 15 TMG hängt davon ab, ob es sich dabei um
ein personenbezogenes Datum handelt, weil eine Zuordnung zu einer
bestimmbaren Person möglich ist, gleichwohl, ob es sich um eine statische oder
dynamische IP-Adresse handelt.
Die IP-Adresse ist ein numerisches Adressformat, welches die Kommunikation
vernetzter Geräte (Server oder Privatcomputer) im Internet ermöglicht. Bei Abruf
einer Seite wird dem Server, auf dem die Seite gespeichert ist, die Adresse des
abrufenden Computers mitgeteilt, so dass die Daten über das Internet von dem
einen an den anderen Rechner geleitet wird en können. Für die Verbindung von
Privatanwendern mit dem Internet können feste IP-Adressen vergeben werden.
Dabei handelt es sich nach Ansicht des Gerichts ohne weiteres um ein
personenbezogenes Datum. Üblicherweise werden dynamische IP-Adressen
verwendet. Dabei weist der Anbieter des Zugangs dem Kunden bei jedem Zugang
eine Adresse aus seinem Adresskontingent zu. Aus der Adresse kann der
Einwahlstandort des Benutzers abgelesen werden.
In der Rechtssache Promusicae/Telefonica hat die Generalanwältin die Ansicht
vertreten, dass eine dynamischen IP-Adresse personenbezogene Daten enthält
(vgl. Schlussanträge Promusicae/Telefonica, a.a.O., Rn. 61 und die Nachweise in
Fußnote 31). In seinem Urteil vom 29.01.2008 in dieser Rechtssache hat sich der
Gerichtshof ausdrücklich mit dieser Frage aber nicht beschäftigt. Das Amtsgericht
Berlin-Mitte hat einer Klage eines Benutzers der Internetseite des
Bundesministeriums der Justiz gegen die Speicherung seiner IP-Adresse
stattgegeben, weil über die dynamische IP-Adresse der Benutzer identifiziert
werden könne (Urteil vom 27.03.2007, 5 C 314/06, zitiert nach juris). Das
Amtsgericht Berlin-Mitte stützte sich maßgeblich auf die 26.
Begründungserwägung der Richtlinie 95/46/EG. Danach sollten bei der
Entscheidung, ob eine Person bestimmbar ist, alle Mittel berücksichtigt werden, die
vernünftigerweise entweder von dem Verantwortlichen für die Verarbeitung oder
von einem Dritten eingesetzt werden könnten, um die betreffende Person zu
bestimmen. Die Berufung der Beklagten erstreckte sich nur auf die Reichweite der
Unterlassungsverpflichtung. Der Rechtstreit ist rechtskräftig abgeschlossen (vgl.
Landgericht Berlin, Urteil vom 06.09.2007, 23 S 3/07, zitiert nach juris). In der
deutschen Literatur wurde dieser Rechtsprechung widersprochen. Das Gericht ist
aber der Auffassung, dass auch eine dynamische IP-Adresse ein
personenbezogenes Datum ist. Davon geht auch die Artikel 29-
Datenschutzgruppe in ihrem Arbeitsdokument WP 104 vom 18.01.2005 aus (Nr. III.
3., S. 19 ff., 01248/07/DE); bekräftigend in der Stellungnahme WP 150 vom
15.05.2008 (Nr. 3b, S. 8, 00989/08/DE). Da die Speicherung der IP-Adresse nicht
erforderlich ist, steht die Richtlinie 95/46/EG ihr entgegen.
Nach den Angaben des Sachverständigen B sollen in Zukunft bei den
Internetseiten hessischer Behörden die IP-Adressen zu statistischen Zwecken
anonymisiert werden, aus Gründen der Datensicherheit aber ungekürzt
gespeichert werden. Die Speicherfristen für die vollständig gespeicherten IP-
Adressen durfte er auf Nachfrage des Gerichts aus Geheimhaltungsgründen nicht
angeben. Da die Beigeladene ihre Seite im Auftrag auch des Landes Hessen
betreibt, geht das Gericht davon aus, dass eine Speicherung nach der Praxis
hessischer Behörden stattfindet. Diese wäre mangels einer gesetzlichen
Grundlage im hessischen Landesrecht nur zulässig, wenn es sich bei einer IP-
Adresse nicht um ein personenbezogenes Datum handelt.
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In diesem Zusammenhang ist auf folgendes hinzuweisen: Nach einem
Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Stärkung der Sicherheit in
der Informationstechnik des Bundes (Bundesrats-Drucksache 62/09) ist geplant,
dem Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik die Befugnis
einzuräumen, zur Abwehr von Gefahren für die Kommunikationstechnik des
Bundes Protokolldaten und solche Daten, die an den Schnittstellen der
Kommunikationstechnik des Bundes anfallen, auszuwerten. Zur
Informationstechnik des Bundes gehört auch die Internetseite der Beigeladenen.
Bei der Verabschiedung des Entwurfs, der als besonders dringlich bezeichnet ist,
würde sich die Überwachung der Nutzung der nach der Verordnung (EG) Nr.
259/2008 veröffentlichten Daten noch verstärken. Mit einem In-Kraft-Treten des
neuen Gesetzes ist in einigen Monaten zu rechnen, so dass es schon für das
Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof relevant ist und sich die Frage
nach dem Anwendungsbereich der Richtlinie 95/46/EG hinsichtlich von IP-Adressen
besonders dringlich stellt.
Es wird angeregt, dieses Vorabentscheidungsersuchen mit demjenigen in dem
Verfahren … gegen Land Hessen (6 K 1352/08.WI) zu verbinden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.