Urteil des VG Wiesbaden vom 06.11.2008

VG Wiesbaden: landwirtschaftlicher betrieb, luft, tierhaltung, gemeinde, geologie, gülle, verfügung, gebäude, schweinemastbetrieb, eigentum

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Gericht:
VG Wiesbaden 3.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 E 407/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 201 BauGB, § 35 BauGB
Unzulässigkeit eines Schweinemastbetriebes
Leitsatz
Unzulässigkeit eines Schweinemastbetriebes in einer Entfernung von 500 m zu
Wohnbebauung
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens sowie die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen
hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die
Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden
Kosten abwenden, falls nicht der Beklagte und die Beigeladene vor der
Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt einen landwirtschaftlichen Gemischtbetrieb mit Ackerbau und
Viehhaltung. Die Hofstelle befindet sich am Rande der Ortschaft Gemeinde C.,
Ortsteil E.. Der Betrieb umfasst 180 Hektar Ackerfläche und 28 Hektar Grünfläche.
Mit Bauantrag vom 21.06.2005 hat die Klägerin den Neubau einer
Schweinestallanlage sowie eines Güllebehälters beantragt. Nach der Bau- und
Betriebsbeschreibung sei an eine Anlage mit 960 Mastplätzen gedacht. Der
Maststall solle als sogenannter "Außenklimastall" erstellt werden. Der Standort
befindet sich 450 m nördlich der Ortschaft E., sei erschließbar und habe einen
ausreichenden Immissionsschutzabstand zu den nächstliegenden Wohngebieten.
Somit sei auch eine spätere Erweiterung zulässig. Bei der geplanten Mastanlage
handele es sich um ein sogenanntes "Trobridge-Stallsystem" mit vier Trobridge-
Häusern. Dieses System biete den Schweinegruppen ihr eigenes Mikroklima mit
natürlicher Belüftung und Tageslicht. Die Stallgebäude sollen quer zur
Hauptwindrichtung aufgestellt werden. Hierdurch solle der ungestörte
Luftaustausch im Gebäude gewährleistet werden. Die Gebäude seien rund 7,75 m
breit und 35 m lang. Auf aufwändige Lüftungs- und Klimatechnik im Gebäude
könne gänzlich verzichtet werden. Die Lüftung erfolge durch freies Durchströmen
der Luft durch die Seitenwände und Ableiten der erwärmten Luft durch den offenen
Gebäudefirst. Die Zuluftregulierung werde über verstellbare seitliche Stellklappen
erreicht, die in der Verbindung mit einer automatischen Steuerung die
Luftregulierung des Stalles übernähmen. Die Güllekanäle würden als
Wechseltauschsystem mit maximal 17,5 m langen Kanalabschnitten errichtet. 30
% der Spaltenfläche werde mit einem Schlitzanteil >10 % ausgeführt. Im
dreiwöchigen Rhythmus würden jeweils ca. 150 Ferkel mit etwa 25 kg Gewicht
eingestallt. Mit einem Gewicht von ca. 60 kg nach ca. 40 Masttagen würden die
Gruppengrößen durch Umstallung und Vorselektierung auf Endmastgruppengröße
reduziert und auf ca. 10 Buchten mit je 15 Tieren aufgeteilt. Bei ca. 750 g
Tageszunahme und einem Schlachtgewicht von ca. 115 kg seien ca. 120 Masttage
erforderlich. Bei ca. 2,6 Mastdurchgängen könnten ca. 2.500 Mastschweine pro
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erforderlich. Bei ca. 2,6 Mastdurchgängen könnten ca. 2.500 Mastschweine pro
Jahre produziert werden.Der notwendige Güllelagerraum umfasse ca. 1.140 m³. Als
Bauort ist vorgesehen die Gemarkung E., Flur 00, Flurstück 0.
Mit Schreiben vom 20.09.2005 hat die Klägerin mitgeteilt, dass die
Wasserversorgung mittels Grundwasserentnahme aus der Niederbringung einer
Tiefbohrung erfolge. Es werde kein Trinkwasser im Sinne der
Trinkwasserverordnung benötigt.
Mit weiterem Schreiben vom 04.04.2006 hat die Klägerin mitgeteilt, dass zur
Erschließung ausschließlich die Verlegung einer Stromversorgungsleitung als
notwendig angesehen werde. Der Stall werde voraussichtlich jährlich zehn Mal von
einem Lkw (maximal 18 t schwer) zur Ferkelanlieferung und zehn Mal von einem
Lkw zum Abtransport der Mastschweine angefahren.
Mit Schreiben vom 26.07.2005 hat die Beigeladene mitgeteilt, dass ein
Einvernehmen nicht erteilt werden könne, da insbesondere eine Ermittlung und
Bewertung der möglichen Auswirkungen auf die Umwelt vollständig fehlten. In dem
betroffenen Landschaftsausschnitt herrschten überwiegend Winde aus westlichen
Richtungen vor. Mit einer zusätzlichen Verstärkung dieser Westwinde sei aufgrund
der kanalisierenden Wirkung des Talraums vom G-bach mit einem Hauptverlauf
von Ost nach West zu rechnen. Der gewählte Standort liege auf einer Höhe von
rund 340 m über NN. Die Ortslage selbst liege ca. 40 m unterhalb. Das
vorhandene Gelände nördlich der geplanten Maststelle steige noch auf bis zu 390
m über NN an. Es handele sich um eine großräumig ausgeprägte Agrarlandschaft
mit überwiegend ackerbaulicher Nutzung, die eine klimaökologisch bedeutsame
Kaltluftentstehungsfläche darstelle. Aufgrund der Orographie werde die
entstehende Kaltluft insbesondere für die Ortslage von E. klimaökologisch wirksam.
Diese nächtliche Frischluftzufuhr spiele besonders in windschwachen und klaren
Nächten mit hoher Ausstrahlung und Abkühlung eine große Rolle. Aufgrund der
Größe und Güte der Kaltluftentstehungsfläche seien talabwärts fließende
Kaltluftschichten mit höherer Mächtigkeit zu erwarten. Diese würden
möglicherweise durch die geplanten Offenställe und die Güllegrube fließen und die
dann entstehenden Geruchsstoffe der Schweinemastanlage unmittelbar in die
Ortslage von E. tragen, wo sie sich sammelten, ohne dass eine Zirkulation durch
übergeordnete Winde ausgleichend wirke.Unter Bezugnahme auf dieses Schreiben
hat die Beigeladene am 12.08.2005 ihr Einvernehmen versagt.
Mit Schreiben vom 29.07.2005 hat der Kreisausschuss des Landkreises F., Amt für
den ländlichen Raum, ausgeführt, dass das Bauvorhaben bezüglich der
Förderfähigkeit positiv geprüft worden sei. Es diene dem landwirtschaftlichen
Betrieb i.S.d. § 201 BauGB und sei gem. § 35 Abs. 1 Ziff. 1 BauGB im
Außenbereich zulässig.
Die M-GmbH hat am 01.08.2005 nach der Richtlinie VDI 3474 bei 960 Mastplätzen
124,8 Großvieheinheiten errechnet. Dies erfordere nach der TA-Luft einen
Mindestabstand zur Wohnbebauung von 230 m. Die geringsten Abstände zur
Ortschaft E. betrügen 550 m und zur Ortschaft F. 700 m. Die Abstände zu den
Wohnbebauungen seien ausreichend. Es sei mit keinen Immissionen auf die
Anwohner zu rechnen. Die Entsorgung der Gülle erfolge zu bestimmten Zeiten im
Jahr mit speziellen Güllewagen auf die betriebseigenen Flächen.
Das Verfahren ist durch die Beklagte als vereinfachtes
Baugenehmigungsverfahren gem. § 57 HBO geführt worden.
Nach Bekanntwerden des Bauvorhabens erfolgten Nachbarbeschwerden wegen
der von diesem zu erwartenden Immissionsbelastungen.
Der N hat unter dem 00.00.2005 ausgeführt, dass der vorhandene Abstand
zwischen Immissionsschwerpunkt der Anlage und den nächstgelegenen
Wohnhäusern keine unzumutbaren Beeinträchtigungen erwarten lasse. Mit
Schreiben vom 00.00.2005 hat der N dies bestätigt.
Mit Schriftsatz vom 17.11.2005 hat der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen
einen ersten Teil der Untersuchung durch die L-GmbH vorgelegt. Das Gutachten
komme zu dem Ergebnis, dass der Schweinemastbetrieb zu einer erheblichen
Überschreitung der Immissionsgrenzwerte der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL)
in der Fassung vom 21.09.2004 in der Nachbarschaft führe. Dabei seien sogar
Immissionszuträge, die durch die Geruchsstoffe der geplanten
Schweinemastanlage mit der normalen Windströmung der Wohnbebauung in E.
