Urteil des VG Saarlouis vom 28.04.2010

VG Saarlouis: einreise, tourist, dienstleistungsfreiheit, innerstaatliches recht, aufenthaltserlaubnis, zusatzprotokoll, erwerbstätigkeit, verordnung, schengen, visumpflicht

VG Saarlouis Urteil vom 28.4.2010, 10 K 732/09
Frage der Anwendung des Soysal-Urteils des EuGH vom 19.02.2009 (Rs. (-228/06) auf
türkische Touristen, die sich nach Ablauf ihres Schengen-Visums weiterhin im Bundesgebiet
aufhalten wollen
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines
Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden
Kostenschuld abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der im Jahre 1981 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er reiste am
29.04.2009 als Tourist mit einem bis zum 28.06.2009 gültigen Schengen-Visum in die
Bundesrepublik Deutschland ein.
Mit an den Beklagten gerichtetem Schreiben vom 30.06.2009 bat der Kläger um
schriftliche Bestätigung, dass er sich als Tourist auch weiterhin rechtmäßig im
Bundesgebiet aufhalten dürfe. Hierzu führte er unter Hinweis auf die Entscheidung des
Europäischen Gerichtshofs vom 19.02.2009 (Rs. C-228/06) an, dass Art. 41 Abs. 1
Zusatzprotokoll zum Assoziierungsvertrag EWG-Türkei es verbiete, ein Visum für die
Einreise türkischer Staatsangehöriger zu verlangen, die dort Dienstleistungen erbringen
würden oder in Empfang nehmen wollten. Dass die Dienstleistungsfreiheit, die für türkische
Staatsangehörige visumsfrei gewährleistet werden solle, auch die passive
Dienstleistungsfreiheit als Tourist umfasse, sei in der Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofs unstreitig. Türkische Staatsangehörige könnten daher zu touristischen
Zwecken visumsfrei einreisen. Die Visumfreiheit bestehe auch nicht lediglich für drei
Monate. Die Beschränkung des visumfreien Aufenthalts auf drei Monate sei erst durch die
14. Änderungsverordnung zur DVAuslG vom 13.12.1982 eingeführt worden. Sie gelte
demnach nicht für türkischer Staatsangehörige, die sich auf die Stillstandsklausel des Art.
41 Abs. 1 des Zusatzabkommen berufen könnten. Ein Sichtvermerksverfahren habe für
türkische Staatsangehörige auch nicht nachträglich durch die EG-Verordnung 539/2001
vom 15.03.2001 verbindlich vorgeschrieben werden können. Das Assoziationsrecht als
Völkervertragsrecht gehe nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dem
sekundären Gemeinschaftsrecht, zu der die Visumverordnung 539/2001 zähle, vor. Als
Tourist könne er sich daher unbegrenzt lange im Bundesgebiet aufhalten.
Mit Schreiben vom 14.07.2009 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die von ihm
gewünschte Bescheinigung nicht ausgestellt werden könne. In seiner Entscheidung vom
19.02.2009 (Rs. C-228/06) habe der Europäische Gerichtshof entschieden, dass Art. 41
Abs. 1 Zusatzprotokoll vom 23.11.1970 zum Abkommen zur Gründung einer Assoziation
zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Türkei vom
12.09.1963 dahingehend auszulegen sei, dass diese Vorschrift es verbiete, ein Visum für
die Einreise türkischer Staatsangehöriger in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates zu
verlangen, wenn ein türkischer Staatsangehöriger in dem Mitgliedsstaat Dienstleistungen
für ein in der Türkei ansässiges Unternehmen erbringen wolle, sofern ein solches Visum
zum Zeitpunkt des in Deutschland am 01.01.1973 erfolgten Inkrafttretens des
Zusatzprotokolls nicht verlangt worden sei. Als Konsequenz aus dem Urteil des
Europäischen Gerichtshofs werde kein Visum von türkischen Staatsangehörigen verlangt,
die zum 01.01.1973 zur Dienstleistungserbringung visumfrei ins Bundesgebiet hätten
einreisen können. Danach sei die Einreise lediglich zu einem Aufenthalt, der der Erbringung
einer vorübergehenden Dienstleistung als Arbeitnehmer im Dienst eines Arbeitgebers mit
Sitz in der Türkei diene, als fahrendes Personal im grenzüberschreitenden Personen- und
Güterverkehr sowie als Besatzungen von Seeschiffen, Binnenschiffen und Luftfahrzeugen
oder wenn sie im Zusammenhang mit Montage- oder Instandhaltungsarbeiten oder
Reparaturen an gelieferten Anlagen oder Maschinen beschäftigt würden, visumfrei bzw. zu
einem Aufenthalt, der der Erbringung von entgeltlichen Dienstleistungen in Form von
Vorträgen oder Darbietungen von besonderem künstlerischen oder wissenschaftlichen
Wert oder Darbietungen sportlichen Charakters diene. Die jeweilige Aufenthaltsdauer
ergebe sich dabei aus § 1 Abs. 2 DVAuslG 1965 in der Fassung vom 12.03.1969.
