Urteil des VG Schleswig-Holstein vom 14.03.2017

VG Schleswig-Holstein: stand der technik, körperliche unversehrtheit, ausübung des enteignungsrechts, überwiegendes öffentliches interesse, grundstück, vollständige entschädigung, energieversorgung

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Gericht:
Schleswig-
Holsteinisches
Verwaltungsgericht
12. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 A 193/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 EnteigG PR, §§ 15 EnteigG
PR, § 3 GasHDrLtgV, § 43
EnWG, § 45 EnWG
Zur Zulässigkeit der Enteignung zur öffentlichen
Energieversorgung
hier: Erdgashochdruckleitung
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 110 % der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der
Beklagte und/oder die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher
Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen enteignungsrechtlichen
Planfeststellungsbeschluss, durch den sein Grundstück zwangsweise mit einer
beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zur Duldung einer Erdgasleitung belastet
wird.
Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstückes, welches die Flurstücke … und …,
Flur … Gemarkung …, Grundbuch von A-Stadt, Blatt …, umfasst. Bei diesen
Flächen handelt es sich um im Außenbereich gelegene landwirtschaftlich genutzte
Flurstücke. Umliegend befinden sich weitere landwirtschaftlich genutzte Flächen.
Die Beigeladene ist Rechtsnachfolgerin der AG und betreibt seit Oktober 2001 eine
von … über … nach … verlaufende Öltransportleitung der … als
Erdgashochdruckleitung. Es handelt sich um eine kathodisch geschützte
Stahlrohrleitung DN 250, die mit der Druckstufe PN 70 betrieben wird und eine
Regelüberdeckung von etwa 1 m aufweisen soll. Sie durchläuft das Grundstück des
Klägers in Ost-West-Richtung auf einer Länge von 393 m.
Im Jahre 1964 errichtete die … die hier in Rede stehende Leitung, um sie für den
Erdöltransport von … nach … über eine Distanz von 90 km zu nutzen. Die … AG
erwarb diese Leitung im Jahre 2000 und rüstete sie zu einer
Erdgashochdruckleitung um. Die Beigeladene bemüht sich seit etwa dem Jahre
2003, mit dem Kläger eine Einigung über die Nutzung seines Grundstücks für die
Erdgashochdruckleitung zu erzielen. Zu einer solchen Einigung ist es nicht
gekommen.
Auf Antrag der Beigeladenen (Schreiben vom 06. April und 04. Juli 2006) stellte das
… mit Bescheid vom 21. Juli 2006 die Zulässigkeit der Enteignung fest. Zur
Begründung gab es im Wesentlichen an, dass es sich bei dem Vorhaben der
Beigeladenen, nämlich der Nutzung einer bisherigen Ölleitung als
Erdgashochdruckleitung, um ein solches zum Zwecke der Energieversorgung
handele. Die Beigeladene sei verpflichtet, zur Gewährleistung einer möglichst
sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und
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sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und
umweltverträglichen Energieversorgung im Interesse der Allgemeinheit tätig zu
werden. Mit der Realisierung des Vorhabens werde eine wesentliche Verbesserung
der Versorgungssicherheit des bestehenden Erdgashochdrucknetzes erreicht.
Zudem ersetze die Leitung die zwischenzeitlich abgängige Verdichterstation in …,
die anderenfalls mit erheblichem Aufwand überholt und modernisiert werden
müsste. Des Weiteren würden durch die Nachnutzung der ca. 90 km langen
Leitung für die Erdgasversorgung erhebliche Eingriffe in Natur und Landschaft als
auch volkswirtschaftlich unsinnige Aufwendungen für die Neuverlegung einer
Leitung vermieden werden. Eine alternative Trassenführung komme nicht in
Betracht. Die Verlegung der Erdgasleitung außerhalb der betroffenen Flurstücke in
der Gemarkung … und … sei zwar grundsätzlich möglich, allerdings müsse der
hohe finanzielle Mehraufwand berücksichtigt werden. Außerdem seien Fragen der
naturschutzrechtlichen Genehmigungsfähigkeit einer solchen Trasse ebenso wenig
geklärt wie die Tatsache, ob in einem solchen Falle andere Grundstückseigentümer
überhaupt bereit wären, eine Leitungsführung zu dulden.
Nach alledem liege die Realisierung des angestrebten Vorhabens im Interesse der
Allgemeinheit.
Mit Schreiben vom 05. September 2006 beantragte die Beigeladene die Einleitung
eines Enteignungs- und Entschädigungsfeststellungsverfahrens gegen den Kläger.
Sie legte diesem Antrag eine Schlussbescheinigung des TÜV-… vom 16.
