Urteil des VG Wiesbaden vom 09.11.2007

VG Wiesbaden: haltestelle, bus, grundstück, klageänderung, gefahr, bsp, verwaltungsakt, stadt, belastung, gehweg

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Gericht:
VG Wiesbaden 7.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 E 1353/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 45 StVO
Aufstellung eines Haltestellenzeichens und Abwägung
zwischen Sicherheit/Leichtigkeit des Straßenverkehrs und
der Anliegerinteressen
Leitsatz
Maßgeblich für das Aufstellen eines Haltestellenzeichens sind die Bedürfnisse des
öffentlichen Personenverkehrs und die Sicherheit und Leichtigkeit des allgemeinen
Verkehrs, wobei auch die Interessen der betroffenen Anlieger zur berücksichtigen sind.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung
abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin ist Eigentümerin des in A-Stadt, A-Straße, gelegenen Wohnhauses, in
dem sie auch wohnt.
Am 14.09.2006 beantragte die Beigeladene, die in A-Stadt den öffentlichen
Personennahverkehr mit Kraftomnibussen betreibt, seitens der
Straßenverkehrsbehörde die Aufstellung des Zeichens 224 StVO (Haltestelle) auf
der Grundstücksgrenze zwischen Haus X-Straße Nr. 2 und Haus X-Straße Nr. 12
und die Aufhebung der bestehenden Haltestelle in der X-Straße vor der
Grünanlage X-Straße zum bevorstehenden Fahrplanwechsel am 10.12.2006. Mit
Schreiben vom 22.09.2006 ordnete die Beklagte gegenüber der Beigeladenen die
Aufstellung des Zeichens 224 StVO vorbehaltlich der noch einzuholenden
Zustimmung des Ortsbeirates in der X-Straße zwischen X-Straße und X-Straße in
Fahrtrichtung X auf der Grundstücksgrenze zwischen Haus X-Straße 2 und Haus A-
Straße an und hob gleichzeitig die bisherige Haltestelle in der X-Straße auf. Zum
Fahrplanwechsel am 10.12.2006 wurde vor dem Grundstück der Klägerin das
Verkehrszeichen 224 zu § 41 StVO (Haltestelle) aufgestellt.
Die Klägerin hat bereits am 17.10.2006 Klage erhoben.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Straßenverkehrsbehörde habe die Belange der
Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht hinreichend in ihre Erwägungen
eingestellt. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass nur wenige Meter nach der
Haltestelle die X-Straße als Vorfahrtsstraße von rechts auf die X-Straße treffe.
Halte ein Bus an der angeordneten Haltestelle, so verblieben nur noch wenige
Meter von dem Bus bis zur rechts kommenden X-Straße. Dem Bus nachfolgende
Autos müssten demnach auf die Gegenspur, um an dem Bus vorbei zu fahren.
Das nach dem Bus bis zur X-Straße verbleibende Teilstück betrage nur wenige
Meter, die kaum ausreichend seien, um wieder komplett auf die rechts Spur zu
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Meter, die kaum ausreichend seien, um wieder komplett auf die rechts Spur zu
gelangen. Dies bedeute, dass Fahrzeuge noch - teilweise - auf der Gegenspur
fahrend auf die vorfahrtsberechtigte X-Straße träfen.
Diese Gefahrensituation wäre bei einer Einrichtung der Haltestelle z. Bsp. in der x-
Straße nicht gegeben, denn hier wäre der aus der X-Straße kommende Bus
ebenso wie die ihn überholenden Fahrzeuge in Richtung X vorfahrtsberechtigt vor
den auf der X-Straße verkehrenden Fahrzeugen.
Um die Haltestelle aus der X-Straße kommend anfahren zu können, müssten die
Busse aufgrund ihrer Länge weit in die Gegenfahrbahn einfahren. Sodann müsse
der Bus unmittelbar an der Haltestelle in der X-Straße halten. Insbesondere wenn
es sich um einen Gelenkbus handele, führe dies dazu, dass dieser mit dem
hinteren Teil noch teilweise auf der Gegenfahrbahn stehe, hier also ein
Verkehrshindernis auch für den Gegenverkehr darstelle. Um diese Situation zu
vermeiden, führen die aus der X-Straße kommenden Busse dann einen Schlenker
über den Gehweg der X-Straße. Dies stelle eine Gefährdung der Fußgänger dar.
