Urteil des VG Wiesbaden vom 27.03.2008

VG Wiesbaden: örtliche zuständigkeit, öffentliches recht, öffentlichrechtliche streitigkeit, erlass, form, verpachtung, stadt, jäger, gerichtsbarkeit, jagdrecht

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Gericht:
VG Wiesbaden 6.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 K 247/08.WI
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 1 BJagdG, § 11 Abs 1
BJagdG, § 3 Abs 1 BJagdG, §
13 GVG, § 17a Abs 2 GVG
(Rechtsweg bei Zulassung eines Jagdgastes)
Leitsatz
Für eine Streitigkeit über die Freigabe des Abschusses eines Hirsches durch einen
Hoheitsträger an einen Jagdgast ist in Hessen nicht der Verwaltungsrechtsweg
gegeben. Die Abschussfreigabe stellt vielmehr, ebenso wie der Abschluss eines
Jagdpachtvertrages mit einem Hoheitsträger, fiskalisches Handeln dar. Streitigkeiten
hieraus sind bürgerlichrechtlicher Art, für die der ordentliche Rechtsweg eröffnet ist.
Tenor
Der Verwaltungsrechtsweg ist für den Antrag auf Feststellung, dass dem Kläger im
Jagdjahr 2007/2008 ein Anspruch auf Zuteilung eines Hirsches der Klasse 1
zustand, unzulässig.
Der Rechtsstreit wird an das Amtsgericht C-Stadt verwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Gründe
I.
Der Kläger begehrte ursprünglich die Freigabe eines Abschusses eines Hirsches
der Klasse 1 im Jagdjahr 2007/2008. Der Beklagte lehnte den Antrag ab. Nach
Ablauf der Jagdsaison beantragt der Kläger die Feststellung, dass er für Jagdjahr
2007/2008 einen Anspruch auf Zuteilung eines entsprechenden Hirsches gehabt
habe. Die Auswahlentscheidung zugunsten einer anderen Person sei rechtswidrig
gewesen.
Der Kläger meint, es liege eine öffentlichrechtliche Streitigkeit vor. Eine ab April
2007 vorgesehene Jagdnutzungsanweisung, wonach die Vergabe privatrechtlich
erfolge, sei auf ihn nicht anwendbar, er habe seinen Antrag bereits nach altem
Recht gestellt. Die Geschäftsanweisung entfalte außerdem allenfalls über den
Gleichbehandlungsgrundsatz Außenwirkung und bisher sei die neue
Geschäftsanweisung noch nicht angewandt worden. Bis vor kurzem sei diese
weder dem Forstamt noch oder dessen Bevollmächtigten bekannt gewesen. Die
"Probleme mit dem Kläger" hätten dazu geführt, dass man sich Gedanken
gemacht habe, wie man die "rechtliche Basis des Klägers ausschalten" könne.
Die Beklagte ist der Ansicht, die Vergabe von Abschüssen an Jagdgäste sei rein
fiskalisches Handeln, der Rechtsstreit sei privatrechtlich. Die folge jedenfalls aus
der ab April 2007 gültigen Jagdnutzungsanweisung.
Den Streit über den Antrag auf Feststellung, dass dem Kläger im Jagdjahr
2007/2008 ein Anspruch auf Zuteilung eines Hirsches der Klasse 1 zustand, hat
das Gericht mit Beschluss vom heutigen Tage aus dem Verfahren 6 E 906/07
abgetrennt.
II.
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Über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges ist vorab zu entscheiden,
weil der Beklagte der Ansicht ist, es liege eine privatrechtliche Streitigkeit vor (§
173 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 2GVG). Der Rechtsstreit ist in die ordentliche
Gerichtsbarkeit zu verweisen, weil der Rechtsstreit zu den Verwaltungsgerichten
vorliegend nicht eröffnet ist (§ 17a Abs. 2 Satz 1 GVG).
Für Streitigkeit über die Vergabe eines Abschusses eines Hirsches an einen
Jagdgast ist der Verwaltungsrechtsweg auch dann nicht zwingend gegeben, wenn
ein Hoheitsträger über die Auswahl des Jagdgastes entscheidet. Es handelt sich
nicht um eine der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte unterliegende öffentlich-
rechtliche Streitigkeit im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Vielmehr liegt eine
bürgerlichrechtliche Streitigkeit vor, für die nach § 13 GVG der ordentliche
Rechtsweg eröffnet ist. Die Natur des Rechtsverhältnisses, aus welchem der Kläger
seinen Anspruch geltend macht, ist bürgerlichrechtlich.
