Urteil des VG Stuttgart vom 13.12.2012

VG Stuttgart: bebauungsplan, bekanntmachung, vorprüfung, bad, gemeinderat, grundstück, anschrift, hindernis, rüge, anwohner

VGH Baden-Württemberg Urteil vom 13.12.2012, 3 S 261/10
Leitsätze
1. In der Auslegungsbekanntmachung kann nicht der Hinweis auf die umweltbezogenen
Informationen in Stellungnahmen unterbleiben, die die Gemeinde als wesentlich ansieht und
deswegen mit dem Bebauungsplanentwurf auslegen wird.
2. Zu Antrag und Prüfungsreihenfolge bei zwei aufeinanderfolgenden ergänzenden Verfahren.
Tenor
Der Bebauungsplan "Friedhofstraße-Bergstraße-Lackendorfer Weg“ der Gemeinde Eschbronn in
den Fassungen vom 20. Oktober 2009, vom 5. Juli 2011 und vom 27. November 2012 wird für
unwirksam erklärt.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1 Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan „Friedhofstraße-Bergstraße-
Lackendorfer Weg“ der Antragsgegnerin.
2 Sie ist Eigentümerin des Grundstücks Flurstück-Nr. ... auf der Gemarkung ... der
Antragsgegnerin. Dieses Grundstück ist in seinem westlichen Bereich mit Gebäuden des
Feinmechanikbetriebs des Ehemanns der Antragstellerin bebaut, im Übrigen unbebaut.
Das Grundstück liegt in einem „Dreieck“ auf der Gemarkung der Antragsgegnerin, das im
Wesentlichen durch die im Nordwesten verlaufende Straße ..., die im Nordosten
verlaufende Straße ...... (unter Einbeziehung der bebauten Grundstücke an dessen
Ostseite) und die im Südwesten verlaufende Friedhofstraße (ebenfalls unter Einbeziehung
der bebauten Grundstücke an deren Außenseite) gebildet wird. Für diesen rund 4,85 ha
großen Bereich besteht bislang kein Bebauungsplan. Dort befinden sich neben dem
Betrieb des Ehemanns der Antragstellerin ein weiterer Betrieb (Lager einer Zimmerei) und
eine Gaststätte, im Übrigen nur Wohnbebauung und einige unbebaute Flächen. Der
Flächennutzungsplan des Verwaltungsraums Dunningen aus dem Jahr 2009 stellt diesen
Bereich als Gewerbefläche, Mischbebauung und Wohnbaufläche dar. Die Friedhofstraße
wird von einer Allee mit 38 Rosskastanien gesäumt und befindet sich in einem
mangelhaften Zustand.
3 Im Jahr 2001 hatte der Gemeinderat der Antragsgegnerin für das dortige Gebiet die
Aufstellung des Bebauungsplans „Zwischen Friedhofstraße, Bergstraße und Lackendorfer
Weg“ beschlossen. In seiner Sitzung vom 17.04.2007 beschloss er, das Verfahren dieses
Bebauungsplans „aus Gründen der Rechtssicherheit“ abzubrechen. Zugleich wurde die
Aufstellung des streitgegenständlichen Bebauungsplans beschlossen. Der dazugehörige
Entwurf in seiner Fassung vom 17.04.2007 sah die Ausweisung eines Mischgebiets in
einem rund 50 m breiten Streifen östlich der Straße ... vor, im Übrigen die Ausweisung
eines allgemeinen Wohngebiets. Weiter fanden sich Festsetzungen zum Maß der
baulichen Nutzung, der Bauweise sowie zur Lage von Verkehrsflächen. Zudem waren
örtliche Bauvorschriften vorgesehen. Als Ziel der Planung benannte die Antragsgegnerin
folgende Schwerpunkte:
4
- Festsetzung von Art und Maß der baulichen Nutzung für bisher noch nicht bebaute
Flächen,
- Sicherung der Erschließung von bisher noch nicht überbauten Bereichen,
- Sicherung der Verträglichkeit unterschiedlicher Nutzungen,
- Erfüllung der Vorgaben für einen sparsamen Umgang mit Grund und Boden
innerörtlicher Freiflächen,
- Herstellung von Anlagen zur sicheren und leichten Erschließung sowie
leistungsfähigen Ver- und Entsorgung.
5 Im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung im Mai 2007 forderte die Antragstellerin, die
Mischgebietsfestsetzung auf ihr gesamtes Grundstück zu erstrecken, damit der Betrieb
ihres Ehemanns Erweiterungsmöglichkeiten habe. Dem kam die Antragsgegnerin nach.
Grundlage für die vom 02.07.2007 bis 06.08.2007 stattfindende öffentliche Auslegung war
die Planfassung vom 19.06.2007, die die Festsetzung des Mischgebiets auf die gesamte
Fläche des Grundstücks der Antragstellerin erstreckte.
6 Mit Anwaltsschriftsatz vom 03.08.2007 erhob die Antragstellerin umfangreiche
Einwendungen. Zudem ging eine Vielzahl von Einwendungen anderer Anwohner ein. Auf
Grund dessen billigte der Gemeinderat der Antragsgegnerin am 12.03.2008 eine
geänderte Fassung des Entwurfs des Plans, die unter anderem die Festsetzung eines
eingeschränkten Gewerbegebiets auf der Fläche um die Betriebsgebäude auf dem
Gelände der Antragstellerin vorsah. Im Rahmen der deswegen erforderlichen erneuten
öffentlichen Auslegung vom 25.03.2008 bis 25.04.2008 brachte die Antragstellerin mit
Anwaltsschriftsatz am 24.04.2008 erneut Einwendungen vor.
7 Der Satzungsbeschluss des Bebauungsplans und der örtlichen Bauvorschriften erfolgte
durch den Gemeinderat der Antragsgegnerin unter Auseinandersetzung mit den
vorgebrachten Einwendungen am 20.10.2009, die Bekanntmachung am 05.02.2010.
8 Bereits am 10.02.2010 hat die Antragstellerin das Normenkontrollverfahren eingeleitet.
Kurz zuvor hatte sie mit anderen Anwohnern eine Petition an den Landtag von Baden-
Württemberg gerichtet.