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Schweinemastanlage mit der normalen Windströmung der Wohnbebauung in E.
wie auch in F. zugeführt würden, nicht berücksichtigt. Die Anwendung der
Geruchsimmissionsrichtlinie sei erforderlich, da zum konkret gewählten Standort
des Schweinemastbetriebes geländemäßige Besonderheiten vorlägen, die
erhebliche Auswirkungen auf die Ausbreitung der von dem Betrieb ausgehenden
Geruchsstoffe habe. Von dem geplanten Schweinemastbetrieb ausgehend falle
das Gelände nach Süden in Richtung der Ortslage E. deutlich ab. GIRL sei zur
Anwendung zu bringen, wenn - wie hier - die besonderen Umstände des
Einzelfalles, wie etwa besondere topographische Verhältnisse eine andere
Vorgehensweise als die der Beurteilung nach dem Abstandsdiagramm der TA-Luft
geböten. Nach dieser Richtlinie würden Immissionsgrenzwerte für Wohn- und
Mischgebiete mit 0,10 und für Gewerbe- und Industriegebiete mit 0,15 gelten. Dies
beziehe sich auf die relative Häufigkeit von sogenannten Jahresstunden. Der
Immissionswert von 0,10 bedeute demnach, dass höchstens 10 % der
Jahresstunden auch Geruchsstunden im Sinne der GIRL sein dürften. Dem
Bauvorhaben stehe daher der öffentliche Belang des § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB
entgegen, nach der das Vorhaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervor
rufen dürfe. Weiterhin hätte vorliegend ein "normales" Baugenehmigungsverfahren
gemäß § 58 HBO durchgeführt werden müssen, da das Vorhaben einen
Sonderbau im Sinne von § 2 Abs. 8 HBO darstelle. Das Gutachten hat in der
Zusammenfassung ausgeführt, dass es aufgrund der vorliegenden
orographischen Begebenheiten nicht auszuschließen sei, dass aufgrund von
nächtlich auftretenden Kaltluftabflüssen die von dem geplanten
Schweinemastbetrieb ausgehenden Geruchsstoffe mit der Kaltluftabfluss-
Strömung in den Bereich der Wohnbebauung von E. transportiert würden. Der
konvektive Transport von Geruchsstoffen mit der Windströmung sei nicht
Gegenstand dieses Berichts. Da eben dieser Stofftransport mit zu einer möglichen
Geruchsbelastung im Ortsbereich von E. beitrage, sei eine abschließende Aussage
zu den Wahrnehmungshäufigkeiten anlagebedingter Gerüche im Ortskernbereich
und den nördlichen Randlagen des Ortsteils E. im Rahmen des vorliegenden
Berichts nicht möglich. Zu der vorliegenden Untersuchung sei eine
Geruchsausbreitungsberechnung nach der Geruchsimmissionsrichtlinie mit dem
Modell AUSTAL 2000 durchzuführen, um die Gesamtbelastung durch
anlagenspezifische Gerüche ermitteln zu können.
Zu dem Gutachten hat der N am 00.00.2005 ausgeführt, dass die GIRL stark
umstritten sei. In Hessen diene sie lediglich zur Beurteilung von
Kompostierungsanlagen. Aufgrund der Größe der Anlage - 960 Mastplätze - sei
vorliegend Baurecht und nicht Bundesimmissionsschutzrecht anzuwenden. Die
entsprechende Grenze liege bei 1.500 Mastplätzen. Wie bereits am 00.00.2005
ausgeführt, sei die VDI-Richtlinie 3471 maßgebend, wonach der erforderliche
Sicherheitsabstand 249 m betrage. Zudem enthalte das Gutachten mehrere
falsche Ansätze.
Unter dem 30.01.2006 hat die L-GmbH eine Prognose der Geruchsimmissionen
durch einen geplanten Schweinemastbetrieb bei E. vorgelegt. Aufgrund der Hang-
und Tallage sei am Standort mit Kaltluftabflüssen zu rechnen. Für eine endgültige
Beurteilung der Immissionsbelastungen, bei der alle Ausbreitungsklassen
eingingen, sei eine Geruchsausbreitungsberechnung nach der
Geruchsimmissionsrichtlinie mit dem Modell AUSTAL 2000 durchgeführt worden.
Zusammenfassend führt die Prognose aus, dass die von dem Betrieb
ausgehenden Geruchsemissionen und die damit verbundenen Immissionen
berechnet worden seien und als Geruchsstundenhäufigkeit ausgewiesen würden.
Die Ausbreitung der Geruchsstoffe hänge im Wesentlichen von den
meteorologischen Randbedingungen ab. Da am Standort keine langjährigen
Messungen vorliegen würden, sei vom Deutschen Wetterdienst eine repräsentative
Zeitreihe zur Verfügung gestellt worden. Aufgrund der Hang- und Tallage sei am
Standort des Betriebes in wolkenarmen und windschwachen Nächten mit
Kaltluftabflüssen zu rechnen. Die nächtlichen Kaltluftabflüsse führten in
südwestlicher Richtung der Stallung zu relativ hohen Geruchsstundenhäufigkeiten.
Im Bereich der Höfe nordwestlich von E. würden Jahresgeruchsstunden zwischen
16 % und 19 % berechnet. Am nördlichen Ortsrand sowie in der Kernbebauung von
E. selbst liege die Belastung bei 4 % bis maximal 7 % der Jahresstunden, am
Ortsrand von F. bei 3 % der Jahresstunden. Unmittelbar nordwestlich des
derzeitigen Ortsrandes werde der jeweilige Immissionswert der GIRL sowohl für
Wohn-/Mischgebiete als auch für Industrie-/Gewerbegebiete überschritten. Bei
Verwirklichung des beantragten Vorhabens der Errichtung des Schweinemast-
Betriebes wären demnach neue Gebietsausweisungen über den derzeitigen
nordwestlichen Ortsrand hinaus künftig nicht mehr zulässig.
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Eine weitere Prognose von L-GmbH vom 15.03.2006 kommt zusammenfassend
über die Stellungnahme vom 30.01.2006 hinaus zu dem Ergebnis, dass am
nordwestlichen Ortsrand eine Geruchsstundenhäufigkeit bei 16 % liege. Auch ohne
Berücksichtigung einer Vorbelastung durch andere landwirtschaftliche Betriebe
überschritten die Geruchsstunden die Vorgaben der Geruchsimmissionsrichtlinie
an den Höfen nordwestlich von E. sowie im Bereich der Wohnbebauung am
nordwestlichen Ortsende von E..
Mit Stellungnahme vom 00.00.2006 hat das Regierungspräsidium Darmstadt,
Abteilung Umwelt Wiesbaden, im Wege der Amtshilfe ausgeführt, dass das
Verfahren zur Abstandsermittlung nach VDI 3471 auf betrieblichen Merkmalen mit
Punktebewertung basiere. Das Verfahren sei aufgrund des Vorsorgegrundsatzes
entwickelt worden, regele nicht, wann Geruchsbelästigungen und schädliche
Umwelteinwirkungen gegeben seien. Aufgrund der besonderen topographischen
Verhältnisse - Hang- und Tallagen - könne nach der GIRL die
Genehmigungsbehörde die Genehmigungsvoraussetzung nicht allein auf die
Einhaltung des Abstandes nach der VDI 3471 gründen, weil die besonderen
Umstände des Einzelfalles eine andere Vorgehensweise erforderten. Die GIRL
könne für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen nach dem
Bundesimmissionsschutzgesetz angewandt werden.In der
Geruchsimmissionsprognose der L-GmbH vom 02.11.2005 werde auf die
Kaltluftabflüsse durch die Hanglagen im Einwirkungsgebiet der geplanten Anlage
eingegangen. Nach der Prognose sei am nordwestlichen Ortsrand von E. mit
Geruchshäufigkeiten im Bereich von 20 % der Jahresstunden zu rechnen. In der
Geruchsimmissionsprognose der L-GmbH vom 30.01.2006 werde auf die
Kaltluftabflüsse und die normale Windströmung eingegangen. Nach der Prognose
sei mit den entsprechenden dort aufgelisteten Werten zu rechnen. Nach der
Prognose würden die Geruchsimmissionswerte bei den drei Aussiedlerhöfen
nordwestlich von E. überschritten. Nach der VDI 3471 sei gegenüber Wohnhäusern
im Außenbereich ein höheres Maß an Geruchsimmissionen zumutbar. Dieser Wert
werde um 1 bis 4 % überschritten.
