Urteil des VG Wiesbaden vom 25.01.2008

VG Wiesbaden: genehmigung, besondere härte, behörde, gestaltung, erstellung, auflage, vollstreckung, geschäft, ausnahme, rechtsgrundlage

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Gericht:
VG Wiesbaden 7.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 K 30/08.WI, 7 K
30/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 46 Abs 1 Nr 8 StVO, § 16
Abs 1 S 1 StrG HE
Straßenrecht - Erstellung eines Podestes auf der Straße
Leitsatz
Es ist grundsätzlich nicht ermessensfehlerhaft, wenn eine begehrte
Ausnahmegenehmigung zur Errichtung eines Podestes unter Hinweis auf eine
entsprechende städtische Gestaltungsrichtlinie versagt wird.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung
abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand
Die Kläger betreibt in Wiesbaden in der A-Straße ein Feinkostgeschäft in
unmittelbarer Nachbarschaft zu dem C.. Vor dem Geschäft auf dem Bürgersteig
befindet sich eine Außenbewirtschaftungsfläche der Klägerin. Diese umfasst
insgesamt 40 qm. Auf einer Fläche von 7,5 qm befindet sich ein Podest, auf dem
vier Bistrotische und Bänke stehen. Die Klägerin beantragte bei der Beklagten die
Genehmigung zur Errichtung des Podestes. Mit Bescheid vom 07.12.2007 widerrief
die Beklagte gegenüber der Klägerin die ehemals erteilte
Sondernutzungserlaubnis und erteilte gleichzeitig der Klägerin eine widerrufliche
verkehrsbehördliche Genehmigung vom 01.01.2008 bis 31.12.2008. Als "Auflage"
gab die Beklagte der Klägerin unter anderem auf, es dürften keine Podeste oder
ähnliches aufgebaut werden. Auf den Bescheid vom 07.12.2007 hat die Klägerin
am 07.01.2008 Klage erhoben. Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte sei
verpflichtet, ihr die Errichtung des Podestes zu erlauben. Angesichts des vor dem
Geschäft der Klägerin bestehenden Gefälles könne die dortige Fläche nur genutzt
werden, wenn mit Hilfe eines Podestes eine waagerechte Fläche geschaffen werde.
Die Beklagte habe bei ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt, dass das Podest
aus hochwertigem Material gefertigt sei und sich in die Umgebung einfüge. Das
Podest führe auch nicht zu Gefahren für Fußgänger. Soweit sich die Beklagte
darauf berufe, die Richtlinie zur Gestaltung von Sondernutzungen im öffentlichen
Raum stünde dem Podest entgegen, werde verkannt, das zum einen diese
Richtlinie keine Rechtsgrundlage sei und zum anderen jeder Richtlinie die
Möglichkeit der Ausnahme von dem geregelten Grundsatz immanent sei.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom
07.12.2007 zu verpflichten, der Klägerin die Errichtung des Podestes in der A-
Straße zu genehmigen.
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, ihr stehe bei der Entscheidung über die Erteilung der
Sondernutzungserlaubnis ein weites Ermessen zu. Die Beklagte sei auch befugt,
bauplanerische und baupflegerische Belange zu berücksichtigen und die
Versagung einer Sondernutzungserlaubnis darauf zu stützen. Der angegriffene
Bescheid nehme Bezug auf die Richtlinie zur Gestaltung von Sondernutzungen im
öffentlichen Raum, wonach insbesondere auch Podeste im öffentlichen
Straßenraum für unzulässig erklärt würden. Hiernach könne die behördliche
Entscheidung nicht mit Aussicht auf Erfolg angegriffen werden.
Dem Gericht haben in der mündlichen Verhandlung die Gerichtsakten XXX und 7 K
30/08.WI und ein Band Behördenakten vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Verpflichtungsklage ist statthaft. Entgegen der missverständlichen
Formulierung im Bescheid vom 07.12.2007 hat die Beklagte durch diesen
Bescheid den Antrag auf Erteilung einer Genehmigung zur Erstellung eines
Podestes in der A-Strasse abgelehnt. Gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 StVO ist es
verboten, Gegenstände auf Straßen zu bringen, wenn dadurch der Verkehr
gefährdet oder erschwert werden kann. Ein Podest, das sich auf einem Gehweg
befindet, kann i.S.d. § 32 Abs. 1 Satz 1 StVO zu einer Gefährdung oder zu einer
Erschwernis führen. Wer gleichwohl ein solches Podest errichten will, bedarf hierfür
einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO. Diese
straßenverkehrsrechtliche Genehmigung macht eine ansonsten nach § 16 Abs. 1
Satz 1 HStrG erforderliche Sondernutzungserlaubnis entbehrlich (vgl. § 16 Abs. 7
Satz 1 HStrG). Ist hiernach für die Errichtung des Podestes eine verkehrsrechtliche
Genehmigung erforderlich, so kann der Bescheid vom 07.12.2007 insoweit nur so
verstanden werden, dass diese begehrte Genehmigung versagt worden ist. Um die
begehrte Genehmigung zu erlangen, muss dementsprechend eine
Verpflichtungsklage erhoben werden.