Zwischen dem beklagten Land und dem Kläger besteht vorliegend kein Über- oder
Unterordnungsverhältnis. Insbesondere geht es nicht darum, ob das beklagte
Land aufgrund besonderer Ermächtigungen in Rechte des Klägers eingreifen darf.
Vielmehr stehen sich das beklagte Land als Anbieter und der Kläger als
potentieller Abnehmer gleichberechtigt gegenüber. Das Verhältnis der Beteiligten
ist kein anderes, als wenn der Kläger als potentieller Jagdgast von einem privaten
Jagdausübungsberechtigten eine Abschussfreigabe erhalten wollte.
Das Jagdrecht steht dem Eigentümer auf seinem Grund und Boden zu (§ 3 Abs. 1
BJagdG). Dabei kann das Jagdrecht in seiner Gesamtheit an Dritte verpachtet
werden (§ 11 Abs. 1 Satz 1 BJagdG). Das Recht zum Abschuss freigegebenen
Wildes steht den Jagdausübungsberechtigten zu (§ 1 BJagdG). Gem. § 12 Abs. 1
Satz 1 HJagdG kann der Jagdausübungsberechtigte Dritten (Jagdgästen)
Jagderlaubnisse erteilen. Dies kann mit der konkreten Abschussfreigabe
zusammenfallen. Insoweit gibt es keinen Unterschied, ob der
Jagdausübungsberechtigte ein Hoheitsträger ist oder nicht.
Die Abschussfreigabe ist nicht anders zu behandeln, als der Abschluss eines
Jagdpachtvertrages oder etwa der Holzverkauf durch den Beklagten.
Den Abschluss eines Jagdpachtvertrages beurteilt der Hessische
Verwaltungsgerichtshof (NJW 1996, S. 474) als privatrechtlich. Verpachtet eine
Stadt, und damit ebenfalls ein Träger öffentlicher Gewalt, einen Jagdbezirk, hat ein
abgelehnter Bewerber um Rechtsschutz vor den ordentlichen Gerichten
nachzusuchen, nicht vor den Verwaltungsgerichten. Für die Anwendung der Zwei-
Stufen-Theorie vor Abschluss des Pachtvertrages ist kein Raum.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat bisher die Ansicht vertreten (Beschluss
vom 02.09.2005 - 11 TG 2290/05 -), dass die Zulassung eines Jagdgastes im
Einzelfall aufgrund von Verwaltungsvorschriften und damit öffentlich-rechtlichen
Regelungen erfolge, weshalb eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliege. Der
Entscheidung lag neben dem Erlass des Hessischen Ministeriums für Umwelt,
Landwirtschaft und Forsten betreffend Grundsätze für die Jagd im Hessischen
Staatswald vom 09.02.2003 - VII 4 - J 40 - 1017 - (kurz: Erlass des Ministeriums)
die Jagdnutzungsanweisung von C., Geschäftsanweisung Nr. 9/2003, gültig ab:
01.04.2004 (kurz: alte Jagdnutzungsanweisung) zugrunde.
Inzwischen gibt es eine neue Jagdnutzungsanweisung von C., Geschäftsanweisung
Nr. 9/2003, Gültigkeitsbeginn: 01.04.2007 (kurz: neue Jagdnutzungsanweisung).
Alte und neue Fassung enthalten in Teilen unterschiedliche Regelungen. Wegen
der insoweit unterschiedlichen Regelungen ist die Kammer der Auffassung, dass
jedenfalls die neue Jagdnutzungsanweisung klarstellt, dass der Streit um die
Zulassung eines Jagdgastes eine privatrechtliche Streitigkeit ist.
Der Erlass des Ministeriums stammt zwar von einem Hoheitsträger. Allein die
Herkunft dieses Erlasses besagt nicht, dass "öffentlich-rechtliche Regelungen"
vorliegen, ein bestimmter Lebenssachverhalt gerade durch öffentliches Recht
geregelt werden soll.
Im Zusammenhang mit der Ausübung des Jagdrechts oder dessen Übertragung
wird der Beklagten vertretende C. fiskalisch tätig. Fiskus ist die Bezeichnung des
Staates, soweit er nicht hoheitlich tätig wird, sondern am Privatrechtsverkehr
teilnimmt. Von fiskalischem Handeln spricht man beispielsweise bei
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teilnimmt. Von fiskalischem Handeln spricht man beispielsweise bei
privatrechtlichen Beschaffungstätigkeiten der öffentlichen Verwaltung, z.B. Bau
von Amtsgebäuden, und bei erwerbswirtschaftlicher Betätigung, z. B. Staatliches
Weingut, Holzverkauf (Creifelds, Rechtswörterbuch, 19. Aufl. 2007, Stichwort:
Fiskus).