September 2002 bei, welcher den Leitungsbetrieb mit Bescheid vom 29. August
2001 freigegeben hatte. Weiterhin fügte sie dem Antrag einen
Unbedenklichkeitsbescheid des Landesbergamtes … vom 27. November 2002
bei, in dem das Amt darauf hinwies, dass Untersuchungen zur Wirksamkeit des
kathodischen Korrosionsschutzes und zum ordnungsgemäßen Zustand des
Schutzstreifens als betriebliche Maßnahmen kontinuierlich weiter geführt werden
müssten und dafür Sorge zu tragen sei, dass eine ausreichende Erddeckung,
insbesondere auf Ackerflächen, von ca. 1 m vorliege. Dies setze regelmäßige
Überprüfungen und bei Feststellung von Unterschreitungen die Anordnung
entsprechender Sicherungsmaßnahmen voraus.
Unter dem 04. Januar 2007 wurde der Plan vorläufig festgestellt. Die vor dem
Erlass des (endgültigen) Planfeststellungsbeschlusses erforderliche Planauslegung
erfolgte in der Zeit vom 30. Januar bis zum 12. Februar 2007. Der Kläger erhob mit
Schreiben vom 10. Februar 2007 Widerspruch. Nach einer Begehung der
Örtlichkeiten fand am 07. Mai 2007 ein Erörterungstermin statt. Der Kläger trug
vor, dass ihm das Eigentum an seinem Grundstück entzogen werden solle;
zumindest gehe mit dem Betrieb der Erdgasleitung eine erhebliche
Wertminderung seines Grundstücks einher. Darüber hinaus gab er zu bedenken,
dass Gasleitungen explodieren könnten. Dies sei bereits in Russland passiert.
Weiterhin könne es Schwierigkeiten bei der Verlegung der Drainage geben.
Schließlich bat er um Überprüfung, ob die Erdgashochdruckleitung noch die
vorgeschriebene Erddeckung aufweise. Einer dinglichen Absicherung könne er
nicht zustimmen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll des
Erörterungstermins vom 07. Mai 2007 (Bl. 154 - 158 der Beiakte A) verwiesen.
Nach weiterer Korrespondenz zwischen dem (seinerzeitigen) Vertreter des Klägers
und der Beigeladenen bezüglich der Frage, ob eine ausreichende Erddeckung über
der auf dem Grundstück des Klägers liegenden Leitung vorhanden sei, kam es am
18. Februar und am 03. März 2008 zu zwei weiteren Ortsbegehungen. Die am 03.
März 2008 auf ausdrücklichen Wunsch des Klägers durchgeführten Aufgrabungen
ergaben, dass die Regelüberdeckung an einer Stelle nicht der Mindestdeckung von
1,00 m entsprach. Nachdem die Beklagte die Beigeladene darauf hingewiesen
hatte, dass insoweit die Leitung nicht den Anforderungen der Nr. 3 des Anhangs zu
§ 3 Abs. 1 Gashochdruckleitungsverordnung (GasHDrLtgV) entspreche und
deshalb die Voraussetzungen einer Enteignung nicht vorlägen, bekundete die
Beigeladene, dass sie die Minderdeckung beseitigen wolle. Sie teilte mit, die auf
dem Grundstück des Klägers befindliche Leitung insgesamt frei zu legen und
abzusenken, so dass die erforderliche Tiefe und damit überall eine ausreichende
Erddeckung erreicht werde. Ein Sachverständiger solle zuvor die entsprechenden
Feststellungen über die Tieferlegung treffen. Nachdem der Kläger dem
eingeschalteten Sachverständigen … vom TÜV… das Betreten seines
Grundstückes verweigert hatte, erließ der Beklagte auf Antrag der Beigeladenen
unter dem 20. August 2008 eine Duldungsverfügung, mit der der Kläger
verpflichtet wurde, dem Sachverständigen zu ermöglichen, sein -des Klägers -
Grundstück zu betreten und Bodenuntersuchungen durch eine beauftragte
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Grundstück zu betreten und Bodenuntersuchungen durch eine beauftragte
Baufirma durchführen zu lassen. Wegen der Einzelheiten der Duldungsverfügung
wird auf Bl. 372 - 374 der Beiakte C Bezug genommen.
In seinem Gutachten vom 28. November 2008, ergänzt durch Schreiben vom 29.
Januar 2009, stellte der Sachverständige fest, dass im Leitungsbereich an zwei
Stellen eine Minderdeckung (0,67 bzw. 0,72 m) vorhanden sei. Um die
ausreichende Deckung zu erreichen, gebe es insgesamt vier Möglichkeiten
(Neuverlegung, Bodenauftrag, Aufbringen von Halbschalen sowie Tieferlegung). Da
eine Neuverlegung mit unvertretbaren hohen Kosten verbunden sei und andere
Eigentümer von der Verlegung betroffen seien, ein Bodenauftrag vom Kläger
abgelehnt werde sowie das Aufbringen von Halbschalen die Bodendeckung der
Leitung noch mehr verringern würde, empfahl der Sachverständige die
Tieferlegung der Leitung.
Mit Bescheid vom 04. Februar 2009 erteilte das Landesamt für Bergbau, Energie
und Geologie in … einen Nichtbeanstandungsbescheid und teilte mit, dass mit den
Arbeiten begonnen werden könne. Den dagegen vom Kläger erhobenen
Widerspruch wies das Landesamt mit Bescheid vom 25. März 2009 zurück. Dieser
Widerspruchsbescheid ist bestandskräftig.
