Urteil des VG Sigmaringen vom 08.02.2017

erwerb, altersgrenze, oberschule, private krankenversicherung

VG Sigmaringen Urteil vom 8.2.2017, 1 K 3102/16
Altersgrenze; Zweiter Bildungsweg; Unverzüglichkeit der Aufnahme der Ausbildung; Studium;
Immatrikulation; Krankenversicherung; Krankenversicherungspflicht für Studenten
Leitsätze
Die Immatrikulationsvoraussetzung des Nachweises der Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber der
Krankenversicherung aus § 254 SGB V gilt nur für Studenten, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V
versicherungspflichtig sind. Verzögert ein Auszubildender die Aufnahme seines Studiums nach Erwerb der
Zugangsvoraussetzungen, um einen Krankenversicherungsschutz zu erwerben, den er für die Immatrikulation
nicht benötigt, handelt er nicht unverzüglich im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 3 BAföG.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Tatbestand
1 Der Kläger begehrt Ausbildungsförderung nach Überschreitung der Altersgrenze.
2 Der Kläger wurde am ...1965 geboren. Er absolvierte eine Ausbildung zum E. und war danach bei
verschiedenen Firmen tätig. Zuletzt führte er bis Dezember 2009 eine selbstständige Tätigkeit aus. Danach
war er mehrere Monate arbeitslos. Von September 2011 bis Juli 2012 erwarb er durch den Besuch des
einjährigen Berufskolleg die Fachhochschulreife. Im Anschluss besuchte er von September 2012 bis Juli 2015
eine Technische Oberschule. Ein Abschlusszeugnis über den Erwerb des Abiturs wurde dem Kläger bis zur
mündlichen Verhandlung noch nicht erteilt.
3 Im Wintersemester 2015/2016 nahm er an der Hochschule ... ein Studium im Bachelor-Studiengang T auf.
4 Im August 2015 stellte der Kläger beim Beklagten einen Antrag auf Ausbildungsförderung. Zur
Überschreitung der Altersgrenze führte er aus, da er die Aufnahmevoraussetzungen für die Technische
Oberschule aufgrund seines Notendurchschnitts nicht ganz habe erfüllen können, habe er zunächst im
Schuljahr 2011/2012 das einjährige Berufskolleg zum Erwerb der Fachhochschulreife besucht und dies mit
dem Erwerb der Fachhochschulreife erfolgreich abgeschlossen. Dadurch habe er die
Zugangsvoraussetzungen für die Aufnahme in die Technische Oberschule geschaffen. Bis zum Beginn des
Besuchs des einjährigen Berufskollegs habe er über 25 Jahre keine weiterführende Schule besuchen können.
Ihm sei daher klar gewesen, dass er die notwendigen Voraussetzungen für ein erfolgreiches Studium im
Studiengang T, insbesondere in Mathematik und Physik, nicht innerhalb eines einzigen Schuljahres schaffen
könne. Auch wenn er das Studium bereits nach dem Erwerb der Fachhochschulreife theoretisch hätte
aufnehmen können, wäre das für ihn weder sinnvoll noch zumutbar gewesen.
5 Der Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 15.10.2015 ab. Zur Begründung führte er
aus, die Voraussetzungen für die Förderung des Klägers nach Überschreitung der Altersgrenze (30.
Lebensjahr) lägen nicht vor. Denn der Kläger habe das Studium nicht unverzüglich nach Erreichen der
Zugangsvoraussetzung begonnen. Diese habe er mit dem Abschluss des Berufskollegs zum Erwerb der
Fachhochschulreife im Juli 2012 erworben. Es sei zwar durchaus verständlich, dass er danach zur
Verbesserung seiner allgemeinen Kenntnisse in Mathematik und Physik die Technische Oberschule besucht
habe. Für eine Zulassung an einer Fachhochschule sei dies aber keine Voraussetzung.