Die Ausübung des Jagdrechts im Hessischen Staatswald dient nach Nr. 1 des
Erlasses des Ministeriums der artgerechten Erhaltung jagdbarer Wildtiere im
Einklang mit Natur und Forstwirtschaft. Zugleich soll die Ausübung des Jagdrechts
das Betriebsergebnis der Staatswaldbewirtschaftung durch Überschüsse
verbessern und zusätzlichen Betriebsaufwand sowie Vermögensschäden
vermeiden. Diese Zielsetzungen haben nichts mit Ausübung öffentlicher Gewalt zu
tun.
Nr. 2 des Erlasses des Ministeriums regelt in Nr. 2.1 die "forstfiskalische Jagd" als
nachhaltige Nutzung der Natur und als gewachsener Bestandteil der Landeskultur.
Auch hier kommt zum Ausdruck, dass kein hoheitliches Handeln vorliegt. In Nr. 2.4
Satz 3 heißt es, dass neben der Verpachtung vor allem private Jäger an den
Abschüssen umfangreich beteiligt werden sollen. Nicht ersichtlich ist, dass insoweit
eine öffentlich-rechtliche Regelung getroffen werden soll, zumal Verpachtung und
Abschussfreigabe im Einzelfall gleichgesetzt werden.
Da die Übertragung des Jagdausübungsrechts in seiner Gesamtheit durch
privatrechtlichen Pachtvertrag geschieht und bei der Abschussfreigabe der
Jagdausübungsberechtigte nur einen Teil seiner aus dem Jagdausübungsrecht
fließenden Befugnisse dem Erlaubnisinhaber überträgt, liegt insoweit öffentlich-
rechtliches Handeln nicht nahe, es sei denn anderes ist gewollt.
Das Gegenteil ist der Fall. Jedenfalls für den Streit über die Zulassung eines
Jagdgastes ab dem Jagdjahr 2007/2008 bestätigt die neue
Jagdnutzungsanweisung, dass eine privatrechtliche Streitigkeit vorliegt.
Das Gericht zweifelt nicht am Vorbringen des Beklagten, dass die
Geschäftsanweisung angewendet werden soll, auch wenn bislang lediglich der
Ausdruck eines Entwurfs übersandt worden ist. Für eine Beweiserhebung von Amts
wegen sieht das Gericht keinen Anlass.
Die Geschäftsanweisung regelt in Nr. 4.2 Abs. 6, dass die Beteiligung zahlender
Jagdgäste durch "privatrechtliche Regelungen" erfolgt. Die alte
Jagdnutzungsanweisung enthielt in der dem Sachzusammenhang entsprechenden
Nr. 3.2 keine solche Regelung.
Auch sonst gibt die neue Jagdnutzungsanweisung keinen Anlass, einen
Jagdpachtvertrag anders zu behandeln, als die Vergabe eines Abschusses im
Einzelfall. Beides wird in dieser Jagdnutzungsanweisung geregelt. In Nr. 3 Abs. 1
heißt es, der Begriff der Verwaltungsjagd (VJ) umfasse die Wahrnehmung des
Jagdrechts auf forstfiskalische sowie an diese angegliederten Flächen in Form der
Regiejagd durch oder in Form der Verpachtung an Dritte.
An der Verwaltungsjagd (VJ) sind nach Nr. 4.1 (3) so viele Jagdgäste wie möglich zu
beteiligen. An der Regiejagd sind Nr. 4.2 Abs. 6 zahlende Jagdgäste in
größtmöglichem Umfang zu beteiligen. Ziel der Bewirtschaftung ist nach Nr. 4.1
(2) unter anderem, die Einnahmen zu steigern und die Ausgaben zu begrenzen,
um möglichst hohe Deckungsbeiträge zu erzielen. Auch diese Regelungen
sprechen nicht für ein öffentlich-rechtliches Handeln.
Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Geschäftsanweisung
geändert hat, um Rechte des Klägers zu schmälern, eine Berufung auf die
Geschäftsanweisung missbräuchlich wäre, sieht das Gericht nicht.
