Urteil des VG Wiesbaden vom 28.01.2009

VG Wiesbaden: ausschluss, ausschreibung, rechtsschutz, anhörung, schule, erstellung, verfügung, amt, verzicht, anforderung

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Gericht:
VG Wiesbaden 8.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 L 682/08.WI
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 44a VwGO, § 81 Abs 3 S 3
PersVG HE
(Rechtliche Qualifizierung eines Vorab-Ausschlusses eines
Bewerbers um eine Beförderungsstelle; Anspruch des
Übergangenen auf Mitteilung des Auswahlergebnisses;
Anhörung des Personalrates vor Aufstellung eines
Anforderungsprofils)
Leitsatz
Der Vorabausschluss eines Bewerbers um eine Beförderungsstelle stellt eine
unselbständige Verfahrenshandlung nach § 44 a VwGO dar. Der ausgeschlossene
Bewerber hat einen Anspruch auf Mitteilung des endgültigen Auswahlergebnisses.
Keine Anhörung des Personalrates bei der Aufstellung eines konkreten
Anforderungsprofils.
Tenor
1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO
verpflichtet, dem Antragsteller eine Mitteilung über die endgültige
Auswahlentscheidung zukommen zu lassen und ihm eine Frist von 14 Tagen zur
Inanspruchnahme von vorläufigem Rechtsschutz zu gewähren bzw. den
Antragsteller über einen Abbruch des Auswahlverfahrens zu informieren. Im
Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben der Antragsteller zu 3/4 und der
Antragsgegner zu 1/4 zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen
Kosten selbst.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 € festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller wendet sich mit dem vorliegenden Eilantrag gegen die
Besetzung der Stelle eines Schulamtsdirektors als schulfachlichen
Aufsichtsbeamten für den E-Bereich im Staatlichen Schulamt für C (A 15 BBesG)
mit dem Beigeladenen.
Am 00.00.0000 wurde die streitbefangene Stelle auf der Homepage des
Hessischen Kultusministeriums ausgeschrieben. Hierbei war angegeben, das
spezifische Anforderungsprofil könne im Staatlichen Schulamt eingesehen werden.
Nach diesem Anforderungsprofil werden bei den Bewerbern schulische Praxis und
sonstige einschlägige berufliche Vorerfahrungen vorausgesetzt. Dies wird weiter
dahingehend konkretisiert, dass eine Abordnung in die Schulverwaltung auf der
Ebene eines Staatlichen Schulamtes vorausgesetzt werde.
Auf die Ausschreibung bewarben sich der Antragsteller und der Beigeladene.
Der Antragsteller ist Förderschulrektor einer sonstigen Förderschule mit mehr als
120 Schülern (A 15 BBesG) und Schulleiter der F-Schule in G. In der Zeit vom
00.00.0000 bis 00.00.0000 war er zum Hessischen Kultusministerium abgeordnet.
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Der Beigeladene ist Förderschulrektor einer Schule für Praktisch Bildbare mit mehr
als 60 bis zu 120 Schülern (A 14 BBesG mit Zulage) und Schulleiter der H-Schule
in G. Seit dem 00.00.0000 ist er mit wechselnden Wochenstundenzahlen an das
Staatliche Schulamt abgeordnet.
Mit Schreiben vom 09.06.2008 teilte das Hessische Kultusministerium dem
Antragsteller mit, er erfülle nicht das spezifische Anforderungsprofil für die zu
besetzende Stelle. Die Abordnung in die Schulverwaltung auf der Ebene eines
Staatlichen Schulamtes sei nicht nachgewiesen. Seine Bewerbung könne deshalb
nicht zum Auswahlverfahren zugelassen werden und man reiche ihm daher die
Bewerbungsunterlagen zurück.
Am 25.06.2008 hat der Antragsteller den vorliegenden Eilantrag gestellt. Mit
Schreiben vom gleichen Tage hat er Widerspruch eingelegt.
Da er eine Mitteilung über den Ausgang des Auswahlverfahrens nicht mehr
erhalten hätte, habe er keine andere Möglichkeit des Rechtsschutzes, als bereits
im jetzigen Stadium eine gerichtliche Überprüfung des Ausschlusses vom
Auswahlverfahren zu erreichen, bevor der Beigeladene ausgewählt werde und den
Dienstposten übertragen erhalte.