Konsequenzen in Bezug auf die Visumpflicht weiterer Personengruppen seien nicht
veranlasst.
Am 19.08.2009 hat der Kläger Klage erhoben.
Der Kläger hält an seiner Auffassung fest, dass er sich als türkischer Tourist visumfrei im
Bundesgebiet aufhalten darf, solange er nicht erwerbstätig werden will. Ergänzend und
wiederholend zu seinen bisherigen Ausführungen weist der Kläger darauf hin, dass sich
türkische Staatsangehörige, die im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit ins Bundesgebiet
einreisten, nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19.02.2009 (Rs C-228/06)
auf das Einreiserecht aus dem Jahre 1973 berufen könnten, da am 01.01.1973 die
Stillstandsklausel des Art. 41 Abs. 1 Zusatzprotokoll in Kraft getreten sei. Diese Vorschrift
führe dazu, dass für die Beurteilung der Einhaltung der Einreisebestimmungen durch
türkische Staatsangehörige die Rechtslage des Ausländergesetzes im Zeitpunkt des
Inkrafttretens des Zusatzprotokolls zugrunde zu legen sei, sofern diese günstiger sei. Nach
§ 5 Abs. 1 Nr. 1 DVAuslG vom 10.09.1965 in der Fassung vom 13.09.1972 hätten
türkische Staatsangehörige, die entsprechend der Positivliste von der Sichtvermerkspflicht
grundsätzlich freigestellt gewesen seien, vor der Einreise nur für den Fall einen
Sichtvermerk benötigt , sofern sie im Bundesgebiet eine Erwerbstätigkeit hätten ausüben
wollen. Für sonstige Aufenthalte hätte ohne zeitliche Begrenzung grundsätzlich keine
Visumpflicht bestanden, da eine solche erst durch die 11. Änderungsverordnung zur
DVAuslG vom 01.07.1980 auch für türkische Staatsangehörige eingeführt worden sei. Da
die Einführung der Visumpflicht eine „neue Beschränkung“ im Sinne von Art. 41 Abs. 1
Zusatzprotokoll darstelle und damit unzulässig sei, dürften türkische Staatsangehörige im
Rahmen der Dienstleistungsfreiheit ohne Visum einreisen und sich ohne zeitliche
Begrenzung im Bundesgebiet aufhalten. Dem stehe nicht entgegen, dass er lediglich von
der passiven Dienstleistungsfreiheit Gebrauch mache. Der Begriff der Dienstleistungsfreiheit
beinhalte gemeinschaftsrechtlich sowohl die aktive wie auch die passive Inanspruchnahme
der Dienstleistungsfreiheit.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
1. festzustellen, dass er sich als Tourist ohne Visum im Bundesgebiet
aufhalten darf,
2. den Beklagten zu verpflichten, ihm eine Bescheinigung über die
Rechtmäßigkeit seines Aufenthaltes auszustellen.
Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte weist darauf hin, dass in Konsequenz zu dem Urteil des Europäischen
Gerichtshofs vom 19.02.2009 (Rs. C-228/06) türkischen Staatsangehörigen lediglich für
eine Aufenthaltsdauer von bis zu zwei Monaten eine visumfreie Einreise zu ermöglichen sei,
wenn sie rechtmäßig durch Arbeitgeber mit Sitz in der Türkei mit Montage- und
Instandhaltungsarbeiten sowie Reparaturen an gelieferten Anlagen und Maschinen
beschäftigt oder als fahrendes Personal im grenzüberschreitenden Personen- bzw.