Am 14.03.2006 ist ein geotechnischer Untersuchungsbericht erstellt worden, der
sich auf den G.-Weg bezieht, über den die Zufahrt zu der geplanten
Schweinemastanlage erfolgen soll. Der Bericht kommt zu der Schlussfolgerung,
dass der Feldweg einen geringmächtigen Aufbau ausweise. Aufgrund der
fehlenden Kornabstufung des Grobschotters/Grobschlags seien die Filterstabilität
und die Frostsicherheit des Unterbaus beeinträchtigt. Eine über den
Normalverkehr mit üblichen landwirtschaftlichen Maschinen liegende
Verkehrsbelastung mit schweren Lastfahrzeugen und Lastzügen werde auf Dauer
zu Straßenschäden führen.
Mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen vom 21.03.2006
wird darauf hingewiesen, dass die L-GmbH eine Katasterkarte älteren Datums
verwendet habe, wobei der Bereich von anlagebedingten Geruchsimmissionen mit
einer Häufigkeit von 16 % der Jahresgeruchsstunden sich als ein Bereich reiner
Wohnbebauung darstelle. Das Gebiet sei als Wohngebiet ausgewiesen, die
Wohnhäuser genehmigt. Der zumutbare Richtwert für Wohnbebauung liege jedoch
lediglich bei 10 %, so dass die Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen in diesem
Bereich deutlich überschritten sei. Dies werde durch das ergänzende Gutachten
der L-GmbH vom 15.03.2006 bestätigt. Soweit durch den N am 02.12.2005 darauf
verwiesen werde, dass eine Ausbreitungsberechnung nach AUSTAL 2000 zu
erfolgen hätte, so sei dies in den Gutachten der L-GmbH vom 30.01.2006 und
15.03.2006 erfolgt. Dem Vorhaben stünden daher schädliche Umwelteinwirkungen
in Form von unzumutbaren Beeinträchtigungen gemäß § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB
entgegen. Des Weiteren sei eine ausreichende Erschließung des Vorhabens im
Sinne von § 35 Abs. 1 BauGB nicht gesichert. Ein Ausbauzustand des Weges
müsse gewährleisten, dass Futtermittelzulieferungen, An- und Abtransport der
Tiere, Fahrten im Zusammenhang mit der Gülleausbringung, jeweils in Verbindung
mit dem zu erwartenden Gewicht und der Breite der Fahrzeuge möglich sein
müssten, ohne dass es zu Straßenschäden komme. Aufgrund des vorgelegten
Untersuchungsberichts ergebe sich jedoch, dass der Feldweg durch die geplante
Schweinemastanlage so stark belastet werde, dass ohne weiteres mit erheblichen
Schäden zu rechnen sei. Dieser Weg stehe im Eigentum der Beigeladenen, die
allein dadurch mit einem erheblichen Erhaltungsaufwand konfrontiert sein würde.
Zur Frage der Erschließung hat die Klägerin am 04.04.2006 ausgeführt, dass an
die Sicherung der Erschließung eines im Außenbereich liegenden
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die Sicherung der Erschließung eines im Außenbereich liegenden
landwirtschaftlichen Betriebes nur geringe Anforderungen zu stellen seien. Es
entspreche gängiger Praxis, dass landwirtschaftliche Aussiedlungen gerade über
solche 3 m breiten asphaltierten Feldwege erschlossen würden. Die Holzabfuhr aus
dem Gemeindewald oder die Abholung der Milch erfolge mit bis zu 40 t schweren
Lkws über exakt baugleiche Feldwege. Der Schweinestall werde voraussichtlich
jährlich von 10 Mal ein Lkw (maximal 18 t schwer) zur Ferkelanlieferung sowie 10
Mal ein Lkw zum Abtransport der Mastschweine befahren. Es sei geplant, die
Schweine über einen Schlachthof in H. zu vermarkten. Es sei davon auszugehen,
dass die Schweine mit eigenem Tiertransporter gefahren würden. Die Anlieferung
des Futters sowie die Abfahrt der Gülle erfolge jeweils mit betriebseigenen
Fahrzeugen.
Das Hessische Landesamt für Umwelt und Geologie hat mit Schreiben vom
24.04.2006 ausgeführt, dass bei dem Ansatz der VDI-Richtlinie sich Sonderfälle wie
Kaltluftströmungen nicht sachgerecht berücksichtigen ließen. Das Auftreten von
Kaltluftströmen zwischen dem Standort der geplanten Schweinemastanlage und E.
habe aufgrund der Geländestruktur und der geringen Rauhigkeit der Acker- und
Grünflächen nach Augenschein eine hohe Wahrscheinlichkeit. Nach derzeitigem
Kenntnisstand dürfte es am Rande der Bebauung im Nordwesten von E. - d. h. der
dem Standort der geplanten Stallanlage zugewandten Seite - zu
Geruchsbelästigungen alleine durch die geplante Anlage kommen, die den Grad
der erheblichen Belästigung erreiche.
Durch die Kläger ist im Verwaltungsverfahren ein Immissionsschutzgutachten zum
geplanten Neubau einer Anlage zur Haltung von Maststätten von Gemeinde C.,
Ortsteil E., vom 10.06.2006 vorgelegt worden, das ein öffentlich bestellter und
vereidigter Sachverständiger erstellt hat. Als Ergebnis stellt dieses Gutachten fest,
dass im Dorfrandbereich von E. maximal Geruchswahrnehmungen im Bereich von
5 % der Jahresstunden ermittelt worden seien. Diese Werte seien unbedenklich. Im
vorliegenden Fall komme den Kaltluftabströmungen besondere Bedeutung zu.
Diese könnten Geruchsstoffe, die in die Strömung emitiert würden, über weite
Strecken ohne nennenswerte Verdünnung transportieren. Der Deutsche
Wetterdienst erwarte eine solche Situation an etwa 50 Tagen im Jahr, hieraus
ergäben sich 4,5 % der Jahresstunden. Gerüche an der Wohnbebauung im
Außenbereich beliefen sich auf 8,10 % der Jahresstunden. Für die Wohnbebauung
im Dorfgebiet seien keine unzulässigen Geruchswahrnehmungen zu erwarten.
Aufgrund der Prognose würden Werte von maximal 5,0 + 4,5 = 9,5 % der
Jahresstunden erwartet.
Mit Bescheid vom 19.06.2006 ist der Bauantrag abgelehnt worden.Zur
Begründung ist u. a. ausgeführt, dass das Bauvorhaben schädliche
Umwelteinwirkungen hervorrufen könne, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Nach
dem von der Gemeinde vorgelegten Gutachten der L-GmbH würden auch ohne
Berücksichtigung einer Vorbelastung durch andere landwirtschaftliche Betriebe die
Geruchsstunden die Vorgaben der Geruchsimmissionsrichtlinie an den Höfen
nordwestlich von E. sowie im Bereich der Wohnbebauung am nordwestlichen Ende
von E. überschreiten.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch vom 28.06.2006. Zur Begründung ist u. a.
ausgeführt, dass dem Bauvorhaben öffentliche Belange nicht entgegenstünden.
Dies ergebe sich aus den beiden gutachterlichen Stellungnahmen des N. Für die
Genehmigungsfähigkeit spreche auch das Immissionsschutzgutachten des
öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen O vom 10.06.2006. Eine
Befassung mit diesem Gutachten sei nicht erfolgt. Die ausreichende Erschließung
des Bauvorhabens sei gesichert. Eine optimale Erschließung sei nicht notwendig.
Mit Schreiben vom 24.08.2006 hat das Hessische Landesamt für Umwelt und
Geologie zum Immissionsschutzgutachten vom 12.08.2006 von Herrn O Stellung
genommen. Zusammenfassend wird insoweit angegeben, dass diese
Immissionsprognose keine Alternative zur Immissionsprognose L darstelle. Die
Immissionsraten lägen bei O etwa 30 % niedriger als bei L. In dem Gutachten
würde zunächst die Geruchsbelastung für den Fall ebenes Gelände berechnet.
Hieraus ergäbe sich eine Geruchsbelastung von 5 % an der nördlichen
Bebauungsgrenze. Mit einem einfachen Ansatz werde dann die Geruchshäufigkeit
an der nördlichen Bebauungsgrenze an Tagen mit Kaltluftströmungen mit 4,5 %
der Jahresstunden geschätzt. Die Addition dieser Werte müsse man im
Vertrauensbereich sehen, d. h. man könne nicht mit Sicherheit sagen, dass bei
der getroffenen Annahme der Wert von 10 % Geruchshäufigkeit sicher eingehalten
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der getroffenen Annahme der Wert von 10 % Geruchshäufigkeit sicher eingehalten
sei, auch wenn die Geruchsvorbelastung noch nicht berücksichtigt sei.