Der Antragsteller erfülle das Anforderungsmerkmal der "Abordnung in die
Schulverwaltung auf der Ebene eines Staatlichen Schulamtes " über, denn er sei
bereits zum Hessischen Kultusministerium abgeordnet gewesen. Der Einwand des
Antragsgegners, der Wortlaut des vorausgesetzten Kriteriums "Ebene eines
Staatlichen Schulamtes" lasse nicht zu, Bewerber mit Vorerfahrungen auf der
Ebene des Kultusministeriums zu berücksichtigen, sei sachwidrig und lasse
angesichts des überschaubaren Kreises der potentiellen Bewerber vermuten, dass
das streitgegenständliche Kriterium eigens dafür formuliert worden sei, um dem
Beigeladenen einen unzulässigen Bewerbungsvorteil zukommen zu lassen. Wie
sich aus den Erläuterungen zum Anforderungsprofil entnehmen lasse, seien unter
anderem auch Erfahrungen im Hessischen Kultusministerium geeignet, die
Qualifikation einer "schulischen Praxis und sonstigen einschlägigen beruflichen
Vorerfahrung" nachzuweisen. Bei der weiteren Konkretisierung dahingehend,
lediglich Bewerber, welche in der Vergangenheit bereits zum Staatlichen Schulamt
abgeordnet gewesen seien, für das Bewerbungsverfahren zuzulassen, handele es
sich mithin um ein sachwidriges Kriterium einzig mit dem Ziel, Bewerber mit
Abordnungserfahrungen auf der höheren Ebene des Hessischen
Kultusministeriums vom Verfahren auszuschließen. Dem Antragsgegner sei
bekannt, dass sich der Antragsteller bereits in der Vergangenheit auf die
streitbefangene Stelle beworben habe. Er habe damit rechnen müssen, dass sich
der Antragsteller erneut bewerben werde. Es möge nachvollziehbar sein, für die zu
besetzende Stelle auf einen Bewerberkreis zurückgreifen zu können, welcher
bereits über Schulleitungsebene hinaus durch Abordnung Einblick in die höhere
Schulverwaltung erhalten habe. Nicht sachlich zu rechtfertigen sei jedoch der
Ausschluss von Bewerbern mit Erfahrungen durch Abordnungen auf der höchsten
Schulverwaltungsebene zu Gunsten von Bewerbern mit Erfahrungen durch
Abordnung lediglich auf der Ebene des Staatlichen Schulamtes.
Es fehle an der Anhörung des Personalrates vor der Aufstellung des
Anforderungsprofils als Maßnahme der Personalbeschaffungsplanung vor
Durchführung des Stellenbesetzungsverfahrens nach § 81 Abs. 3 S. 3 HPVG. Die
Beteiligung des Personalrates in organisatorischen Angelegenheiten erfasse
nämlich gerade das Vorfeld solcher teilweise der Mitbestimmung unterworfener
personeller Einzelmaßnahmen, indem sie deren Vorbereitung ohne Rücksicht auf
konkrete Einzelpersonen und deren - spätere - Auswahl für eine personelle
Einzelmaßnahme gleichsam abstrakt gestalte und strukturiere. Der Personalrat
solle letztlich nicht weitgehend vor vollendete Tatsachen gestellt werden und
seinen sachlichen Einfluss auf die Personalplanung hierdurch verlieren.
Der Antragsteller beantragt,
dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO
aufzugeben, die Besetzung der Stelle einer Schulamtsdirektorin/eines
Schulamtsdirektors für den E-Bereich im Staatlichen Schulamt für C mit dem
Beigeladenen zu unterlassen und unter sachgerechter Einbeziehung der
Bewerbung des Antragstellers eine neuerliche Auswahlentscheidung zu treffen,
hilfsweise,
dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO
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dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO
aufzugeben, die Besetzung der Stelle einer Schulamtsdirektorin/eines
Schulamtsdirektors für den E-Bereich im Staatlichen Schulamt für C unter
Berücksichtigung und unter sachgerechter Einbeziehung der Bewerbung des
Antragstellers fortzuführen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Eine Auswahlentscheidung sei noch nicht getroffen worden. Der Antragsteller wäre
über die Auswahlentscheidung nicht mehr informiert worden. Dem Antragsteller
werde aber vom Zeitpunkt der Mitteilung des Ausschlusses vom weiteren
Auswahlverfahren an ausreichend Gelegenheit gegeben, gegen diesen Ausschluss
gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Es entspreche ständiger Rechtsprechung, dass einzelne Bewerber von vornherein
unter Beachtung von zwingenden Merkmalen des Anforderungsprofils vom
weiteren Auswahlverfahren ausgeschlossen werden könnten. Der Antrag auf Erlass
einer einstweiligen Anordnung könne folglich darauf gerichtet sein, in die engere
Wahl für die ausgeschriebene Stelle einbezogen zu werden. Der zu Recht
ausgeschlossene Bewerber könne sich nicht auf Ermessensfehler bei der Auswahl
des ausgewählten Bewerbers berufen.