6 Der Kläger legte am 12.11.2015 Widerspruch ein. Zur Begründung trug der Prozessbevollmächtigte des
Klägers vor, der Kläger habe die Fachhochschulreife im Juli 2012 an einem Berufskolleg erworben. Entgegen
der Ausführungen des Beklagten habe der Kläger unverzüglich nach Erreichen der Zugangsvoraussetzungen
die zu fördernde Ausbildung begonnen. Denn der zu fördernde Ausbildungsabschnitt werde unverzüglich
begonnen, wenn der Auszubildende ihn nach Erreichen der Zugangsvoraussetzungen ohne schuldhaftes
Zögern beginne. Dies sei vorliegend deshalb der Fall, weil dem Kläger eine gewisse Orientierungsphase
eingeräumt werden müsse, die auch ein wenig über drei Jahre dauern dürfe. Angesichts der Besonderheiten
des Falles, dem bekannten beruflichen Werdegang des Klägers, sei das Ermessen des Studierendenwerks auf
null reduziert, weshalb ihm schon aus diesem Grund Ausbildungsförderung zu gewähren sei.
7 Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BAföG könne auch dann Ausbildungsförderung nach Überschreitung der
Altersgrenze geleistet werden, wenn der Auszubildende aus persönlichen oder familiären Gründen gehindert
gewesen sei, den Ausbildungsabschnitt rechtzeitig zu beginnen und er die Ausbildung unverzüglich nach
dem Wegfall der Hinderungsgründe aufnehme. Diese Voraussetzungen lägen vor. Der Kläger habe jedenfalls
subjektiv nach dem Erwerb der Fachhochschulreife für ein erfolgreiches Studium erst seine Defizite in den
Fächern Mathematik und Physik beseitigen müssen. Deshalb habe er die Technische Oberschule besucht.
Seine subjektive Hinderung für die Aufnahme des Studiums sei mit einer Erkrankung oder Behinderung als
persönlichem Hinderungsgrund vergleichbar.
8 Der Kläger habe auch deshalb das Studium nicht vor dem Jahr 2014 aufnehmen können, weil er erst
aufgrund einer Gesetzesänderung (Beitragsschuldengesetz) wieder eine Krankenversicherung habe
erlangen können.
9 Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2016 zurück. In der
Begründung hält er daran fest, dass der Kläger mit Erwerb der Fachhochschulreife am 10.07.2012 sein
Studium hätte aufnehmen müssen, um nach Überschreitung der Altersgrenze gefördert werden zu können.
10 Das Argument des Prozessbevollmächtigten des Klägers, der Kläger habe wegen einer fehlenden
Krankenversicherung das Studium nicht früher aufnehmen können, treffe nicht zu. Der Bescheinigung seiner
Krankenkasse vom 19.12.2013 sei zu entnehmen, dass er dort seit dem 10.09.2012 kranken- und
pflegeversichert gewesen sei. Auch habe er in seinen Anträgen auf Schüler-BAföG angegeben, versichert zu
sein. Es sei kein Grund dafür ersichtlich, weshalb er sich nicht auch für ein Studium habe versichern können.
Der Widerspruchsbescheid wurde am 14.07.2016 zugestellt.
11 Der Kläger hat am 11.08.2016 Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. Zur Begründung trägt
sein Prozessbevollmächtigter vor, die Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BAföG seien erfüllt. Er
habe die Fachhochschulreife im Juli 2012 an einem Berufskolleg erworben. Er habe die zu fördernde
Ausbildung auch unverzüglich nach Erreichen der Zugangsvoraussetzungen begonnen.
12 Auch der Tatbestand des § 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BAföG sei erfüllt. Der Kläger habe nach dem Erwerb der
Zugangsvoraussetzungen für die Fachhochschule die im Hinblick auf sein Studium erforderlichen Kenntnisse
in Mathematik und Physik an der Technischen Oberschule vertiefen wollen und müssen. Bei diesen
fehlenden Kenntnissen handele es sich um einen persönlichen Grund im Sinne der Vorschrift. Als
persönlicher Grund werde beispielsweise auch anerkannt, wenn jemand Aussiedler, Spätaussiedler,
Heimatloser oder anerkannter Asylberechtigter sei. Auch dabei handele es sich um einen Grund, der in der
Person selbst liege. Nicht anders sei es, wenn jemand den Leistungsstand für ein Studium nicht zu haben
glaube und deshalb zunächst eine weitere Ausbildung absolviere, die ihn zum Studium befähigen solle.
