Urteil des VG Saarlouis vom 22.06.2005

VG Saarlouis: gebühr, genehmigung, persönliche verhältnisse, bauherr, vergleich, treppenhaus, rohbau, richteramt, erlass, befreiung

VG Saarlouis Urteil vom 22.6.2005, 5 K 86/03
Baugenehmigungsgebühren Saarland: "Rohbauwert"
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines
Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden
Kostenschuld abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
derselben Höhe leistet.
Der Streitwert wird auf 33.243,17 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist ein Bescheid über eine Baugenehmigungsgebühr im Streit.
Mit Bauschein vom 14.12.2000 (Az.: 63-2600/99-) erteilte der Beklagte dem Kläger die
Genehmigung zur „Erweiterung der Pflegestation des Seniorenparks Stefana“ in der
Saarbrücker Straße 2 in Schmelz-Bettingen auf dem Grundstück Gemarkung Bettingen,
Flur 15, Flurstück 280/3 und 305/55. Gleichzeitig wurde Befreiung von den Festsetzungen
des Bebauungsplanes Bereich Bahnhof der Gemeinde Schmelz wegen Überschreitung der
Anzahl der Vollgeschosse, der Grundflächenzahl sowie der Baugrenze erteilt. Für diesen
Bauschein wurde eine Gebühr in Höhe von 34.455,-- DM berechnet.
Anlässlich einer am 25.10.2001 durchgeführten Ortsbesichtigung wurde festgestellt, dass
das Vorhaben abweichend von den genehmigten Bauvorlagen ausgeführt wurde.
Insbesondere seien die Außenmaße und die Stellung auf dem Baugrundstück sowie die
innere und äußere Erschließung verändert worden. Deshalb stellte der Beklagte mit
Bescheid vom 06.11.2001 (Az.: 63-02600/99-) die Bauarbeiten ein.
Ausweislich eines Aktenvermerkes vom 07.11.2001 (Bl. 113 der Bauakte) wurde dem
Kläger empfohlen, umgehend einen neuen Bauantrag einzureichen, um zu keinem
größeren zeitlichen Verzug bezüglich der bereits laufenden Bauarbeiten zu kommen.
Am 09.11.2001 reichte der Kläger sodann einen neuen Bauantrag, den er als Nachtrag
zum Bauantrag L VI-63-2600/99- bezeichnete, bei dem Beklagten ein. Als Vorhaben wurde
die Erweiterung der Pflegestation des Seniorenparks Stefana bezeichnet. Gleichzeitig
beantragte er die Erteilung einer Befreiung von § 5 TVO, da die Brandwand nicht 30
Zentimeter über das Dach geführt werde und die Festsetzungen des Bebauungsplans
„Bereich Bahnhof“ bezüglich der Zahl der Vollgeschosse und der dort festgesetzten
Baugrenze nicht eingehalten würden.
Mit Bescheid vom 22.11.2001 (Az.: 63-2009/01-) erteilte der Beklagte antragsgemäß die
nachträgliche Baugenehmigung einschließlich der beantragten Befreiungen.
Mit dem den Verfahrensgegenstand bildenden Bescheid vom 22.11.2001 erhob der
Beklagte zugleich eine Bauscheinsgebühr aufgrund des Gesetzes über die Erhebung von
Verwaltungs- und Benutzungsgebühren im Saarland i.V.m. dem besonderen
Gebührenverzeichnis für die Bauaufsichtsbehörden des Saarlandes vom 19.09.1996
(Amtsbl. S. 990) in Höhe von 65.018,00 DM. Bezüglich der Ermittlung der Gebühr verwies
er auf die beigefügte Gebührenberechnung.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 05.12.2001 Widerspruch und machte
geltend, der Gebührenbescheid sei auf jeden Fall überhöht. Der festgesetzte Betrag in
Höhe von 65.018,00 DM übersteige sogar denjenigen Betrag, der für den Erlass einer
Baugenehmigung angefallen sei. Der Beklagte habe übersehen, dass es sich bei der
erteilten Genehmigung, wie sich aus dem Bescheid selbst ergebe, nicht um eine neue
Baugenehmigung, sondern lediglich um eine Nachtragsgenehmigung gehandelt habe. Für
diese Nachtragsgenehmigung könnten unmöglich mehr Kosten und Gebühren entstehen
als für die Erteilung der ursprünglichen Baugenehmigung. Daher sei die Berechnung
offensichtlich rechtswidrig.