9 Mit Schreiben vom 08.02.2010 zeigte die Antragsgegnerin dem Landratsamt Rottweil den
Bebauungsplan an. Das Landratsamt erwiderte mit Schreiben vom 16.04.2010, da nach
der zweiten öffentlichen Auslegung nochmals eine inhaltliche Ergänzung vorgenommen
worden sei, nämlich die Einfügung eines Pflanzgebots in Nr. 2.12.4 der textlichen
Festsetzungen, sei nach § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB eine nochmalige öffentliche
Auslegung erforderlich. Diese müsse in einem ergänzenden Verfahren nachgeholt
werden.
10 Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss daraufhin in seiner Sitzung vom
08.02.2011 die Durchführung des ergänzenden Verfahrens und in diesem
Zusammenhang auch weitere Änderungen des Planentwurfs wie die Ergänzung einer
maximalen Gebäudehöhe, Ergänzungen bei den Festsetzungen zu Gerätehäusern und
Zäunen sowie Ergänzungen redaktioneller Art. In der Bekanntmachung der vom
28.02.2011 bis 31.03.2011 stattfindenden erneuten öffentlichen Auslegung wurde darauf
hingewiesen, Stellungnahmen könnten nur zu den geänderten Teilen abgegeben werden.
Die Antragstellerin verwies in einem Schriftsatz vom 24.03.2011 auf ihre bisherigen
Einwendungen.
11 Der Satzungsbeschluss des Bebauungsplans und der örtlichen Bauvorschriften erfolgte
durch den Gemeinderat der Antragsgegnerin am 05.07.2011, die Bekanntmachung am
05.08.2011.
12 Nach einer Empfehlung des Petitionsausschusses vom 24.05.2012 (vgl. LT-Drs. 15/1677),
mögliche Beeinträchtigungen der Allee eingehender zu prüfen, beschloss der
Gemeinderat der Antragsgegnerin in seiner Sitzung vom 25.09.2012, ein weiteres
(zweites) ergänzendes Verfahren durchzuführen. Gegenstand war die Planfassung vom
25.09.2012. Sie ist im Gegensatz zu den Vorgängerfassungen dadurch gekennzeichnet,
dass die zeichnerischen Festsetzungen keine befestigten Nebenflächen (Gehwege,
Parkplätze) im Bereich der Kastanienallee an der Friedhofstraße mehr vorsehen und
deren Breite stellenweise geringer ausfällt. Ergänzt wird dies durch eine Erweiterung der
textlichen Festsetzungen unter Nr. 2.12.1, die das Verbot einer Versiegelung der Flächen
entlang der Allee betreffen.
13 Diese Fassung des Bebauungsplans wurde vom 08.10.2012 bis zum 09.11.2012 öffentlich
ausgelegt. In der Auslegungsbekanntmachung vom 28.09.2012 fand sich (wiederum) der
Hinweis, dass Stellungnahmen nur zu den geänderten Teilen abgegeben werden
könnten. Mit Schriftsatz vom 09.11.2012 brachte die Antragstellerin wiederum
Einwendungen vor.
14 Der Satzungsbeschluss des Bebauungsplans und der örtlichen Bauvorschriften erfolgte
durch den Gemeinderat der Antragsgegnerin am 27.11.2012, die Bekanntmachung am
30.11.2012.
15 Zur Begründung ihres Normenkontrollantrags trägt die Antragstellerin vor, ihr Antrag sei
zulässig und begründet. Zunächst sei der Bebauungsplan verfahrensfehlerhaft zustande
gekommen. Die Antragsgegnerin habe in mehrfacher Weise gegen § 3 Abs. 2 Satz 2
BauGB verstoßen. Denn in den Bekanntmachungen der erneuten öffentlichen
Auslegungen habe sie die irreführende Passage verwendet, „die bereits …vorgebrachten
Stellungnahmen“ müssten nicht erneut vorgebracht werden. Ebenso halte die
Formulierung, „da das Ergebnis der Behandlung der Stellungnahme mitgeteilt wird, ist die
Angabe der Anschrift des Verfassers zweckmäßig“, die Bürger davon ab, Stellungnahmen
abzugeben. Zudem fehle jeder Hinweis auf die der Antragsgegnerin vorliegenden
umweltbezogenen Informationen. Ausgelegt worden sei während der öffentlichen
Auslegung im Oktober/November 2012 zudem nur die veraltete Fassung der
artenschutzrechtlichen Vorprüfung aus dem Jahr 2009. Schließlich verweise Nr. 2.11.2 der
textlichen Festsetzungen auf die DIN 18920, die aber nicht öffentlich zugänglich sei.
Gleichwohl habe die Antragsgegnerin diese DIN nicht zur Einsicht bereit gehalten oder
jedenfalls nicht im Bebauungsplan darauf hingewiesen, so dass ein Verkündungsmangel
vorliege.
16 Der Bebauungsplan leide auch an materiellen Fehlern. Zunächst fehle ihm die
städtebauliche Erforderlichkeit. Auf der Gemarkung der Antragsgegnerin gebe es
genügend Wohnraum und die Eigentümer der Grundstücke im Plangebiet hätten kein
Bauinteresse. Weiter sei der Bebauungsplan nicht geeignet, eine beitragsrechtliche
Erschließungseinheit zu erzeugen, die dazu führe, dass nicht nur die Anwohner der
Friedhofstraße, sondern alle Eigentümer im Plangebiet für Beiträge zum Ausbau der
Friedhofstraße herangezogen werden könnten. Schließlich stehe der Verwirklichung der
Planung auf absehbare Zeit ein unüberwindbares rechtliches Hindernis entgegen: Die
Umsetzung des Plans durch Ausbau der Friedhofstraße beeinträchtige den dort
bestehenden geschützten Grünbestand (Kastanienallee), was nach § 33 Abs. 4 Satz 1
LNatSchG verboten sei. Der Bebauungsplan leide auch an der Unbestimmtheit seiner
zeichnerischen Festsetzungen: Die „Knödellinie“ zur Abgrenzung zwischen MI und WA
führe an der Grenze zwischen den Flurstücken ... und ... nicht bis an den ...... Somit sei die
Abgrenzung zwischen den Arten der baulichen Nutzung in diesem Teilbereich
unbestimmt. Schließlich sei der Bebauungsplan in mehrfacher Hinsicht
abwägungsfehlerhaft. Die Antragsgegnerin habe ein bereits weitgehend bebautes Gebiet
mit vorhandener gewerblicher Nutzung und Wohnnutzung überplant, ohne das
Emissionsverhalten der vorhandenen Gewerbebetriebe zu ermitteln. Bei der Festsetzung
eines eingeschränkten Gewerbegebiets auf einer Teilfläche ihres Grundstücks seien ihre
privaten Belange missachtet worden. Denn es sei davon auszugehen, dass auf ihrem
Grundstück bislang alle in einem Mischgebiet zulässigen Nutzungen zulässig gewesen
wären, was nun erheblich eingeschränkt werde. Zudem genüge die Abwägung nicht den
Anforderungen des § 1a Abs. 3 BauGB. Denn die Antragsgegnerin habe offensichtlich
verkannt, dass ihre Planung einen naturschutzrechtlich relevanten Eingriff in die
Kastanienallee bedeute.