Ein Anhörungsrecht des Personalrates bei der Erstellung eines Anforderungsprofils
bestehe nicht. Es handele sich nicht um einen Fall der "Personalplanung" im Sinne
von § 81 Abs. 3 S. 3 HPVG. Dies ergebe sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut
des § 81 Abs. 3 HPVG.
Laut Mitteilung des Staatlichen Schulamtes vom 07.02.2008 sei der Personalrat
bei der Aufstellung des Anforderungsprofils beteiligt worden.
Der Dienstherr habe bei der Aufstellung des Anforderungsprofils sein
Organisationsermessen fehlerfrei ausgeübt. Ein Anspruch auf eine möglichst
umfassende Offenhaltung des Bewerberfeldes durch einen allgemein gehaltenen
Zuschnitt des Anforderungsprofils bestehe nicht. Das Anforderungsprofil orientiere
sich in sachgerechter Weise an den Aufgaben des zu besetzenden Dienstpostens.
Die Position könne dadurch möglichst schnell und fachgerecht ausgefüllt werden.
Bei der "Abordnung in die Schulverwaltung auf der Ebene eines Staatlichen
Schulamtes" handele es sich um ein zwingendes Merkmal des Anforderungsprofils,
welches nicht durch andere Qualifikationen kompensiert werden könne. Der
Antragsteller verkenne die deutlich unterschiedlichen Aufgaben und Tätigkeiten im
Hessischen Kultusministerium und im Staatlichen Schulamt sowie die besondere
Nähe der Staatlichen Schulämter zu Schulen und der damit verbundenen
unmittelbaren Schulverwaltung.
Nach der Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes bestehe dann
Anlass zu einer gerichtlichen Kontrolle eines Anforderungsprofils, wenn dem
Dienstherrn der Kreis der potentiellen Bewerber bekannt ist, wie es regelmäßig bei
hausinternen Ausschreibungen der Fall ist, und das Anforderungsprofil einen
starken Detaillierungsgrad aufweise. Vorliegend sei die Ausschreibung aber auf der
Homepage des Ministeriums und damit öffentlich erfolgt. Das Merkmal
"Abordnung in die Schulverwaltung auf der Ebene eines Staatlichen Schulamtes"
werde von einer Vielzahl von Lehrkräften im hessischen Schuldienst erfüllt, so dass
durchaus ein beachtlicher Bewerberkreis angesprochen werde und somit kein
starker Detaillierungsgrad vorliege. Im Übrigen orientiere sich das Merkmal immer
noch in sachgerechter Weise an der zu besetzenden Stelle.
Gegenstand des Verfahrens waren die Gerichtsakte und die vorgelegten
Behördenakten (drei Bände Personalakten des Antragstellers, ein Band
Personalakten des Beigeladenen, ein Heft Bewerbung des Beigeladenen, ein Heft
Auswahlverfahren).
II. Der Antrag ist nur in dem stattgebenden Umfang zulässig.
Eine endgültige Auswahlentscheidung und -mitteilung, gegen die einstweiliger
Rechtsschutz in Anspruch genommen werden könnte, liegt noch nicht vor.