Mit auf die mündliche Verhandlung vom 11.03.2003 ergangenem Bescheid (KRA 296/01)
wies der Kreisrechtsausschuss beim Beklagten den Widerspruch zurück.
Zur Begründung wird ausgeführt, die Gebührenfestsetzung finde ihre rechtliche Grundlage
in den §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 a Saarländisches Gebührengesetz i.Vm. dem besonderen
Gebührenverzeichnis für die Bauaufsichtsbehörden des Saarlandes vom 19.09.1996,
Ziffern 1.1.2, 1.1.5, 1.1.6, 11.1, 28.1, 28.1.2, 28.1.3, 28.4.2, 28.4.1 und 28.4.2.
Danach seien für Amtshandlungen der Verwaltungsbehörden Gebühren zu erheben. Die
gebührenpflichtigen Tatbestände sowie die Höhe und Art der Berechnung der Gebühren
seien in dem gemäß § 5 Saarländisches Gebührengesetz durch Rechtsverordnung
erlassenen, seinerzeit anwendbaren besonderen Gebührenverzeichnisses für die
Bauaufsichtsbehörden des Saarlandes vom 19.09.1996 festgelegt worden. Gemäß diesen
Bestimmungen sei für die Erteilung der Baugenehmigung die Gebühr auf insgesamt
65.018,00 DM festzusetzen gewesen, was einem Betrag von 33.243,17 Euro entspreche.
1. Mit der Erteilung der Baugenehmigung gemäß § 77 Saarländischer Landesbauordnung
liegt nach § 63 Abs. 1 LBO eine Amtshandlung einer Verwaltungsbehörde im Sinne des § 1
Abs. 1 Nr. 1 a des Saarländischen Gebührengesetzes vor.
2. Zunächst falle gemäß Ziffer 1.1.2 des besonderen Gebührenverzeichnisses Bauaufsicht
für die Bearbeitung des Bauantrages und die Erteilung der Baugenehmigung eine Gebühr in
Höhe von 30.420,-- DM an. Der Rohbauwert betrage auf volle 1.000,-- DM aufgerundet für
das Bauprojekt 2.340.000,-- DM. Der Rohbauwert werde ermittelt, indem die durch Erlass
festgesetzten Rohbaukosten für Krankenanstalten, Sanatorien und ähnliche Gebäude in
Höhe von 273,-- DM mit den nach DIN 277 ermittelten Kubikmeter Rohbau in Höhe von
8.569,38 multipliziert werde.
Der Einwand des Widerspruchsführers, das von der angefochtenen Baugenehmigung
erfasste Gebäude sei bereits früher einmal genehmigt worden, könne zu keiner anderen
Berechnung führen. Das Bauvorhaben müsse aufgrund seiner Ausgestaltung als
selbständiges Bauvorhaben beurteilt werden. Dementsprechend sei auch die Gebühr
selbständig zu ermitteln. Hierzu werde im Gebührenverzeichnis auf die durchschnittlichen
Rohbaumeterpreise verwiesen. Diese Art der Berechnung der rechtlich nach der
Entscheidung der Kammer in Sachen 2 K 172/94 unbedenklich.
3. Gemäß Ziffer 1.1.5 des gesonderten Gebührenverzeichnisses sei für die in dem
Bauvorhaben geplante Feuerstätte bei der Genehmigung eine Gebühr von 120,-- DM zu
erheben.
4. Gemäß Ziffer 1.1.6 des gesonderten Gebührenverzeichnisses sei für die notwendigen 9
Stellplätze eine Gebühr von insgesamt 225,-- DM angefallen.
5. Da die Baugenehmigung nachträglich erteilt worden sei, falle deshalb nach Ziffer 11.1
nochmals die doppelte Gebühr von Ziffer 1.1.2 des besonderen Gebührenverzeichnisses
an.
