Urteil des VG Wiesbaden vom 09.04.2008

VG Wiesbaden: aufenthaltserlaubnis, botschaft, ausländer, libanon, ausreise, verfügung, kontaktaufnahme, datum, mitwirkungspflicht, herkunft

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Gericht:
VG Wiesbaden 4.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 K 229/08.WI
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 25 Abs 5 AufenthG
Keine Aufenthaltserlaubnis bei selbst verschuldeter
Passlosigkeit
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die
Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der
festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist eigenen Angaben zu Folge am … in Beirut geboren. Er reiste am
20.10.1992 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sein mit Datum 22.10.1992
gestellter Asylantrag wurde mit Bescheid vom 10.01.1994 abgelehnt. Der
Bescheid wurde am 02.03.1995 rechtskräftig.
Bereits am 21.11.1996 wurde der Kläger schriftlich aufgefordert einen
Nationalpass vorzulegen. Am 21.02.1997 wurde der Kläger sodann aufgefordert
bei der libanesischen Auslandsvertretung zur Beschaffung eines
Rückreisedokuments vorzusprechen.
Am 11.07.2000 wurde der Kläger aufgrund eines Haftbefehls des Amtsgerichts ...
in Untersuchungshaft genommen. Im Folgenden wurde er durch das Landgericht
... zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren wegen gefährlicher
Körperverletzung in zwei Fällen verurteilt. Der Kläger wurde am 02.07.2004 aus der
Haft entlassen. Seit seiner Haftentlassung hält sich der Kläger auf Basis von
Duldungen wieder in ... auf.
Aufgrund dieser Verurteilung wurde der Kläger mit Datum 22.04.2003 von der
zuständigen Ausländerbehörde ... aus dem Bundesgebiet ausgewiesen.
Die Ausreise bzw. Abschiebung scheiterte an fehlenden Papieren.
Im August 2005 sprach der Kläger bei der Generaldelegation Palästinas in Bonn
vor. Dort wurde ihm mitgeteilt, dass ihm keine Reisedokumente ausgestellt
werden könnten, da er nicht in den palästinensischen Gebieten lebe und dort nicht
registriert sei. Eine persönliche Vorsprache in der libanesischen Botschaft in Berlin
erfolgte, entgegen der Erklärung über die Bereitschaft mit anwaltlichen Schriftsatz
vom 14.07.2005, nicht.
Ein mit Datum 06.10.2006 gestellter Antrag auf Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Absatz 5 AufenthG wurde durch unanfechtbare
Verfügung vom 19.03.2007 abgelehnt (Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden
vom 10.10.2007, 4 E 481/07).
Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 29.11.2007 beantragte der Kläger bei
der Beklagten erneut die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Absatz 5
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der Beklagten erneut die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Absatz 5
AufenthG.
Dieser Antrag wurde mit Verfügung vom 31.01.2008 abgelehnt.
Gegen die am 07.02.2008 zugestellte Verfügung hat der Kläger am 04. 03. 2008
Klage erhoben. Er hält die Verfügung für rechtswidrig.
Er vertritt die Auffassung, er habe einen Anspruch auf Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Absatz 5 AufenthG.
Der Kläger sei palästinensischer Volkszugehöriger. Er sei in einem
palästinensischen Flüchtlingslager in Beirut geboren. Er sei Kämpfer für die Al
Fatah gewesen. Nach der Grundausbildung sei er als Wachsoldat in drei
Flüchtlingslagern in der Nähe von Tyrus eingesetzt worden. Als die Flüchtlingslager
Ende der 80-er Jahre aufgrund einer Vereinbarung der UNO und dem Libanon in
die Obhut der libanesischen Armee überführt worden seien, habe er seine Tätigkeit
für die Al Fatah beendet und beschlossen nach Europa zu gehen. Im Oktober 1992
sei er dann illegal, nach mehreren Aufenthalten in anderen Ländern, letztlich in
Deutschland eingereist, wo er seit dem ununterbrochen lebe. Mit seiner Familie
habe er seit langer Zeit keinen Kontakt. Es hätten schon früher Probleme mit der
Familie bestanden, da er als Moslem sich in ein christliches Mädchen verliebt habe.
