Urteil des VG Münster vom 19.02.2010

VG Münster (höhe, ehemann, grundstück, auftrag, zahlung, verwaltungsgericht, behörde, amtshandlung, grundriss, gebäude)

Verwaltungsgericht Münster, 7 K 553/08
Datum:
19.02.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 K 553/08
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin
wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn
nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin ist Miteigentümerin des Grundstücks F.-----grund, H. , G1. Auf diesem
Grundstück befindet sich ein Zweifamilienhaus mit zwei getrennten Wohnungen, die von
der Klägerin und den anderen Miteigentümern bewohnt werden. An den Wohnungen
haben die Bewohner Wohnungseigentum begründet.
2
Der Beklagte erhielt ein auf den 10. Mai 2005 datiertes Schreiben, das mit den Worten
"Einmessungsauftrag - Einmessung meines errichteten bzw. in seinem Grundriss
veränderten Gebäudes" überschrieben war. Neben der Gebäudeeinmessung wurde er
in dem Schreiben darum gebeten, eine Bestätigung des Auftrages an das zuständige
Vermessungs- und Katasteramt zu schicken. Als Absender gehen "I. und S. U. ", mithin
die Klägerin und ihr mittlerweile verstorbener Ehemann aus dem Briefkopf hervor.
Unterschrieben ist der Brief aber nur von einem der beiden Eheleute. Der Beklagte
führte die Arbeiten durch und stellte der Klägerin und ihrem Ehemann hierfür einen
Gesamtbetrag in Höhe von 987,70 EUR in Rechnung.
3
Dieser Betrag setzt sich nach dem Kostenbescheid des Beklagten vom 30. Januar 2008
wie folgt zusammen:
4
Kosten nach Tarifstelle 4 der ÖbVermIngKO NRW 4.6.1: 750,00 EUR Nebenkosten für
Katasterunterlagen: 80,00 EUR insgesamt: 830,00 EUR zzgl. 19% MWSt 157,70 EUR
Gesamtbetrag: 987,70 EUR
5
Die Klägerin hat fristgerecht Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, der Kostenbescheid
6
habe nicht ihr gegenüber ergehen dürfen, da sie nicht alleinige Eigentümerin des
Grundstücks sei.
Die Klägerin beantragt,
7
den Kostenbescheid des Beklagten vom 30. Januar 2008 aufzuheben.
8
Der Beklagte beantragt,
9
die Klage abzuweisen.
10
Er hält den Kostenbescheid schon deshalb für rechtmäßig, weil der
Vermessungsauftrag von der Klägerin bzw. ihrem Mann gegengezeichnet worden sei.
11
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
12
Die Klage hat keinen Erfolg.
13
Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Kostenbescheid ist
rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14
Rechtsgrundlage für den Kostenbescheid vom 30. Januar 2008 ist § 1 der
Kostenordnung für die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure/
Vermessungsingenieurinnen in Nordrhein Westfalen (ÖbVermIngKO NRW) i.V.m. § 1
Abs. 2 Nr. 1 der Berufsordnung für die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure/-
innen in Nordrhein-Westfalen (ÖbVermIngBO NRW) i.V.m. § 12 Nr. 2 des Gesetzes über
die Landesvermessung und das Liegenschaftskataster (VermKatG).
15
Die der angefochtenen Heranziehung zugrunde liegende Einmessung des Gebäudes
auf dem Grundstück ist eine Tätigkeit i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 1 ÖbVermIngBO NRW, für die
gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 ÖBVermIngBO NRW eine Vergütung nach der ÖbVermIngKO
NRW erhoben wird.
16
Die Gebührenpflicht der Klägerin ergibt sich aus § 13 Abs. 1 des Gebühren-gesetzes für
das Land Nordrhein-Westfalen (GebG NRW), der über § 13 Abs. 1 Satz 2 ÖbVermIngBO
NRW entsprechende Anwendung findet.
17
Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 GebG NRW ist zur Zahlung der Kosten verpflichtet, wer die
Amtshandlung zurechenbar verursacht (1. Alt.) oder zu wessen Gunsten sie
vorgenommen wird (2. Alt.).