Zwar ist anerkannt, dass der Dienstherr Bewerber, die zwingende
Beförderungsvoraussetzungen - wie hier die Erfüllung eines zwingenden
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Beförderungsvoraussetzungen - wie hier die Erfüllung eines zwingenden
Anforderungsmerkmals - nicht erfüllen, vorab aus dem weiteren Auswahlverfahren
ausschließen kann (so schon Hess. VGH, Beschluss vom 23.08.1994 - 1 TG
1749/94 -, ZBR 95, 107). Hierbei handelt es sich aber eine unselbständige
Verfahrenshandlung im Sinne von § 44a Satz 1 VwGO, der eine eigenständige
Zulässigkeitsvoraussetzung darstellt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 44a RdNr. 1),
gegen die Rechtsbehelfe nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung
zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können (vgl. hierzu VG
Wiesbaden, Beschluss vom 24.01.2000, - 8 G 175/00 -). Denn solange eine
Auswahlentscheidung nicht getroffen ist, ist eine endgültige Regelung über den
Bewerbungsverfahrensanspruch eines Antragstellers nicht erfolgt. Ob dieser
Anspruch verletzt ist, kann erst entschieden werden, wenn der Dienstherr einen
anderen Bewerber endgültig ausgewählt hat oder das Verfahren abgebrochen hat
(Eine derartige Fallgestaltung lag dem von dem Antragsgegner herangezogenen
Beschluss des VG Wiesbaden vom 19.01.2006 - 8 G 1055/05 - zu Grunde). Einer
etwaigen Vorauswahl kommt lediglich interne Bedeutung zu. Der
Bewerbungsverfahrensanspruch umfasst den Anspruch des Antragstellers auf
fehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung. Dieser Anspruch ist z.B. auch
dann verletzt, wenn zwar der Antragsteller wegen des Nichterfüllens eines
zwingenden Anforderungsmerkmals ausgeschlossen worden ist, ein anderer
Bewerber aber, der ebenfalls zwingende Merkmale des Anforderungsprofils nicht
erfüllt, ausgewählt würde. Denn erfüllen etwa alle Bewerber nicht die zwingenden
Anforderungsmerkmale, so wären ein Abbruch des Verfahrens und eine
Neuausschreibung erforderlich, der gegebenenfalls ein anderes Anforderungsprofil
zugrunde gelegt würde, das auch der Antragsteller erfüllt. Andererseits wäre der
Antragsteller in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch nicht verletzt, wenn er
zwar rechtswidrig aus dem Bewerberkreis ausgeschlossen würde, der Dienstherr
sodann aber das Auswahlverfahren aus sachlichen Gründen abbricht.
Dennoch ist es zulässig, die Rechte des Antragstellers - wie geschehen - zu
sichern. Denn zwar kann der Dienstherr einen Antragsteller informell über seinen
vorzeitigen Ausschluss aus dem Bewerberkreis informieren, der endgültige und der
rechtlichen Überprüfung unterliegende Bescheid ist aber die Mitteilung über die
Auswahl eines anderen Bewerbers. Diese Mitteilung hat auch an einen vorab
ausgeschlossenen Bewerber zu erfolgen, dem sodann Gelegenheit zur
Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes zu geben ist. Eine solche Mitteilung
an den Antragsteller sollte vorliegend aber nicht mehr erfolgen. Der
Antragsgegner hat unter dem 21.07.2008 gegenüber dem Gericht klargestellt,
dass er in seinem Schreiben vom 09.06.2008 die endgültige Entscheidung
gegenüber dem Antragsteller sieht, gegen die der Antragsteller Rechtsschutz in
Anspruch nehmen kann. In einem solchen Fall kann zwar weder Rechtsschutz
gegen die Mitteilung über den Ausschluss vom weiteren Verfahren begehrt werden
noch besteht ein Anspruch auf Unterlassung der Stellenbesetzung vor einer neuen
Auswahlentscheidung, sicherungsfähig ist aber der Anspruch auf Mitteilung des
endgültigen Auswahlergebnisses.
Der Antrag ist in dem tenorierten Umfang auch begründet. Eine Bindung des
Gerichts an die beantragte Tenorierung besteht dabei nicht (vgl. Kopp/Schenke,
VwGO, § 123 RdNr. 28). Um den oben beschriebenen Anspruch des Antragstellers
wirksam zu sichern, muss der Antragsgegner verpflichtet werden, dem
Antragsteller eine endgültige Auswahlmitteilung zukommen zu lassen. Zwar muss
der ausgewählte Bewerber vor der endgültigen Übertragung des Amtes zunächst
die vorgeschriebene Probezeit erfolgreich absolvieren. Bereits hierbei erwächst
ihm aber ein Bewährungsvorsprung auf dem konkreten Dienstposten und es
ergeht vor der endgültigen Ernennung keine weitere Auswahlentscheidung und -
mitteilung mehr.