6. Für die Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Bereich Bahnhof und von
den Bestimmungen des § 5 LBO sei gemäß Ziffer 28 des Gebührenverzeichnisses eine
Gebühr von 4.178,-- DM festzusetzen gewesen. Eine Addition der vorgenannten
Gebührenziffern ergebe damit den angeforderten Betrag in Höhe von 65.018,-- DM, was
einem Gesamtbetrag von 33.243,17 Euro entspreche. Der Widerspruch sei daher
unbegründet und damit zurückzuweisen. Der Bescheid wurde am 22.05.2003 als
Einschreiben zur Post gegeben.
Mit seiner am 17.06.2003 eingegangenen Klage ficht der Kläger den Gebührenbescheid
weiter an.
Unter Wiederaufnahme seines Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren macht er
geltend, ein Vergleich des Gebührenbescheides vom 18.12.2000 sei für die ursprüngliche
Baugenehmigung vom 14.12.2000 einschließlich der erforderlichen Befreiungen ein
Gesamtbetrag in Höhe von 34.455,-- DM berechnet und vom Kläger auch bezahlt worden.
Da es zu geringfügigen Abweichungen bei der Bauausführung gekommen sei, habe der
Kläger auf Empfehlung des Beklagten am 09.11.2001 einen Nachtrag zum Bauantrag L IV
2600/99 eingereicht, den der Beklagte zu Unrecht als neuen Baugenehmigungsantrag
behandelt habe. Deshalb sei auch die Verdoppelung der Gebühr aufgrund der
Nachträglichkeit der Genehmigung unzulässig und verstoße gegen das Gebot der
Einzelfallgerechtigkeit. In diesem Zusammenhang sei es auch unzulässig, erneut 225,-- DM
Gebühr für die Stellplätze zu berechnen, obwohl diese Stellplätze bereits unter dem
18.12.2000 mit 250,-- DM abgerechnet worden seien. Auch bezüglich der
gebührenrechtlichen Erfassung der Befreiungen sei anzumerken, dass diese bereits im
Zuge der Baugenehmigung vom 18.12.2002 erfasst worden seien, wobei damals bereits
ein Betrag von 2.405,-- DM berechnet worden sei. Nunmehr habe der Beklagte erneut und
in einer Höhe von 4.178,-- DM den Verwaltungsaufwand in Rechnung gestellt. In diesem
Zusammenhang sei herauszustellen, dass nach Erlass der Baugenehmigung vom
14.12.2000 keine zusätzlichen Heizanlagen, keine zusätzlichen Stellplätze und keine
zusätzlichen Ausnahmen und Befreiungen gegenüber dem ursprünglichen Baukonzept
beantragt oder erteilt worden seien. Daher sei die Gebührenerhebung unverhältnismäßig.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 22.11.2001 und den Widerspruchsbescheid vom
11.03.2003 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er macht sich die Gründe des angefochtenen Bescheides zu Eigen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und
der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten Bezug genommen. Er war
Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
Der angefochtene Gebührenbescheid vom 22.11.2001 und der auf die mündliche
Verhandlung vom 11.03.2003 ergangene Widerspruchsbescheid sind rechtmäßig und
verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Rechtmäßigkeit der Gebührenerhebung hat der Kreisrechtsausschuss beim Landkreis
Saarlouis in seinem auf die mündliche Verhandlung vom 11.02.2003 ergangenen Bescheid
mit zutreffenden Erwägungen festgestellt. Auf die dortigen Ausführungen nimmt die
Kammer in Anwendung des § 117 Abs. 5 VwGO Bezug.
Die Klage gibt Anlass zu folgenden ergänzenden Bemerkungen:
Was die Höhe der festgesetzten Gebühr und die Zugrundelegung des durchschnittlichen
Rohbauwertes nach Nr. 1.2 des Gebührenverzeichnisses angeht, haben die Saarländischen
Verwaltungsgerichte in der Vergangenheit bereits wiederholt entschieden, dass diese
Bestimmung, insbesondere die im Zusammenhang mit der Bauscheinsgebühr
vorgenommene Anknüpfung an landesbezogene durchschnittliche Rohbauwerte
(Rohbauraummeterpreise) am Maßstab höherrangigen Rechts gemessen keinen Bedenken
unterliegt. Sie ist eine rechtlich nicht zu beanstandende Grundlage für die Festsetzung der
im Zusammenhang mit der Erteilung von Baugenehmigungen anfallenden Gebühren
Urteil der Kammer vom 11.05.2005 -5 K 98/04-; OVG des Saarlandes, Urteil vom
01.12.1989 -2 R 249/87-, Beschluss vom 28.07.1999 -2 Q 14/99- und Beschluss vom
28.03.2000 -2 V 1/00-.