Das Palästinenserlager in Beirut, in dem er geboren worden sei, sei 1975
vollständig zerstört worden. Er habe bereits 1996 bei der palästinensischen
Generaldelegation vorgesprochen, die von seiner Herkunft überzeugt sei. Die
Ausstellung eines Reiseausweises wäre dort allerdings nicht möglich, da er nicht
aus den Selbstverwaltungsgebieten stamme.
Er habe es jedenfalls nicht zu vertreten, dass sowohl die palästinensische
Generaldelegation als auch der Libanon nicht bereit seien, Reisedokumente
auszustellen.
Der Klägerbevollmächtigte hat mit Schriftsatz vom 25.09.2007 sowohl die
Botschaft der Republik Libanon in Berlin als auch das Generalkonsulat der Republik
Libanon in Frankfurt angeschrieben. Das Generalkonsulat teilte sodann mit, dass
der Kläger persönlich in der Botschaft in Berlin vorstellig werden müsse. Mit
Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 03.01.2008 hat der Kläger bei der
Botschaft der Republik Libanon die Ausstellung eines "Document de Voyage für
Palästinensische Flüchtlinge" beantragt. Der Kläger trägt vor, dass er bereit sei, bei
der Botschaft in Berlin vorzusprechen, er sei allerdings nicht in der Lage, die
Fahrtkosten nach Berlin zu zahlen. Eine Kostenzusage seitens des Sozialamtes sei
ihm zu Unrecht verweigert worden.
Mit Datum 18.03.2008 wurde die Vorsprache zwecks Feststellung der
palästinensischen Volkszugehörigkeit und Passersatzpapierbeschaffung im
Rahmen einer Sammelvorführung für palästinensische Volkszugehörige für
Montag, den 07. April 2008 bei einem Vertreter des Verbindungsbüros der
Bundesrepublik Deutschland Ramallah in den Räumen des Landratsamtes in ...
angeordnet. Der Kläger erklärte in diesem Zusammenhang gegenüber der
Behörde Rechtsmittelverzicht, denn er nehme freiwillig an der Sammelvorführung
teil. Er meint, er habe deshalb seine Mitwirkungspflichten erfüllt.
Der Kläger meint, der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 5
AufenthG stehe es auch nicht entgegen, dass er straffällig geworden und aus der
Bundesrepublik ausgewiesen worden sei, denn die Aufenthaltserlaubnis könne
nach § 25 Satz 1 AufenthG abweichend von § 11 Absatz 1 AufenthG erteilt werden.
Die Verfügung sei auch deshalb rechtswidrig als die Beklagte keinerlei Ermessen
ausgeübt habe.
Der Kläger beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 31.01.2008 aufzuheben
2. die Beklagte zu verpflichten dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25
Absatz 5 AufenthG als Ausweisersatz zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte meint, die Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Absatz 5 AufenthG sei
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Die Beklagte meint, die Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Absatz 5 AufenthG sei
wegen § 25 Absatz 5 Satz 3 und Satz 4 AufenthG zwingend zu versagen. Sie
vertritt die Auffassung, der Kläger habe bei Weitem nicht alles unternommen, um
in den Besitz eines zur Ausreise geeigneten Ausweisdokuments zu gelangen. Der
Kläger habe das derzeit bestehende Ausreisehindernis selbst verschuldet und zu
vertreten. Seit 1994 beschränkten sich die unternommenen Anstrengungen zur
Erlangung eines Reisedokuments zur Rückkehr in den Libanon auf die Schreiben
des Bevollmächtigten vom 25.09.2007 und 03.01.2008. Eine persönliche
Vorsprache bei der libanesischen Auslandsvertretung habe bisher zu keinem
Zeitpunkt stattgefunden. Auch sei keine Kontaktaufnahme zu z.B. Behörden im
Heimatland, Familienangehörigen oder im Heimatland ansässigen Rechtsanwälten
versucht worden. Insbesondere sei davon auszugehen, dass aufgrund der Ausreise
Daten bei den Behörden vorhanden sein müssten. Ein Vorsprechen bei der
Botschaft in Berlin sei angesichts der fehlenden erforderlichen Unterlagen sinnlos,
daher die Versagung der Kostenübernahme der Reisekosten durch das Sozialamt
nachvollziehbar. Dokumente, die die libanesische Herkunft des Klägers bestätigten
- Personaldokumente - seien bisher nicht existent. Diese seien jedoch gemäß dem
Merkblatt der Botschaft des Libanon Voraussetzung zur Bearbeitung des Antrages
zwingende Voraussetzung.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der
vorgelegten Behördenakte (2 Leitz- Ordner) sowie der beigezogenen
Gerichtsakten zu den Verfahren 4 E 481/07 und 4 E 1089/06 Bezug genommen.
Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf den Inhalt der
Sitzungsniederschrift vom 09.04.2008 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 05.12.2007 ist rechtmäßig und verletzt den
Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Absatz 1 Satz 1 VwGO).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Bescheidung seines
Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, weil der Beklagten das
Ermessen in § 25 Absatz 5 Satz 1 AufenthG nicht eröffnet ist.
Die in dieser Vorschrift normierte Ermächtigung der Beklagten, dem Kläger nach
Ermessen abweichend von § 11 Absatz 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis zu
erteilen, steht ungeachtet der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen unter dem
Vorbehalt des Verbots nach § 25 Absatz 5 Satz 3 AufenthG. Nach dieser Vorschrift
darf die Aufenthaltserlaubnis auch nach der Ausnahmevorschrift des § 25 Absatz 5
AufenthG nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise
gehindert ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Vielmehr hat der Kläger zumutbare
Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt, mithin seine
Passlosigkeit selbst zu vertreten, und daher keinen Anspruch auf Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Absatz 5 AufenthG.
Bei der Prüfung, wem objektiv bestehende Ausreisehindernisse angelastet werden,
wenn es um die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 5 AufenthG
geht, kommt der Frage entscheidende Bedeutung zu, was das Gesetz unter dem
Begriff des "Verschuldens" versteht bzw. was "zumutbar" im Sinne dieser Vorschrift
ist. Diese unbestimmten Rechtsbegriffe unterliegen in vollem Umfang der
gerichtlichen Überprüfung.
Zunächst treffen, wie aus § 82 Satz 1 AufenthG und dem subjektiven Begriff des
"Verschuldens" folgt, den Ausländer eine Mitwirkungspflicht sowie eine
Initiativpflicht.Dies bedeutet einerseits, dass er an allen (zumutbaren) Handlungen
mitwirken muss, die die Behörden von ihm verlangen. Hierzu gehört es, dass er
Anträge ausfüllt, Bilder beibringt, bei der Vertretung seines Heimatlandes
vorspricht und etwa Dokumente im Heimatland beschafft, welche für den weiteren
Verfahrensfortgang relevant sind. Vorbehaltlich der Zumutbarkeit und
Verhältnismäßigkeit einer Handlung hat der Ausländer von der Ausländerbehörde
vorgegebene Handlungen zeitnah und zuverlässig zu erfüllen. Er ist gehalten, die
von ihm konkret geforderten Schritte zu unternehmen (Mitwirkungspflicht).