Dies bedeute auch eine Gefahr für die Klägerin. Trete sie aus ihrem
Grundstückszugang, laufe sie Gefahr, von einem bis zur Hälfte über den Gehweg
einschwenkenden Bus erfasst zu werden. Gleiches gelte, wenn die Klägerin aus
ihrer Garagenausfahrt herausfahre.
Zu berücksichtigen sei auch, dass Rollstuhlfahrer Probleme bei der Benutzung des
Halteplatzes hätten.
Auf der Gegenseite der X-Straße seien des Öfteren Fahrzeuge geparkt. Stehe der
haltende Bus mit dem Hinterteil auf der Gegenfahrbahn, um die Fahrgäste ein-
und aussteigen zu lassen, komme der Verkehr gänzlich zum Erliegen. Dem
komme besondere Bedeutung zu vor dem Hintergrund, dass es sich bei der X-
Straße um die Hauptverkehrsstraße bzw. die Sammelstraße handele. Auf einer
Nebenstraße ergäben sich zwangsläufig weniger Gefahrenmomente. Ein erhöhtes
Verkehrsaufkommen sei naturgemäß mit einem höheren Maß an
Verkehrsgefährdungen verbunden.
Beim Ein- und Aussteigen komme es immer zu der Situation, dass Fahrgäste die
Straße vor oder hinter dem Bus überquerten. Die sich hieraus ergebende Gefahr
sei naturgemäß in einer viel befahrenen Durchgangsstraße wie der X-Straße
größer als in einer ausschließlich den Anliegern dienenden Nebenstraße wie z. Bsp.
die X-Straße.
Ausweislich der Behördenakte solle durch die Verlegung der Fahrtstrecken der
Busbegegnungsverkehr beseitigt werden. Dann wäre es doch nahe liegender
gewesen, die Haltestellen in unterschiedliche Straßen zu legen. Eine Verlegung z.
Bsp. in die X-Straße wäre dann schlüssig und würde der Beseitigung des
Busbegegnungsverkehrs umso mehr Rechnung tragen.
Die X-Straße sei deutlich übersichtlicher und weise zudem nicht solche
Gefahrenquellen auf, die sich in der X-Straße gerade ergäben. Überdies sei die X-
Straße als reine Anliegerstraße auch entsprechend gering befahren.
Interessen der betroffenen Anlieger seien überhaupt nicht berücksichtigt worden.
Die Belastungen für die Anlieger in der X-Straße seien deutlich höher, als dies im
Fall der Anordnung der Haltestelle z. Bsp. in der X-Straße für die dortigen Anlieger
der Fall wäre. Dies gelte zunächst für die durch die Anordnung des Halteverbotes
wegfallenden Parkplätze. Die in der X-Straße vorhandenen Parkmöglichkeiten in
Gestalt der dort eingezeichneten Parkbuchten würden hingegen nur in geringem
Umfang genutzt. Zum anderen befänden sich auf den Grundstücken Stellplätze
und auf den Wohnwegen zu den Häusern könnten Fahrzeuge geparkt werden.
Die sich in der X-Straße befindlichen Reihenhausgruppen seien nicht entlang der X-
Straße angeordnet, sondern sie führten von der X-Straße weg in das
Wohnblockinnere. Daher grenzten lediglich ca. alle 25 m Gebäude mit der
Giebelseite an die X-Straße. Die jeweils dahinter liegenden Wohnhäuser würden
durch das zuvorderst liegende Wohnhaus abgeschirmt. Für diese Anlieger wäre
folglich die Belastung in Gestalt von An- und Abfahren der Busse
dementsprechend gering. Die Anlieger des maßgeblichen Bereichs in der X-Straße
seien jeweils frontseitig betroffen. Die dortigen Häuser seien allesamt mit der
Hausfront in Richtung der Straße ausgerichtet.