Diese Rechtsprechung stützt sich im Wesentlichen darauf, dass das Abstellen auf den
Rohbauwert des Bauvorhabens die bauaufsichtlichen Gebühren den Wertgebühren
zuordnet und nach § 8 Abs. 1 des Saarländischen Gebührengesetzes in Fällen, in denen
eine Gebühr nach dem Wert des Gegenstandes zu berechnen ist, der gemeine Wert i.S.d.
§ 9 Abs. 2 Bewertungsgesetz zur Zeit der Beendigung der Amtshandlung zugrunde zu
legen ist. Nach § 9 Abs. 2 Bewertungsgesetz wird der gemeine Wert durch den Preis
bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des
Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die
den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen, nicht hingegen ungewöhnliche oder persönliche
Verhältnisse. Bezogen auf die in Rede stehende Gebührenberechnung ist unter gemeinem
Wert der Preisanteil zu verstehen, der bei einer Grundstücksveräußerung auf den Rohbau
entfiele. Von daher ist die Anknüpfung der Gebühren für die Erteilung einer
Baugenehmigung an landesbezogene durchschnittliche Rohbauraummeterpreise
rechtmäßig. Auf die tatsächlichen Herstellungskosten kommt es demgegenüber nicht an.
Es ist somit nicht zu beanstanden, dass der für die Gebührenfestsetzung maßgebliche
Rohbauwert durch eine Vervielfachung des Bruttorauminhaltes mit dem für das Saarland
von der Obersten Bauaufsichtsbehörde bekannt gemachten durchschnittlichen
Rohbauraummeterpreisen ermittelt wird. Deshalb unterliegt auch im vorliegenden Fall die
Berechnung des Rohbauwertes, die der Kläger im Einzelnen nicht angegriffen hat, keinen
Bedenken.
Darüber hinaus liegen der Gebührenberechnung zutreffende Bauzahlen zugrunde und die
Berechnung lässt als solche auch ansonsten keine Fehler erkennen, was auch von dem
Kläger nicht in Abrede gestellt wird.
Vielmehr macht der Kläger im Übrigen lediglich geltend, die dem Gebührenbescheid vom
22.11.2001 zugrunde liegende Baugenehmigung (Az.: 63-2009/01) gehe nicht auf einen
selbständigen Bauantrag zurück, sondern auf den am 09.11.2001 eingereichten Nachtrag
zum Bauantrag L VI, 63-2600/99-. Durch die Bewertung des vom Kläger als
Nachtragsbauantrag bezeichneten Antrages vom 09.11.2001 als selbständigen
Baugenehmigungsantrag hat der Beklagte auf der Grundlage der Ziff. 11.1 des
Gebührenverzeichnisses die volle Gebühr für die normale Baugenehmigung (Ziff. 1.1.2)
erhoben. Auch das ist rechtlich unbedenklich. Zunächst ist festzustellen, dass die zum
Zeitpunkt der Erhebung der Gebühr maßgebliche Bestimmung, ebenso wie das seit dem
02.01.2002 in Kraft befindliche Gebührenverzeichnis vom 21.11.2001 (Amtsbl. S. 2445)
in Nr. 16 für die Bearbeitung von Nachtragsbauanträgen eine Reduzierung der Gebühr auf
einem Gebührenrahmen vorsieht, der von der Mindestgebühr bis zur Hälfte der sonst
maßgeblichen Gebühr reicht. Dieser Ermäßigungstatbestand ist allerdings nicht erfüllt. Die
abgerechnete Genehmigung betraf keinen bloßen Nachtragsbauantrag im Sinne dieser
Vorschrift. Unter Nachtragsbauantrag versteht man in der baurechtlichen Praxis lediglich
eine von den genehmigten Vorlagen geringfügig abweichende Bauausführung für geänderte
Teile des Vorhabens.