Güterverkehr eingesetzt würden oder aber in Vorträgen oder Darbietungen von
besonderem wissenschaftlichen oder künstlerischen Wert oder bei Darbietungen
sportlichen Charakters in kommerzieller Absicht tätig werden wollten. Nur diese Tätigkeiten
hätten am 01.01.1973 gemäß § 1 Abs. 2 DVAuslG durch türkische Staatsangehörige ohne
Aufenthaltserlaubnis ausgeführt werden dürfen und aus arbeitserlaubnisrechtlichen
Gründen auch rechtmäßig erbracht werden können. Ein Recht türkischer
Staatsangehöriger auf eine visumfreie Einreise nach Deutschland zum Zweck des
Empfangs von Dienstleistungen folge aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs nicht.
Nach der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zusatzprotokolls am 01.01.1973
geltenden Rechtslage hätten sich türkische Touristen nicht länger als drei Monate ohne
Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufhalten dürfen. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 der 2.
Verordnung zur DVAuslG vom 01.10.1965 sei die Aufenthaltserlaubnis vor der Einreise in
der Form des Sichtvermerks von Ausländern einzuholen gewesen, die im Bundesgebiet
eine Erwerbstätigkeit hätten ausüben wollen. Gemäß § 1 Abs. 2 dieser Verordnung hätten
lediglich Staatsangehörige der in der Anlage zu dieser Verordnung aufgeführten Staaten,
die Inhaber von Nationalpässen seien, keiner Aufenthaltserlaubnis bedurft, wenn sie sich
nicht länger als drei Monate im Bundesgebiet hätten aufhalten und keine Erwerbstätigkeit
hätten ausüben wollen. Die Türkei sei erst zum 05.10.1980 aus dieser Anlage gestrichen
worden. Im Übrigen habe auch die bisher zulässige sichtvermerksfreie Einreise nicht von
dem Erfordernis der Aufenthaltserlaubnis befreit. Der Aufenthaltserlaubnis bedürfe
grundsätzlich jeder Ausländer, gleichgültig zu welchem Zweck und für welche Zeitdauer er
einreise. Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 DVAuslG/65 habe sich daher nur auf den
Vorgang der Einreise bezogen. Für den Aufenthalt im Bundesgebiet sei dagegen die
Vorschrift des § 1 Abs. 2 Nr. 1 DVAuslG/65 maßgebend gewesen. Ein genehmigungsfreier
Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet über die Dauer von drei Monaten hinaus sei daher
nicht möglich.
Mit Beschluss vom 28.10.2009 – 10 L 733/09 – hat die Kammer den auf Feststellung
seines rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet sowie Ausstellung einer entsprechenden
Bescheinigung gerichteten Eilrechtsschutzantrag des Klägers zurückgewiesen.
Mit Schriftsätzen vom 02. und 17.12.2009 haben die Beteiligten auf die Durchführung
einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten
des vorliegenden Verfahrens und des vorangegangenen Eilrechtsschutzverfahrens 10 L
733/09 sowie der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Da die Beteiligten übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung
verzichtet haben, konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO im schriftlichen Verfahren
entschieden werden.
Die Klage hat insgesamt keinen Erfolg.
Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass er sich als Tourist ohne Visum im
Bundesgebiet aufhalten darf, ist die Klage als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO
statthaft. Insbesondere kann dem Kläger ein berechtigtes Interesse an der von ihm
begehrten Feststellung nicht abgesprochen werden, da er nach Ablauf des ihm am
29.04.2009 befristet bis zum 28.06.2009 erteilten Touristenvisums und bei weiterem
Aufenthalt im Bundesgebiet rechtliche und tatsächliche Nachteile, insbesondere etwa bei
polizeilichen Kontrollen befürchten muss.
Die auch im Übrigen zulässige Feststellungsklage ist indes unbegründet, da der Kläger die
Feststellung des visumpflichtfreien Aufenthalts im Bundesgebiet nicht beanspruchen kann.