Unter dem 21. Juli 2009 erließ der Beklagte den hier streitgegenständlichen
enteignungsrechtlichen Planfeststellungsbeschluss. Zur Begründung gab er im
Wesentlichen an, dass der vorläufig festgestellte Plan endgültig festzustellen sei,
da die erforderlichen Genehmigungen und Erlaubnisse für die Inbetriebnahme der
Leitung vorlägen und der Weiterbetrieb der Leitung zum Wohle der Allgemeinheit
höher zu bewerten sei als das Interesse des Klägers an einer ungestörten
Ausübung seines Eigentums. Das enteignungsrechtliche
Planfeststellungsverfahren sei nach dem im Land Schleswig-Holstein als
Landesenteignungsgesetz geltenden Gesetz über die Enteignung von
Grundeigentum vom 11. Juni 1874 („Preußisches Enteignungsgesetz“, PrEG) in der
Fassung des 2. Gesetzes über den Abschluss des Schleswig-Holsteinischen
Landesrechtes vom 13. Dezember 1973, zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.
Juni 2004, durchzuführen. Die in den Vorschriften der §§ 18 - 20 PrEG
vorgeschriebenen Förmlichkeiten seien beachtet worden; zudem habe auch die
zuständige Energieaufsichtsbehörde die - notwendige - Zulässigkeit der
Enteignung im Bescheid vom 21. Juli 2006 festgestellt.
Nach Nr. 3 des Anhanges zu § 3 Abs. 1 GasHDrLtgV seien Gashochdruckleitungen
gegen äußere Einwirkungen zu schützen. Würden solche Leitungen unterirdisch
verlegt, müsse die Höhe der Erddeckung den örtlichen Verhältnissen angepasst
werden. Insbesondere müsse gesichert sein, dass die Leitungen durch die im
Schutzstreifen zulässige Nutzung nicht gefährdet würden. Die Erddeckung müsse
dauernd erhalten bleiben. Zwar müsse gemäß den einschlägigen Vorschriften die
Rohrdeckung nur mindestens 0,8 m betragen. Da die Erddeckung der Leitung hier
jedoch ursprünglich 1 m betragen habe, diese Erddeckung dauernd erhalten
bleiben müsse und zudem der Kläger erklärt habe, dass er seinen Acker bis auf
0,35 m umpflüge und die Fahrspuren mit einem Tiefenlockerer bis zu einer Tiefe
von 0,8 m auflockere, sei eine Erddeckung von 1 m erforderlich. Dies sei auch
bereits im Unbedenklichkeitsbescheid des Landesbergamtes vom 27. November
2002 vorgeschrieben worden. Nachdem der Sachverständige festgestellt habe,
dass an zwei Stellen nur eine Erddeckung von 0,67 m bzw. 0,72 m vorliege, plane
die Beigeladene die ausreichende Deckung durch eine Tieferlegung der Leitung zu
erreichen. Dies sei nach den Ausführungen des Sachverständigen auch die
sachgerechteste Lösung, was auch vom Landesamt für Bergbau in seinem
Nichtbeanstandungsbescheid vom 04. Februar 2009 so gesehen werde. Bislang
habe der rechtswidrige Zustand aber nicht beseitigt werden können, weil der
Kläger sich geweigert habe, den Sachverständigen auf sein Grundstück zu lassen.
Allein in seinem Interesse hätte es gelegen, eine ausreichende Erddeckung
möglichst schnell wiederherzustellen. Tatsächlich habe der Kläger jedoch durch die
von ihm verursachte Verzögerung gezeigt, dass es ihm primär nicht um die
Sicherheit der Leitung gehe. Auch wenn sich die ursprünglichen Messergebnisse
der Beigeladenen, die mittels elektromagnetischer Messung mit dem Aquaphon
EWL gewonnen worden seien, sich als falsch herausgestellt hätten, könne nicht der
Schluss gezogen werden, dass die Beigeladene nicht die erforderliche
Zuverlässigkeit zum Betreiben einer Erdgashochdruckleitung besitze. Vielmehr
habe die zuständige Aufsichtsbehörde in dem Nichtbeanstandungsbescheid vom
04. Februar 2009 deutlich gemacht, dass sie keine sicherheitstechnischen
Bedenken gegen die von der Beigeladenen beabsichtigte Tieferlegung der Leitung
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Bedenken gegen die von der Beigeladenen beabsichtigte Tieferlegung der Leitung
habe. Die Beigeladene habe durch ihr Verhalten gezeigt, dass sie bestrebt sei, die
gesetzlichen und behördlichen Anforderungen an den Betrieb der Leitung
unverzüglich zu erfüllen und die vorgeschriebene Erddeckung von etwa 1 m durch
Tieferlegung (wieder-)herzustellen. Allein aus der Umwidmung der Leitung von
einer Öltransportleitung zu einer Erdgashochdruckleitung könne nicht der Schluss
gezogen werden, dass die Leitung nicht die sicherheitstechnischen Anforderungen
an Erdgashochdruckleitungen erfülle. Vielmehr seien sicherheitstechnische
Bedenken in dieser Hinsicht durch den Unbedenklichkeitsbescheid vom 27.