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.05.1997 -5 F 855/96-, OVG des Saarlandes,
Beschluss vom 28.05.1996 –2 W 12/96-
Ein Vergleich der dem Bauschein vom 14.12.2000 (Az.: 63-2600/99) und vom
22.11.2001 (Az.: 63-2009/01-) jeweils zugrunde liegenden Bauvorlagen zeigt auf, dass
der neue Bauantrag keine bloße Tektur des ursprünglichen Bauvorhabens darstellt. So
wurde die innere und äußere Erschließung des Erweiterungsgebäudes durch den geplanten
Verbindungsbau geändert, ein Treppenhaus verlegt und der innere Zuschnitt der einzelnen
Geschosse abgeändert. Auch die Außenmaße und die Stellung auf dem Baugrundstück
wurden korrigiert.
Ausweislich eines Aktenvermerks des Beklagten vom 13.12.2000 zogen die im
ursprünglichen Bauschein Nr. 2600/99 genehmigten Bauvorlagen eine Überschreitung der
Baugrenze um 56,22 m², eine Geschossfläche im Obergeschoss von 645,29 m² und im
Dachgeschoss von 606,65 m² nach sich. Demgegenüber sieht der Bauschein 2009/01
nach dem zugehörigen Aktenvermerk vom 21.11.01 eine Überschreitung der Baugrenze in
Höhe von 119,85 m², eine Geschossfläche des Obergeschosses von 582,67 m² und eine
geplante Geschossfläche des Dachgeschosses von 544,27 m² vor. Bereits dieses
Rechenwerk belegt, dass es sich rechtlich um zwei verschiedene Bauvorhaben handelt, da
sich der innere Zuschnitt und die Kubatur des Gebäudes verändert haben. Vergleicht man
die Grundrisse der einzelnen Geschosse in den unterschiedlichen Bauanträgen, so ergeben
sich weitreichende Veränderungen von Lage und Zuschnitt der Zimmer im 1.
Obergeschoss sowie im Dachgeschoss. Zudem wurde das Treppenhaus an die Stelle eines
zwischen dem Erweiterungsbau und dem Altbau vorgesehenen Verbindungstraktes verlegt,
an der nach der Ursprungsplanung ein Wintergarten ausgeführt werden sollte. Hinter dem
Neuzuschnitt der inneren Raumverteilung steht zudem eine funktionale Änderung der
Pflegekonzeption, wie sich aus dem Vergleich der Betriebsbeschreibungen vom 22. Mai
2000 und 8. November 2001 ablesen lässt. Neben einer Änderung der Bettenzahlen (EG
ursprünglich 15, jetzt 12, OG 10, jetzt 9, DG 14, jetzt 11) ist im Kehlbalkengeschoss
zusätzlich ein Appartement „Probewohnen in der Pflege“ hinzugekommen. Insgesamt hat
sich die Bettenkapazität durch die Änderung der Betriebskonzeption nach den
Betriebsbeschreibungen von ursprünglich 39 Betten auf 32 verringert. Die Zahl der
Tagesplätze ist mit 10 Plätzen gleich geblieben, ebenso die Anzahl der Zimmer (24) wobei
jedoch die Aufteilung von ursprünglich 14 Einzel- und 10 Doppelzimmer in nunmehr 16
Einzel- und 8 Doppelzimmer geändert wurde. Schließlich belegt auch ein Vergleich der
Ansichtszeichnung, dass es sich bei dem Bauantrag vom 09.11.2001 nicht um eine bloße
Tektur, sondern um einen anders gestalteten Erweiterungsbau handelt, den der Beklagte
zu Recht einer vollständigen Neuprüfung unterzogen hat.
Dem kann der Kläger auch nicht, wie in der mündlichen Verhandlung geschehen, mit Erfolg
entgegenhalten, im Zuge des Baufortschrittes sei bereits abweichend von der
ursprünglichen Genehmigung gebaut worden und zwischen dem (neuen) Bau leitenden
Architekten und der Bauaufsichtsbehörde habe über den Baufortschritt ein steter
Informationsaustausch geherrscht. Geht der Bauherr das Risiko ein, dass er von
genehmigten Bauplänen bei der Bauausführung abweicht, so kann er sich später, wenn
diese Abweichungen zu einer gravierenden Umplanung des Projektes geführt haben, nicht
darauf berufen, im Kern sei das Bauvorhaben unverändert geblieben.