Dagegen ist der Antrag unzulässig soweit der Antragsteller - wie mit dem
Hauptantrag - einen Anspruch auf Unterlassung der Stellenbesetzung vor einer
neuen Auswahlentscheidung unter Einbeziehung der Bewerbung des Antragstellers
geltend macht. Eine endgültige Auswahlentscheidung, gegen die entsprechender
Rechtsschutz begehrt werden könnte, liegt gerade noch nicht vor. Auch der
Hilfsantrag auf Einbeziehung in das weitere Auswahlverfahren ist unzulässig, da
der Ausschluss vom weiteren Verfahren eine unselbständige Verfahrenshandlung
nach § 44 a VwGO darstellt. Hier genügt es vielmehr, dass dem Antragsteller nach
Mitteilung des endgültigen Auswahlergebnisses Gelegenheit zur Inanspruchnahme
von einstweiligem Rechtsschutz gegeben wird.
Rein vorsorglich weist die Kammer auf Folgendes hin:
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Der Ausschluss des Antragstellers vom weiteren Auswahlverfahren durch den
Antragsgegner wegen der Nichterfüllung eines zwingenden Merkmals des
Anforderungsprofils dürfte rechtlich nicht zu beanstanden sein.
Das Anforderungsprofil wurde formell korrekt aufgestellt.
Eine Anhörung des Personalrates bei der Aufstellung des Anforderungsprofils war
nicht erforderlich. Die Kammer schließt sich insoweit der Rechtsprechung des
Hessischen Verwaltungsgerichtshofs an, der hierzu in seinem Beschluss vom
21.11.2007 - 1 TG 1824/07 - Folgendes ausgeführt hat:
"Das Ausschreibungsverfahren leidet auch nicht deshalb an einem Mangel, weil der
Personalrat der Abendhaupt- und Abendrealschule bei der Aufstellung des
Anforderungsprofils nicht angehört worden ist. Zwar hat das Verwaltungsgericht
eine derartige Anhörung nach § 81 Abs. 3 Satz 3 HPVG bezüglich der Aufstellung
des Anforderungsprofils und der Ausschreibung für notwendig erachtet, weil es die
Aufstellung des Anforderungsprofils als eine Maßnahme der Personalplanung im
Sinne von § 81 Abs. 3 HPVG einstuft. Dies überdehnt jedoch den
Anwendungsbereich von § 81 Abs. 3 HPVG und wird einer sinn- und
zweckgerichteten Auslegung des Begriffs der Personalplanung in dieser Vorschrift
nicht gerecht.
Das ergibt sich zum einen bereits daraus, dass der Begriff Personalplanung schon
nach seinem Wortsinn eher eine übergreifende, dienststellenbezogene und nicht
eine einzelfallbezogene Personalmaßnahme meint. Außerdem deutet der
Begriffsbestandteil "Planung" darauf hin, dass es sich um eine in die Zukunft
weisende Prognose handelt, wie viele und welche Beschäftigten eine Dienststelle
voraussichtlich benötigen wird, nicht aber um den schlichten Akt der
Wiederbesetzung einer freigewordenen und der Dienststelle aktuell zur Verfügung
stehenden Planstelle. So hat das Bundesverwaltungsgericht in einer Entscheidung
vom 2. März 1983 (- 6 P 12/80 -) zum rheinland-pfälzischen
Personalvertretungsgesetz, das in § 82 Abs. 2 Satz 3 ebenfalls eine Anhörung des
Personalrats bei der Personalplanung vorschreibt, ein Anhörungsrecht bei der
Angabe des Lehrerbedarfs anlässlich der Ausschreibung von Stellen verneint und
ausgeführt, dass Personalplanung wie jede Planung eine Prognose darstellt, die
unter Berücksichtigung aller maßgebenden Faktoren mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit den Bedarf an Personal für einen bestimmten Zeitraum zu
ermitteln versucht und sich nicht darauf beschränkt, diesen Bedarf an Personal für
eine bereits anstehende Bedarfsbewilligung anzumelden. Bei Personalplanung wird
vorausschauend der Personalbedarf der nahen Zukunft ermittelt. Auch ist die
Personalplanung dadurch gekennzeichnet, dass sie sich nicht auf eine konkrete zu
einem bestimmten Zeitpunkt zu erfolgende Bereitstellung von Stellen bezieht,
sondern die Veränderung des Personalbedarfs für künftige Entscheidungen über
Stellenvermehrungen oder Einsparungen möglichst zuverlässig vorzubereiten
versucht.
