Urteil des VG Münster vom 01.07.2010

VG Münster (einstweilige verfügung, verfügung, antrag, zpo, verwaltungsgericht, antragsteller, hauptsache, stelle, notwendigkeit, erlass)

Verwaltungsgericht Münster, 22 L 248/10.PVL
Datum:
01.07.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
22. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
22 L 248/10.PVL
Schlagworte:
Mitbestimmungsverfahren, einstweilige Verfügung, Vorwegnahme der
Hauptsache
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
G r ü n d e:
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Die Fachkammer entscheidet im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 LPVG NRW i.V.m. §§ 85 Abs. 2, 80 Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 1
Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 937 Abs. 2, 944 ZPO wegen Dringlichkeit ohne Anhörung durch
den Vorsitzenden.
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Der Antrag des Antragstellers,
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der Beteiligten im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, dem
Mitbestimmungsverfahren betreffend die Übernahme der Stationsleitung der
Stationseinheit 21.1 und 15.1 durch Frau I. W. Fortgang zu geben,
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hat keinen Erfolg.
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Gemäß den nach § 79 Abs. 2 Satz 1 LPVG NRW i.V.m. § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG
entsprechend geltenden Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozessordnung kann
eine einstweilige Verfügung erlassen werden, wenn zu besorgen ist, dass durch die
Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechtes einer Partei
vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 935 ZPO), oder wenn eine
Regelung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zur Abwendung wesentlicher
Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen gleich
gewichtigen Gründen nötig erscheint (§ 940 ZPO). Die Gefährdung des Rechts bzw. die
Notwendigkeit einer Regelung (Verfügungsgrund) und das materielle Recht
(Verfügungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 936 i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Ferner gilt im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung das Verbot der
Vorwegnahme der Hauptsache, welches nur ausnahmsweise durchbrochen werden
kann. Eine derartige Ausnahme wird in engen Grenzen als zulässig angesehen, weil
nach allgemeiner Meinung die Effektivität des Rechtsschutzes im Einzelfall - unter
strengen Anforderungen - hierfür sprechen kann. Erforderlich ist, dass ein wirksamer
Rechtsschutz im ordentlichen Verfahren nicht erreichbar ist und dies für den
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Antragsteller zu schlechthin unzumutbaren Folgen führen würden, insbesondere wenn
die Versagung der einstweiligen Verfügung zu einem irreparablen Zustand führt.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Januar 2003 – 1 B 1907/02.PVL –, m.w.N.
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Gemessen an den vorstehenden Voraussetzungen ist der Antrag abzulehnen, weil der
Antragsteller keine Gründe glaubhaft gemacht hat, die ausnahmsweise eine
Abweichung vom Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen. Im Kern
führte die begehrte Fortführung des Mitbestimmungsverfahrens auf eine solche
Vorwegnahme, wie der vom Antragsteller im Verfahren 22 K 987/10.PVL angebrachte
Antrag belegt. Weder nach dem Vortrag des Antragstellers - noch sonst - ist ersichtlich,
dass ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung ihn schwerwiegend an seiner
Aufgabenerfüllung hinderte und zu unzumutbaren Folgen führte. Ein
Vorwegnahmegrund ist indes regelmäßig abzulehnen, wenn durch den Vollzug der
Maßnahme keine Erledigung des im Hauptsacheverfahren zu stellenden konkreten
Antrages eintritt. Der auf Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens gerichtete Antrag im
Hauptsacheverfahren erledigt sich aber allenfalls dann, wenn die Maßnahme nicht
fortwirkt, nicht geändert bzw. nicht rückgängig gemacht werden kann. Nur in diesem Fall
macht ggf. die Nachholung des Mitbestimmungsverfahrens keinen Sinn.
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Vgl. dazu Lechtermann, Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in
Beteiligungsangelegenheiten, PersV 2006, Seite 8, mit weiteren Nachweisen
aus der Rechtsprechung in Fn. 28.
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Nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen fällt hier ins Gewicht, dass auch nach -
vorbehaltloser - Besetzung der ausgeschriebenen Stelle keine Erledigung im
Hauptsacheverfahren einträte. Abgesehen davon ist im Übrigen die Stelle der
ausgewählten Bewerberin unter dem 9. April 2010 schon nur kommissarisch übertragen
worden. Einer etwaigen Feststellung im Hauptsacheverfahren zur Notwendigkeit der
Fortführung des Mitbestimmungsverfahrens müsste die Beteiligte zeitnah Rechnung
tragen. Das weitere Mitbestimmungsverfahren könnte mithin gegebenenfalls nach
Abschluss des Hauptsacheverfahrens nachgeholt werden. Die Stellenbesetzung mit
einer Tarifbeschäftigten, um die es im Mitbestimmungsverfahren geht, könnte – wie auch
eine möglicherweise damit einhergehende Höhergruppierung – rückgängig gemacht
werden. Unter Umständen im Falle einer Rückgängigmachung entstehende Folgen für
das individuelle Arbeitsverhältnis der betroffenen Person bzw. deren etwaige
Schadensersatzansprüche sind im vorliegenden personalvertretungsrechtlichen
Verfahren rechtlich ohne Belang.
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Vgl. dazu Fischer/Goeres, in: Fürst GKÖD, Band V, Teil 3, § 75 Rdnr. 23, 23b,
23c.
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Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen
Beschlussverfahren.
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