November 2002 sowie der Schlussbescheinigung des TÜV… vom 16. September
2002 ausgeräumt worden. Schließlich habe die Beigeladene auch die
erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen für künftige Störfälle getroffen; durch
entsprechende Absperrvorrichtungen sei dafür gesorgt worden, dass die
Gashochdruckleitung jederzeit gefahrlos außer Betrieb genommen werden könne.
Insoweit sei sichergestellt, dass etwaige Sicherheitsrisiken rechtzeitig erkannt und
behoben würden.
Im Rahmen der Abwägung müssten die privaten Belange des Klägers hinter dem
Wohl der Allgemeinheit zurücktreten. Die Planfeststellungsbehörde habe bereits in
zwei Parallelverfahren vom 23. Oktober 2003 und vom 22. Mai 2007 ebenfalls
enteignungsrechtliche Planfeststellungsbeschlüsse betreffend festgestellt, dass
die öffentlichen Belange zugunsten des Weiterbetriebs der Anlage schwerer wögen
als die diesen gegenüberstehenden privaten Belange der betroffenen
Grundstückseigentümer. Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht habe
auch mit Urteil vom 04. März 2005 (12 A 408/03) die Rechtmäßigkeit des ersten
Planfeststellungsbeschlusses bestätigt. Die Klage gegen den zweiten
Planfeststellungsbeschluss sei zurückgenommen worden. Den privaten Belangen
des Klägers stehe der öffentliche Belang der Sicherstellung einer ausreichenden
und sicheren Versorgung mit preisgünstigem Erdgas in weiten Teilen Schleswig-
Holsteins beim minimierten Eingriff in die natürlichen Ressourcen gegenüber.
Hierfür sei die vorläufig festgestellte Führung der Erdgashochdruckleitung
geeignet, erforderlich und auch verhältnismäßig. Ohne die dingliche Sicherung des
Leitungsrechtes durch Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit
im Grundbuch habe der Kläger einen zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch
gegenüber der Beigeladenen. Er könne die Durchleitung des Erdgases verbieten
lassen und die Versorgungssicherheit des Erdgashochdrucknetzes gefährden.
Ohne die zwangsweise Beschränkung des Grundeigentums könne die Beigeladene
die gesetzlichen und behördlichen Anforderungen an die Erddeckung der Leitung
von etwa 1 m nicht wiederherstellen. Ihr sei es ohne Teilenteignung nicht möglich,
die Leitung entsprechend den gesetzlichen und behördlichen Anforderungen zu
betreiben. Die Einhaltung der vorgeschriebenen Erddeckung liege im Interesse der
Sicherheit der Leitung und nicht zuletzt auch im Interesse der Sicherheit des
Klägers. Die Inanspruchnahme des Grundstücks des Klägers stelle auch das
mildeste Mittel zur Verbesserung der Versorgungssicherheit des
Erdgashochdrucknetzes dar. Durch die Nachnutzung der bereits vorhandenen
Leitungen könnten erhebliche Eingriffe in Natur und Umwelt vermieden werden.
Eine (Neu-) Verlegung der Leitungen wäre überdies, neben neuen Eingriffen in den
Boden und in die Natur und Landschaft, mit einem erheblichen zusätzlichen
finanziellen und tatsächlichen Aufwand verbunden. Neben dem Eingriff, die die
Neuverlegung an anderer Stelle mit sich brächte, wäre zusätzlich noch ein weiterer
vermeidbarer Eingriff verbunden, der durch den dann erforderlichen Rückbau der
vorhandenen Leitung entstünde, auf den der Kläger aber auch andere
Grundstückseigentümer einen Rechtsanspruch hätten. Dieser „ doppelte“, mit
erheblichen Eingriffen in den Boden verbundene Aufwand könne nur dann
vermieden werden, wenn die vorhandene Transportleitung wie beantragt
umgenutzt werde. Schließlich ersetze die Erdgasleitung nach den zutreffenden
Feststellungen der Energieaufsichtsbehörde auch die abgängige Verdichterstation
in …, die ansonsten mit erheblichem Aufwand überholt und modernisiert werden
müsste. Maßgebend sei weiterhin, dass die verfahrensbetroffenen Flächen
dadurch vorbelastet seien, dass dort unterirdisch eine Transportleitung bereits
verlegt sei. Nach dem Gesichtspunkt der „Vorbelastung von Grundstücken“, der
insbesondere im Bau- und Planungsrecht bekannt sei, sei eine
Grundstücksnutzung gegenüber einem Vorhaben umso schutzwürdiger, je weniger
sie durch Störfaktoren bereits tatsächlich vorbelastet sei; umgekehrt wirke sich
eine Vorbelastung schutzmindernd aus. Im Rahmen der Abwägung könne die
jahrelange tatsächliche Inanspruchnahme eines Grundstückes zu Zwecken der
öffentlichen Energieversorgung entsprechend berücksichtigt werden. Dies alles
spreche eindeutig für die Umnutzung der vorhandenen Leitung auf dem
Grundstück des Klägers. Das gelte schließlich umso mehr, als es sich bei seinem
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Grundstück des Klägers. Das gelte schließlich umso mehr, als es sich bei seinem
Grundstück um rein landwirtschaftlich genutzte Flächen handle. Der Kläger werde
endlich durch die quer über seinen Acker laufende Leitung auch nicht
unangemessen in der Ausübung seines Eigentums beeinträchtigt. Nach der
Tieferlegung könne er seinen Acker ohne weitere Einschränkungen bewirtschaften.