Daneben steht ihm jedoch nicht die Möglichkeit offen, ansonsten völlig untätig und
passiv zu bleiben und nur darauf zu warten, welche weiteren Handlungen die
Behörde von ihm verlangt. Er kann sich mithin nicht allein auf die Erfüllung
derjenigen Pflichten stützen, die ihm konkret vorgegeben werden. Vielmehr ist
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derjenigen Pflichten stützen, die ihm konkret vorgegeben werden. Vielmehr ist
auch der ausreisepflichtige Ausländer gehalten, eigenständig die Initiative zu
ergreifen, um nach Möglichkeiten zu suchen, das bestehende Ausreisehindernis zu
beseitigen. Dies gilt umso mehr, als oft nur er selbst in der Lage ist, die
erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten. Zu den hier denkbaren Pflichten
gehört etwa die Beschaffung von Identitätsnachweisen im Heimatland über Dritte
(insbesondere Verwandte), die Benennung von Zeugen oder die Angabe des
Arbeitgebers, der Militärdienstzeiten usw. Der Ausländer hat sich zumindest
Gedanken darüber zu machen (und diese dann auch in die Tat umzusetzen),
welche Möglichkeiten für ihn bestehen, noch offene Punkte aufzuklären und zu
belegen. Ein zur Ausreise verpflichteter Ausländer, dem bekannt ist, dass seiner
Ausreise Hindernisse entgegenstehen, die er gegebenenfalls beseitigen kann, hat
die Pflicht, nach Möglichkeiten zu suchen, wie diese Hindernisse aus der Welt
geschaffen werden können. Er ist gehalten, ihm mögliche und bekannte Schritte in
die Wege zu leiten, auch wenn die Ausländerbehörde ihm dies nicht konkret vorgibt
(Initiativpflicht).Eine Grenze ergibt sich dabei aus der Frage, welche Möglichkeiten
ihm bei objektiver Betrachtungsweise bekannt sein können. Nur insoweit kann ihm
nämlich eine subjektive Verantwortlichkeit und ein Verschulden angelastet werden.
Handlungen, die unmöglich, unzumutbar oder unverhältnismäßig sind, können
auch im Rahmen der Prüfung des § 25 Abs. 5 AufenthG nicht verlangt werden. Je
nach Herkunftsland und persönlicher Situation des Betroffenen kann diese Frage
unterschiedlich zu beantworten sein. Beispielsweise ist es durchaus möglich, dass
die Einschaltung eines Anwalts im Heimatland von einem Ausländer nicht
gefordert werden kann, weil ihm dieser Weg unbekannt ist oder entsprechende
Kontakte gänzlich fehlen. Auch können keine Unterlagen aus der Heimat
nachgefordert werden, wenn der Ausländer dort über keinerlei Bezugspersonen
mehr verfügt. Allerdings gilt, dass dann, wenn bestimmte Dokumente nicht mehr
vorhanden sind, sich der Ausländer durchaus Gedanken darüber zu machen hat,
mit welchen anderen Unterlagen oder Schriftstücken er seine Herkunft und
Identität beweisen kann.
Eine zweite Grenze der zu fordernden Initiativen bilden daneben die Fälle, in
welchen weitere Handlungen nicht zugemutet werden können. Dies ist
beispielsweise dann der Fall, wenn der Ausländer durch Nachfragen in seiner
Heimat Familienangehörige in akute Lebensgefahr bringt, wenn mit weiteren
Ermittlungen so erhebliche Kosten verbunden wären, dass sie von ihm nicht
aufgebracht werden können oder wenn er gesundheitlich etwa nicht in der Lage ist,
erforderliche Handlungen durchzuführen.
Die Erfüllung der dem Ausländer obliegenden Pflichten (Mitwirkungspflicht und
Initiativpflicht) hat dieser zu belegen und nachzuweisen. Gelingt ihm dies nicht,
spricht vieles für die Annahme, er habe die Ausreisehindernisse verschuldet bzw.
zumutbare Anforderungen nicht erfüllt (so auch Beschluss des BayVGH vom 19.
12. 2005, Az. 24 C 05.2856 und Urteil des BayVGH vom 23.03.2006, 24 B
05.2889).