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Die 4 Grundstücke im Bereich der X-Straße zwischen der X- und der X-Straße
hätten überdies allesamt ihre Gartenflächen in Richtung X-Straße ausgerichtet. Im
hinteren Bereich fänden sich keine Erholungsbereiche. Eine solche Belastung wäre
in der X-Straße nicht gegeben. Hier wäre es die Buslinie, die sich aus der X-Straße
kommend auf "rechts vor links" berufen könnte. Ein Anhalten und Wiederanfahren
nach dem Verlassen der X-Straße in die X-Straße wäre nicht notwendig. Ein
zweimaliges An- und Abfahren fiele hier nicht an.
Durch die inzwischen angeordneten weiteren Parkverbote hätte sich die
Parksituation zusätzlich verschärft.
Der behördlichen Entscheidung sei nicht zu entnehmen, dass die Behörde
überhaupt Ermessenserwägungen angestellt habe. Im Übrigen sei auch davon
auszugehen, dass ursprünglich der Halteplatz in der X-Straße hätte angeordnet
werden sollen. Allein aufgrund des heftigen Widerstands der dortigen Anlieger habe
man sich dann entschieden, den Halteplatz in die X-Straße zu verlegen.
Es könne nicht eingewandt werden, der Halteplatz X-Straße sei notwendig, weil
eine Haltestelle in unmittelbarer Nähe zur X-Straße gegeben sein müsse, um die
Erschließung des Gebietes westlich der X-Straße zu gewährleisten. Es ergäben sich
keine wesentlichen Unterschiede in der Strecke von der X-Straße zur X-Straße im
Vergleich zur X-Straße zur X-Straße. Auch wenn man die Haltestelle nicht im
unmittelbaren Einmündungsbereich zur X-Straße anordnen wollte, sondern mehr
in östlicher Richtung in der X-Straße, würde die Strecke von der Haltestelle zur X-
Straße jeweils rund 70 - 80 m betragen, unabhängig davon, ob sie in der X-Straße
oder in der X-Straße installiert würde.Vom Grundstück der Klägerin bis zu dem
Markt seien es rund 240 - 250 m. Ebenso weit sei die Strecke von der X-Straße bis
zu dem Lebensmittelmarkt. Zudem komme der Erschließung des
Lebensmittelmarktes eine völlig untergeordnete Bedeutung zu. Der
Lebensmittelmarkt werde von Fahrgästen nahezu überhaupt nicht angenommen.
Schließlich entspreche der laut behördlicher Anordnung vorgesehene Standort des
Halteplatzschildes nicht dem realisierten. Dies sei auch nicht möglich, da das Haus
der Klägerin keine gemeinsame Grundstücksgrenze mit dem Hausgrundstück X-
Straße 2 aufweise.
Die Klägerin hat zunächst beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 22.09.2006, Az.: XXX, an die Beigeladene
aufzuheben.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
die Anordnung einer Bushaltestelle in der X-Straße zwischen X-Straße und X-
Straße in X-Stadt durch Verkehrszeichen 224 zu § 41 Abs. 2 StVO, sowie die
Anordnung eines Halteverbotes durch Verkehrszeichen 283 im vorgenannten
Bereich aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die Gefahr durch überholende Fahrzeuge würde sich in der X-
Straße im Falle einer dort angeordneten Haltestelle in gleicher Weise ergeben. Das
erhöhte Verkehrsaufkommen in der X-Straße zwinge sogar zu größerer
Aufmerksamkeit beim Überholen.
Das Argument, die X-Straße sei für Fahrzeuge in Richtung X-Straße
vorfahrtsberechtigt, verfange nicht, da aus der X-Straße in die X-Straße
einbiegende Fahrzeuge selbstverständlich - unbeschadet ihrer
Vorfahrtsberechtigung - gehalten seien, erst dann in die X-Straße einzubiegen,
wenn sie sich zuvor davon überzeugt hätten, dass dies auch gefahrlos möglich sei.