Die vorübergehende Störung der Ausübung seines Eigentumsrechts während der
Bauarbeiten sei ihm zumutbar.
Der Kläger hat unter dem 24. August 2009 Klage erhoben.
Er trägt im Wesentlichen vor, dass die Voraussetzungen für den
Planfeststellungsbeschluss nicht vorlägen. Die Beigeladene sei unzuverlässig und
somit nicht berechtigt, eine Erdgashochdruckanlage, eine Gefahrenanlage, zu
betreiben. Trotz zweimaligen Hinweises habe sie es versäumt, die
Regelüberdeckung zu überprüfen. Sie habe lediglich auf den Bescheid des TÜV…
vom 27. November 2002 verwiesen. Die zunächst durchgeführten Messungen
seien mit dem Aquaphon ELW durchgeführt worden. Grabungen hätten seinerzeit
nicht stattgefunden. Auch beim ersten Ortstermin am 18. Februar 2008 sei
entgegen seinem Wunsch wiederum nur eine Messung mit dem Aquaphon
durchgeführt worden. Der Mitarbeiter der Beigeladenen habe ihn - den Kläger -
massiv bedrängt, diese Messungen als ausreichend anzusehen. In den
vergangenen acht Jahren habe die Beigeladene keine Minderdeckung bemerkt und
habe auch keine Überprüfungen veranlasst. Dies alles zeige, dass sie
unzuverlässig sei. Schließlich seien entgegen den Feststellungen des
Sachverständigen nicht nur an zwei, sondern an vier Stellen Minderdeckungen
vorhanden. An den Messstellen Nr. und habe die Deckung jeweils nur 0,98 m
betragen. Im Übrigen mache er generelle Bedenken gegen die Sicherheit der
Gasleitung geltend; in Hessen sei am 27. August 2008 eine solche Leitung
explodiert. Er werde in seinem Recht auf körperliche Unversehrtheit verletzt.
Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 21. Juli 2009 (und den vorläufig
festgestellten Plan vom 04. Januar 2007) aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtmäßig ergangen sei. Die
Zuverlässigkeit des Leitungsbetreibers sei weder im enteignungsrechtlichen
Planfeststellungsverfahren noch vom Landesamt für Bergbau, Energie und
Geologie zu prüfen. Dies ergebe sich daraus, dass eine solche
Zuverlässigkeitsprüfung nach der GasHDrLtgV nicht vorgesehen sei. Dessen
ungeachtet sei die Beigeladene unmittelbar nach der Feststellung der
Minderdeckung bestrebt gewesen, die gesetzlichen und behördlichen
Anforderungen an den Betrieb der Leitung zu erfüllen und die vorgeschriebene
Erddeckung von ca. 1 m wiederherzustellen. Die Abwägungsentscheidung sei
schließlich ebenfalls rechtmäßig. Die Belange des Klägers müssten zum Wohle der
Allgemeinheit zurücktreten. Insoweit verweise sie auf die Ausführungen in dem
angefochtenen Beschluss.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie trägt vor, dass sämtliche
Eigentümer mit Schreiben vom 15. September 2000 angeschrieben worden seien,
in dem sie darüber informiert worden seien, dass die fragliche Leitung nunmehr als
Gashochdruckleitung genutzt werden solle. Bei den zunächst durchgeführten
Messungen mit dem Aquaphon ELW sei es deshalb zu fehlerhaften Messungen
gekommen, weil die Steuerleitung für die Erdöl/Erdgasleitung, die durch das
Aquaphon habe geortet werden sollen, nicht wie üblich auf, sondern neben der
Erdgasleitung gelegen habe. Die Ursache sei somit nicht in einem fehlerhaften
Messgerät, sondern in der atypischen Installation der Steuerungsleitung zu sehen.
Nach Feststellung der Unterdeckung habe sie unverzüglich alle Maßnahmen
eingeleitet, um die Unterdeckung zu beseitigen. Allein der Kläger habe die
ordnungsgemäße Herstellung bisher verhindert. Ob tatsächlich - wie vom Kläger
behauptet - an zwei weiteren Stellen eine Unterdeckung vorhanden sei, sei
unerheblich. In dem Unbedenklichkeitsbescheid des Landesbergamtes vom 27.