Dieser sei ebenso wie der genannte Personenkreis objektiv nicht in der Lage, das anvisierte Studium zu
absolvieren. Beim Aussiedler oder Asylberechtigten scheitere die Aufnahme des Studiums zum früheren
Zeitpunkt eventuell an dessen Sprachkenntnissen, was vom BAföG anerkannt werde. Beim Kläger seien es
eben die mathematischen und physikalischen Kenntnisse.
13 Der Kläger habe auch nicht früher zum Studium zugelassen werden können, weil er keine
Krankenversicherung habe vorweisen können. Als Schüler bestehe in jedem Fall die Möglichkeit, sich
gesetzlich krankenzuversichern. Als Student stelle sich die Situation anders dar. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB
V seien Studenten längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres versicherungspflichtig. Da der Kläger
bei der Studienaufnahme älter gewesen sei, sei er in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht
versicherungspflichtig gewesen. Der Ausnahmetatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V sei nicht erfüllt. Der
Kläger habe sich auch nicht privat krankenversichern können, da er dazu nicht die erforderlichen Mittel
habe. Der Kläger habe die Ausbildung nach einer ihm zuzugestehenden etwas über drei Jahre dauernden
Orientierungsphase unverzüglich begonnen.
14 Der Kläger beantragt,
15 den Bescheid des Beklagten vom 15.10.2015 in der Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 11.07.2016
aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm Ausbildungsförderung für sein Studium an der
Hochschule ... in der Fachrichtung „T“ ab dem Wintersemester 2015/2016 in gesetzlicher Höhe zu
bewilligen.
16 Der Beklagte beantragt,
17 die Klage abzuweisen.
18 Zur Begründung verweist er zunächst auf den Widerspruchsbescheid. Weiter führt er aus, der Vergleich des
Klägers mit der Situation von Aussiedlern, Spätaussiedlern, Heimatlosen oder anerkannten Asylberechtigten
sei nicht tragfähig. Auch bei dem genannten Personenkreis würden persönliche Verzögerungsgründe nur
insoweit anerkannt, als diese aufgrund der politischen Situation im Herkunftsland nicht hätten beeinflusst
werden können. Dass dem genannten Personenkreis ein Zeitraum zum Erwerb ausreichender
Sprachkenntnisse eingeräumt werde, sei unter dem Gesichtspunkt nachvollziehbar, dass diese Personen die
entsprechenden Sprachkenntnisse in der Regel nicht schon früher hätten erwerben können. Hier liege der
Fall des Klägers anders. Es hätte in seiner Macht gestanden, seine Ausbildung so zu planen, dass er sich die
entsprechenden Kenntnisse vor dem Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung hätte aneignen können.
19 Der Prozessbevollmächtigte des Klägers verkenne bei seinen Ausführungen zur Versicherungspflicht für
Studierende, dass Personen, die das 30. Lebensjahr bereits vollendet hätten, dann versicherungspflichtig
seien, wenn sie die Zugangsvoraussetzungen zum Studium in einer Ausbildungsstätte des zweiten
Bildungsweges erlangt hätten. Dies treffe auf den Kläger zu, der die Zugangsvoraussetzungen an einem
Berufskolleg erworben habe, das zur Ausbildungsstättenart „Fachoberschule mit vorausgesetzter
Berufsausbildung“ gehöre und damit eine Ausbildung des zweiten Bildungsweges darstelle. Die
Krankenversicherung sei also kein Hinderungsgrund gewesen, das Studium unverzüglich nach dem Erwerb
der Zugangsvoraussetzungen zum Fachhochschulstudium im Juli 2012 aufzunehmen.
20 Der Kammer haben die Akten der Beklagten aus dem streitigen Bewilligungszeitraum vorgelegen. Wegen
der weiteren Einzelheiten wird darauf sowie auf die Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
21 Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung im
streitigen Bewilligungszeitraum, der das Wintersemester 2015/2016 und das Sommersemester 2016
umfasst.
22 Der Kläger hat bei der Aufnahme seines Studiums die Altersgrenze des 10 Abs. 3 Satz 1 BAföG - vollendetes
30. Lebensjahr bei Beginn des Ausbildungsabschnitts (Aufnahme des Studiums) - überschritten. Die
Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 Satz 2 und 3 BAföG, die eine Förderung der Ausbildung trotz
Überschreitung der allgemeinen Altersgrenze zulassen, liegen nicht vor.