17 Die Antragstellerin beantragt,
18 den Bebauungsplan "Friedhofstraße-Bergstraße-Lackendorfer Weg“ der Gemeinde
Eschbronn in den Fassungen vom 20.10.2009, vom 05.07. 2011 und vom 27.11.2012 für
unwirksam zu erklären.
19 Die Antragsgegnerin beantragt,
20 den Antrag abzuweisen.
21 Sie trägt vor, der zulässige Antrag sei unbegründet. Der Wortlaut ihrer Bekanntmachungen
verwende, wie vom Gesetz vorgesehen, den Begriff „Stellungnahmen“ und sei auch sonst
nicht geeignet, Bürger abzuhalten, etwas Neues vorzubringen. Der Text der
Bekanntmachung sei auch im Hinblick auf umweltbezogene Informationen korrekt. An der
städtebaulichen Erforderlichkeit des Planes könne nicht gezweifelt werden. Die
Planungsziele seien unter Nr. 1.2 und Nr. 5 der Planbegründung genannt; dabei handele
es sich um legitime Ziele. Dazu gehöre auch die Sicherung der Erschließung noch nicht
überbauter Bereiche und das Herstellen von Anlagen zur Sicherung und leichten
Erschließung der übrigen Bereiche. Aus Rechtsfragen des Erschließungsbeitragsrechts
lasse sich nichts für die Erforderlichkeit oder sonstige Wirksamkeit des Bebauungsplanes
ableiten. Auch bestehe kein unausräumbares Hindernis für die Umsetzung des
Bebauungsplans nach Art. 33 Abs. 4 LNatSchG i.V.m. § 3 Abs. 1 der Verordnung des
Landratsamts Rottweil zum Schutz eines Grünbestandes in ... vom 08.10.1981. Denn
diese Vorschrift schütze den Bestand der Allee, nicht einzelne Bäume oder einzelne
Wurzelbereiche. Dem Schutz des Gesamtensembles trage Nr. 2.12.3 der textlichen
Festsetzungen hinreichend Rechnung, wonach die dargestellten Bäume zu erhalten und
im Zuge von Bauarbeiten besondere Schutzmaßnahmen zu ergreifen seien. Das Fehlen
eines kleinen Teils der Knödellinie führe nicht zur Unbestimmtheit der Geltungsbereiche
der Festsetzungen von WA und MI, da sie sich durch die unterschiedliche farbliche
Unterlegung hinreichend sicher ermitteln ließen. Schließlich sei der Bebauungsplan auch
nicht abwägungsfehlerhaft. Die Antragstellerin selbst habe nie die Festsetzung eines
uneingeschränkten Gewerbebetriebs gefordert und auch nie das Emissionspotential des
Betriebs ihres Ehemannes angedeutet. Nur durch die kombinierte Festsetzung eines GEe
und eines MI habe die bisherige Bebauung abgebildet werden und dem Wunsch der
Antragstellerin nach einer möglichst großen Bandbreite von Nutzungen Rechnung
getragen werden können. Auch hinsichtlich naturschutzrechtlicher Eingriffe liege kein
Abwägungsfehler vor. Denn auf Grund der Stellungnahme der unteren
Naturschutzbehörde vom 07.05.2008 habe die Antragsgegnerin davon ausgehen dürfen,
dass die durch den Bebauungsplan erfolgenden Eingriffe bereits vor seinem Inkrafttreten
nach § 34 BauGB zulässig gewesen seien. Soweit auf den wenigen bislang nicht
bebauten Flächen durch die künftige Überbauung Obstbäume entfielen, sei dem durch Nr.
2.12.4 der textlichen Festsetzung - Pflanzgebot für einen heimischen standortgerechten
Obstbaum pro Baugrundstück - Rechnung getragen worden.
22 Dem Senat liegen die Verfahrensakten des Bebauungsplans vor. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Unterlagen sowie der gewechselten Schriftsätze
und Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A.
23 Der nachgereichte Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 10.12.2012 gibt keine
Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (§ 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
Denn die Antragsgegnerin hat die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ohnehin
nur für den Fall beantragt, dass der Senat die Unwirksamkeit des Bebauungsplans in der
Gestalt, die er nach Durchführung des ersten ergänzenden Verfahrens gefunden hat, auf
andere Bestimmungen als § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB stützt. Das ist aber nicht der Fall (vgl.
dazu C.II.), und auch sonstige Gründe für eine Wiedereröffnung sind nicht erkennbar.
B.
24 Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin ist zulässig. Sie hat den Antrag fristgerecht
gestellt und ist als Eigentümerin eines Grundstücks im Plangebiet antragsbefugt (§ 47
Abs. 2 Satz 1 VwGO). Weiter ist sie nicht nach § 47 Abs. 2a VwGO prozessual präkludiert.