Der Beklagte führte bereits im Schriftsatz vom 08.08.2005 im Verfahren 5 G
1057/05 näher aus, dass der Streit um die Zulassung eines Jagdgastes
privatrechtlich sei. Wenn dies nun durch eine Geschäftsanweisung verdeutlicht
werden soll, ist darin kein treuwidriges Verhalten zu erkennen. Ehemals war gerade
nicht geregelt, dass der Streit um die Zulassung eines Jagdgastes öffentlich-
rechtlich sei. Nochmals sei auf - den unveränderten - Erlass des Ministeriums vom
09.02.2003 hingewiesen, welcher in Nr. 2.1 die "forstfiskalische Jagd" anspricht,
also die Teilnahme am Privatrechtsverkehr.
Zwischenzeitlich hatte das beklagte Land die bisherige Rechtsprechung seinem
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Zwischenzeitlich hatte das beklagte Land die bisherige Rechtsprechung seinem
Handeln zugrunde gelegt, wohl weil es wenig sinnvoll gewesen sein mag, bei
zunächst unveränderter Geschäftsanweisung eine andere Ansicht zu vertreten. Es
mag auch sein, dass sich das Forstamt bei der Entscheidung über den letzten
Antrag des Klägers über die neue Geschäftsanweisung keine Gedanken machte,
sie vielleicht sogar nicht kannte. Darauf kommt es aber nicht an, wenn durch
"Organisationsanweisung" klar gestellt wird, dass die Beteiligung zahlender
Jagdgäste privatrechtlich geregelt wird, fehlte die Befugnis zum Erlass eines
Verwaltungsaktes. Die Streitigkeit über diesen Verwaltungsakt kraft Form (zu
diesem Begriff vgl. Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im öffentlichen
Recht, 11. Auflage 2005, § 31 Rdnr. 5) verbleibt nach dem Abtrennungsbeschluss
vom heutigen Tage im Verfahren 6 E 906/07 beim Verwaltungsgericht, und kann
dort zur Klarstellung aufgehoben werden (vgl. BVerwGE 84, 274 <275>), falls
die Beklagte nicht nach rechtskräftiger Verweisungsentscheidung ihre
Entscheidung aufhebt.
Das Vorliegen eines Verwaltungsaktes kraft Form ändert aber nichts daran, dass
der Streit über die Vergabe eines Abschusses privatrechtlicher Natur und damit
durch die ordentlichen Gerichte zu entscheiden ist. Die Geschäftsanweisung ist
letztlich nur deklaratorischer Natur, welche jedenfalls für die Zukunft Klarheit
bringen soll. Sie beseitigt auch keine Art von Gewohnheitsrecht. Eine sich über
einen langen Zeitraum erstreckende Auffassung, dass die Vergabe eines
Abschusses eindeutig als öffentlich-rechtliches Handeln zu qualifizieren wäre, gab
es nicht.
Für den Kläger ist insoweit auch nicht die Geschäftsanweisung in ihrer alten
Fassung maßgebend. Die neue Fassung verdeutlicht nur, dass die Streitigkeit über
die Vergabe eines Abschusses ohnehin bereits früher privatrechtlich geschah.
Auch aus dem Umstand, dass es sich bei um einen Landesbetrieb nach § 26 LHO
handelt, folgt nicht, dass dieser insoweit öffentlich rechtlich handeln würde.
Solches ergibt sich für den fraglichen Bereich insbesondere nicht aus der Satzung
für den Landesbetrieb (in der Fassung vom 10.9.2002, GVBl. I S. 582).
C. selbst präsentiert sich wie ein Unternehmen. Dies ergibt sich etwa aus seinem
Geschäftsbericht (www...). Wirtschaftliches Handeln steht im Vordergrund. Eine
Produktpalette aus Rohholz, forstlichen Nebenerzeugnissen, Jagd- und
Liegenschaften wird präsentiert. Erlöse werden etwa aus dem Verkauf von Holz,
aber auch aus der Jagd erzielt (vgl. etwa S. 38 des Geschäftsberichts,
"Wildtiermanagement und Jagd"). Im Internet wird ein Onlineformular zur Verfügung
gestellt, mit welchem man sich über die "aktuellen Jagdangebote" informieren
kann. Das alles deutet auf privatrechtliche und nicht hoheitliche Tätigkeit hin.
Die jüngere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zur Vergabe
öffentlicher Aufträge (vgl. BVerwG NJW 2007, S. 2275), unterstützt die die
Auffassung, dass ein privatrechtliches Handeln vorliegt. Das
Bundesverwaltungsgericht führt unter anderem aus, dass für Streitigkeiten über
die Auswahl des Vertragspartners nicht der Verwaltungsrechtsweg, sondern der
Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben sei. Dies gelte jedenfalls dann,
wenn keine gesetzliche Verpflichtung zu bevorzugter Berücksichtigung eines
bestimmten Personenkreises zu beachten sei.