November 2002 sei lediglich gefordert, dass eine Deckung von etwa 1 m
einzuhalten sei. Eine geringfügige Unterschreitung von wenigen cm sei somit
unschädlich.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der enteignungsrechtliche Planfeststellungsbeschluss ist rechtmäßig und verletzt
den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
Zur Begründung nimmt die Kammer zunächst in entsprechender Anwendung des
§ 117 Abs. 5 VwGO Bezug auf die für zutreffend zu erachtende Begründung im
angefochtenen Beschluss.
Im Einzelnen ist vertiefend Folgendes auszuführen:
Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist die Bestimmung des § 45 Abs. 1 Nr.
2 des Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung
(Energiewirtschaftsgesetz - EnWG -). Danach ist die Entziehung oder die
Beschränkung von Grundeigentum oder von Rechten am Grundeigentum im Wege
der Enteignung zulässig, soweit sie zur Durchführung eines sonstigen Vorhabens
zum Zwecke der Energieversorgung erforderlich ist. Die Zulässigkeit der
Enteignung ist in den Fällen des Abs. 1 Nr. 2 durch die nach Landesrecht
zuständige Behörde festzustellen (Abs. 2 S. 3). Einer (selbständigen)
fachplanerischen Feststellung des Vorhabens bedarf es nicht, weil die
Gasversorgungsleitung lediglich einen Durchmesser von 250 mm aufweist (vgl. §§
45 Abs. 1 Nr. 1 iVm 43 Satz 1 Nr 2 EnWG, wonach eine solche planungsrechtliche
Genehmigung erst bei einem Durchmesser ab 300 mm erforderlich ist). Nach § 45
Abs. 3 EnWG wird das Enteignungsverfahren durch Landesrecht geregelt.
Vorliegend ist die Zulässigkeit der Enteignung vom MWWV, der nach Schleswig-
Holsteinischem Landesrecht zuständigen Behörde, durch Bescheid vom 21. Juli
2006 festgestellt worden. Dort ist im Einzelnen dargelegt, dass die Beschränkung
von Rechten am Grundeigentum des Klägers für den Betrieb der
Erdgashochdruckleitung zum Zwecke der öffentlichen Energieversorgung im Wege
der Enteignung erforderlich ist und dass die Interessen der Allgemeinheit an der
Versorgung mit Erdgas höher zu bewerten sind als die privaten Interessen des
Klägers an der ungeschmälerten Ausübung seines Eigentumsrechts (vgl. i. E. die
Ausführungen im Bescheid vom 21. Juli 2006, worauf zur Vermeidung von
Wiederholungen Bezug genommen wird).
Das in der Bestimmung des § 45 Abs. 3 EnWG genannte landesrechtliche
Enteignungsverfahren findet seine Grundlage im Gesetz über die Enteignung von
Grundeigentum vom 11. Juni 1874 (PreußGS 221 - sog. „Preußisches
Enteignungsgesetz“ (PrEG)) idF des zweiten Gesetzes über den Abschluss des
Schleswig-Holsteinischen Landesrechtes vom 13. Dezember 1973 (GVOBl. S. 440),
zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Juni 2004 (GVOBl. S. 153).
Nach § 1 PrEG kann das Grundeigentum nur aus Gründen des öffentlichen Wohls
für ein Unternehmen, dessen Ausführung die Ausübung des Enteignungsrechts
erfordert, gegen vollständige Entschädigung entzogen oder beschränkt werden.
Eine Enteignung zugunsten eines privatrechtlichen Unternehmens ist dann
zulässig, wenn diesem durch Gesetz oder aufgrund Gesetzes die Erfüllung einer
dem Gemeinwohl dienenden Aufgabe zugewiesen und zudem sichergestellt ist,
dass es zum Nutzen der Allgemeinheit geführt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom
20. März 1984 - 1 BvL 28/82 - juris).
Die Sicherstellung der Energieversorgung der Bevölkerung ist eine Aufgabe von
erheblicher Bedeutung. Die Versorgung mit Energie gehört zur Daseinsvorsorge
und ist zur Gewährung einer menschenwürdigen Existenz geradezu unerlässlich
(BVerfG, Beschluss vom 20. März 1984 aaO). Ausreichend ist in diesem
Zusammenhang, dass der Betrieb der hier in Rede stehenden Leitung der
wesentlichen Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung dient. Dies ist bei der
Leitung der Beigeladenen aus den im Bescheid des MWWV im Bescheid vom 21.
Juli 2006 genannten Gründen vorliegend der Fall.
Die in den Vorschriften der §§ 18 - 20 PrEG vorgeschriebenen Förmlichkeiten sind
beachtet worden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden
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beachtet worden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden
Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss vom 21. Juli 2009 (S. 11 f.) verwiesen.
Insoweit werden vom Kläger auch keine Einwendungen erhoben.
Auch in materieller Hinsicht ist nichts gegen den Planfeststellungsbeschluss vom
21. Juli 2009 zu erinnern. Auch insoweit kann zunächst auf die ausführlichen und
zutreffenden Darlegungen des Beklagten im angefochtenen Beschluss (S. 12 - 20)
Bezug genommen werden.
Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses ergibt sich insbesondere
nicht aus der - vom Kläger im Grunde genommen allein in den Mittelpunkt seiner
Klagbegründung gestellten - behaupteten Unzuverlässigkeit des
Leitungsbetreibers, der Beigeladenen. Nach § 49 Abs. 1 EnWG sind Energieanlagen
so zu betreiben, dass die technische Sicherheit gewährleistet ist. Zu beachten sind
dabei die allgemein anerkannten Regeln der Technik. Die Einhaltung dieser Regeln
wird vermutet, wenn bei Anlagen zur Erzeugung, Fortleitung und Abgabe von Gas
die Technischen Regeln des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfachs e. V.
eingehalten worden sind (§ 49 Abs. 2 Nr. 2 EnWG). Ebenso schreibt § 3 Abs. 1 der
Verordnung über Gashochdruckleitungen (GasHDrLtgV) iVm den Vorschriften des
Anhangs zu dieser Verordnung vor, dass Gashochdruckleitungen nach dem Stand
der Technik errichtet und betrieben werden müssen. Gemäß Nr. 3 des Anhangs zu
§ 3 Abs. 1 GasHDrLtgV sind Gashochdruckleitungen gegen äußere Einwirkungen zu
schützen. Die Höhe der Erddeckung muss bei unterirdischer Verlegung den
örtlichen Verhältnissen angepasst werden und es muss gesichert sein, dass die
Leitungen durch zulässige Nutzung nicht gefährdet werden.
Vorliegend ist, nicht zuletzt weil der Kläger vorgetragen hat, die Fahrspuren mit
einem Tiefenlockerer bis zu einer Tiefe von 0,80 m aufzulockern, eine
Mindestdeckung von etwa 1,00 m für erforderlich gehalten worden (s. a. Bescheid
des Landesbergamtes vom 20. November 2002).
Zwar ist zutreffend, dass die Beigeladene zunächst falsche Messergebnisse
bezüglich der Erdüberdeckung erzielt hat. Diese gab sie seinerzeit mit 1,10 bis
1,70 m an. Aufgrabungen wurden zunächst auch nicht durchgeführt. Die
Beigeladene hat aber in dieser Hinsicht für das Gericht nachvollziehbar dargelegt,
dass die mit dem Aquaphon EWL durchgeführten Messungen deshalb fehlerhaft
gewesen sind, weil - atypischer weise - die zu ortende Steuerleitung nicht über,
sondern neben der Erdgasleitung verläuft. Insoweit zeigten die ersten
Messergebnisse höhere Erdüberdeckungen an, als tatsächlich vorhanden waren.
Der Beigeladenen kann deshalb nicht der Vorwurf gemacht werden, bewusst
fehlerhafte Messungen durchgeführt zu haben bzw. bewusst die Unwahrheit
gesagt zu haben. Aus dem Akteninhalt und den Feststellungen der
Planfeststellungsbehörde ergibt sich vielmehr, dass die Beigeladene die
erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen für künftige Störfälle getroffen,
insbesondere durch entsprechende Absperrvorrichtungen Vorsorge dafür getroffen
hat, dass die Gashochdruckleitung jederzeit gefahrlos außer Betrieb genommen
werden kann (vgl. dazu 6.3 der Schlussbescheinigung des TÜV vom 16.
September 2002). Weiterhin hat sie eine aktuelle Sicherheitsüberprüfung, wie die
Intensivmessung des kathodischen Schutzes der Leitung, durch die Firma …
vorgenommen (Gutachten vom 31. Juli 2007, Bl. 201-213 der Beiakte A). Deren
Gutachten legt dar, dass die Anforderungen der Verordnung über
Gashochdruckleitungen erfüllt sind, den Vorschriften des Anhanges zu § 3 Abs. 1
GasHDrLtgV Rechnung getragen worden ist und die Leitung dem Stand der
Technik entspricht. Schließlich hat die Beigeladene unverzüglich nach Feststellung
der vorhandenen Minderdeckung alles in die Wege geleitet, um - durch die
Tieferlegung der Leitung, welche vom Sachverständigen als sachgerechteste
Lösung empfohlen wurde - eine ordnungsgemäße Abdeckung zu erreichen. In
diesem Zusammenhang kann die vom Kläger behauptete Unterdeckung an vier
Stellen vom Gericht nicht nachvollzogen werden. Diese Behauptung findet
jedenfalls keine Bestätigung im Messprotokoll des Gutachters vom 30. Oktober
2008 (Bl. 420 der Beiakte B). Danach sind bei den vom Kläger insoweit in Bezug
genommenen Suchschachtungen Nr. … und … Erddeckungen von 1,00 bzw. 1,01
m und damit eine ausreichend Überdeckung festgestellt worden.
Selbst wenn man davon ausginge, dass - wie vom Kläger vorgetragen - an diesen
Stellen die Erddeckung lediglich 0,98 m betrüge, bedürfte dies keiner Korrektur.