Denn sie macht nicht nur Einwendungen geltend, die sie im Rahmen der öffentlichen
Auslegung(en) nicht geltend gemacht hat oder hätte geltend machen können. Sie hat
vielmehr schon damals etwa auf einen möglichen Konflikt zwischen gewerblicher Nutzung
und der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets hingewiesen. Dies genügt und
eröffnet ihr die Möglichkeit, im Normenkontrollverfahren auch zusätzliche Einwendungen
geltend zu machen. Schließlich hat sie ihren Antrag in der mündlichen Verhandlung in
zulässiger Weise (vgl. § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO) auf den Bebauungsplan der
Antragsgegnerin in der Gestalt erstreckt, die er durch die beiden ergänzenden Verfahren
gefunden hat. Verfahrensgegenstand ist damit der ursprüngliche Bebauungsplan
zusammen mit dem in den ergänzenden Verfahren geänderten Bebauungsplan, der als
ein Bebauungsplan Wirksamkeit erlangt und sich lediglich aus drei Teilnormgebungsakten
zusammensetzt (BVerwG, Urteil vom 24.03.2010 - 4 CN 3.09 -, NVwZ 2010, 782; Urteil
des Senats vom 16.10.2012 - 3 S 1191/10 -, juris).
C.
25 Der zulässige Antrag ist auch begründet. Denn der angefochtene Bebauungsplan ist
sowohl in der Gestalt, die er jeweils durch die ergänzenden Verfahren gefunden hat, als
auch in seiner ursprünglichen Gestalt unwirksam. Das zweite ergänzende Verfahren leidet
jedenfalls an einem beachtlichen Verfahrensfehler (dazu I.), so dass die Fassung nach
dem ersten ergänzenden Verfahren „wiederauflebt“. Doch auch das erste ergänzende
Verfahren (dazu II.) leidet an einem beachtlichen Verfahrensfehler, so dass es weiter der
Prüfung des Grundbebauungsplans (dazu III.) bedarf, der ebenfalls wegen eines (anderen)
beachtlichen Verfahrensfehler unwirksam ist.
I.
26 Das zweite ergänzende Verfahren leidet jedenfalls an einem beachtlichen
Verfahrensfehler.
27 1. Dahinstehen kann, ob die öffentliche Auslegung nur der alten Fassung der
artenschutzrechtlichen Vorprüfung durch die Antragsgegnerin im Oktober/November 2012
den Anforderungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB genügt hat. Gleiches gilt für die Rüge
eines Verstoßes gegen § 10 Abs. 3 Satz 1 BauGB durch Bezugnahme in Nr. 2.11.2 Satz 3
der textlichen Festsetzungen auf ein nicht allgemein zugängliches DIN-Regelwerk, was
die Fragen aufwerfen dürfte, ob dieser Satz eine Festsetzung darstellt und eine solche
mangels Dauerhaftigkeit der geregelten Maßnahmen (Baumschutz während der
Bauphase) überhaupt auf § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB gestützt werden kann.
28 2. Denn jedenfalls liegt ein nach § 214 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1
BauGB beachtlicher Verfahrensfehler durch die Ausgestaltung der Bekanntmachung der
öffentlichen Auslegung im zweiten ergänzenden Verfahren vor.
29 Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB sind Ort und Dauer der öffentlichen Auslegung
sowie Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind,
mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen. Diese Bekanntmachung
hat in einer Weise zu erfolgen, die geeignet ist, insbesondere dem potentiell betroffenen
Bürger sein Interesse an Information und an einer Beteiligung mittels Anregungen bewusst
zu machen und dadurch auch gemeindliche Öffentlichkeit herzustellen (BVerwG,
Beschluss vom 17.09.2008 - 4 BN 22.08 -, BauR 2009, 75). Sie hat die Funktion, den
Bürger „anzustoßen”, also zur umfassenden Beteiligung ohne faktische oder
psychologische Hemmschwellen anzuregen; maßgeblich ist dabei der interessierte,
aufgeschlossene und mündige Bürger (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.2012, a.a.O.;
Urteil vom 01.03.2007 - 3 S 129/06 -, NVwZ-RR 2007, 455). Diesen Vorgaben wird die
Bekanntmachung vom 28.09.2012 nicht in jeder Hinsicht gerecht. Sie lautet wie folgt:
30 „Der Entwurf des Bebauungsplanes mit seinen zeichnerischen und textlichen
Festsetzungen sowie Begründung und örtliche Bauvorschriften für den Geltungsbereich
des Plangebietes werden … öffentlich ausgelegt. Während der Auslegungsfrist können -
schriftlich oder mündlich zur Niederschrift - Stellungnahmen beim Bürgermeisteramt der
Gemeinde Eschbronn abgegeben werden. Da das Ergebnis der Behandlung der
Stellungnahmen mitgeteilt wird, ist die Angabe der Anschrift des Verfassers zweckmäßig.
Es wird darauf hingewiesen, dass Stellungnahmen nur zu den geänderten oder
ergänzten Teilen abgegeben werden können. Die bereits im Rahmen der jeweils vom …
erfolgten öffentlichen Auslegung vorgebrachten Stellungnahmen gelten auch für die
erneute öffentliche Auslegung und müssen deshalb nicht neu vorgebracht werden. Bei
der erneuten Abwägung und beim erneuten Satzungsbeschluss gelten die bisher
eingereichten Stellungnahmen weiter.“
31 a) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin vermögen allerdings weder die
Verwendung der Passage, „dass Stellungnahmen nur zu den geänderten oder ergänzten
Teilen abgegeben werden können“, noch die Passage zur Zweckmäßigkeit der Angabe
der Anschrift einen Verstoß gegen die Anstoßfunktion der Bekanntmachung zu
begründen. Denn die erste der beiden beanstandeten Passagen entspricht der
Gesetzesformulierung in § 4a Abs. 3 Satz 2 BauGB. Modifikationen in der
Auslegungsbekanntmachung, die der Gesetzgeber selbst vorsieht, können keinen
Gesetzesverstoß begründen.