Der von dem Kläger als türkischem Staatsangehörigen für sich reklamierte, ohne zeitliche
Begrenzung geltende visumpflichtfreie Aufenthalt als in das Bundesgebiet eingereister
Tourist lässt sich insbesondere nicht aus der von ihm angeführten Entscheidung des
Europäischen Gerichtshofs vom 19.02.2009,
Rs. C-228/06, Soysal – Slg. I - 1031,
herleiten. Hierzu hat die Kammer in dem in dem Eilrechtsschutzverfahren 10 L 733/09
zwischen den Beteiligten ergangenen Beschluss vom 28.10.2009 folgendes ausgeführt:
„ … der Entscheidung (des Europäischen Gerichtshofs vom
19.02.2009) ist zu entnehmen, dass „hinsichtlich türkischer
Staatsangehöriger wie der Kläger“ des dortigen Ausgangsverfahrens,
das heißt Arbeitnehmern i. S. v. § 1 Abs. 2 Nr. 2 DVAuslG vom
12.03.1969, BGBl. S. 207, die im Hoheitsgebiet eines
Mitgliedsstaates von der Dienstleistungsfreiheit nach dem
Assoziierungsabkommen Gebrauch machen wollen, eine nationale
Regelung, die diese Tätigkeit von der Erteilung eines Visums abhängig
macht, das von Gemeinschaftsangehörigen nicht verlangt werden
kann, geeignet ist, die tatsächliche Ausübung dieser Freiheit zu
beeinträchtigen. Hieraus ergibt sich, dass eine visumsbewehrte
Einreise, die am 01. Januar 1973, dem Inkrafttreten insbesondere
der Stillhalteklausel aus Art. 41 Abs. 1 Zusatzprotokoll, die den
Mitgliedsstaaten verbietet, neue Beschränkungen der
Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs
hinsichtlich der Türkei auszubringen, zumindest zur Folge hat, dass
die Ausübung der im Assoziierungsabkommen garantierten
wirtschaftlichen Freiheit durch türkische Staatsangehörige strengeren
Voraussetzungen als denjenigen unterworfen werden, als sie in dem
betreffenden Mitgliedsstaat zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des
Zusatzprotokolls galten. Danach ist Art. 41 Abs. 1 des
Zusatzprotokolls dahin auszulegen, dass er es ab dem Zeitpunkt des
Inkrafttretens dieses Protokolls verbietet, ein Visum für die Einreise
türkischer Staatsangehöriger - was der EuGH in der o. a.
Entscheidung immer wieder herausstellt – „wie der Kläger des
Ausgangsverfahrens“ in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats zu
verlangen, die dort Dienstleistungen für ein in der Türkei ansässiges
Unternehmen erbringen wollen, wenn ein solches Visum zu jenem
Zeitpunkt nicht verlangt wurde.
Hieraus leitet der Antragsteller weiter ab, dass das fragliche
Diskriminierungsverbot auch diejenigen türkischen Staatsangehörigen
generell privilegiert, die sich auf ein vor dem Inkrafttreten des
Zusatzprotokolls geltendes innerstaatliches Recht über die
Visumsfreiheit, wie es aus § 1 Abs. 2 Nr. 1 DVAuslG hervorgeht,
berufen können. Folgt man dieser Rechtsauffassung, dann ist für die
unter das Assoziierungsabkommen fallenden türkischen
Staatsangehörigen das nationale „alte Recht“ anzuwenden, und
besteht für diese, solange sie im Geltungsbereich des
Ausländergesetzes eine Erwerbstätigkeit nicht ausüben, sich nicht
länger als drei Monate im Geltungsbereich des Ausländergesetzes
aufhalten wollen, die vom Antragsteller reklamierte Visumsfreiheit.
Diese Problematik bedarf vorliegend indes keiner Entscheidung.
Folgt man der vom Antragsteller vertretenen Rechtsauffassung, ist
festzustellen, dass ihm die von ihm in Anspruch genommene
Visumsfreiheit vorliegend zwar nicht zugestanden worden ist;
vielmehr konnte er mit einem befristeten Schengen-Visum einreisen.
Der somit nach dem angegebenen alten Recht und dem neuen Recht
jeweils auf maximal drei Monate beschränkte Aufenthalt ist indes
inzwischen abgelaufen, ohne dass es darauf ankommt, dass der
konkrete Aufenthalt hier nur visumsbewehrt gewährt worden ist.