23 Der Kläger erfüllt zwar die Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BAföG, da er die
Zugangsvoraussetzungen für sein Studium an einer Fachoberschulklasse, deren Besuch eine abgeschlossene
Berufsausbildung voraussetzt, erworben hat. Bei dem vom Kläger besuchten Berufskolleg zum Erwerb der
Fachhochschulreife handelt es sich um eine Ausbildungsstätte dieses Typs (vgl.
Ausbildungsstättenverzeichnis, herausgegeben vom Landesamt für Ausbildungsförderung Baden-
Württemberg, http://www.ausbildungsstaetten-bw.de/).
24 Der Kläger erfüllt aber nicht die weitere Voraussetzung des § 10 Abs. 3 Satz 3 BAföG, wonach die
Ausnahme nach § 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BAföG nur dann gilt, wenn die Ausbildung unverzüglich nach dem
Erreichen der Zugangsvoraussetzungen aufgenommen wird. Unverzüglich bedeutet ohne schuldhaftes
Zögern. Ein Verhalten des Auszubildenden ist dann schuldhaft und von ihm zu vertreten, wenn er
vorwerfbar eine rechtliche Obliegenheit verletzt. Grundsätzlich besteht für jeden die Pflicht, die Ausbildung
umsichtig zu planen und zielstrebig durchzuführen. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Nicht zu
vertreten sind regelmäßig die unter § 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 fallenden Hinderungsgründe (vgl.
Ramsauer/Stallbaum, Bundesausbildungsförderungsgesetz, 6. Auflage, 2016, § 10 Rn. 41 f.). Nach § 10 Abs.
3 Satz 2 Nr. 3 BAföG gilt die regelmäßige Altersgrenze nicht, wenn der Auszubildende aus persönlichen oder
familiären Gründen gehindert war, den Ausbildungsabschnitt rechtzeitig zu beginnen. Im vorliegenden
Kontext müssten diese Gründe nach dem Erwerb der Zugangsberechtigung zur Fachhochschule bis zur
Aufnahme des Fachhochschulstudiums vorgelegen haben.
25 Beim Kläger liegen aber keine Gründe vor, welche förderungsrechtlich die Aufnahme seines
Fachhochschulstudiums erst drei Jahre nach dem Erwerb der Fachhochschulreife rechtfertigen können.
Aufgrund der Ausführungen des Klägers in seinem Schreiben vom 23.08.2015 (BA II/014) hatte er bereits
nach dem Erwerb der Fachhochschulreife die feste Absicht, T zu studieren. Er begründete dies
nachvollziehbar damit, auf seinen beruflich und im Selbststudium erworbenen Vorkenntnissen aufbauen zu
wollen. Bei dieser Ausbildungsplanung hätte der Kläger das angestrebte Studium zu dem
zulassungsrechtlich nächst möglichen Zeitpunkt aufnehmen müssen. Dass der Kläger stattdessen eine
weiterführende allgemeinbildende Ausbildung aufnahm, nur um fehlende Kenntnisse in den Fächern Physik
und Mathematik für sein geplantes Studium zu erwerben, entschuldigt jedenfalls eine so lange Verzögerung
der Aufnahme seines Studiums nicht.
26 Der Fall des Klägers ist auch nicht mit den Fällen von Spätaussiedlern, Flüchtlingen oder
Ehegatten/Lebenspartnern eines Deutschen oder eines Unionsbürgers vergleichbar, denen vor der
Aufnahme einer Ausbildung ein angemessener Zeitraum zugebilligt wird, um sich in sprachlicher und
gegebenenfalls fachlicher Hinsicht auf eine Ausbildung vorzubereiten (vgl. Ramsauer/Stallbaum,
Bundesausbildungsförderungsgesetz, 6. Auflage, 2016, § 10 Rn. 29). Denn der Kläger hatte sich nicht, wie
es bei diesem Personenkreis nicht selten der Fall ist, wegen des Wechsels des Lebensmittelpunkts vom
Ausland nach Deutschland beruflich neu zu orientieren, eine Ausbildung aufzunehmen und gegebenenfalls
die Voraussetzungen dafür erst zu schaffen. Vielmehr wurde ihm bereits durch das Zeugnis des
Berufskollegs bescheinigt, die Voraussetzungen für die Aufnahme der angestrebten Ausbildung zu erfüllen.
