Urteil des VG Münster vom 02.11.2000

VG Münster: stadt, verursacherprinzip, öffentlich, amt, archäologische forschung, unterschutzstellung, grundstück, verwaltungsakt, rechtsgrundlage, eigentümer

Verwaltungsgericht Münster, 2 K 2785/97
Datum:
02.11.2000
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 K 2785/97
Tenor:
Es wird festgestellt, dass die Kläger nicht zur Zahlung von Kosten für die
denkmalschutzrechtliche Maßnahme auf dem Grundstück K.-Straße in
P. im Jahre 1997 verpflichtet waren.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor
Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
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Die Kläger sind seit dem 24. Februar 1997 Eigentümer des in P. gelegenen
Grundstücks K.-Straße 00 (Gemarkung P., Flur 000, Flurstück 000). Das Grundstück
liegt im Geltungsbereich des am 13. Mai 1996 vom Rat der Beklagten beschlossenen
Bebauungsplanes Nr. 00 „L.straße - T.Straße". In der Begründung gem. § 9 Abs. 8
BauGB wird darauf hingewiesen, dass das Plangebiet in der Nähe von Urnenfriedhöfen
der jüngeren Bronze-/Eisenzeit liege. In die zu erteilenden Baugenehmigungen sei
deshalb ein Hinweis aufzunehmen, dass bei Bodeneingriffen Bodendenkmäler entdeckt
werden könnten. Dies sei der Stadt Oelde als Untere Denkmalbehörde und dem
Westfälischen Amt für Bodendenkmalpflege in Münster unverzüglich nach §§ 15 und 16
DSchG NRW anzuzeigen. Während der Erschließung des Bebauungsplangebietes Nr.
52 „An der L.straße" und bei Probeuntersuchungen im Bebauungsplangebiet „C. - Nord"
seien die erwarteten archäologischen Funde ausgeblieben. Für den räumlich weiter
entfernt liegenden Bereich des zu beschließenden Bebauungsplans würden deshalb
keine archäologischen Befunde erwartet und archäologische Voruntersuchungen nicht
erforderlich sein.
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Anfang des Jahres 1997 unternahm der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Amt für
Bodendenkmalpflege) archäologische Voruntersuchungen. Mit Schreiben vom 30. April
1997 teilte er der Beklagten mit, dass im südlichen Bereich des Bebauungsplangebietes
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Nr. 00 zahlreiche archäologisch relevante Funde und Befunde festgestellt worden seien.
Es handele sich im Einzelnen um drei Brandbestattungen auf der südlichen Trasse der
K.-Straße, vier Urnen auf den Flurstücken 000 und 000, mehrere anthropogene Gruben
auf dem Flurstück 000 sowie Siedlungskeramik auf dem städtischen Grundstück 000.
Die Funde datierten aus der vorrömischen Eisenzeit/römischen Kaiserzeit. In Höhe des
städtischen Grundstücks 000 seien auf der Trasse der geplanten K.-Straße ein Brunnen
sowie mehrere Pfostengruben, die zu einem rechteckigen Gebäudegrundriß gehörten,
aufgedeckt worden; nach formalen Kriterien seien die Befunde dem hohen bzw. späten
Mittelalter zuzurechnen. Die bisherigen Untersuchungen hätten gezeigt, dass sich im
südlichen Bereich des Bebauungsplangebietes ein relativ dicht belegtes und gut
erhaltenes Gräberfeld der vorrömischen Eisenzeit/römischen Kaiserzeit befinde. Da sich
die Fundstelle über eine große zusammenhängende Fläche erstrecke, werde erwartet,
dass sich hier die bisherigen Kenntnisse über Grabbau, Gebäudeformen, Siedlungs-
und Gräberfeldstrukturen in dieser Region wesentlich erweitern ließen. Das Gräberfeld
und die Siedlung der vorrömischen Eisenzeit/römischen Kaiserzeit sowie die
mittelalterliche Wüstung seien für die Geschichte der Stadt P. und die archäologische
Forschung von Bedeutung und erfüllten somit die Anforderungen, die § 2 DSchG NRW
an ein Bodendenkmal stelle. Gem. § 3 DSchG NRW müssten die Gebiete daher als
Bodendenkmäler in die Denkmalliste der Stadt P. eingetragen werden. Die Umsetzung
des Bebauungsplanes sei deshalb eine erlaubnispflichtige Maßnahme nach § 9 DSchG
NRW. Solle der Beklagte aber im Verfahren nach § 9 DSchG NRW dazu kommen, dass
überwiegende Interessen die Baumaßnahmen verlangten, könne die entsprechende
Erlaubnis nach § 9 Abs. 2 b) DSchG NRW mit Auflagen und Bedingungen erteilt
werden. Vor Umsetzung der Bauleitplanung müsse auf jeden Fall nach §§ 9 Abs. 4 und
21 Abs. 4 DSchG NRW sichergestellt werden, dass die Bodendenkmäler vor Baubeginn
komplett durch eine archäologische Ausgrabung geborgen würden. Das Westfälische
Amt für Archäologie könne sich bereiterklären, die notwendigen Untersuchungen für die
Beklagte organisatorisch und wissenschaftlich zu betreuen. Dazu seien verschiedene
Auflagen notwendig. Im Folgenden wurden sechs Regelungen aufgeführt. U.a. sollte
danach die Beklagte nach dem Verursacherprinzip die durch die archäologischen
Grabungen anfallenden Kosten übernehmen. Als geschätzte Kosten wurden bei einer
Gesamtuntersuchungsfläche von 12.000 qm 300.000 DM angegeben. Für die
Abwicklung des Projekts schlug das Westfälische Amt für Bodendenkmalpflege vor,
dass es selbst die Ausgrabungen entsprechend der üblichen Regelungen bei eigenen
Notgrabungen durchführe. Es werde das gesamte Material, Arbeitsgerät (Bagger etc.)