Denn im Unbedenklichkeitsbescheid des Landesbergamtes vom 27. November
2002 heißt es, dass eine Deckung von etwa 1,00 m einzuhalten ist. Eine
Unterschreitung um wenige cm wäre damit unschädlich.
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Auch das im Beschluss vom 21. Juli 2009 enthaltene Abwägungsergebnis ist nicht
zu beanstanden. Der Beklagte ist insoweit zutreffend zu dem Ergebnis gekommen,
dass die privaten Belange des Klägers hinter dem Wohl der Allgemeinheit
zurückzutreten haben. Die öffentlichen Belange ergeben sich insbesondere aus
der durch die zuständige Energieaufsichtsbehörde im Bescheid vom 21. Juli 2006
festgestellten wesentlichen Verbesserung der Versorgungssicherheit weiter
Bevölkerungskreise an der Schleswig-Holsteinischen Westküste bis hinauf nach
Sylt bei gleichzeitiger Schonung von natürlichen Ressourcen. Es besteht ein
überwiegendes öffentliches Interesse am Weiterbetrieb der bereits errichteten
Transportleitung. Dies hat die erkennende Kammer bereits in ihrem Urteil vom 04.
März 2005 (12 A 408/03) im Einzelnen ausgeführt. Zur Vermeidung von
Wiederholungen wird auf die dortigen Darlegungen Bezug genommen. Die
Inanspruchnahme des Eigentums des Klägers durch die Erdgashochdruckleitung
ist auch verhältnismäßig. Zutreffend hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass
dort bereits eine Leitung vorhanden ist, zusätzliche Eingriffe insoweit vermieden
werden können. Das klägerische Grundstück ist insoweit vorbelastet, als dort
bereits eine unterirdische Transportleitung verlegt ist. Eine Grundstücksnutzung
gegenüber einem Vorhaben ist umso schutzwürdiger, je weniger sie durch
Störfaktoren bereits tatsächlich vorbelastet ist; umgekehrt wirkt jedoch eine
Vorbelastung sich schutzmindernd aus (vgl. BVerwG, Urteile vom 07. Juli 1978 - 4
C 79/76 - und vom 29. Januar 1991 - 4 C 51/89 -, beide juris). Im Rahmen der
Abwägung kann die jahrelange tatsächliche Inanspruchnahme eines Grundstückes
zu Zwecken der öffentlichen Energieversorgung - wie vorliegend - entsprechend
berücksichtigt werden (OVG Münster, Urteil vom 09. Januar 2004 - 11 D 116/02 -,
juris). Insbesondere ist es sachgerecht, wenn bei der Trassenwahl bereits in der
Vergangenheit vorhandene Belastungen erneuert oder sogar verstärkt werden und
auf diese Weise weitere Eingriffe in Natur und Landschaft verhindert werden (OVG
Münster, Urteil vom 09. Januar 2004, aaO). Der Sachverständige … vom TÜV …
und ihm folgend der Beklagte im angefochtenen Beschluss sind zudem - wie
bereits ausgeführt - in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis
gekommen, dass die Tieferlegung der Leitung auf dem Grundstück des Klägers die
insgesamt sachgerechteste Lösung darstellt. Zutreffend wurde darauf
hingewiesen, dass eine Umlegung der Leitung mit unvertretbar hohen Kosten
verbunden wäre und die Anbringung von Halbschalen auf der Leitung die
Erdüberdeckung weiter vermindern würde. Die vom Sachverständigen ebenfalls in
Betracht gezogene -insgesamt preiswerteste - Möglichkeit, nämlich Boden
aufzutragen, ist vom Kläger wegen der Befürchtung der Bildung von Staunässe
und des Abrutschens von Mutterboden abgelehnt worden.
Die vom Kläger in seinem Schriftsatz vom 18. Januar 2011 und in der mündlichen
Verhandlung im Hinblick auf eine geborstene Gasleitung in Hessen generell
geäußerten Sicherheitsbedenken gegen die Leitung als solche hält die Kammer für
unbegründet. Abgesehen von den die Sicherheit bescheinigenden
Genehmigungen und Gutachten hat der Beigeladenen-Vertreter in der mündlichen
Verhandlung zugesichert, die Tieferlegung, insbesondere im Hinblick auf die
Erforderlichkeit der Gesamtlänge, noch einmal genau zu berechnen und ggf. die
Leitung über eine längere Strecke als bisher geplant abzusenken, so dass eine
spannungsfreie bzw.-arme Verlegung möglich ist.
Schließlich führt allein das Vorhandensein der Gashochdruckleitung auch nicht zu
einer Verletzung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz (GG). Es fehlt
insoweit bereits an einem Eingriff in den Schutzbereich des Rechts auf körperliche
Unversehrtheit.
Endlich geht auch die Anfechtung der vorläufigen Planfeststellung vom 04. Januar
2007 ins Leere; denn sie ist lediglich ein Teil der gesamten Planfeststellung und
durch den Beschluss vom 21. Juli 2009 überholt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs.3 VwGO; sie ist gemäß
§§ 167 VwGO iVm 708 Nr. 11, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.