Urteil des VG Schleswig-Holstein vom 14.03.2017

VG Schleswig-Holstein: schutz der ehe, lebensgemeinschaft, häusliche gemeinschaft, aufenthaltserlaubnis, zusammenleben, ausländerrecht, sicherheit, zivilprozessrecht, wiederaufnahme, lebensmittelpunkt

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Gericht:
Schleswig-
Holsteinisches
Verwaltungsgericht
8. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 B 49/04
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 17 AuslG, § 23 Abs 1 Nr 1
AuslG, Art 6 GG
Aufenthaltsrechtlicher Schutz der Ehe nur bei ehelicher
Lebensgemeinschaft.
Tenor
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der gleichzeitig erhobenen
Klage - 8 A 171/04 - wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
Der Rechtsschutzantrag des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die im Verfahren auf
Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gebotene summarische Prüfung der Sach-
und Rechtslage läßt mit hinreichender Sicherheit erkennen, daß die angefochtenen
Verfügungen der Antragsgegnerin vom 11.3.2003 und 15.4.2004 sowie der hierzu
ergangene Widerspruchsbescheid vom 17.6.2004 rechtmäßig sind. Zur
Begründung kann zunächst auf die zutreffende Begründung im
Widerspruchsbescheid Bezug genommen werden, § 117 Abs. 5 VwGO.
Nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 AuslG ist dem ausländischen Ehegatten eines Deutschen
nach Maßgabe des § 17 AuslG eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Ein Anspruch
auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 AuslG iVm § 17 Abs.
1 AuslG besteht jedoch nur, wenn mit dem im Bundesgebiet lebenden deutschen
Staatsangehörigen tatsächlich eine eheliche Lebensgemeinschaft noch besteht
oder die Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft zu erwarten ist (vgl.
Hailbronner, Kommentar zur Ausländerrecht, 30. Ergänzungslieferung Stand Mai
2002 § 23 Rdnr. 2 m.w.N.). Eine eheliche Lebensgemeinschaft ist dann
anzunehmen, wenn die Ehegatten erkennbar in einer dauerhaften, durch enge
Verbundenheit und gegenseitigen Beistand geprägten Beziehung zusammenleben
oder zusammenleben wollen (Hailbronner, aaO., § 18 Rdnr. 4). Ein solches
Zusammenleben in einer Beistandsgemeinschaft setzt eine Verbindung zwischen
den Eheleuten voraus, die in ihrer Intensität über die in einer Beziehung zwischen
Freunden in einer reinen Begegnungsgemeinschaft hinausgeht, was in der Regel
eine häusliche Gemeinschaft in einer gemeinsamen Wohnung voraussetzt (vgl.
BVerwG, Urt. v. 9.12.1997, InfAuslR 1998, 272 f.). Dabei ist jedoch darauf zu
achten, dass die nach § 17 Abs. 1 AuslG erforderliche Lebensgemeinschaft nicht
zwingend in einer ständigen häuslichen Gemeinschaft gelebt werden zu braucht,
dass sie aber über eine bloße Begegnungsgemeinschaft hinausgehen muss
(Hailbronner, aaO., § 17 Rdnr. 23; Kloesel/ Christ/ Häußer, Deutsches
Ausländerrecht, Band 1, Stand Mai 2002, § 17 Rdnr. 36). Es muss ein
gemeinsamer Lebensmittelpunkt bestehen, der ein eheliches Zusammenleben
erst ermöglicht. Ein vorübergehendes Getrenntleben der Eheleute bzw. das
Innehaben zweier Wohnungen schließt die Annahme einer ehelichen
Lebensgemeinschaft daher nicht von vornherein aus (Schleswig-Holsteinisches
OVG, Beschl. vom 15.11.2000 - 11 M 3199/00 - InfAuslR 2001, 82) und ist
unschädlich, wenn es nicht auf dem gemeinsamen Entschluss der Beendigung der
ehelichen Lebensgemeinschaft, sondern auf plausiblen, insbesondere beruflichen,
gesundheitlichen oder ähnlichen sachlichen Gründen beruht, die das Fortbestehen
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gesundheitlichen oder ähnlichen sachlichen Gründen beruht, die das Fortbestehen
der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht in Zweifel ziehen (dazu Hess. VGH,
21.03.2000 - 12 TG 2545/99 -; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluß vom
22.06.2000 - 3 M 35/00 -).
Nach diesen Grundsätzen kann sich der Antragsteller im vorliegenden Fall nicht
auf eine im Sinne von Art. 6 GG schützenswerte Ehe berufen. Entscheidend ist
nach Auffassung der Kammer, daß zum Zeitpunkt der angefochtenen Verfügung
eine eheliche Lebensgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und seiner Ehefrau,
A. , nicht mehr bestand - und auch zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr besteht.
Daran läßt sogar die von nachgereichte schriftliche Erklärung der Ehefrau des
Antragstellers keine Zweifel aufkommen. In dieser bestätigt Frau A. vielmehr, daß
sie zunächst gerade keine Lebensgemeinschaft mit dem Antragsteller eingehen
möchte.
Das Vorbringen des Antragstellers im Verfahren auf Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes rechtfertigt keine andere Entscheidung. Nachdem die eheliche
Lebensgemeinschaft mit seiner Ehefrau nicht mehr besteht, sind die
Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entfallen. Denn eine
eheliche Lebensgemeinschaft ist Kernbestandteil eines aus Art. 6 GG folgenden
Rechts auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (OVG Schleswig, Beschluß vom
6.8.1996 - 4 M 53/96; Beschluß vom 28.8.1995 - 4 O 11/95; ständige
Rechtsprechung der Kammer, vgl. nur Urteil vom 22.10.2003 - 8 A 150/03).
Für den Fall, daß die Eheleute tatsächlich beabsichtigen, ihre Ehe fortzuführen, ist
es ihnen angesichts der Vorgeschichte ohne weiteres zuzumuten, dies zunächst in
der Türkei zu tun.
Der Antrag war deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Prozeßkostenhilfe konnte mangels hinreichender Erfolgsaussichten in der
Hauptsache nicht bewilligt werden, § 167 VwGO iVm § 114 ZPO.