Ergänzend hat das Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung Umwelt Wiesbaden,
am 28.11.2006 ausgeführt, dass die bereits übermittelten Aussagen aufrecht
erhalten würden. Die fachtechnische Beurteilung der Hessischen Landesanstalt für
Umwelt und Geologie vom 27.10.2006 (richtig müsste es heißen: 24.08.2006)
werde in allen Punkten geteilt. Im L-Gutachten seien die flächenabhängigen
Emissionen der Güllekanäle in den Stallungen nicht berücksichtigt worden. Diese
Nichtberücksichtigung werde durch die höheren Ansätze der tierartspezifischen
Geruchsemissionen zum Teil kompensiert. Zu Gunsten der Betreiberin sei durch
die L eine nicht in den Bauantragsunterlagen beschriebene Schwimmschicht auf
der Güllelagerung angenommen worden. Diese Annahme sei nicht gerechtfertigt,
da die vorgelegten Bauantragsunterlagen einen Betrieb mit Vollspaltenboden
(ohne Einstreu) vorsehe und keine konkreten Aussagen zum Aufbau, der Bildung
und Erhaltung einer natürlichen oder künstlichen Schwimmdecke in den
Antragsunterlagen enthalten sei. Der von O für die Ausbreitungsberechnung
angesetzte niedrigere Eingangswert führe automatisch zu niedrigeren
Immissionswerten. Der zu niedrige Quellenansatz entspreche nicht den für
erforderlich gehaltenen Anforderungen an eine Prognose.
Mit Bescheid vom 07.03.2007 ist der Widerspruch zurückgewiesen worden.
Zur Begründung ist u. a. ausgeführt, dass die GIRL im vorliegenden Fall als
Grundlage für die Beurteilung herangezogen werden könne. Es müsse nicht
ausschließlich auf die Abstandsfläche zu den nächsten Ortsgebieten abgestellt
werden. Das L-Gutachten habe einen Wert von 16 % der Jahresstunden ermittelt
und komme daher zu einer unzulässigen Geruchsbelästigung. Demgegenüber
komme das O-Gutachten lediglich zu einem Wert von 9,5 %. Bei Einbeziehung der
Geruchsvorbelastung und den Unterschieden in der Berechnung müsse davon
ausgegangen werden, dass die tatsächliche Belastung über 10 % der
Jahresstunden liege. Zudem sei eine ausreichende Erschließung nicht gesichert.
Die Gemeinde habe das Einvernehmen i.S.d. § 36 BauGB verweigert. Aus diesem
Grunde könne dem Bauantrag nicht entsprochen werden.
Mit Schreiben vom 28.03.2007, das am 04.04.2007 bei dem Verwaltungsgericht
Wiesbaden eingegangen ist, hat die Klägerin hiergegen Klage erhoben. Zur
Begründung ist u. a. ausgeführt, dass die vorgesehenen Außenklimaställe den
Tieren ein eigenes Mikroklima mit natürlicher Belüftung und Lichtzufuhr böten. Die
mit dem vorgesehenen Güllebehälter erreichbare Lagerkapazität belaufe sich auf
maximal 9 Monate. Auf der gelagerten Gülle werde sich eine Schwimmschicht
bilden, die sich immissionsmindernd auswirke. Die Stallanlage solle quer zur
Hauptwindrichtung am Standort aufgestellt werden. Hohe Gebäude seien in der
Nachbarschaft des Bauplatzes nicht vorhanden, da anderenfalls der ungestörte
Luftaustausch in der Stallanlage nicht gewährleistet wäre. Der nach der VDI-
Richtlinie 3471 erforderliche Mindestabstand zu der umliegenden Bebauung werde
eingehalten. Es sei zweifelhaft, ob die Anwendung der Geruchsimmissionsrichtlinie
die aufgrund der VDI-Richtlinie 3471 festgestellte klare Unterschreitung der
notwendigen Mindestabstände zur nächsten Wohnbebauung bedeutungslos
werden lassen könne. Mit dieser Argumentation könne jedes privilegierte
landwirtschaftliche Bauvorhaben im Außenbereich verhindert werden. In rechtlich
bedenklicher Weise seien die Konturen eines Baugenehmigungsverfahrens im
Verhältnis zu einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren
verschwommen. Aus dem Gutachten des Sachverständigen O, dem Zeugnis von
Herrn H, P, sowie der sachverständigen Stellungnahme von Herrn Q ergebe sich,
dass die Annahmen und Ergebnisse der L-GmbH falsch seien und der
Genehmigungsfähigkeit nicht entgegen stünden. Weiterhin sei die Erschließung
gesichert. Diese Auffassung habe die Beklagte auch noch in einem schriftlichen
Vermerk vom 23.11.2005 vertreten. Die angefochtene Entscheidung enthalte auch
keine Befassung mit dem eigenen Vortrag hinsichtlich des Verkehrsaufkommens
bei Realisierung des Bauvorhabens. Vorliegend sei auch eine Ungleichbehandlung
gegeben, da die ausreichende Erschließung einer Pferdepension bzw. eines
Mutterkuhstalls bejaht worden sei.Seitens der Klägerin ist eine Stellungnahme von
Herrn Q vom 14.07.2007 vorgelegt worden, in der Aussagen zu dem Gutachten
der L-GmbH und zum Gutachten O abgegeben werden. Insoweit ist ausgeführt,
dass O die Kaltabflusssituation korrekt einschätze, wie sie im Gutachten des
Deutschen Wetterdienstes angegeben worden sei. Dieses Gutachten habe L in
Auftrag gegeben, um vom Deutschen Wetterdienst eine mit den Verhältnissen in
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Auftrag gegeben, um vom Deutschen Wetterdienst eine mit den Verhältnissen in
E. vergleichbare Wetterstation zu erfahren. Dass in diesem Gutachten auch eine
Zahl für die Kaltluftabflusssituationen in E. angegeben sei, habe L offenbar
übersehen. Bezüglich der Geruchsimmissionsdaten arbeite L mit älterer Literatur,
in der keine Daten für Außenklimaställe wie den beantragten vorhanden seien.
Außerdem sei bei der älteren Literatur nicht immer klar, ob es sich bei den Werten
um Mittel- oder Spitzenwerte handele. Moderne Messungen arbeiteten nicht mehr
olfaktorisch, also nicht mehr mit Probanden, sondern mit chemischen Verfahren,
die eine genaue zeitliche Auflösung und damit einen genauen Unterschied von
Mittel- und Spitzenwerten erlaubten. Die Klägerin trägt weiterhin vor, dass in dem
L-Gutachten offensichtliche Rechenfehler enthalten seien. Zudem habe sich keine
Stelle, die sich gegen die Baugenehmigung ausgesprochen habe, mit dem
geplanten Stallsystem auseinandergesetzt. Eine Erschließung sei auch über
Feldwege nach F. bzw. nach I. möglich. Die Tiertransporte würden mit eigenen
landwirtschaftlichen Fahrzeugen durchgeführt werden. Soweit sich eine
Notwendigkeit ergeben würde, überregional Ferkel zu kaufen bzw. Mastschweine zu
vermarkten, könnten moderne Viehtransporter bis zu 240 ausgemästete
Schweine laden. Bei 2,5 Umtrieben im Jahr würden somit für den Abtransport der
Schweine 10 Lkw-Fahrten anfallen. Die gleiche Anzahl wäre bei überregionalem
Ferkelzukauf für die Anlieferung der Ferkel anzusetzen. Selbst wenn man die
Transporte zu je 150 Tieren abwickeln würde, ergäben sich je 16 Fahrten zum An-
und Abtransport der Tiere. Es handele sich keinesfalls um Schwertransporte. Bei
der geplanten Maßnahme handele es sich um ein privilegiertes Vorhaben gemäß §
35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Es erfülle die Voraussetzungen für die Annahme einer
Landwirtschaft i.S.d. § 201 BauGB. Es werde eine Gesamtfläche von 197 ha
bewirtschaftet, davon 27,09 ha auf Grünland. 49,06 ha stelle Eigenland, 147,97 ha
Pachtland dar. Hiervon handele es sich um 16 ha der Beigeladenen, die
Pachtverhältnisse würden jährlich verlängert. Die übrigen Pachtflächen würden
schon seit 40 Jahren und länger benutzt. Die jüngsten Pachtverträge seien 2007
für neun Jahre abgeschlossen worden und enthielten Verlängerungsoptionen. In
einer weiteren Stellungnahme von Q vom 29.04.2008 führt dieser in der
Zusammenfassung der wichtigsten Punkte aus, dass der Gutachter L die
Geruchsimmission um mindestens 30 % überschätze, selbst wenn man keine
eigenen Geruchsemissionsfaktoren für Außenklimaställe zugrunde lege, sondern
die Geruchsemission für Warmklimaställe. L überschätze wahrscheinlich auch den
Anteil der Kaltabflussereignisse.Das beabsichtigte Vorhaben sei privilegiert i.S.d. §
35 BauGB. Die zur Verfügung stehende Fläche reiche als Futtergrundlage für die
Schweine aus. Jährlich würden etwa 700 t benötigt. Es stünden rund 170 ha
Ackerland zur Verfügung. Geerntet würde im Schnitt etwa 7 t pro Hektar Getreide
im Jahr. Würde man davon noch rund 45 ha Raps von der Fläche abziehen, so
verblieben 125 ha Getreideanbau. Multipliziert mit einem Wert an der untersten
Grenze von 6 t je Hektar ergebe sich eine Getreideernte von 750 t im Jahr. Wenn
man schon nicht ausschließlich mit Getreide füttern könne, sondern eine
Ergänzung mit einem Eiweißfutter und einem Mineralfutter in der Größe von ca. 20
% des Futterbedarfes benötige, verblieben rund 600 t Getreide, die von den
eigenen Flächen kommen müssten. Das Ergänzungsfutter würde zugekauft und
mit dem hofeigenen Getreide am bestehenden Bauernhof in den vorhandenen
Gebäuden vermahlen und gemischt, um es dann mit eigenen landwirtschaftlichen
Geräten an den neuen Stall zu bringen.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom
19.06.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.03.2007 die
Baugenehmigung für die Errichtung einer Schweinestallanlage für 960
Mastschweine sowie eines Güllebehälters mit einem Durchmesser von 22 m und
einer Höhe von 4 m auf dem Grundstück Gemarkung E., Flur 0, Flurstück 00, zu
erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ist u. a. ausgeführt, dass das grundsätzlich privilegierte Vorhaben
nicht zulässig sei, da öffentliche Belange entgegen stünden. Der Schwellenwert der
Geruchsimmissionen werde überschritten. Zwar regele die VDI-Richtlinie 3471 die
erforderlichen Abstände zur Wohnbebauung, nicht geregelt werde hingegen, wann
Geruchsbelästigungen als schädliche Umwelteinwirkung anzusehen seien. Das
Gutachten der L-GmbH komme für die nordwestlichen Ortsrandlagen von E.