18
Die Klägerin hat die durchgeführte Vermessung durch den Auftrag vom 10. Mai 2005 in
zurechenbarer Weise veranlasst. Aus dem Schreiben an den Beklagten gehen sie und
ihr Mann im Briefkopf als Absender hervor. Der Beklagte konnte daher davon ausgehen,
dass ihm der Auftrag von beiden Ehegatten erteilt worden war, und richtete den
Kostenbescheid dementsprechend an die Klägerin und ihren Ehemann. Unerheblich ist,
dass der Auftrag nur von einem der beiden Eheleute unterschrieben worden ist. Bei
verständiger Würdigung des Schreibens kann davon ausgegangen werden, dass der
Unterzeichner des Auftrags bei dessen Erteilung auch namens und in Vollmacht des
jeweils anderen Ehegatten gehandelt hat. Daran hat die Kammer hier keinen Zweifel.
Es ist nicht ersichtlich oder von der Klägerin vorgetragen worden, dass ihr Ehemann auf
19
eigene Veranlassung ohne Rücksprache mit der Klägerin tätig geworden ist. Letztlich
kommt es auf die formale Betrachtung einer Antragstellung ohnehin nicht an. Der Begriff
der Veranlassung in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 GebG NRW setzt nicht zwangsläufig einen
konkreten Antrag voraus. Es reicht vielmehr aus, dass die Amtshandlung auf ein
Verhalten des zur Zahlung der Kosten Herangezogenen zurückgeht, das auf ein
Tätigwerden der Behörde, hier des öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs,
gerichtet ist.
OVG NRW, Urteil vom 26. November 2004, 10 A 1898/03, juris.
20
Die Gebührenpflicht der Klägerin ergibt sich darüber hinaus aus § 13 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2
GebG NRW, da die Einmessung des Gebäudes auch zu ihren Gunsten vorgenommen
worden ist. Die Klägerin war ausweislich des Grundbuchs von H. , G2, bereits seit dem
15. Juni 2001 als Miteigentümerin des Grundstücks eingetragen. Als Eigentümerin
oblag ihr die Pflicht, das auf dem Grundstück befindliche Gebäude einmessen zu
lassen, sobald es sich in seinem Grundriss verändert. Diese Verpflichtung ergibt sich
aus § 16 Abs. 2 VermKatG. Sie entsteht unmittelbar auf Grund des Gesetzes, sobald das
Gebäude auf dem Grundstück errichtet bzw. geändert worden ist, ohne dass es eines
Hinweises durch die Behörde oder eines entsprechenden Verwaltungsaktes bedarf.
21
Der Beklagte konnte die Klägerin auch als alleinige Kostenschuldnerin zur Zahlung
heranziehen. Zwar besteht für die anderen Miteigentümer des Grundstücks (vgl.
Grundbuch von H. , Blatt 11801) nach § 16 Abs. 2 VermKatG ebenfalls die gesetzliche
Verpflichtung zur Gebäudeeinmessung, wodurch die Kostenpflicht über § 13 Abs. 1 Nr.
1 Alt. 2 GebG NRW ausgelöst wird. Gemäß § 13 Abs. 2 GebG NRW haften jedoch
mehrere Kostenpflichtige als Gesamtschuldner. Der Kostengläubiger hat daher ein
Wahlrecht, gegen welchen Kostenschuldner er sich wendet (vgl. § 421 BGB). Er muss
keine eigenen Nachforschungen anstellen und kann von diesem die gesamten Kosten
für sein Tätigwerden verlangen. Insoweit muss sich die Klägerin darauf verweisen
lassen, sich im Wege des gesamtschuldnerischen Innenausgleichs (§ 426 BGB) bei den
(damaligen) Eigentümern anteilig schadlos zu halten.
22
Die Höhe der Gebühr ist nicht zu beanstanden. Sie bemisst sich nach § 2 Abs. 1
ÖbVermIng KO NRW i.V.m. Nr. 4.6.1 und Nr. 2.4.1 des Vermessungs-gebührentarifs zur
Vermessungsgebührenordnung. Gegen den sich daraus ergebenden Gesamtbetrag in
Höhe von 987,70 EUR ist nichts zu erinnern.
23
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
24
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§
708 Nr. 11, 711 ZPO.
25