32 Zwar hat der Senat in seinem Urteil vom 13.02.2008 (- 3 S 2282/06 -, NVwZ-RR 2008,
676) ausgeführt, es könne offen bleiben, ob der im Text der dort zu prüfenden
Auslegungsbekanntmachung enthaltene Hinweis auf die Zweckmäßigkeit der Angabe der
Anschrift des Verfassers in unzulässiger Weise den Eindruck erwecke, Anregungen
könnten nur schriftlich vorgebracht werden. Doch der Text der hier maßgeblichen
Auslegungsbekanntmachung vom 28.09.2012 enthält im vorangehenden Satz die
Klarstellung, während der Auslegungsfrist könnten „schriftlich oder mündlich zur
Niederschrift“ Stellungnahmen abgegeben werden, so dass Zweifel an der Möglichkeit,
Stellungnahmen auch mündlich zur Niederschrift vorzubringen, nicht bestehen.
33 b) § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB erfordert jedoch zusätzlich auch die
Bekanntmachung, welche umweltbezogenen Informationen verfügbar sind. Diesem
Erfordernis hat die Antragsgegnerin nicht genügt.
34 Die Bekanntmachung muss dem interessierten Bürger zwar nicht bereits selbst die
entsprechenden Informationen verschaffen; es genügt, wenn er durch die
Bekanntmachung Hinweise dazu bekommt, welche umweltrelevanten Probleme die
Planung nach den bei der Behörde vorhandenen Erkenntnissen aufwirft und ob
gegebenenfalls Anlass zu einer eigenen erstmaligen oder ergänzenden Stellungnahme
besteht (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.06.2010 - 5 S 884/09 -, BauR 2011, 80; Urteil vom
12.10.2010 - 3 S 1873/09 -, NuR 2011, 369). Derartige Hinweise fehlen in der
Bekanntmachung vom 28.09.2012 vollständig.
35 Der Antragsgegnerin lagen zu diesem Zeitpunkt jedoch Dokumente mit Informationen zu
umweltbezogenen Schutzgütern vor (neben dem Umweltbericht - als Teil der Begründung,
vgl. § 2a BauGB - eine artenschutzrechtliche Vorprüfung in zwei Fassungen, eine
gutachterliche Stellungnahme des Baumpflegeunternehmens ... zur Kastanienallee vom
08.05.2010 und eine Stellungnahme des Ingenieurbüros ... für moderne Baumpflege vom
16.09.2012) und sie hat diese Dokumente auch zu den ausgelegten Materialien
genommen. Während der Wortlaut des § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB der Gemeinde einen
Beurteilungsspielraum belässt, welche umweltbezogenen Stellungnahmen sie für
wesentlich erachtet und deswegen mit dem Bebauungsplanentwurf auslegt (so auch VGH
Bad.-Württ., Urteil vom 17.06.2010, a.a.O.; Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg,
Komm. z. BauGB, Stand Juni 2012, § 3 Rn. 35a), bezieht sich § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB
seinem Wortlaut nach regelmäßig auf alle verfügbaren Arten umweltbezogener
Informationen, ohne dass der Gemeinde ein Auswahlrecht zukommt (VGH Bad.-Württ.,
Urteil vom 12.09.2012 - 3 S 2708/10 -; Urteil vom 12.06.2012 - 8 S 1337/10 -, VBlBW 2012,
421). Daher ist in der Auslegungsbekanntmachung regelmäßig zumindest auf die
umweltbezogenen Informationen in Stellungnahmen hinzuweisen, die die Gemeinde als
wesentlich ansieht und deswegen mit dem Bebauungsplanentwurf auslegen wird (oder
jedenfalls auf die darin thematisierten Schutzgüter, vgl. dazu nochmals VGH Bad.-Württ.,
Urteil vom 12.06.2012, a.a.O.). Dass hier ausnahmsweise etwas anderes gelten könnte, ist
nicht erkennbar. Weder die Beurteilung einer Auslegungsbekanntmachung in einem
ergänzenden Verfahren (dazu aa)), noch der ungewöhnlich gute Informationsstand der
Anwohner (dazu bb)), noch das Vorliegen eines Plangebiets nach § 1a Abs. 3 Satz 5
BauGB (dazu cc)) rechtfertigen hier die Annahme einer Ausnahme. Die Verletzung der
Verfahrensvorschrift ist auch nicht nach §§ 214, 215 BauGB unbeachtlich geworden (dazu
dd)).
36 aa) In der Bekanntmachung einer öffentlichen Auslegung in einem ergänzenden Verfahren
mit beschränktem Regelungsinhalt wird zwar regelmäßig auf die Angabe verfügbarerer
umweltbezogener Informationen zu Inhalten, die nicht Gegenstand des ergänzenden
Verfahrens sind, verzichtet werden können. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - in
der Bekanntmachung weiter darauf hingewiesen wird, Stellungnahmen könnten nur zu
den geänderten oder ergänzten Teilen abgegeben werden. Inhalt des zweiten
ergänzenden Verfahrens war auf Grund der Empfehlung des Petitionsausschusses und
des Beschlusses des Gemeinderats der Antragsgegnerin über seine Durchführung vom
25.09.2012 in diesem Sinne nur der Schutz der Kastanienallee. Deren Schutz
thematisierten aber jedenfalls die umweltbezogenen Gutachten/Stellungnahmen vom
08.05.2010 und vom 16.09.2012, so dass der Hinweis auf diese Informationen oder
jedenfalls auf das ihnen thematisierte Schutzgut nicht unterbleiben durfte.
37 bb) Das gilt ungeachtet dessen, dass hier wohl alle Grundstückseigentümer im Plangebiet
Mitglied in einer Bürgerinitiative waren und sind und schon aus diesem Grund über gute
Informationen hinsichtlich umweltbezogener Schutzgüter verfügten. Die gutachterliche
Stellungnahme des Baumpflegeunternehmens ... zur Kastanienallee vom 08.05.2010 war
sogar von ihnen in Auftrag gegeben worden und konnte von ihnen eingesehen werden,
bevor die Antragsgegnerin die Möglichkeit dazu hatte. Von der
Auslegungsbekanntmachung muss aber eine Anstoßfunktion für alle interessierten Bürger
ausgehen, mithin auch für solche, die nicht (mehr) Mitglied in einer Bürgerinitiative sind
oder erst vor kurzem ein Grundstück erworben und deswegen von der bisherigen
Auseinandersetzung um die Planung und ihre Auswirkungen auf die Umwelt keine
Kenntnis haben.