Für die Auswahl eines Jagdgastes existiert keine gesetzliche Verpflichtung, einen
bestimmten Personenkreis bevorzugt zu behandeln. Die neue
Jagdnutzungsanweisung, welche kein Gesetz ist, sieht keine Bevorzugung eines
bestimmten Personenkreises bei der Auswahl als zahlender Jagdgast vor. Insoweit
bestimmte allerdings die alte Jagdnutzungsanweisung in Nr. 3.2 Abs. 6, dass
ortsansässige Jägerinnen und Jäger grundsätzlich zu bevorzugen waren. Die
Änderung einer auf einer Geschäftsanweisung beruhenden Verwaltungspraxis mit
Wirkung für die Zukunft ist aber rechtlich unbedenklich. Im Übrigen setzte der
Beklagte bereits im Jagdjahr 2006/2007 nicht mehr voraus, dass derjenige der den
Abschuss erhält, auch im Jagdbezirk wohnen musste. Daher ist auch insoweit nicht
erkennbar, dass die Änderung der Geschäftsanweisung, indem die Bevorzugung
Ortsansässiger als Auswahlkriterium gestrichen wurde, treuwidrig sein könnte. Es
mag durchaus Gründe geben, wie im Vorjahr einem Landesbediensteten, etwa
einen Forstamtsmitarbeiter, einen Abschuss zuzuteilen. Soweit schon immer
zahlende Jagdgäste in größtmöglichem Umfang zu beteiligen waren, mag das
Auswahlkriterium der Ortsansässigkeit hinderlich gewesen sein.
Auch unter Berücksichtigung der sogenannten Zweistufentheorie ist vorliegend
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Auch unter Berücksichtigung der sogenannten Zweistufentheorie ist vorliegend
keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit gegeben. Das Bundesverwaltungsgericht
(BVerwG, a.a.O.) geht davon aus, dass die Zweistufentheorie nur dann zur
rechtlichen Bewertung eines Vorganges angemessen ist, wenn dieser durch eine
Mehrphasigkeit der Aufgabenwahrnehmung gekennzeichnet ist. Das sei
typischerweise dann der Fall, wenn die Entscheidung über das "ob" einer
öffentlichen Leistung - etwa die Gewährung einer Subvention - durch
Verwaltungsakt erfolgt, während deren Abwicklung - das "wie" - mittels eines
privatrechtlichen Vertrages durchgeführt werde. Hiervon unterscheide sich etwa
die Vergabe eines öffentlichen Auftrages wesentlich. Das Vergabeverfahren sei
nämlich in seiner Struktur gerade nicht zweistufig. Vielmehr erfolge die
Entscheidung über die Auswahl zwischen mehreren Bietern, im Regelfall
unmittelbar durch Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages mit einem der
Bieter durch Zuschlag.
Ähnliches gilt für die Auswahl zwischen mehreren Bewerbern um die Freigabe eines
Abschusses. Wer unter den Bewerbern für den Abschuss eines Hirsches
ausgewählt wird, erhält mit der Auswahl zugleich den "Zuschlag". Zur Abwicklung
einer Abschussfreigabe bedarf es keiner zweiten Stufe. Andernfalls würde ein
einheitlicher Vorgang künstlich in zwei Teile aufgespalten.
Die Zuständigkeit des Amtsgerichts ist gegeben, weil der Wert des
Streitgegenstandes an Geld oder Geldeswert 5.000,-- € nicht übersteigt (§ 23 Nr. 1
GVG). Die Höhe des Wertes des Streitgegenstandes ist für die ordentliche
Gerichtsbarkeit nicht nach § 52 Abs. 3 GKG zu bemessen. Der Streitwert ist gem. §
48 GKG, § 3 ZPO nach Ermessen des Gerichts zu bestimmen. Insoweit kommt als
Wert des Streitgegenstandes der für den für Abschluss eines Hirsches der Klasse 1
anfallenden Jagdbetriebskostenbeitrag inklusive Grundbeitrag rund 4.000,-- € bis
5.000,-- € in Betracht.
Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts C-Stadt ergibt sich aus § 18 ZPO.
Danach wird der Gerichtsstand des Fiskus durch den Sitz der Behörde bestimmt,
die berufen ist, den Fiskus in dem Rechtsstreit zu vertreten.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.