Urteil des VG Wiesbaden vom 04.04.2008

VG Wiesbaden: allgemeines verwaltungsrecht, dringender fall, unternehmen, gerichtsakte, ermessen, maurer, verkehrsmittel, rechtsbeistand, arbeitsstelle, fahrzeug

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Gericht:
VG Wiesbaden 7.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 E 988/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
Art 3 Abs 1 GG, § 46 StVO
Ausnahmegenehmigung für Bewohnerparkzone
Leitsatz
Orientiert sich die Straßenverkehrsbehörde im Falle der Erteilung von
Ausnahmegenehmigungen grundsätzlich an der Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO, so
gibt es im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf Erteilung einer
Ausnahmegenehmigung falls in Einzelfällen ohne ausreichende Gründe eine
Ausnahmegenehmigung erteilt wurde.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die
Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden
Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist als Rechtsbeistand in Wiesbaden in der A-Straße tätig. Die ...
befindet sich im Bewohnerparkgebiet Nr. X ("..."). Am 03.07.2007 stellte der Kläger
bei der Beklagten einen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach §
46 Abs. 1 StVO für seine Mitarbeiterin. Zur Begründung führte der Kläger aus,
seine Mitarbeiterin müsse regelmäßig Fahrten zu Mandanten beziehungsweise
zum Notar oder zum Gericht unternehmen, bei denen sie Akten abholen oder
hinbringen müsse. Des Weiteren müsse sie auch Akten oder Ordner zum
Finanzamt oder zu Mandanten bringen. Eine Nutzung der öffentlichen
Verkehrsmittel wäre der Mitarbeiterin weder zeitlich möglich noch aufgrund der
Traglast zumutbar. Darüber hinaus sei die Mitarbeiterin auf die Benutzung des
Pkws für die Fahrt von ihrem Wohnort (...) zur Arbeitsstelle dringend angewiesen,
da es keinerlei direkte Zug- oder Busverbindung gebe. Nach vorangegangener
Anhörung versagte die Beklagte mit Bescheid 27.07.2007 die begehrte
Ausnahmegenehmigung und setzte gleichzeitig gegenüber dem Kläger eine
Gebühr in Höhe von 17,25 € fest. Zur Begründung führte die Beklagte u. a. aus,
eine Ausnahme nach § 46 StVO komme nur in besonders dringenden Fällen in
Betracht. Solche Voraussetzungen lägen nicht vor. Aufgrund der vorhandenen
Beschilderung könne die Mitarbeiterin des Klägers ohne weiteres auch in der Zeit,
in der das Parken grundsätzlich nur den Bewohnern vorbehalten sei, zwei Stunden
das Fahrzeug abstellen. Vor diesem Hintergrund sei es zumutbar, den
Betriebsablauf an die vorhandenen Verkehrsverhältnisse anzupassen. Überdies
befänden sich im Umfeld der Kanzlei des Klägers private Stellplätze, die
angemietet werden könnten.
Der Kläger hat am 20.08. 2007 Klage vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden
erhoben.
Der Kläger behauptet, die Beklagte habe in vergleichbaren Fällen wiederholt
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Der Kläger behauptet, die Beklagte habe in vergleichbaren Fällen wiederholt
Ausnahmegenehmigungen erteilt. Hieran müsse sie sich festhalten lassen. Im
Übrigen habe der Kläger am Osterwochenende festgestellt, dass in zahlreichen
Fahrzeugen im unmittelbaren Bereich der A-Straße Ausnahmegenehmigungen
festzustellen gewesen seien. Wegen weiterer Einzelheiten des klägerischen
Vorbringens wird auf dessen Schriftsätze vom 23.01.2008 und 01.04.2008
verwiesen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 27.07.2007 zu
verpflichten, dem Kläger für das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ...
eine Ausnahmegenehmigung von der Einhaltung des eingeschränkten
Halteverbots (Zeichen 290) in dem Bewohnerparkgebiet Nr. X in Wiesbaden zu
erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Durch Gerichtsbescheid vom 29.01.2008 hat das Verwaltungsgericht die Klage
abgewiesen. Hierauf hat der Kläger die Durchführung der mündlichen Verhandlung
beantragt.