38 cc) Es mag manches für die Annahme der Antragsgegnerin sprechen, dass im Plangebiet
nach § 1a Abs. 3 Satz 5 BauGB ein Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft nicht
erforderlich ist, weil diese Eingriffe bereits vor der planerischen Entscheidung erfolgt sind
oder zulässig waren. Anders als § 13a Abs. 2 Satz 1 BauGB und § 13 Abs. 3 Satz 1
BauGB sieht § 1a BauGB aber keinen Verzicht auf Angaben zu verfügbaren
umweltbezogenen Informationen in der Auslegungsbekanntmachung vor. Zwar werden
bei Bebauungsplanverfahren in Gebieten, in denen die Voraussetzungen des § 1a Abs. 3
Satz 5 BauGB vorliegen, eher nur wenige umweltrelevante Informationen bei der
Gemeinde eingehen. Das entbindet jedoch nicht von der Verpflichtung, auf diese
Informationen nach Maßgabe von § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB hinzuweisen. Das gilt somit
auch für Dokumente wie die von der Antragsgegnerin selbst eingeholte
artenschutzrechtliche Vorprüfung, die darstellt, weswegen im Plangebiet keine wesentlich
weitergehenden artenschutzrechtlichen Eingriffe als die bislang zulässigen zu erwarten
sind. Auch ein solches Dokument ist geeignet, eine Anstoßfunktion zu entfalten. Denn
seine öffentliche Auslegung kann dazu dienen, die Annahme der Grundvoraussetzungen
des § 1a Abs. 3 Satz 5 BauGB - schon bislang zulässige vergleichbare Eingriffe - auf den
Prüfstand und gegebenenfalls in Frage zu stellen.
39 dd) Eine Unbeachtlichkeit der somit feststehenden Verletzung der Vorgaben des § 3 Abs.
2 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB auf Grund von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 Alt. 2
BauGB scheidet aus. Denn nach dieser Vorschrift ist es nur unbeachtlich, wenn „einzelne
Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, gefehlt
haben“. In der Auslegungsbekanntmachung vom 28.09.2012 fehlte aber der Hinweis auf
sämtliche (relevanten) umweltbezogenen Informationen, so dass § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
Halbsatz 2 Alt. 2 BauGB schon seinem Wortlaut nach keine Anwendung zu finden vermag.
Die beim Fehlen der Angabe einiger aus einer Vielzahl von vorliegenden Informationen
gebotene „quantitative Betrachtung“ (vgl. nochmals VGH Bad.-Württ., Urteil vom
12.06.2012, a.a.O.) kommt daher hier nicht zum Tragen.
40 Schließlich ist dieser Verstoß nicht nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich
geworden, da die in dieser Bestimmung vorgesehene Rügefrist erst wenige Tage vor der
Entscheidung des Senats zu laufen begonnen hat und der Senat daher berechtigt und
verpflichtet ist, die Einhaltung der Anforderungen des § 3 Abs. 2 BauGB zu prüfen.
II.
41 Auch das erste ergänzende Verfahren leidet jedenfalls an einem beachtlichen
Verfahrensfehler.
42 Die Bekanntmachung vom 11.02.2011 über die öffentliche Auslegung im ersten
ergänzenden Verfahren genügt ebenfalls nicht den dargelegten Anforderungen des § 3
Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB hinsichtlich der Angabe umweltbezogener Informationen.
Sie lautete ebenso wie jene vom 28.09.2012 insoweit nur:
43 „Der Entwurf des Bebauungsplanes mit seinen zeichnerischen und textlichen
Festsetzungen sowie Begründung und örtliche Bauvorschriften für den Geltungsbereich
des Plangebietes werden … öffentlich ausgelegt“
44 Zum damaligen Zeitpunkt lag der Antragsgegnerin aber neben dem Umweltbericht die
artenschutzrechtliche Vorprüfung alter Fassung vor und sie legte diese auch mit dem
Bebauungsplanentwurf aus, ging also offenbar (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB) von deren
Wesentlichkeit aus. Der Hinweis auf dieses Dokument oder das in ihm thematisierte
Schutzgut ist in der Bekanntmachung vom 11.02.2011 aber gleichwohl unterblieben.
45 Das kann entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht damit gerechtfertigt werden,
dass die artenschutzrechtliche Vorprüfung dazu gedient habe, unüberwindbare rechtliche
Hindernisse für den Vollzug der Planung und damit die Erforderlichkeit des Plans (vgl. § 1
Abs. 3 BauGB) ausräumen zu können, während § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB nur
umweltbezogene Informationen betreffe, die Einfluss auf das Abwägungsmaterial im
engeren Sinne (vgl. § 1 Abs. 7 BauGB) hätten. Schon dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 Satz 2
BauGB lässt sich eine solche Beschränkung nicht entnehmen. Nach der
Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 15/2250, S. 44) soll diese nationale Bestimmung die
Vorgaben von Art. 6 Abs. 2 der Aarhus-Konvention sowie von Art. 3 Nr. 4 der Richtlinie
2003/35/EG (sog. Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie) in das nationale Recht umsetzen.
Beide Vorgaben sehen aber eine Begrenzung auf nach nationalem Recht
abwägungsrelevante Informationen nicht vor und können dies wegen unterschiedlicher
nationaler Rechtsvorschriften auch nicht. Vielmehr beziehen sie sich erst Recht auch auf
umweltrelevante Informationen, die die Gesamtplanung - deren Erforderlichkeit - in Frage
stellen können (vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.06.2010 - 5 S 884/09 -, BauR
2011, 80: „welche für die geplante Tätigkeit `relevanten Umweltinformationen` verfügbar
sind“). Hinzu kommt, dass eine trennscharfe Abgrenzung, ob Informationen zu
umweltbezogenen Schutzgütern nur die Erforderlichkeit der Gesamtplanung betreffen,
oder nicht doch auch die Rechtfertigung einzelner Festsetzungen und damit der
Abwägung zugängliche Entscheidungen, häufig nicht möglich sein wird.