Ein wesentlicher Unterschied ergebe sich daraus, dass die X-Straße gegenüber der
X-Straße vorfahrtsberechtigt sei, jedenfalls nicht, zumal Fahrzeugführer bei engen
Straßenverhältnissen generell zu erhöhter Aufmerksamkeit bei Überholmanövern
gezwungen seien.
Die Straßenverkehrsbehörde habe am Ende der X-Straße beidseits ebenso wie in
der X-Straße auf der der X-Straße gegenüberliegenden Seite jeweils das Zeichen
299 (Zick-Zack-Markierung) angeordnet. Eine Beschädigung dort haltender
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299 (Zick-Zack-Markierung) angeordnet. Eine Beschädigung dort haltender
Fahrzeuge sei danach künftig nicht mehr zu besorgen, ein Überfahren von
Gehwegen erfolge nicht.
Es sei nicht zu beanstanden, wenn sich die Behörde in Fällen der Kollision
verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die
Rückstellung eines anderen entscheide. Bei der Abwägung erheblich seien lediglich
"qualifizierte Interessen" der Klägerin, d. h. solche, die über das Interesse jedes
Verkehrsteilnehmers, in seiner Freiheit möglichst wenig beschränkt zu werden,
hinausgingen. Solche seien nicht zu erkennen, wenn die Klägerin vortrage, dass sie
nicht mehr in unmittelbarer Nähe ihres Hauses parken könne, während in der X-
Straße die Parkflächen weitestgehend ungenutzt blieben.
Es sei nicht sachwidrig, wenn die Straßenverkehrsbehörde Maßnahmen ergreife,
um den Straßenverkehr auf bestimmten Straßen zu konzentrieren. Es sei nicht
nachvollziehbar, warum eine Fahrt der Busse durch die vorfahrtsberechtigte X-
Straße für deren Anlieger weniger belastend sein sollte.
Hinsichtlich der Gartenbenutzung sei darauf hinzuweisen, dass die Wohnbebauung
in der X-Straße von der Straße zurückgesetzt sei, wohingegen in der X-Straße die
Häuser nahezu direkt an die Verkehrsflächen grenzten. Die Beeinträchtigung des
Erholungsbereichs werde durch die Bushaltestelle auch nur unwesentlich verstärkt.
Auch in der X-Straße wären neben den jeweils giebelseitig betroffenen Häusern 6
weitere Wohnhäuser in gleicher Weise betroffen wie in der X-Straße.
Die Richtungstrennung des Busverkehrs zur Vermeidung des Begegnungsverkehrs
sei ursächlich für den Wechsel der Haltestelle. Es erfolge ebenfalls nunmehr eine
bessere Erschließung des Lebensmittelmarktes und des südwestlichen Teils von X-
Ort.
Es sei einer Verwaltungsbehörde auch nicht verwehrt, im Verlaufe eines
Verwaltungsverfahrens verschiedene Entscheidungsmöglichkeiten zu erwägen und
auch zu verwerfen. Es sei auch nicht so gewesen, dass ursprünglich der Halteplatz
in die X-Straße hätte eingerichtet werden sollen und aufgrund des Widerstands der
dortigen Anwohner dann erst der Halteplatz A-Straße in Betracht gekommen wäre.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich in der Sache auch nicht
schriftlich geäußert.
Das Gericht hat sich am 07.09.2007 im Rahmen eines Erörterungstermins vor
dem Haus A-Straße einen Eindruck von den örtlichen Gegebenheiten verschafft.
Entscheidungsgründe
Die vorgenommene Klageänderung ist zulässig. Die Beklagte hat schriftsätzlich
geäußert, dass sie keine Einwände gegen die Klageänderung habe (Schriftsatz
vom 09.01.2007); dies ist als Einwilligung im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO zu
werten. Eine entsprechende Erklärung der Beigeladenen liegt zwar nicht vor. Dies
ist aber unschädlich, da das Gericht die Klageänderung für sachdienlich hält (vgl. §
91 Abs. 1 VwGO). Der Streitstoff bleibt trotz Klageänderung derselbe und durch die
Klageänderung wird die endgültige Beilegung des Streites gefördert (vgl.