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Gutachten der L-GmbH komme für die nordwestlichen Ortsrandlagen von E.
bereits aufgrund der Kaltluftabflussereignisse zu einer Überschreitung des
Immissionswertes der GIRL. Die Gutachten der L-GmbH, des Regierungspräsidiums
Darmstadt, Abteilung Umwelt, und die fachtechnische Beurteilung des Hessischen
Landesamtes für Umwelt und Geologie kämen übereinstimmend zu dem Ergebnis,
dass es unter Berücksichtigung der Kaltluftabflüsse und des Geländeeinflusses zu
einer nicht zumutbaren Geruchsbelästigung kommen werde. Hinsichtlich des
Gutachtens O ergebe sich der Unterschied in der Geruchsstundenhäufigkeit
insbesondere aus den unterschiedlichen Annahmen über die Häufigkeit der
Kaltluftströme. Bei dem errechneten Ergebnis dieses Sachverständigen bestehe
keine Sicherheit, dass bei den getroffenen Annahmen der Wert der
Geruchshäufigkeit sicher eingehalten werde.Ferner sei die Erschließung des
Bauvorhabens nicht gesichert. Insoweit sei der Vermerk der Bauaufsichtsbehörde
vom 23.11.2005 nicht maßgeblich, da hierin kein Regelungs- oder Bindungswille
gesehen werde könne. Die Stellungnahme von Herrn Q sei im Rahmen eines
Gefälligkeitsverhältnisses an die Klägerin gesandt worden. Es könne auch allein
aus der Bezeichnung "Außenklimastall" zu keiner für die Klägerin günstigeren
Bewertung kommen. Diese Ställe könnten nicht pauschal gegenüber Warmställen
als immissionsärmer behandelt werde. Hierfür spreche, dass die Variationsbreite
der Außenklimaställe zunächst die Vorlage einer genauen Beschreibung des
Stalles erforderlich mache, die aber bisher nicht vorgelegt worden sei.
Mit Beschluss des Gerichts vom 19.04.2007 ist die Gemeinde C. dem Verfahren
beigeladen worden.
Die Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ist u. a. ausgeführt, dass dem Vorhaben öffentlich-rechtliche
Vorschriften entgegen stünden, so dass eine Baugenehmigung nicht hätte erteilt
werden können. Nach der Betriebsbeschreibung sei das Vorhaben als privilegiertes
Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB zu fassen.Die VDI-Richtlinie 3471 berücksichtige
explizit weder kleinklimatische Bedingungen noch Windrichtungseinflüsse noch
besondere Geländegegebenheiten. Gegenüber dem indirekten Maßstab der VDI-
Richtlinie sei es sachgerecht, eine Bewertung aufgrund fachlich-technischer
Regelwerte vorzunehmen, die die Umstände des Einzelfalles berücksichtigten, wie
dies durch die Heranziehung von konkreten Geruchsprognosen auf der Grundlage
gutachtlicher Feststellungen nach der Geruchsimmissionsrichtlinie erfolgt
sei.Aufgrund der Gutachten der L-GmbH ergebe sich, dass relevante
Immissionswerte überschritten würden. Die im nordwestlichen Bereich des
Ortsteils gelegenen Grundstücke seien ausschließlich mit Wohnhäusern bebaut,
woraus sich der Charakter eines reinen Wohngebietes ableiten ließe. Die ermittelte
prognostische Immissionsbelastung beruhe auf einer Ausbreitungsberechnung
nach dem von der TA-Luft hierfür in Bezug genommenen Programm AUSTAL
2000.Die Anwendbarkeit der GIRL, die fachliche Richtigkeit der konkret
angewandten Bewertungsmethode und deren Ergebnisse seien durch die
Stellungnahme des Regierungspräsidiums Darmstadt, Abteilung Umwelt
Wiesbaden, sowie des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie
überprüft und für zutreffend erachtet worden. Dem könne das Gutachten O nicht
entgegen gehalten werden, da die von ihm zugrunde gelegten Immissionsfaktoren
an der unteren Spanne der gemessenen und in der Literatur diskutierten Werte
lägen. Weiter sei bei diesen Berechnungen der Geländeeinfluss (Orographie) nicht
eingestellt worden. Hinsichtlich der Häufigkeit von Kaltluftabflussereignissen werde
mit 50 Tagen pro Jahr die untere Grenze angenommen, was an Wetterdaten zur
Verfügung gestanden habe. Soweit der Gutachter anhand des
Berechnungsprogramms AUSTAL 2000 mit der sogenannten Rechenqualitätsstufe
0 rechne, habe dies gegenüber der von L angewandten Rechenqualitätsstufe 1 zur
Folge, dass der Rechenprozess abgebrochen werde, bevor das Ergebnis
(Immissionsbelastung) sich voll stabilisiert habe. Die daraus resultierende
Immissionskonzentration am jeweiligen Aufschlagort werde damit systematisch
unterschätzt.
Seitens der Klägerin sei keine ausreichend gesicherte Erschließung nachgewiesen.
Die einzige asphaltierte Zuwegung zu dem Baugrundstück, der sogenannte G.-
Weg, sei als Feldweg bei Weitem nicht für die Erfordernisse von Schwerlastverkehr
ausgewiesen. Soweit in dem geotechnischen Untersuchungsbericht die
Untersuchungsposition Nr. 1 außerhalb des Bereichs des Befahrens dieses Weges
liege, ändere dies nichts an der Aussage des Berichts, da die
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liege, ändere dies nichts an der Aussage des Berichts, da die
Untersuchungspositionen 2 und 3 in dem Bereich lägen, auf dem dieser Feldweg
befahren werden würde. Dies gelte auch für die anderen Feldwege, die nach I. bzw.
nach F. führten, wie der geotechnische Folge-Untersuchungsbericht vom
07.05.2008 belege. Soweit die Nutzung des Feldweges durch andere
angesprochen werde, so würden hierdurch keine dauerhaften und in großem
Umfang stattfindenden Schwerlastverkehre berührt sein.Da das Vorhaben nicht an
einer landwirtschaftlichen Privilegierung i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB teilnehme,
fehle die Verpflichtungserklärung i.S.d. § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB.
Am 13.11.2007 hat die L-GmbH zu den Ausführungen von Q Stellung genommen
und u. a. ausgeführt, dass Außenklimaställe nicht pauschal gegenüber
Warmställen als immissionsärmer behandelt werden könnten.
Weiterhin hat die Beigeladenen ausgeführt, dass in der Sache für das angestrebte
Vorhaben die entsprechende Privilegierung i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB fehle.
Die insoweit gemachten Flächenangaben führten zu unterschiedlichen Angaben.