Im Übrigen ist zu bedenken, dass allein der Bauherr den Inhalt des Bauvorhabens bestimmt
und er bei dessen Ausgestaltung durch die genehmigten Pläne festgelegt ist. Ob der
Bauherr von der Genehmigung Gebrauch macht, ist zwar seine Sache. Die
Baugenehmigung verpflichtet nicht zur Durchführung der Baumaßnahme. Sie verpflichtet
aber dazu, dass, wenn gebaut wird, dies so geschieht, wie es in den genehmigten
Bauvorlagen dargestellt ist. Entschließt sich der Bauherr im Zuge des Baufortschritts zu
Umplanungen, so muss er in Kauf nehmen, dass er ohne Baugenehmigung baut, er einer
neuen Baugenehmigung bedarf und die bereits „bezahlte“ Genehmigung für ihn nutzlos
wird.
Es ist nicht Aufgabe der Baubehörde, bei einem solchen Verlauf den zweiten Bauantrag
„über“ den ersten zu legen, so die Abweichungen zu ermitteln und nur diese dann auf ihre
Genehmigungsfähigkeit hin zu überprüfen.
Anderes hat allenfalls dann zu gelten, wenn der Bauherr allein das geänderte Bauteil isoliert
zur Genehmigung stellt. Hier wurde jedoch auch förmlich unter dem 09.11.2001 ein
komplett neuer Bauantrag zur Prüfung vorgelegt. Dementsprechend hat der Beklagte
dessen Prüfung auch gebührenrechtlich richtig behandelt.
Schließlich hat der Beklagte zu Recht die doppelte Gebühr nach Nr. 11.1 in Ansatz
gebracht. Der abgerechnete Bauschein ist nämlich nachträglich – also nicht vor Baubeginn -
erteilt worden. Dies belegen die in der Bauakte (Az.: 2600/99, Bl. 109) enthaltenen Fotos
der Ortsbesichtigung vom 25.10.2001, die Grundlage der Baueinstellung des Beklagten
vom 06.11.2001 war und zum Nachtragsbauantrag vom 09.11.2001 geführt hat. Auf den
Fotos ist zweifelsfrei zu erkennen, dass das sodann zur Genehmigung gestellte Vorhaben
bereits bis zur Höhe des Dachfirstes als Rohbau hergestellt war. Insbesondere das Foto
des Verbindungstraktes zum Altbau, auf dem das Treppenhaus bereits ausgeführt ist, lässt
das zweifelsfrei erkennen.
Demnach ist die Höhe der festgesetzten Gebühr insgesamt nicht zu beanstanden.
Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708
Nr. 11, 711 ZPO.
Die Zulassung der Berufung kam nicht in Betracht (§ 124 Abs. 2 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung für die vor dem 01.07.2004 erhobene Klage beruht auf § 72 Nr.
1 GKG i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 05.05.2004 (BGBl. I
S. 718) i.V.m. § 13 Abs. 2 GKG.
Sonstiger Langtext
Rechtsmittelbelehrung
Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils die Zulassung
der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes beantragen. Dabei
müssen sie sich durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen
Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als
Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und
Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum
Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch
Beamte und Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde
oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied
zugehören, vertreten lassen.
Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht des Saarlandes, Kaiser-Wilhelm-Straße 15,
66740 Saarlouis, zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe
darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht
bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht des
Saarlandes, Kaiser-Wilhelm-Straße 15, 66740 Saarlouis, einzureichen.
Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des
Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des
Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht
oder
5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend
gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Gegen die in dieser Entscheidung enthaltene Festsetzung des Streitwerts steht den
Beteiligten oder sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das
Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
200,00 Euro übersteigt.
Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht des Saarlandes, Kaiser-Wilhelm-Straße 15,
66740 Saarlouis, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle
einzulegen.
Die Beschwerde ist nur bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Eintritt der Rechtskraft der
Entscheidung in der Hauptsache oder anderweitiger Erledigung zulässig