Kopp/Schenke, VwGO, 15. A., 2007, § 91 Rn. 19).Die Anfechtungsklage ist zulässig,
insbesondere ist sie nicht verfristet. Nach heute wohl einhelliger Ansicht handelt es
sich bei einem Verkehrszeichen um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz
2 VwVfG (vgl. nur Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. A., 2003, Rn. 112). Die Bekanntgabe
erfolgt durch das Aufstellen des Verkehrszeichens, so dass mangels
Vorhandenseins einer Rechtsbehelfsbelehrung lediglich die Jahresfrist nach § 58
Abs. 2 VwGO zu beachten ist (vgl. Kopp/Ramsauer, a. a. O., Rn. 112b) mit der
Folge, dass vorliegend die Klagefrist jedenfalls gewahrt wurde.
Die Klage ist aber unbegründet, da weder das Aufstellen des Haltestellenschildes
vor der A-Straße noch das Aufstellen der Halteverbotsschilder in diesem Bereich
rechtswidrig erfolgte.
Rechtsgrundlage für das Aufstellen des Haltestellenzeichens ist zum einen § 45
Abs. 3 StVO und zum anderen § 32 Abs. 1 der Verordnung über den Betrieb von
Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BOKraft). Nach § 45 Abs. 3 StVO
bestimmen die Straßenverkehrsbehörden, wo und welche Verkehrszeichen und
Verkehrseinrichtungen anzubringen und zu entfernen sind. § 32 Abs. 1 BOKraft
besagt überdies, dass bei der Bestimmung über die Anbringung der
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besagt überdies, dass bei der Bestimmung über die Anbringung der
Haltestellenzeichen nach § 45 Abs. 3 StVO dem genehmigten Fahrplan
entsprechend den Erfordernissen des Betriebs und des Verkehrs Rechnung zu
tragen ist. Maßgeblich für die Aufstellung von Haltestellenzeichen sind hiernach die
Bedürfnisse des öffentlichen Personenverkehrs und die Sicherheit und Leichtigkeit
des allgemeinen Verkehrs (so HessVGH ESVGH 52, 236). Zu berücksichtigen sind
im Rahmen des der Straßenverkehrsbehörde zustehenden Ermessens aber auch
die Interessen der betroffenen Anlieger (so OVG Saarlouis NJW 2004, 2995).Da
Verkehrsschilder naturgemäß nicht mit einer Begründung versehen werden
können (vgl. im Übrigen für öffentlich bekannt gegebene Allgemeinverfügungen
generell § 39 Abs. 2 Nr. 5 HVwVfG), ist es den zuständigen Behörden auch
unbenommen, die für den Erlass des jeweiligen Verwaltungsaktes maßgeblichen
Erwägungen auch noch im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens darzulegen.
Angesichts dessen, dass Ermessensentscheidungen durch Verwaltungsgerichte
nur eingeschränkt überprüft werden können (vgl. § 114 VwGO), verbleiben den
Verwaltungsbehörden grundsätzlich Handlungsbereiche, innerhalb derer sie im
Falle der Kollision verschiedener Belange sich für die Bevorzugung des einen und
damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheiden dürfen (vgl. für
Fälle des Planungsrechts insoweit BVerwGE 48, 56).Vor diesem Hintergrund
erweist sich die Einrichtung der Bushaltestelle vor dem Grundstück A-Straße nicht
als rechtswidrig.