Während es in der Betriebsbeschreibung 208 ha landwirtschaftliche Nutzflächen
gewesen seien, ergebe sich aus der Stellungnahme des Amtes für den ländlichen
Raum beim Landkreis D. vom 29.07.2005 ein Wert von 195 ha. Nach dieser
Stellungnahme befänden sich 20 % dieser Fläche im Eigentum der Klägerin, was
einem Wert von 39 ha entspreche, nunmehr werde jedoch von einem Wert von
49,06 ha gesprochen. Nach einer Stellungnahme des Amtes für den ländlichen
Raum bei dem Landrat des Landkreises F. ergebe sich, dass, wenn der
Betriebsinhaber über weniger als 50 % der genutzten Fläche als Eigentum verfüge,
Pachtverträge mit einer Laufzeit von mindestens 12 Jahren vorgelegt werden
müssten, um eine dauerhafte Grundlage für die Erzeugung von Tierfutter
annehmen zu können. Lediglich bei einem mehr als 50prozentigen
Eigentumsanteil müsse die Laufzeit der übrigen Pachtverträge neun Jahre
betragen. Bei dem streitgegenständlichen Schweinemastbetrieb handele es sich
daher um einen gewerblichen Tiermastbetrieb, der für eine Privilegierung im
Außenbereich allenfalls nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB wegen seiner möglichen
nachteiligen Wirkung auf die Umgebung zu fassen sei. Insoweit sei aber zusätzlich
eine Verpflichtungserklärung nach § 35 Abs. 5 BauGB erforderlich, die nicht
abgegeben worden sei.
Mit Schriftsatz vom 19.05.2008 hat der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen
eine weitere Stellungnahme der L-GmbH vom 16.05.2008 vorgelegt. Insoweit ist
ausgeführt, dass der L-GmbH vorgeworfen werde, dass die Geruchsimmissionen
um mindestens 30 % zu hoch angesetzt worden seien und die Häufigkeit von
Kaltluftabflussereignissen mit 20 % überschätzt würden. In dieser Stellungnahme
wird ausgeführt, dass diese Annahmen zutreffend gemacht worden seien.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
Gerichtsakten sowie die Behördenakten (2 Akten, 2 Hefter) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Gemäß § 35 Abs. 1 BauGB steht dem Bauvorhaben von Mastschweineställen -
zumindest - die nicht ausreichende Erschließung entgegen.
Die Vierte Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) zieht
im Anhang zur Verordnung die Grenze bei Nahrungs-, Genuss- und Futtermittel
und landwirtschaftlichen Erzeugnissen die Grenze zwischen der Durchführung
eines baugenehmigungs- bzw. eines immissionsschutzrechtlichen Verfahrens bei
2000 Mastschweineplätzen - Ziffer 7.1 g, Spalte 1 -. In der geplanten Anlage sind
960 Mastschweineplätze vorgesehen, so dass vorliegend zu Recht ein
baurechtliches Genehmigungsverfahren durchgeführt worden ist.
Von der Beklagten ist ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren i.S.d. § 57
HBO durchgeführt worden. Ob dies rechtlich zutreffend erfolgt ist oder ob vielmehr
ein sogenanntes normales Baugenehmigungsverfahren i.S.d. § 58 HBO hätte
durchgeführt werden müssen, ist fraglich.Die Durchführung eines normalen
Baugenehmigungsverfahrens erfolgt - u. a. - bei sogenannten Sonderbauten. Die
Begriffsbestimmung ergibt sich aus § 2 Abs. 8 HBO. Unter die dort aufgeführten
Alternativen von Ziffer 1 bis Ziffer 16 ist die vorliegende Anlage nicht zu
subsumieren, so dass diese nur als Sonderbau gewertet werden kann, wenn sie
unter den Auffangtatbestand der Ziffer 17 fallen würde. Zu den sonstigen
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unter den Auffangtatbestand der Ziffer 17 fallen würde. Zu den sonstigen
baulichen Anlagen oder Räumen, welche zu Nr. 17 zählen, zählen insbesondere die
bisher in § 53 Abs. 5 Nr. 7 - 9, 12 und 14 HBO 1993 aufgeführten Anlagen und
Einrichtungen. Insoweit wäre an die ehemalige Nr. 9 - bauliche Anlagen und
Räume, deren Nutzung mit einem starken Abgang schädlicher Stoffe verbunden
ist oder bei denen andere schädliche Umwelteinwirkungen ausgehen können - zu
denken. Bei komplexen Vorhaben müsse die Anwendbarkeit des vollen
Prüfprogramms bei der präventiven bauaufsichtlichen Kontrolle sicher gestellt sein.
Durch die Novelle der 4. BImSchV würde eine Vielzahl von Anlagen nicht mehr der
Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, sondern der
Baugenehmigung unterfallen. Es sei daher geboten, diese Anlagen zu
Sonderbauten zu erklären, damit sie dem vollen Prüfungsumfang unterliegen
würden (Gesetzesbegründung der Novelle vom 16.12.1996 - BGBl. I, S. 1959,
Simon/Busse, Bayerische BO, Art. 2 Rdnr. 1214, Stand: Juni 2001).
Vorliegend kann die Frage, ob das richtige Verfahren durch die Beklagte gewählt
worden ist, dahingestellt bleiben, da das volle Prüfprogramm durchgeführt worden
ist, dies zwar nicht als Bestandteil des normalen Genehmigungsverfahrens,
sondern im Wege der Amtshilfe. Vom Ergebnis liegen aber die entsprechenden
fachtechnischen Stellungnahmen vor und sind auch der entsprechenden
baurechtlichen Genehmigung zu Grunde gelegt worden. Zudem sind in beiden
Verfahren die Voraussetzungen des § 35 BauGB zu prüfen, so dass es im
vorliegenden Verfahren nicht von Bedeutung ist, ob die richtige Verfahrensart
gewählt worden ist.
Die Klägerin beruft sich darauf, dass das projektierte Vorhaben ein qualifiziertes
Außenbereichsvorhaben i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sei. Voraussetzung hierfür
ist, dass es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb i.S.d. § 201 BauGB handelt.
Danach ist Landwirtschaft nicht nur Ackerbau, Wiesen- und Weidewirtschaft,
sondern auch Tierhaltung. Voraussetzung insoweit ist jedoch, dass das benötigte
Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden,
landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann.Zweifel hieran bestehen
bereits insoweit, als Antragstellerin des Baugenehmigungsverfahrens und Klägerin
die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus J. und K., sind, der
landwirtschaftliche Betrieb aber von K. betrieben wird, den dieser 2004 von seinem
Vater übernommen hat. Voraussetzung für die Beurteilung der Tierhaltung als
Landwirtschaft ist, dass das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen
Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann.
Damit wird die erforderliche Beziehung zwischen Tierhaltung und Tierfutter
hergestellt, wobei der baurechtliche Begriff der Landwirtschaft ein bestimmtes
quantitatives Verhältnis des im Betrieb erzeugten Futters zur Tierhaltung verlangt.
Tierhaltung und Tierzucht können nur unter der Voraussetzung als Landwirtschaft
beurteilt werden, wenn dies auf überwiegend eigener Futtergrundlage erfolgt
(Ernst/Zinkhahn/Belenberg/Kratzberger, BauGB, Kommentar, Stand: Dezember
2006).Erforderlich ist somit eine Zugehörigkeit der Flächen, auf denen das
Viehfutter erzeugt wird, zum Betrieb, die dann auf der Basis eigentumsrechtlich
(Eigentum), wie auch auf schuldrechtlicher (vor allen Dingen Pachtverträge)
gesicherte Zuordnung begründet ist.
Voraussetzung ist daneben, dass das für die Tierhaltung erforderliche Futter
überwiegend auf den betreffenden Flächen erzeugt werden kann. Die Grenze ist
dort, wo die eigene Futtergrundlage nicht überwiegt, d. h., nicht zu mehr als 50 %
selbst erzeugt werden. Soweit diese Beziehungen zwischen Tierhaltung und
erzeugtem Futter nicht gegeben sind, handelt es sich bei der Tierhaltung nicht um
Landwirtschaft i.S.d. § 201 BauGB, sondern um gewerbliche Tierhaltung.
Im vorliegenden Verfahren ist von einer Gesamtfläche - Acker- und Grünlandfläche
- von etwa 200 ha auszugehen. Nach den Angaben der Klägerin in der mündlichen
Verhandlung stehen diese zu etwa 25 % im Eigentum von K.. Dementsprechend
sind die weiteren 75 % der Flächen gepachtete Flächen. Die Klägerin hat insoweit
ausgeführt, dass ein Teil der Flächen - 16 ha - von der Beigeladenen jeweils nur mit
einjähriger Pachtdauer zur Verfügung stünden. Bei den anderen Flächen handele
es sich zum Teil um Flächen, die schon seit Jahrzehnten dem Betrieb zur
Verfügung stünden. Die Grundlage dieser verschiedenen mündlichen und
schriftlich geschlossenen Pachtverträge beruhe auf damals geschlossenen
Verträgen, die eine Laufzeit von neun Jahren aufgewiesen hätten, nach Ablauf
dieses Zeitrahmens verlängerten sich die Pachtverhältnisse jeweils um ein Jahr.
