Urteil des VG Saarlouis vom 13.01.2011

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VG Saarlouis Urteil vom 13.1.2011, 3 K 412/10
Gebühr für Apothekenkontrolle
Leitsätze
Zur Erhebung einer Verwaltungsgebühr für eine Apothekenkontrolle infolge einer anonymen
Anzeige
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines
Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden
Kostenschuld abwenden, falls nicht das beklagte Ministerium vor der Vollstreckung
Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin ist Apothekerin und betreibt eine Apotheke.
Am 29.03.2010 wurde infolge einer anonymen Anzeige seitens des Beklagten eine
Kurzbesichtigung dieser Apotheke vorgenommen; hinsichtlich des Ergebnisses der
Besichtigung wird auf die hierüber fertigte Niederschrift vom selben Tage sowie das
Schreiben des Beklagten an die Klägerin vom 22.04.2010 verwiesen.
Mit Bescheid vom 14.04.2010 setzte das beklagte Ministerium für die Kurzbesichtigung
eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 100 EUR fest und forderte diese an.
Hiergegen richtet sich die vorliegende, am 29.04.2010 beim Verwaltungsgericht
eingegangene Klage.
Die Klägerin meint, es fehle an einer gesetzlichen Grundlage für die Festsetzung der
Gebühr. Nach § 4 SGebG könne in Fällen, in denen dies die Billigkeit oder das öffentliche
Interesse gebiete, durch Rechtsverordnung Gebührenfreiheit angeordnet werden. Nach § 6
SGebG dürften in das Allgemeine Gebührenverzeichnis nur solche Amtshandlungen
aufgenommen werden, die individuell zurechenbar seien; die Voraussetzungen hierfür seien
vorliegend nicht gegeben. Die anonyme Anzeige enthalte lediglich unspezifizierte
Behauptungen. Auf einer solchen Grundlage wäre der sachgerechte Weg gewesen, sie -
die Klägerin - mit den anonymen Vorwürfen zu konfrontieren, sie zur Stellungnahme
aufzufordern und ihr die Möglichkeit einzuräumen, Dienstpläne vorzulegen und die
anonymen Behauptungen zu widerlegen. Eine unangemeldete, Kosten zu ihren - der
Klägerin - Lasten auslösende Kontrolle sei demgegenüber nicht gerechtfertigt gewesen. Zu
bedenken sei in diesem Zusammenhang auch, dass sich gemäß § 6 Abs. 3 S. 3 SGebG die
Höhe der Verwaltungsgebühr am Nutzen der staatlichen Leistung für den
Gebührenschuldner zu orientieren habe; auch unter diesem Aspekt sei die
Gebührenfestsetzung nicht gerechtfertigt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gebührenbescheid des Beklagten vom 14.04.2010 aufzuheben.
Das beklagte Ministerium beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der
beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 40, 42, 68 ff. VwGO zulässige Anfechtungsklage, über die im Einverständnis
der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden
werden kann, ist unbegründet.
Der angefochtene Gebührenbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin bereits von
daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
Er findet seine Rechtsgrundlage in § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 a) SGebG i.V.m. Nr. 19.10 des
Allgemeinen Gebührenverzeichnisses (AllgGebVerz).
Nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 a) SGebG sind Gebühren zu erheben für Amtshandlungen der
Verwaltungsbehörden des Landes, soweit die Amtshandlungen in dem Allgemeinen
Gebührenverzeichnis aufgeführt sind. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut ("sind zu
erheben") handelt es sich insoweit um eine gebundene Entscheidung, die der handelnden
Behörde grundsätzlich kein Ermessen einräumt, wenn und soweit ein Gebührentatbestand
erfüllt ist. Die vorliegend in Rede stehende Amtshandlung ist jedoch in Nr. 19.10
AllgGebVerz - zwingend - mit einer Gebühr von 100 EUR aufgeführt.
Die Aufnahme der in Rede stehenden Amtshandlung in das Gebührenverzeichnis begegnet
keinen rechtlichen Bedenken. Nach § 6 Abs. 1 S. 1 SGebG dürfen in das Allgemeine
Gebührenverzeichnis nur Amtshandlungen aufgenommen werden, die individuell
zurechenbar sind; nach § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGebG sind individuell zurechenbar
insbesondere Amtshandlungen, die durch einen Tatbestand ausgelöst werden, an den ein
Gesetz die Befugnis zum Tätigwerden der Behörde knüpft. Apotheken unterliegen gemäß §
64 Abs. 1 S. 1 AMG der Überwachung durch die zuständige Behörde. Mithin sind
Schwerpunktbesichtigungen von Apotheken als entsprechende Überwachungsmaßnahmen
dem jeweiligen Apothekenbetreiber individuell zurechenbar. Die Gebührenhöhe von 100
EUR ist gemessen am Verwaltungsaufwand einer Schwerpunktbesichtigung nicht zu
beanstanden; es ist auch nicht ersichtlich, dass der - ohnehin nur abstrakt bestimmbare -
Nutzen für den Gebührenschuldner insoweit unberücksichtigt geblieben wäre.
Die konkret durchgeführte Besichtigungsmaßnahme begegnet ebenfalls keinen rechtlichen
Bedenken. Insbesondere durfte sie infolge einer anonymen Anzeige vorgenommen werden.
Zwar offenbart der anonym Anzeigende keine besondere Charakterstärke. Gleichwohl kann
eine Aufsichtsbehörde eine anonyme Anzeige nicht unbeachtet lassen, solange sie nicht
völlig aus der Luft gegriffen erscheint. Dass vorliegend durchaus Veranlassung zu einer
Überwachungsmaßnahme bestand, macht allein das insoweit festgehaltene Ergebnis
deutlich, wonach die in der anonymen Anzeige behaupteten Mängel sich zumindest
teilweise bestätigten und unter anderem festgestellt wurde, dass die Beschäftigung des
Apothekenpersonals bei der Besichtigung nicht den Vorschriften entsprach. Von daher
besteht auch keine Veranlassung, eine Gebührenbefreiung aus Gründen der Billigkeit in
Erwägung zu ziehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.