27 Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Umweg über den Besuch der Technischen
Oberschule erforderlich war, um den Nachweis der Krankenversicherung als Immatrikulationsvoraussetzung
für die Fachhochschule erfüllen zu können.
28 Der Kläger gab zu seiner Krankenversicherungssituation an, dass er bis 1993 privat krankenversichert
gewesen sei. Die private Krankenversicherung habe dann das Versicherungsverhältnis beendet, weil er die
Versicherungsbeiträge nicht mehr habe bezahlen können (Schriftsatz vom 04.03.2016, BA II/062, II/060).
Erst im Jahr 2014 habe er aufgrund des Beitragsschuldengesetzes wieder einen Versicherungsschutz in der
gesetzlichen Krankenversicherung erlangen können. Im Anschluss an den Besuch der Technischen
Oberschule habe er sich freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung weiterversichern können. Ihn als
pflichtversicherten Studenten aufzunehmen, habe ihm seine Krankenversicherung verweigert.
29 Dass sich der Kläger auf dem geschilderten Weg (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 10, § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) wieder den
dauerhaften Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung eröffnet hat, ist nachvollziehbar. Erforderlich für
die Zulassung zum Studium war er indes nicht. Denn der Nachweis einer Krankenversicherung gehört nicht
in jedem Fall zu den Voraussetzungen einer Immatrikulation für ein Hochschulstudium. Das
Landeshochschulgesetz selbst regelt dazu in der Vorschrift über die Immatrikulation (vgl. § 60 LHG) nichts.
Danach ist das Bestehen eines Krankenversicherungsschutzes keine Voraussetzung für die Immatrikulation.
Die einschlägige Regelung findet sich vielmehr in § 254 SGB V. Danach haben versicherungspflichtige
Studenten vor der Einschreibung oder Rückmeldung an der Hochschule, soweit keine abweichende Regelung
über die Zahlweise nach § 254 Satz 2 SGB V vorliegt, die Beiträge im voraus an die zuständige
Krankenversicherung zu entrichten. Weist ein
als Student zu Versichernder
die Erfüllung der ihm
gegenüber der Krankenkasse aufgrund des SGB V auferlegten Verpflichtungen nicht nach, verweigert die
Hochschule die Einschreibung oder die Annahme der Rückmeldung. Damit korrespondiert eine Regelung im
Landeshochschulgesetz über die Exmatrikulation (vergleiche § 62 Abs. 2 Nr. 5 LHG). § 254 SGB V
beschränkt sich aber schon nach seinem Wortlaut auf Studenten, die nach § 5 Abs.1 Nr. 9 SGB V
versicherungspflichtig sind. Eine vom Gesetzgeber angedachte Regelung im Hochschulrahmengesetz über
den Nachweis eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes nicht versicherungspflichtiger Studenten
wurde nicht umgesetzt (vgl. Peters, in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Loseblattsammlung, §
254 SGB V Rn. 3).
30 Daraus folgt, dass eine Immatrikulation des Klägers nur dann vom Nachweis der Erfüllung einer
Versicherungspflicht abhängig gemacht werden könnte, wenn der Kläger gerade nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V
versicherungspflichtig wäre. Danach sind Studenten nach Vollendung des 30. Lebensjahres nur
versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere
der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs die
Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigen. Erfüllt der Kläger diese Voraussetzungen, ist er aber bereits
deshalb versichert und muss für die Einschreibung nur noch die weiteren Anforderungen des § 254 SGB V
erfüllen. Liegen die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V nicht vor, besteht auch keine
Versicherungspflicht, von welcher die Immatrikulation zum Hochschulstudium abhängig gemacht werden
könnte.
31 Selbst wenn die Argumentation des Kläger zuträfe, wäre es nicht erforderlich gewesen, die Technische
Oberschule drei Jahre zu besuchen, um als Schüler pflichtversicherungspflichtig zu werden und sich danach
freiwillig weiter zu versichern. Dazu reichte nach § 9 Abs. 1 SGB V ein Zeitraum von 12 Monaten vor dem
Ausscheiden aus der Pflichtversicherung (Beendigung des Schulbesuchs nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 SGB V) aus.
32 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer macht von der Möglichkeit des § 167
Abs. 2 VwGO, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären, keinen Gebrauch. Das
Verfahren ist nach § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.