Weiterhin hat die Klägerin angegeben, dass im Jahr 2007 weitere Pachtverträge mit
einem Zeitumfang von neun Jahren aktuell abgeschlossen worden seien.
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einem Zeitumfang von neun Jahren aktuell abgeschlossen worden seien.
Maßgeblich für § 201 BauGB ist das Merkmal der Dauerhaftigkeit auch in Bezug
auf die zivilrechtlichen Nutzungsmöglichkeiten der land- oder forstwirtschaftlichen
Flächen. Das Merkmal der Dauerhaftigkeit erfordert auf längere Zeiträume
abgeschlossene Nutzungsverträge oder sonstige langfristig Nutzungsverträge.
In aller Regel genügt eine landwirtschaftliche Betätigung, die ausschließlich oder
weit überwiegend auf fremdem Grund und Boden verwirklicht wird, nicht den
Voraussetzungen für eine Privilegierung i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB (vgl.
BVerwG, Urteil vom 13.04.1983 - 4 C 62.78).Das Verhältnis von Eigentums- und
Pachtflächen ist ein wichtiges Indiz für die Beantwortung der Frage, ob ein
landwirtschaftlicher Betrieb vorliegt.Andererseits kann ein landwirtschaftlicher
Betrieb i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB aber auch dann vorliegen, wenn er
überwiegend auf angepachteten Flächen betrieben wird, sofern hinreichende
Indizien für die Dauerhaftigkeit des Betriebes vorliegen (Urteil des OVG Rheinland-
Pfalz vom 22.11.2007 - Az.: 1 A 10253/07).Die Frage des Vorliegens von
"Landwirtschaft" kann vorliegend jedoch dahingestellt bleiben, da das beantragte
Vorhaben bereits am Nichtvorliegen einer ausreichenden Erschließung scheitert.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Entfernung zwischen dem
geplanten Standort der Mastschweineställe und dem Ortsrand von Gemeinde C.,
Ortsteil E., entsprechend der Mindestabstandskurve gemäß Ziff. 5.4.7.1, Abb. 1
der ersten allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-
Immissionsschutzgesetz (technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA-Luft)
eingehalten wird. Die entsprechende Berechnung der Großvieheinheit (GV) nach
Tabelle 10: Faktoren zur Umrechnung von Tierplatzzahl und Tierlebendmasse,
angegeben in Großvieheinheiten, ergibt einen Wert von 124,8 GV. Dies übertragen
in die Mindestabstandskurve nach Abb. 1 ergibt die Einhaltungen der
erforderlichen Distanz zwischen dem geplanten Standort und dem Ortsrand von
E.. Das gilt selbst dann, wenn nicht der Wert von 0,13 mittlere Einzeltiermasse, bei
Mastschweinen bis 110 kg zu Grunde gelegt wird, sondern der zutreffende Wert
von 0,15 mittlere Einzeltiermasse. Da vorliegend Schweine bis zu einem
Mastgewicht von 115 kg gemästet werden sollen, ist der höhere Wert -
Mastschweine bis 120 kg - zu Grunde zu legen. Auch selbst wenn hier der Wert von
144 GV in die Mindestabstandskurve übertragen wird, wird der Abstand deutlich
unterschritten.
Nach Auffassung der Kammer spricht im vorliegenden Falle viel dafür, mögliche
Geruchsimmissionen nach der Geruchsimmissionsrichtlinie, Feststellung und
Beurteilung von Geruchsimmissionen (GIRL) zu überprüfen. Entsprechend der Bau-
und Betriebsbeschreibung sollen die Stallgebäude quer zur Hauptwindrichtung
aufgestellt werden. Hierdurch soll der ungestörte Geruchsaustausch im Gebäude
gewährleistet werden. Die Lüftung erfolgt durch freies Durchströmen der Luft durch
die Seitenwände und Ableiten der erwärmten Luft durch den offenen Gebäudefirst.
Dementsprechend werden die Stallungen auch nicht auf einer ebenen Fläche oder
in einer Senke errichtet, vielmehr liegt der gewählte Standort auf einer Höhe von
rund 340 m über NN, die Ortslage selbst liegt ca. 40 m unterhalb. Sinn eines
solchen "Außenklimastalles" ist der Verzicht auf eine künstliche Belüftung oder
Klimatisierung, vielmehr soll die erwärmte und auch mit Geruchsstoffen belastete
Luft durch Durchströmen der Außenluft aus dem Stall hinaus und wegtransportiert
werden. Diese Gegebenheiten bei den zu errichtenden Stallungen und die deshalb
vorliegenden besonderen topografischen Verhältnisse legen es vorliegend nahe,
die Geruchsimmissionsrichtlinie anzuwenden (Landmann/Rohmer, Umweltrecht,
Kommentar, Band 2, Geruchsimmissionsrichtlinie, 4.2).Insoweit hat das Hessische
Landesamt für Umwelt und Geologie mit Stellungnahme vom 24.04.2006
ausgeführt, dass mit dem Diagramm, mit dem der erforderliche Mindestabstand in
Abhängigkeit von der Belegung des Stalles und der Immissionsbewertung des
Stalles ermittelt werde, Sonderfälle wie Kaltluftströmungen sich nicht sachgerecht
ermitteln ließen. Das Auftreten von Kaltluftströmungen zwischen dem Standort der
geplanten Schweinemastanlage und E. habe aufgrund der Geländestruktur und
der geringen Rauhigkeit der Acker- und Grünflächen nach Augenschein eine hohe
Wahrscheinlichkeit. Dies legt vorliegend die Anwendung der
Geruchsimmissionsrichtlinie nahe, wie dies durch das Gutachten der L erfolgt ist.
Die Immissionswerte, die im Bereich der Beurteilungskriterien in der
Geruchsimmissionsrichtlinie vorgesehen sind, ergeben, dass in der Regel als
erhebliche Belästigung zu werten ist, wenn die Gesamtbelastung die
Immissionswerte für Wohn- und Mischgebiete überschreitet, die auf 0,10 festgelegt
sind, dies entspricht 10 % der Jahresstunden.In einem Bereich mit Wohnbebauung
an der Bebauungsgrenze im Nord-Westen der Bebauung von E. wird für ein
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an der Bebauungsgrenze im Nord-Westen der Bebauung von E. wird für ein
Wohnhaus die Geruchshäufigkeit mit 16 % ausgewiesen, was zu einer
Überschreitung des Immissionswertes von 6 % führen würde. Das Hessische
Landesamt für Umwelt und Geologie kommt in seiner Stellungnahme vom
24.04.2006 zu der Aussage, dass nach derzeitigem Erkenntnisstand es am Rande
der Bebauung im Nord-Westen von E. - d. h., der dem Standort der geplanten
Stallanlage zugewandten Seite - zu Geruchsbelästigungen allein durch die
geplante Anlage kommen dürfte, die den Grad der erheblichen Belästigung
erreiche. Demgegenüber kommt der Sachverständige Michael O in seinem
Immissionsschutzgutachten zum geplanten Neubau einer Anlage zur Haltung von
Mastschweinen in Gemeinde C., Ortsteil E., zu keiner unzulässigen
Geruchswahrnehmung, da nach seiner Auffassung Werte lediglich von 9,5 % der
Jahresstunden zu erwarten wären, was unter dem Wert für Wohn-/Mischgebiete von
10 % liegt. Insoweit ist jedoch nicht berücksichtigt, dass bei der Berechnung der
Großvieheinheiten von einem zu geringeren mittleren Wert der Einzeltiermast
ausgegangen wird. Diesem Gutachten - wie auch allen anderen Berechnungen -
wird der geringere Wert von 0,13, statt der Wert von 0,15, zu Grunde gelegt. Im
Gutachten wird bei der Abstandsberechnung nach VDI 3471 von einer zu geringen
Kapazität ausgegangen, da dieser Wert mit 720 statt mit 960 Mastschweinen
angegeben worden ist. Auch wird im Gutachten O die Abdeckung des
Güllebehälters mittels einer Schwimmdecke unterstellt, was sich aber weder aus
der Bau- noch aus der Betriebsbeschreibung ergibt. Unberücksichtigt ist hierbei
auch, dass von den Gülleabflüssen zum zentralen Güllelager weitere
Geruchsimmissionen ausgehen können.
Beide Gutachten beziehen den in der mündlichen Verhandlung durch die Klägerin
geschilderten Betriebsablauf nicht in die Überlegungen und Berechnungen ein.