Dass die Beklagte Ermessenserwägungen angestellt hat und mithin nicht von
einem Ermessensnichtgebrauch gesprochen werden kann, ergibt sich aus den
Einlassungen der Beklagten im Verlaufe des vorliegenden Verfahrens und in dem
Verfahren 7 G 1354/06(1). Die Ausführungen der Beklagten lassen erkennen, dass
sie Belange der Sicherheit und Leichtigkeit des allgemeinen Verkehrs, Bedürfnisse
des öffentlichen Personenverkehrs und auch die unterschiedlichen Interessen der
Anlieger berücksichtigt hat. Es ist nicht ermessensfehlerhaft, wenn die
Antragsgegnerin eine Verlegung der Bushaltestelle vornimmt, um
Busbegegnungsverkehr, der in der Vergangenheit in der X-Straße aufgrund des
dortigen Straßenverlaufs zu Verkehrsbeeinträchtigungen geführt hat, zu
vermeiden. Ob die Begegnung von Bussen auch durch eine andere
Streckenführung vermieden werden könnte, kann hier offen bleiben, denn es ist
nichts dafür ersichtlich, dass eine andere Streckenführung insgesamt zu
geringeren Beeinträchtigungen führen und die "Erschließung" des betroffenen
Ortsteils mit öffentlichen Verkehrsmitteln in zumindest gleichem Maße
sicherstellen würde.Es ist auch nicht fehlerhaft, wenn die Beklagte im
Zusammenhang mit der Beeinträchtigung der Anlieger in der X-Straße im
Vergleich zur X-Straße ausführt, die Wohnbebauung in der X-Straße sei von der
Straße zurückgesetzt, während in der X-Straße die Häuser nahezu direkt an der
Verkehrsfläche grenzten. Im Übrigen ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die
Einrichtung eines Halteplatzes in der X-Straße die dortigen Anwohner in einem
geringeren Maße beeinträchtigen würde, als dies in der X-Straße der Fall ist. In
diesem Zusammenhang wird auch auf die entsprechenden Ausführungen des
Beschlusses des Gerichts vom 27.12.2006 im Eilverfahren (7 G 1354/06(1))
verwiesen.
Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte die Ansicht vertritt, eine
Bushaltestelle solle eher in einem Bereich, der bereits den Hauptverkehr
aufnehme, eingerichtet werden als in einer Nebenstraße, um so den Verkehr
stärker zu bündeln. Es ist nämlich nicht sachwidrig, wenn die
Straßenverkehrsbehörde Maßnahmen ergreift, um den Straßenverkehr auf
bestimmten Straßen zu konzentrieren.
Schließlich vermag das Gericht auch nicht zu erkennen, dass die Erwägung der
Beklagten, die Einrichtung einer Bushaltestelle in der X-Straße führe eher zu
Gefährdungen als in der X-Straße, falsch wäre. Die Beklagte und die Beigeladene
gehen davon aus, dass zahlreiche Fahrgäste den Bus benutzen, um zu Fuß zum
nahegelegenen Lebensmittelmarkt zu gelangen. Dem Gericht ist bekannt, dass
immer wieder Fahrgäste nach Verlassen eines Busses vor diesem die Straße
überqueren, was oftmals zu erheblichen Gefahren führt. In der X-Straße würden
solche Gefahren durch Fahrgäste, die zu dem Lebensmittelmarkt gehen wollen,
von vornherein nicht entstehen, da sie den jeweiligen Bus in rückwärtiger Richtung
verlassen müssen, um ihr Ziel zu erreichen. In der X-Straße wäre dies anders, da
der Lebensmittelmarkt in Fahrtrichtung der Busse liegt. Ob die Busse, die in der X-
Straße halten, in geringerem Umfang von Kunden des nahegelegenen
Supermarktes genutzt werden, als dies die Beklagte und die Beigeladene
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Supermarktes genutzt werden, als dies die Beklagte und die Beigeladene
annehmen, bedarf nicht der weiteren Vertiefung, denn es ist nicht
ermessensfehlerhaft, wenn bei der Entscheidung über die Einrichtung eines
Halteplatzes die Interessen potenzieller Kunden eines nahegelegenen
Einkaufsmarktes berücksichtigt werden.
Soweit die Klägerin vorträgt, der jetzige Standort der Haltestelle sei insbesondere
für Rollstuhlfahrer ungünstig, denn diese hätten es schwer, in die Busse zu
gelangen, bedarf auch dies nicht der weiteren Vertiefung. Die Klägerin kann
nämlich nur verlangen, dass die Beklagte die eigenen Belange der Klägerin
ausreichend im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung berücksichtigt.