Der von dem Bevollmächtigten des Klägers bei der libanesischen Botschaft
eingereichte schriftliche Passantrag heilt die sonstige Verweigerungshaltung des
Klägers zur Beschaffung von Heimreisepapieren nicht. Wie aus dem Merkblatt der
libanesischen Botschaft zur Neuausstellung eines Documents de Voyage für
Palästinensische Flüchtlinge zu entnehmen ist, bedarf es der Beifügung von
Identitätsnachweisen zur Bearbeitung eines solchen Antrages. Über persönliche
Dokumente, die die Identität des Klägers belegen, verfügt er nach eigenen
Angaben nicht. Der Passantrag ist daher als von vornherein aussichtslos
anzusehen. Anstrengungen des Klägers zur Beschaffung solcher
Identitätsnachweise sind offensichtlich nicht erfolgt. Der Kläger beruft sich vielmehr
immer wieder darauf, dass er keinen Kontakt mehr zu seiner Familie hat und auch
nicht wisse, wo diese nun lebe. Die Familie sei zerworfen, da er sich in ein
christliches Mädchen verliebt habe. Ob dieses Zerwürfnis mit der gesamten
Familie jedoch seit seiner Ausreise 1992, seit nunmehr 16 Jahren, noch
fortbesteht, kann weder belegt werden, noch hindert es den Kläger an einer
Kontaktaufnahme mit dort ansässigen Behörden, Bekannten und/oder ehemaligen
Arbeits- bzw. Militärkollegen. Eine solche Kontaktaufnahme bzw. der Versuch der
Kontaktaufnahme ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Ganz im Gegenteil,
der Kläger unterlässt bewusst jedwede Kontaktaufnahme mit seinem Heimatland.
Auch die freiwillige Teilnahme an der Sammelvorführung für palästinensische
Volkszugehörige am Montag, den 07. April 2008 bei einem Vertreter des
Verbindungsbüros der Bundesrepublik Deutschland Ramallah im Landratsamt ...
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Verbindungsbüros der Bundesrepublik Deutschland Ramallah im Landratsamt ...
führt zu keinem anderen Ergebnis. Wie sich aus der Mitteilung vom 08.04.2008 des
Herrn ... vom Landratsamt ..., die auch Gegenstand der Erörterung in der
mündlichen Verhandlung war, ergibt, ist das Einholen eines
Geburtsregisterauszuges aus dem Libanon möglich. Mit Hilfe des
Geburtsregisterauszuges wäre der notwendige Identitätsnachweis zwecks
Bearbeitung eines Documents de Voyage für die Libanesische Botschaft möglich.
Im Rahmen dieser Mitteilung wird weiterhin ausgeführt, dass, sofern der Kläger
über keine Kontakte im Libanon verfüge, die Einschaltung eines
Vertrauensanwaltes möglich sei. Hierfür müsse von dem Kläger eine
entsprechende Vollmacht unterzeichnet werden. Hierzu ist der Kläger jedoch nicht
bereit und verweigert die Erteilung einer solchen Vollmacht. Er beharrt auf der
Ansicht, dass die (aussichtslose) schriftliche Passbeantragung bei der
Libanesischen Botschaft genügen müsse.
Eigenen Angaben zu Folge ist dem Kläger von den libanesischen Behörden ca.
1989/1990 vor seiner Ausreise ein Pass ausgestellt worden, der während eines
Aufenthalts in Ungarn von den dortigen Behörden eingezogen wurde. Auch hier
konnte der Kläger keine Bemühungen nachweisen, die belegen, dass er zu
irgendeinem Zeitpunkt versucht hätte, über die ungarischen Behörden wieder den
Besitz dieses Passes zu erlangen. Jedenfalls scheint insofern der Vortrag des
Klägers, das Flüchtlingslager, in dem er geboren sei, sei bereits 1975 zerstört
worden, weshalb Identitätsnachweise nicht beschafft werden könnten, unerheblich.
Denn wenn Jahre nach der angeblichen Zerstörung seitens der libanesischen
Behörden ein Pass ausgestellt wurde, dürfte anknüpfend an diesen Vorgang auch
jetzt die Beschaffung eines Identitätsnachweises problemlos möglich sein. Der
Kläger müsste es nur wollen.
Nach alledem weigert sich der Kläger beharrlich die ihm obliegenden Mitwirkungs-
und Initiativpflichten im Zusammenhang mit einer Passbeschaffung zu erfüllen.
Danach liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis
nach § 25 Absatz 5 AufenthG nicht vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Absatz 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 Absatz
2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.