Durch die Schweinemast fällt in 3/4-jährigem Rhythmus eine Güllemenge von etwa
1.200 m³ an. Dies soll nach den Angaben der Klägerin auf den betrieblichen
landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht werden, wobei hierbei auch die Flächen
unmittelbar um den Mastbetrieb einbezogen werden sollen. Es erfolgt daher eine
Gülleaufbringung in dem Bereich zwischen dem Mastbetrieb und dem Ortsteil E.,
was möglicherweise zu einer Erhöhung der Geruchsimmission führen kann. Bei
konservativer Begutachtung, d. h., das Gutachten geht von einem belastbaren
Wert nicht im Unter- sondern eher im Mittel- oder Oberbereich aus, spricht keine
erforderliche Sicherheit dafür, dass der vom Gutachter O - bei den zuvor zitierten
zusätzlich Geruchsquellen - ermittelte Wert einzuhalten wäre.
Das Gericht setzt sich jedoch nicht abschließend mit der Bewertung der beiden
Gutachten sowie deren Bewertung durch Stellungnahme der Fachbehörden
auseinander, da die Ablehnung der Baugenehmigung bereits wegen der nicht
gesicherten ausreichenden Erschließung zu Recht erfolgt ist.
Nach Auffassung der Kammer ist für das geplante Vorhaben eine ausreichende
Erschließung nicht gesichert. Es kann nicht generell beantwortet werden, welche
Mindestanforderungen an die Sicherung der Erschließung bei einem privilegierten
Vorhaben - dies im vorliegenden Fall als gegeben unterstellt - zu stellen sind, da
dies von dem jeweils geplanten Vorhaben abhängt. Ob eine Zuwegung breit genug
und tragfähig ist, richtet sich nach dem Umfang des Ziel- und Quellverkehrs, der
von dem jeweils streitigen landwirtschaftlichen Betrieb zu erwarten ist und nach
dem Umfang des sonstigen Verkehrs, mit dem der jeweilige Weg belastet ist. Die
Zuwegung muss so geschaffen sein, dass sie diesen Verkehr ohne Schädigung
des Wegezustandes aufnehmen kann. § 35 Abs. 1 BauGB verlangt zwar nur eine
ausreichende Erschließung, an die geringere Anforderungen zu stellen sind, anders
als im beplanten bzw. unbeplanten Innenbereich. Dies hat sich nicht nach
allgemeinen Anforderungen zu orientieren, sondern ergibt sich aus der jeweiligen
Ausgestaltung des Vorhabens im Konkreten.Mit dem Erfordernis einer
ausreichenden Erschließung soll insgesamt berücksichtigt werden, dass ein
Mindestmaß an Zugänglichkeit der Grundstücke für Kraftfahrzeuge, und zwar nicht
nur des Nutzers des privilegierten Betriebes, sondern auch von öffentlichen
Zwecken dienenden Fahrzeugen, z. B. Feuerwehr, Ver- und Entsorgung, erfüllt
wird, weiter, dass der Gemeinde als Folge der Genehmigung von Vorhaben keine
unangemessenen Erschließungsmaßnahmen aufgedrängt werden. Zu
berücksichtigen ist aber andererseits auch, dass die Zulassung von privilegierten
Vorhaben nicht an übertriebenen Anforderungen an die Erschließung scheitern
darf. Das Erfordernis der ausreichenden Erschließung ist auch im Zusammenhang
mit dem öffentlichen Belang nach § 35 Abs. 3 Nr. 4 BauGB zu sehen, wonach
"unwirtschaftliche Aufwendungen für die Straßen- und andere
Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung, der Abfallentsorgung und
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Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung, der Abfallentsorgung und
Abwasserbeseitigung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder sonstige Aufgaben"
erforderlich sein können und dies die Zulässigkeit von Vorhaben berühren kann
(Ernst/Zinkhahn/Belenberg/Kratzberger, BauGB, Kommentarstand: Juli 2006;
BVerwG, Urteil vom 30.08.1995 in NVwZ 1986, S. 38 f.; OVG Lüneburg, Beschluss
vom 15.01.2003 in NVwZ-RR 2003, S. 342 f).
Aus der Bau- und Betriebsbeschreibung ergibt sich ein dreiwöchiger Rhythmus des
Mastbetriebes, wobei jeweils 150 Ferkel à 25 kg zum Mastbetrieb angeliefert
werden. Nach 120 Masttagen haben die Tiere dann ein Schlachtgewicht von 115 kg
und würden dann auch in einer Menge von jeweils 150 Tieren vom Betrieb abgeholt
werden. Bei 2,6 Mastdurchgängen bedeutet dies, dass 2.500 Mastschweine im Jahr
den Betrieb verlassen. Diese gemästeten Tiere, die jährlich abtransportiert werden
sollen, haben ein Gesamtlebendgewicht von 287,5 t. Nach der
Betriebsbeschreibung ist zu erwarten, dass im Rahmen der Mast eine tägliche
Gewichtszunahme jedes Tieres im Umfang von 0,75 kg erfolgt. Bei den
Mastdurchgängen von insgesamt 2.500 Tieren im Jahr führt allein dies zu einem
Futterbedarf von 684 t Futter im Jahr. Diese Menge des Futters für die Tiere ist
aber nicht allein auf knapp 700 t beschränkt. Da im Jahr mehr als 1.200 m³ Gülle
anfallen, ist ein Teil dieses Volumens Ausscheidung von Futter, so dass ein Teil der
Gülle auch als zu verfütterndes Futter anzusehen ist und damit die Anliefermenge
deutlich erhöht. Zu den Transportmengen sind auch die angelieferten Ferkel
hinzuzurechnen, die in einer Größenordnung von 2.500 Tieren à 25 kg ein
Gesamtgewicht von 62,5 t Anlieferung zum geplanten Betrieb beinhalten würden.
Die Gülle wird in einem entsprechenden Güllebehälter gesammelt und nach etwa
neun Monaten in einer Menge von 1.140 m³ auf die jeweiligen Felder ausgebracht,
so dass zu den bereits oben benannten Transportleistungen noch die
hinzuzurechnen sind, die sich aus diesem Volumen ergeben, was bei einer
lediglichen Gleichsetzung von einem Kubik Gülle zu einem Gewicht von einer Tonne
eine weitere Transportmenge von rund 1.200 t bedeuten würde.
In der Betriebsbeschreibung hat die Klägerin angegeben, dass An-(und damit auch
Ab-)lieferungen in dreiwöchigem Rhythmus erfolgen würden. Dies würde jährlich 17
Fahrten bei einem Gesamtgewicht der Tiere von 4,5 t je Transport beinhalten.
Hinsichtlich des Abtransportes der gemästeten Schweine würde jede der 17
Fuhren ein Gewicht der Tiere von etwa 17 t bedeuten.
Mit Schreiben vom 04.04.2006 hat die Klägerin diese Frequenzen dahingehend
verändert, dass Transporte nur zehn Mal im Jahr erfolgen würden. Dies stünde
zwar im Widerspruch zur Betriebsbeschreibung und würde bedingen, dass bei der
Ferkelanlieferung ein Tiergewicht von 6,25 t pro Fahrt gegeben wäre und bei einem
Abtransport der Tiere von einem Gewicht von 28,7 t auszugehen wäre.Bei diesen
Überlegungen ist bislang noch nicht berücksichtigt worden, dass die Transporte
jeweils mit einem Lkw zu erfolgen hätten, wobei diese mit einem Gewicht von 6 bis
8 t zusätzlich zu dem Gewicht der Tiere zu addieren wären. Nach dem Schreiben
der Klägerin vom 04.04.2006 würden daher die Antransporte mit einem Gewicht
zuzüglich Lkw sich in einer Größenordnung von 13 bis 15 t pro Fahrt bewegen. Bei
einem Abtransport hätte jede Lkw-Fahrt ein Gewicht von 35 bis 38 t.
Die geotechnische Untersuchung vom 14.03.2006 des G.-Weges sowie die
geotechnischen Untersuchungen vom 07.05.2008 eines Feldweges, der oberhalb
des vorgesehenen Bauplatzes nach F. führt sowie eines unbefestigten Feldweges,
kommen jeweils zu dem Ergebnis, dass für einen Schwerlastverkehr der
vorhandene Ausbau der Wege nicht als ausreichend zu bewerten wäre (insoweit
wird auf die jeweiligen Untersuchungen Bezug genommen).
Auch die vorgetragenen Gegenbeispiele der Klägerin ändern an dieser Bewertung
nichts. Soweit ein Mutterkuhstall, eine Pferdepension und ein Modellflugplatz
angesprochen worden sind, finden kontinuierliche Schwerlastverkehre nicht statt.
Auch die Spedition, die zum derzeitigen Bauernhof der Klägerin in L. benachbart
ist, nimmt mit Schwerlastfahrzeugen gerade nicht den Weg über die
Feldgemarkung zur Bundesstraße, sondern vielmehr durch die Ortslage von L..
Da die Klägerin unterlegen ist, hat sie die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154
Abs. 1 VwGO). Die Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig, da sie in der
Sache umfänglich vorgetragen und auch einen eigenen Antrag gestellt und sich
damit dem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht
64 Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht
auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.