Belange und Interessen Dritter kann die Klägerin aber nicht gegen die behördliche
Entscheidung ins Feld führen (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO und BVerwGE 48, 56; BVerwG
NVwZ 1983, 94). Dass andere motorisierte Verkehrsteilnehmer nur mit Mühe an
den in der X-Straße haltenden Bussen vorbeikämen, bedarf daher vor dem
vorstehend geschilderten rechtlichen Hintergrund ebenfalls nicht der Vertiefung.
Soweit die Klägerin behauptet, die Busse müssten den Bürgersteig überfahren, um
von der X-Straße in die X-Straße zu gelangen, hat der Ortstermin am 07.09.2007
gezeigt, dass dies nicht (mehr) der Fall ist, da durch die Anbringung von einer
Zick-Zack-Markierung (Zeichen 299) sichergestellt, dass im Einmündungsbereich
X-Straße/X-Straße keine Fahrzeuge mehr abgestellt werden dürfen, was den
Busverkehr negativ beeinflusst hatte.
Ob - wie die Klägerin behauptet - zunächst die Einrichtung einer Haltestelle in der
X-Straße geplant gewesen sei, bedarf hier nicht der Aufklärung, denn es ist einer
Verwaltungsbehörde nicht verwehrt, im Verlaufe eines Verwaltungsverfahrens, das
auf den Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtet ist, verschiedene
Entscheidungsmöglichkeiten zu erwägen und auch zu verwerfen. Angesichts der
seitens der Beklagten mitgeteilten Erwägungen (siehe die obigen Ausführungen)
kann auch nicht festgestellt werden, die Beklagte habe in Wahrheit gar keine
Ermessenserwägungen angestellt, sondern allein den Willen des Ortsbeirates von
X-Ort vollzogen. Den in diesem Zusammenhang gestellten Beweisantrag der
Klägerin hat das Gericht in der mündlichen Verhandlung abgelehnt, da die von der
Klägerin benannten Zeugen allenfalls hätten Mutmaßungen anstellen können,
dass die Beklagte bzw. die Beigeladene allein wegen entsprechendem
Abwehrverhalten der Bewohner der X-Straße von einem dortigen Halteplatz
abgesehen hätten.
Eine Aufhebung des Verkehrszeichens kommt auch nicht deshalb nicht in
Betracht, weil es nicht auf der Grundstücksgrenze zwischen den Grundstücken der
Klägerin und der X-Straße 2 aufgestellt worden ist. Aufgrund der glaubhaften
Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ist davon auszugehen, dass
ihr Grundstück nicht an das Grundstück X-Straße 2, sondern an das Grundstück X-
Straße 4 grenzt. Bei der entsprechenden schriftlichen Anordnung vom 22.09.2006
handelt es sich mithin insoweit um eine offenbare Unrichtigkeit, die einen
Verwaltungsakt nicht rechtswidrig werden lässt (vgl. § 42 HVwVfG). Da - wie oben
ausgeführt - durch das Aufstellen des Verkehrszeichens der maßgebliche
Verwaltungsakt wirksam geworden ist, ist aber auch ohnehin primär auf diesen
Umstand abzustellen. Das Verkehrsschild befindet sich im Bereich der
Grundstücke A-Straße und X-Straße 4, was - wie ebenfalls oben ausgeführt worden
ist - nicht zu beanstanden ist.
Soweit die Klägerin auch die Aufhebung der im Zusammenhang mit der
Einrichtung der Haltestelle aufgestellten Halteverbotsschilder begehrt, hat die
Anfechtungsklage ebenfalls keinen Erfolg. Diese Halteverbotsschilder sichern, dass
eine Benutzung der Haltestelle in der X-Straße durch Busse der Beigeladenen
auch tatsächlich vorgenommen werden kann. Sie genügen dementsprechend den
rechtlichen Vorgaben nach § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und Abs. 9 Satz 1 StVO.
Als unterliegende Beteiligte hat die Klägerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten
des Verfahrens zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat die
Klägerin nicht zu tragen, da dies nicht der Billigkeit entspräche (vgl. §§ 162 Abs. 3,
154 Abs. 3 VwGO).
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO
und § 167 VwGO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.
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