46 Die artenschutzrechtliche Vorprüfung war schließlich auch nicht ohne Bezug zum
Regelungsinhalt des ersten ergänzenden Verfahrens. Denn dessen Gegenstand war nach
der Beanstandung des Landratsamts Rottweil vom 16.04.2010 und dem Beschluss des
Gemeinderats der Antragsgegnerin zu seiner Durchführung vom 08.02.2011 ein
Obstbaum-Pflanzgebot auf den Baugrundstücken als Ersatz für durch Baumaßnahmen
entfallende Obstbäume und damit auch als mögliche Niststätten für Vogelarten. Somit
hätte die Angabe der artenschutzrechtlichen Vorprüfung oder ihres Schutzguts in der
Auslegungsbekanntmachung durchaus Anstoßfunktion entfalten können.
47 Eine Unbeachtlichkeit der somit feststehenden Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 3
Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 Alt. 2 BauGB
scheidet wiederum schon nach dem Wortlaut der Bestimmung aus, da - wie oben
dargelegt - nur unbeachtlich ist, wenn „einzelne Angaben dazu, welche Arten
umweltbezogener Informationen verfügbar sind, gefehlt haben“. Die beachtliche
Verletzung ist auch nicht etwa nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich
geworden. Denn die Antragstellerin hat diesen Verstoß in einem Schriftsatz an das Gericht
vom Mai 2012 gerügt. Diesen hat das Gericht an die Antragsgegnerin weitergeleitet. Er
ging dort deutlich vor Ablauf der Jahresfrist ein, die durch Bekanntmachung des
Bebauungsplans in seiner Fassung nach dem ersten ergänzenden Verfahren am
05.08.2011 in Lauf gesetzt worden war.
III.
48 Auch der Grundbebauungsplan leidet an einem beachtlichen Verfahrensfehler.
49 Denn im Verfahren des Grundbebauungsplans hat die Antragsgegnerin jedenfalls die
Vorgaben des § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB verletzt. Danach sind Stellungnahmen der
Behörden und Träger öffentlicher Belange erneut einzuholen und ist der Planentwurf
erneut auszulegen, wenn nach der bisherigen Beteiligung und Auslegung der Entwurf des
Bauleitplans geändert oder ergänzt worden ist. Das war hier der Fall. Denn der letzten
öffentlichen Auslegung im Verfahren des Grundbebauungsplans im März/April 2008 lag
die Fassung des Planentwurfs vom 12.03.2008 zugrunde, in der Nr. 2.12.4 der textlichen
Festsetzungen noch nicht enthalten war. Diese Regelung - ein Pflanzgebot auf den
Baugrundstücken - wurde nach der öffentlichen Auslegung aber noch vor dem
Satzungsbeschluss am 20.10.2009 in die textlichen Festsetzungen eingefügt, ohne dass
das durch Fortschreibung des Datums der Fassung des Planentwurfs kenntlich gemacht
war.
50 In der Rechtsprechung des BVerwG ist geklärt, dass „materiell-rechtliche Änderungen von
Festsetzungen, die nicht lediglich klarstellende Bedeutung, sondern auf Beteiligte
nachteilige Auswirkungen haben, die Pflicht zur erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung
gemäß § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB auslösen. Das Verfahren der öffentlichen Auslegung ist
im Übrigen nicht nur zu wiederholen, wenn der Entwurf des Bebauungsplans nach einer
bereits durchgeführten öffentlichen Auslegung in einer die Grundzüge der Planung
berührenden Weise geändert oder ergänzt wird, sondern auch bei weniger grundlegenden
Änderungen und Ergänzungen, sofern die Änderung nicht lediglich klarstellende
Bedeutung hat“ (so Beschluss vom 18.12.1987 - BVerwG 4 NB 2.87 - NVwZ 1988, 822;
vgl. auch Gatz, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., Stand Juni 2012, § 4a Rn. 5).
Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine erneute öffentliche Auslegung dann
entbehrlich, wenn zwar eine nachträgliche Festsetzung auf einem oder mehreren
Grundstücken getroffen wird, diese aber gerade den Forderungen der jeweiligen
Eigentümer entspricht und keine nachteiligen Auswirkungen auf andere Eigentümer hat
(vgl. Urteil des Senats vom 17.12.2008 - 3 S 358/08 -, BauR 2009, 1691). Doch die
Einfügung von Nr. 2.12.4 der textlichen Festsetzungen beruhte nicht auf den Forderungen
der Grundstückseigentümer und hat auch nicht nur klarstellende Funktion. Vielmehr liegt
eine die Nutzung der Grundstücke beschränkende und im Übrigen auch finanziell
belastende Festsetzung vor.
51 Die Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB kann nicht über §
214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alt. 4 BauGB unbeachtlich sein, da nach dem Wortlaut dieser
Bestimmung nur Verstöße gegen Satz 4 des § 4a Abs. 3 BauGB unbeachtlich sein
können. Sie ist auch nicht nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich geworden.
Zwar haben die Antragstellerin und auch alle anderen Bürger eine fristgerechte Rüge
versäumt. Doch hat das Landratsamt Rottweil zwei Monate nach Bekanntmachung des
Grundbebauungsplans diesen Fehler gerügt. Eine solche Rüge einer (Aufsichts-)Behörde
wirkt zugunsten aller, die sich auf die Verletzung dieser Verfahrensvorschrift berufen (vgl.
nur Lemmel, in: Berliner Kommentar zum BauGB, § 215 Rn. 16; zum Ausreichen der Rüge
eines Dritten vgl. auch Quaas/Kukk, in: Schrödter, Komm. z. BauGB, 7. Aufl., § 215 Rn. 12;
so auch zu einer vormaligen Fassung der Bestimmung BVerwG, Beschluss vom
02.01.2001 - 4 BN 13.00 -, BauR 2001, 1888).
52 Zwar hat die Antragsgegnerin gerade zur Heilung dieses Fehlers das erste ergänzende
Verfahren durchgeführt. Es ist aber - wie dargelegt - auf Grund eines anderen
Verfahrensfehlers unwirksam, so dass die beabsichtigte Heilung fehlgeschlagen ist.
IV.