Ähnlich hat sich der Hessische Verwaltungsgerichtshof - Fachsenat für
Personalvertretungssachen (Land) - in seinem Beschluss vom 15. November 1989
(- HPV TL 2244/87 -) geäußert, indem er unter Hinweis auf die Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts Personalplanung als eine Prognose definiert, die
versuche, den Personalbedarf für einen bestimmten Zeitraum zu ermitteln.
Demgemäß erfülle die Verwendung freier Haushaltsmittel, die durch das
vorübergehende Nichtbesetzen von Planstellen zur Verfügung stehen, nicht das
Tatbestandsmerkmal der Personalplanung. Das spricht dafür, auch die Erstellung
eines Anforderungsprofils oder die Ausschreibung einer zur Verfügung stehenden
Planstelle nicht als Maßnahme der Personalplanung einzustufen und ein
Beteiligungsrecht des Personalrats zu verneinen (so auch im Ergebnis - allerdings
nicht unter dem Gesichtspunkt der Personalplanung - Hess. VGH, Beschluss vom
29. August 1990 - HPV TL 1928/88 - NVwZ-RR 1991, 572). Dem steht nicht
entgegen, dass der Fachsenat für Personalvertretungssachen (Land) in dem
Verzicht auf eine Stellenbesetzung und dem Antrag auf stattdessen zu
gewährende Geldmittel eine Maßnahme der Personalplanung gesehen hat (Hess.
VGH, Beschluss vom 5. Dezember 1996 - 22 TL 1592/96 -), denn mit dem Verzicht
auf die Stelle einher ging eine Prognoseentscheidung dergestalt, dass der Bedarf
der Schule für das bevorstehende Schuljahr mit dem vorhandenen Personal
gedeckt werden kann und ansonsten für die Schule zusätzliche Geldmittel
nützlicher sind, und dies mag man als "Personalplanung" ansehen können.
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Angesichts der Verknüpfung des Anhörungsrechtes bei der Personalplanung aus §
81 Abs. 3 Satz 3 HPVG mit dem Anhörungsrecht bei Stellenanforderungen zum
Haushaltsplan in § 81 Abs. 3 Satz 1 HPVG erweist sich eine prognose-orientierte
Auslegung zudem als noch zwingender. Denn die Personalplanung soll nur
entsprechend der Anmeldung von Stellenanforderungen zum Haushaltsplan dem
Anhörungsrecht des Personalrats unterliegen, was deutlich dafür spricht, dass es
sich wie bei der Bedarfsanmeldung um eine zukunftsorientierte, den künftigen
Personalbedarf definierende Maßnahme handeln muss, nicht aber um die
Ausschreibung oder die konkrete Formulierung des Anforderungsprofils für eine
einzelne Stelle, die - wie hier - im Haushaltsplan längst vorgesehen ist und als
Schulleiterstelle auch nicht längerfristig unbesetzt bleiben kann. Wie der Senat
bereits in der Entscheidung vom 31. Oktober 2006 (- 1 TG 1553/06 -) angedeutet
hat, gehören zur Personalplanung im Sinne von § 81 Abs. 3 Satz 3 HPVG deshalb
nur allgemeine Planungsmaßnahmen im Bereich der Personalbedarfsfeststellung,
Personalbeschaffung, Personalentwicklung und des Personaleinsatzes. Hiervon zu
unterscheiden ist die Erstellung eines konkreten dienstpostenspezifischen
Anforderungsprofils, die Teil eines Auswahlverfahrens zur Besetzung einer
bestimmten freien Stelle ist. Auf die Erstellung dieses Anforderungsprofils im
Rahmen des Auswahlverfahrens ist § 81 Abs. 3 Satz 3 HPVG nicht anzuwenden,
zumal der Personalrat in Fällen wie dem vorliegenden - Bestellung eines
Schulleiters gemäß § 79 Ziffer 1 lit. c HPVG auch kein Mitbestimmungsrecht bei
der Stellenbesetzung nach § 77 Abs. 1 lit. 1b oder 1c hätte. Eine zu weitgehende
Auslegung des Begriffs Personalplanung in § 81 Abs. 3 Satz 3 HPVG würde deshalb
dazu führen, dass der Personalrat bezüglich des Anforderungsprofils oder der
Ausschreibung ein Anhörungsrecht bekäme, während er ansonsten auf die
konkrete Personalentscheidung bei leitenden Beamten keinen Einfluss nehmen
kann."