Die Klage ist aber unbegründet, denn die Ablehnung des begehrten
Verwaltungsaktes ist nicht rechtswidrig. Nach dem Wortlaut des § 46 Abs. 1 StVO
steht die Erteilung der verkehrsrechtlichen Genehmigung im Ermessen ("kann")
der Behörde. Dies gilt auch für die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach §
16 Abs. 1 HStrG, ohne dass dies im Wortlaut der Norm entsprechend deutlich zum
Ausdruck gekommen wäre. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof geht ohne
weiteres davon aus, dass die Entscheidung über die Erteilung einer
Sondernutzungserlaubnis im Ermessen der Behörde steht, (vgl. NVwZ 1983, 48).
Da § 16 Abs. 1 HStrG die Voraussetzungen für eine Sondernutzungserlaubnis nicht
detailliert regelt und des Weiteren davon auszugehen ist, dass eine Nutzung der
Straße innerhalb des Gemeingebrauches regelmäßig geschützt ist, spricht alles
dafür, dass der Behörde auch im Rahmen des § 16 Abs. 1 HStrG Ermessen
eingeräumt ist (vgl. in diesem Zusammenhang auch Kopp/Ramsauer, VwVfG 8.
Auflage, 2003, § 40 Rn. 42 und Neumeyer, Hess. Straßengesetz, § 16 Anm.
1d).Zur Lenkung des der Behörde zustehenden Ermessens hat die
Stadtverordnetenversammlung am 01.06.2006 die Richtlinie zur Gestaltung von
Sondernutzungen im öffentlichen Raum erlassen. Nach Ziffer 5.6 dieser Richtlinie
sind Podeste unzulässig. Die Richtlinie enthält auch insoweit keinen
Ausnahmetatbestand. Das Gericht kann in diesem Zusammenhang offen lassen,
ob ein ausnahmloses Verbot der Anbringung eines Podestes rechtmäßig wäre.
Jedenfalls könnte nur dann ein Anspruch auf ausnahmsweise Gestattung der
Errichtung eines Podestes angenommen werden, wenn ansonsten für den
Betroffenen eine besondere Härte entstehen würde. Dies kann hinsichtlich der
Klägerin nicht festgestellt werden, denn sie kann, selbst dann, wenn sie die Fläche,
auf dem das Podest errichtet werden soll, nicht nutzen könnte, gleichwohl eine
Außenbewirtschaftung vornehmen. Die ohne Podest auskommende Fläche
umfasst auch den weitaus größten Teil der Außenbewirtschaftung der Klägerin.
Ob über die von der Beklagten rechtmäßigerweise im Rahmen ihres Ermessens
angestellten baupflegerischen Erwägungen hinaus (vgl. dazu, dass entsprechende
Belange im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Berücksichtigung
finden können, Hess. VGH NVwZ 1983, 49) weitere Belange gegen die Errichtung
des Podestes sprechen, kann vorliegend dahinstehen. Die Beklagte hat jedenfalls
in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass sie die Errichtung des
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in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass sie die Errichtung des
Podestes auch allein im Hinblick auf die Richtlinie zur Gestaltung von
Sondernutzungen im öffentlichen Raum nicht erlauben würde, so dass etwaig
zuvor bestehende Ermessensfehler spätestens in der mündlichen Verhandlung
geheilt worden sind (vgl. § 114 Satz 2 VwGO).Im Übrigen hat die Klägerin in der
mündlichen Verhandlung auch darauf hingewiesen, dass ihren Belangen
gegebenenfalls auch durch bauliche Veränderungen des Gehweges (Beseitigung
des Gefälles) Genüge getan werden könnte. Dieser Aspekt wird gegebenenfalls auf
einen entsprechenden Antrag der Klägerin hin noch von der Beklagten zu prüfen
sein.
Das Gericht ist weder den in der mündlichen Verhandlung gestellten
Beweisanträgen noch den hilfsweise gestellten Beweisanträgen nachgekommen,
denn die Tatsachen, die bewiesen werden sollen, sind für die Entscheidung nicht
von Bedeutung, wie sich aus den obigen Ausführungen entnehmen lässt.
Als unterlegener Teil hat die Klägerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des
Verfahrens zu tragen.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711
ZPO i. V. m. § 167 VwGO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.