Dem Gericht haben in der mündlichen Verhandlung die Gerichtsakte und die
Behördenakte vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet, da die Ablehnung der
begehrten Ausnahmegenehmigung nicht rechtswidrig ist. Das Gericht verweist
zunächst auf die entsprechenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des
Gerichtbescheids vom 29.01.2008 (vgl. § 84 Abs. 4 VwGO).Soweit der Kläger im
Hinblick auf andere Ausnahmegenehmigungen darauf abstellt, die Beklagte sei vor
dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet, dem Kläger ebenfalls eine
entsprechende Ausnahmegenehmigung zu erteilen, führt auch dies nicht zur
Begründetheit des Verpflichtungsbegehrens. Zum einen ist schon nicht dargelegt,
dass diesen Ausnahmegenehmigungen ein Sachverhalt zugrunde liegt, der dem
des Klägers entspricht. Soweit der Kläger auf Ausnahmegenehmigungen der ...
GmbH verweist, hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung zu Recht darauf
verwiesen, dass dieses Unternehmen nicht in der Bewohnerparkzone X ansässig
ist und deshalb auch keine Ausnahmegenehmigung für diese Bewohnerparkzone
hat. Dies wird auch bestätigt durch die vom Kläger vorgelegte
Ausnahmegenehmigung vom 23.10.2006 (Bl. 50 der Gerichtsakte), die sich auf die
Bewohnerparkzone X bezieht. Zum anderen hat die Beklagte in ihrem Bescheid
darauf verwiesen, dass die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs.
1 StVO, die grundsätzlich im Ermessen der Straßenverkehrsbehörde steht, nur in
besonders dringenden Fällen gerechtfertigt sei. Dies entspricht auch den
Vorgaben der Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO (Rn. 1), so dass davon
auszugehen ist, dass die Beklagte ihre Ermessenserwägungen an dieser
Verwaltungsvorschrift ausrichtet. Diese bindet somit das Ermessen der
Straßenverkehrsbehörde (vgl. VGH München, Beschluss vom 25.09.2007 - 11 ZB
06.279 - zitiert nach Juris; allgemein zur Bindung von Verwaltungsvorschriften:
Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 16. A., 2006, § 24 Rn. 31). Dass im Fall des
Klägers kein besonders dringender Fall im Sinne der Verwaltungsvorschrift
gegeben ist, ist bereits im Gerichtsbescheid vom 29.01.2008 dargelegt worden.
Selbst wenn die Beklagte in einzelnen Fällen ohne ausreichende Gründe eine
Ausnahmegenehmigung erteilt haben sollte, wofür es aber bereits an einem
hinreichenden substantiierten Vortrag des Klägers fehlt, so könnte der Kläger im
Hinblick auf Art 3 Abs. 1 GG daraus nichts zu seinen Ungunsten ableiten, denn es
gibt keinen Anspruch darauf, dass ein rechtswidriges Verhalten wiederholt wird.
Im Fall des Klägers sind auch keine Umstände gegeben, die es gebieten könnten,
ausnahmsweise von der Anwendung der Verwaltungsvorschrift abzusehen (vgl. in
diesem Zusammenhang Maurer, a. a. O., § 24 Rn. 23).
Dass das Anfechtungsbegehren hinsichtlich der im Bescheid vom 17.07.2007
enthaltenen Kostenfestsetzung keinen Erfolg haben kann, wurde ebenfalls bereits
im Gerichtsbescheid vom 29.01.2008 ausgeführt (vgl. § 84 Abs. 4 VwGO).
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Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711
ZPO in Verbindung mit § 167 VwGO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.