53 Ist der angegriffene Bebauungsplan in allen seinen Fassungen somit auf Grund
beachtlicher Verfahrensfehler derzeit unwirksam, bedarf es keiner Prüfung auf
Ermittlungsfehler (§ 2 Abs. 3 BauGB) oder auf materielle Mängel. Der Senat weist
allerdings - wie von beiden Beteiligten in der mündlichen Verhandlung gewünscht - zur
Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten darauf hin, dass es dem Bebauungsplan nicht
an der städtebaulichen Erforderlichkeit fehlt und geltend gemachte Ermittlungs- oder
Abwägungsfehler nicht vorliegen dürften.
54 1. Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB städtebaulich erforderlich ist, bestimmt sich
maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption der Gemeinde (vgl. BVerwG,
Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25). Es liegt im planerischen
Ermessen der Gemeinde, welche städtebaulichen Ziele sie sich setzt (vgl. BVerwG,
Beschluss vom 14.08.1995 - 4 NB 21.95 -, juris). Weder ist bei der Festsetzung von
Gebieten mit wenigen bebaubaren Grundstücken, die künftig dem Wohnen dienen sollen,
eine Analyse des Wohnraumbedarfs erforderlich (vgl. nochmals BVerwG, Beschluss vom
14.08.1995, a.a.O.), noch kommt es auf eine derzeitige Verwirklichungsabsicht der
Grundstückseigentümer an (so auch OVG NRW, Urteil vom 25.11.2010 - 2 C 379/09 -,
juris). Auch in einem Gebiet, das bereits nach § 34 BauGB bebaubar ist, kann es gerade
bei einem engen Nebeneinander von Wohnnutzung und gewerblicher Nutzung
städtebaulich erforderlich sein, planend einzugreifen. Die Antragsgegnerin benennt als
Ziele ihrer Planung unter anderem „die Sicherung der Verträglichkeit unterschiedlicher
Nutzungen“ und die „Begrenzung der Wohnungszahl“. Beide Ziele sind städtebaulich
begründbar und belegen, dass der Plan keinesfalls ausschließlich dazu dient, Kosten auf
die Anwohner abzuwälzen.
55 Auch sonst kann die Erforderlichkeit nicht aus Gründen des Erschließungsbeitragsrechts
in Frage stehen (vgl. dazu nur OVG Saarl., Urteil vom 23.05.2011 - 2 C 505/09 -, juris;
VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.2004 - 8 S 2392/03 -, NVwZ-RR 2005, 157). Denn die
Fragen, ob und in welcher Höhe nach Wirksamwerden des Planes die Kosten des
Ausbaus der Friedhofstraße umgelegt werden können und ob sie möglicherweise schon
derzeit umgelegt werden könnten, betreffen ausschließlich das
Erschließungsbeitragsrecht und nicht die Bauleitplanung.
56 Des Weiteren entbehrt der Plan auch nicht aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf
unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 - 4 C
15.01 -, BVerwGE 117, 287; Urteil des Senats vom 13.10.2005 - 3 S 2521/04 -, NuR 2006,
785). Der Behauptung der Antragstellerin, dem Vollzug des angegriffenen
Bebauungsplans stehe ein unüberwindbares naturschutzrechtliches Hindernis nach § 33
Abs. 4 LNatSchG i.V.m. § 3 Abs. 1 der Rechtsverordnung des Verordnung des
Landratsamts Rottweil zum Schutz des Grünbestands in ... vom 08.10.1981 entgegen, ist
nicht zu folgen. Schutzzweck der Verordnung ist nach ihrem § 2 die Erhaltung der Allee für
die Belebung des Ortsbildes, so dass der optische Landschaftsschutz im Vordergrund
steht. § 3 Abs. 2 der Verordnung lässt gestalterische Maßnahmen zur Eingliederung des
Grünbestands in die Bebauung zu. § 4 der Verordnung ermöglicht die Erteilung von
Befreiungen durch die untere Naturschutzbehörde. Aus § 6 der Verordnung ergibt sich,
dass auch Eingriffe mit Minderung des Baumbestands zulässig sein können, dafür aber
die Möglichkeit besteht, Ersatzpflanzungen zu verlangen. Unter Zugrundelegung dieses
Normzusammenhangs spricht wenig dafür, dass dem Vollzug des Bebauungsplans im
Blick auf die unter Schutz stehende Allee - jedenfalls bei einer Gestaltung der
Friedhofstraße wie in der Fassung nach dem zweiten ergänzenden Verfahren - ein
dauerhaftes, unüberwindbares Hindernis entgegenstehen sollte (vgl. zur zu beachtenden
Möglichkeit einer Befreiung von den Bestimmungen einer solchen Verordnung Urteil des
Senats vom 12.10.2010 - 3 S 1873/09 -, NuR 2011, 369).
57 2. Es mag sein, dass die Schutzbedürftigkeit der Allee und insbesondere ihres
Wurzelwerks im Verfahren des Grundbebauungsplans nicht ausreichend ermittelt worden
ist. Inzwischen liegen aber zwei gutachterliche Stellungnahmen vor, die sich detailliert mit
diesen Anforderungen auseinandersetzen, so dass von einem Ermittlungsfehler kaum
mehr ausgegangen werden könnte. Auch das Vorliegen der übrigen gerügten
Ermittlungsfehler (verkehrliche Belange, Missachtung einer Schenkung, Gebietscharakter)
liegt eher fern.
V.
58 In den Tenor des Urteils ist mit Blick auf die Möglichkeit der Weitergeltung des
ursprünglichen Plans bei Fehlern in den ergänzenden Verfahren (vgl. BVerwG, Urteil vom
29.01.2009 - 4 C 16.07 -, BVerwGE 133, 98) zur Klarstellung aufgenommen worden, dass
der Bebauungsplan nicht nur in der Fassung des letzten ergänzenden Verfahrens,
sondern auch in seinen beiden früheren Fassungen unwirksam ist (so auch Urteil des
Senats vom 10.12.2012 - 3 S 1191/10 -, juris).
59 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
60 Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2
VwGO vorliegt.
61
Beschluss vom 5. Dezember 2012
62 Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß §§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1 des
Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Streitwertkatalog 2004, NVwZ 2004,
1327) endgültig auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
63 Dieser Beschluss ist unanfechtbar.