Soweit der Antragsteller daran anknüpfend nunmehr einen über den
aktuell abgeschlossenen durch ein Visum vermittelten rechtmäßigen
Aufenthalt hinausgehenden unbegrenzten Aufenthalt, mit der
konkreten Absicht bis zu sieben Monate zu touristischen Zwecken im
Bundesgebiet aufenthaltsam zu sein, begehrt, kann er sich nach
Auffassung der Kammer auf die hier einschlägige Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofs indes nicht berufen – und zwar auch
nicht bezüglich der von ihm geltend gemachten passiven
Dienstleistungsfreiheit, wie sie etwa aus dem
Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 02.02.1989,
Rs. 186/87 (Cowan), InfAuslR 1989, 147 f.,
hervorgeht. Nach dieser Rechtsprechung sind auch Touristen aus
anderen EG-Ländern als Dienstleistungsempfänger anzusehen, denen
das Gemeinschaftsrecht die Freiheit garantiert, in einem anderen
Mitgliedsstaat, insbesondere als Dienstleistungsempfänger, einreisen
zu dürfen. Dem korrespondiert im Prinzip die dem von dem
Antragsteller herangezogenen alten nationalen Rechts zu
entnehmende Einreisemöglichkeit für Touristen, wobei diese
allerdings auf einen Zeitraum von drei Monaten beschränkt war.
Hieran anknüpfend ist entscheidungserheblich in den Blick zu
nehmen, dass es sich bei türkischen Staatsangehörigen nicht um
Angehörige der Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft
handelt, sondern um Angehörige eines assoziierten Staates, dessen
Assoziation noch nicht abgeschlossen ist, sondern von den
assoziationsrechtlichen Regelungen und dem sich daraus ergebenden
Stand der Entwicklung der Assoziation abhängig ist. Von daher ist von
Bedeutung, dass der Assoziationsvertrag und das ergangene
Zusatzabkommen einschließlich des Assoziationsratsbeschlusses ARB
1/80 türkischen Staatsangehörigen bisher keinen unbeschränkten
Anspruch auf Einreise in die Mitgliedsstaaten der EU gewährt.
Vielmehr ist von einer schrittweisen Annäherung auszugehen, die
insofern verwirklicht ist, als Freiheiten für Arbeitnehmer und ihre
Angehörigen gewährt werden, während assoziationsrechtliche reine
Touristen und damit passive Dienstleistungsempfänger noch nicht in
vollem Umfang privilegiert werden. Für sie gilt indes das
Diskriminierungsverbot aus Art. 41 Abs. 1 Zusatzprotokoll zum
Assoziationsvertrag mit der Folge der Geltung des vor dessen
Inkrafttreten geltenden nationalen deutschen Rechts. Hierdurch wird
der Antragsteller wiederum nur im Rahmen von § 1 Abs. 2 Nr. 1
DVAuslG privilegiert mit der Folge, dass er sich nicht länger als drei
Monate visumsfrei im Bundesgebiet aufhalten darf. Hat er diese Zeit
überschritten, kann er sich vor einer Ausreise aus dem Bundesgebiet
bzw. dem Schengen-Raum (je nach Visum) nicht auf einen
visumsfreien Aufenthalt und erst Recht nicht auf einen über drei
Monate hinausgehenden visumsfreien Aufenthalt berufen.“
Auf diese Ausführungen der Kammer im Eilrechtsschutzverfahren kann auch für das
Hauptsacheverfahren vollinhaltlich Bezug genommen werden, zumal der Kläger diesen
nicht entgegengetreten ist.
Kann der Kläger danach nicht die Feststellung beanspruchen, dass er sich als Tourist
dauerhaft ohne Visum im Bundesgebiet aufhalten darf, ergibt sich daraus zugleich, dass
ihm auch kein Anspruch auf die mit seiner Klage weiter begehrte Verpflichtung der
Beklagten zur Erteilung einer insoweit bestätigenden Bescheinigung über die
Rechtmäßigkeit seines Aufenthalts im Bundesgebiet zusteht.
Die Klage ist daher insgesamt mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708
Nr. 11, 711 ZPO.
Beschluss
Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,--Euro festgesetzt.