Das monierte Merkmal des Anforderungsprofils ist nicht zu beanstanden. Die
Bestimmung der einzelnen Merkmale des dienstpostenbezogenen
Anforderungsprofils, mit dem die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen
der Eignung für das konkret-funktionelle Amt näher umschrieben werden, wird von
der Organisationsfreiheit des Dienstherrn umfasst. Sie kann gerichtlich nur
daraufhin überprüft werden, ob sich das Anforderungsprofil in sachgerechter Weise
an den Aufgaben des zu besetzenden Dienstpostens orientiert (vgl. hierzu Hess.
VGH, Beschluss vom 20.09.1994,
-1 TG 1261/94 -). Dies ist hier der Fall.
Die Forderung des Nachweises einer Abordnung an andere Behörden auf anderen
Stufen findet sich regelmäßig bei der Vergabe von Führungsaufgaben. Das
vorliegend eine Abordnung in den Bereich der angestrebten Tätigkeit gefordert
wird, ist sachdienlich. Es ermöglicht eine ungemein präzisere Prognose der
Eignung und Befähigung der Bewerber für das angestrebte Amt.
Es bestehen im Ergebnis auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das
Anforderungsprofil insoweit auf den Beigeladenen in der Weise zugeschnitten
worden wäre, dass Mitbewerber in unzulässiger, sachwidriger Weise von vornherein
ausgeschlossen wären (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 20.09.1994, - 1 TG
1261/94 -). Zwar ist mit dem Antragsteller davon auszugehen, dass dem
Antragsgegner bewusst gewesen sein dürfte, dass sich der Antragsteller und der
Beigeladene bewerben würden. Da die Stelle aber offen auf der Homepage des
Hessischen Kultusministeriums ausgeschrieben wurde, stand die Bewerbung einer
Vielzahl weiterer Bediensteter offen.
Es handelt sich weiterhin sicherlich um eine recht eng geschnittene Anforderung,
vor allem, da sie zwingend vorausgesetzt wird. Die im Bericht der Leiterin des
Staatlichen Schulamtes vom 31.03.2008 als Begründung für "diese Pointierung im
Anforderungsprofil" angegeben Erfahrungen mit der Amtsvorgängerin zeigen aber,
dass es sich vorliegend nicht um eine zielgerichtete Auswahl des Beigeladenen
und Verhinderung des Antragstellers handelt, sondern dass andere - als
sachdienlich anzuerkennende - Motive maßgeblich waren.
Der Antragsteller durfte ausgeschlossen werden, da er dieses zwingende Merkmal
nicht erfüllt. Eine Abordnung an das Hessische Kultusministerium erfüllt schon vom
eindeutigen Wortlaut her nicht die Anforderung einer Abordnung in die
Schulverwaltung auf der Ebene eines Staatlichen Schulamtes. Sie stellt auch keine
"Übererfüllung" des geforderten Merkmals dar. Vielmehr handelt es sich um zwei
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"Übererfüllung" des geforderten Merkmals dar. Vielmehr handelt es sich um zwei
nicht vergleichbare Arten von Abordnungen, bei denen andersartige Aufgaben zu
erfüllen sind. Dies hat der Antragsgegner zutreffend dargelegt.
Es kann offen bleiben, durch wen der Ausschluss vom weiteren Verfahren erfolgen
muss (vgl. zur Frage der Delegation Hess. VGH, Beschluss vom 23.08.1994, aaO),
denn jedenfalls hat der Staatssekretär dem Ausschluss des Antragstellers unter
dem 05.06.2008 zugestimmt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen
Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig. Da er keinen Antrag gestellt
und damit kein Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es
nicht der Billigkeit, seine außergerichtlichen Kosten dem unterliegenden Beteiligten
oder der Staatskasse aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs.
2 GKG, denn der Antragsteller ist bereits in einem Amt nach § 15 BBesG, so dass
es ihm nur um die Freihaltung eines Dienstpostens geht. Im Hinblick auf den
vorläufigen Charakter des Eilverfahrens hat die Kammer den halben
Auffangstreitwert angesetzt.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.