sowie das Personal für die Ausgrabungen nach den üblichen Richtlinien beschafft,
beauftragt und beaufsichtigt. Es werde alle anfallenden Rechnungen sachlich und
rechnerisch zeichnen und sie zur Anweisung an die Beklagte weiterreichen. Die
Beklagte stelle ihrerseits das notwendige Personal (Studenten) ein und führe die
monatlichen Lohnabrechnungen durch. Dieser Modus habe sich in der Vergangenheit in
anderen Fällen bereits bewährt.
In einem weiteren Schreiben vom selben Tage bat der Landschaftsverband Westfalen-
Lippe um vorläufige Eintragung des Bodendenkmals gem. § 4 DSchG NRW in die
Denkmalliste der Beklagten. Es sei aus den oben dargelegten Gründen mit der
Eintragung nach § 3 DSchG NRW zu rechnen.
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In der Folgezeit trug die Beklagte das Bodendenkmal weder in die Denkmalliste ein
noch stellte sie das Objekt vorläufig unter Schutz. Vielmehr fand am 21. Mai 1997 eine
Versammlung der Grundstückseigentümer des Baugebietes „L.straße/T.Straße" statt.
Dabei teilte der Beklagte den Betroffenen das Ergebnis der archäologischen
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Untersuchungen mit und wies auf die Wahrscheinlichkeit eines erst später möglichen
Baubeginns hin, falls das Bodendenkmal in die Denkmalliste der Stadt eingetragen
werde. Allerdings sei die vom Westfälischen Amt für Bodendenkmalpflege beantragte
Unterschutzstellung bisher nicht vorgenommen worden, um nach Alternativen suchen
zu können. Die Kosten für die Untersuchungen auf den öffentlichen Flächen betrügen
rund ein Drittel der Gesamtkosten. Der Beklagte schlug vor, die übrigen zwei Drittel der
Kosten auf alle Grundstückseigentümer im Baugebiet zu verteilen. Wären nämlich die
Untersuchungen schon früher durchgeführt worden, wären die dabei angefallenen
Kosten mit Sicherheit in den Kaufpreis für das jeweilige Grundstück eingeflossen.
Wirtschaftlich hätten damit auch dann die neuen Eigentümer die Kosten zu tragen. Im
weiteren Verlauf der Diskussion kam es zu unterschiedlichen Stellungnahmen, die
später uneinheitlich interpretiert wurden. Man einigte sich aber darauf, dass die Stadt auf
den Vorschlag des Landschaftsverbandes eingehen solle. Die von den
Grundstückseigentümern zu tragenden Kosten sollten aber auf 7 DM/qm
Grundstücksfläche begrenzt werden.
Mit Schreiben vom 27. Mai 1997 wandte sich die Beklagte auch an die Kläger,
schilderte den Ablauf der Bürgerversammlung aus seiner Sicht und bat die Kläger, die
dem Schreiben beigefügte Einverständniserklärung zur Kostentragung und zum
Betretungsrecht unterschrieben zurückzusenden.
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In ihrem Antwortschreiben vom 3. Juni 1997 führten die Kläger aus, der Verlauf der
Bürgerversammlung sei zumindest mißverständlich dargestellt worden. Es sei nicht
nachvollziehbar, warum die Grundstückseigentümer für die Grabungs- und
Dokumentationskosten aufkommen sollten. Eine denkmalschutzrechtliche
Rechtsgrundlage werde dafür nicht gesehen. Die beigefügte Einverständniserklärung
sei deshalb nicht dazu bestimmt, unabhängig von der Rechtslage eine vertragliche
Verpflichtung zu begründen.
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Da auch andere Grundstückseigentümer die Einverständniserklärung nur mit einem
Vorbehalt versehen unterschrieben hatten, überprüfte die Beklagte die
kostenrechtlichen Aspekte des Falles. Unter dem 23. Juli 1997 teilte sie auch den
Klägern mit, Rechtsgrundlage für die Kostentragungspflicht sei nach der
Rechtsprechung des VG Aachen und der Auffassung des Ministeriums für
Stadtentwicklung, Kultur und Sport NRW das sog. Verursacherprinzip. Es habe ohne
weiteres die Möglichkeit bestanden, den Klägern eine Grabungserlaubnis mit der
Nebenbestimmung zu erteilen, dass dem Begünstigten (=Bauwilligen) die Kosten
auferlegt würden. Die Stadt P. habe die gemachten Funde nicht in die Denkmalliste
eingetragen, um diese sofort heben zu können und einen Baustopp zu vermeiden. Gem.
§ 54 S. 2 VwVfG könne statt einer Grabungserlaubnis auch ein öffentlich- rechtlicher
Vertrag geschlossen werden, der zu denselben Rechtsfolgen für die Eigentümer führe.
Nach weiterem Schriftwechsel schlossen die Kläger und die Beklagte am 5. August
1997 den Vertrag, der Hintergrund der vorliegenden Streitigkeit ist. Nach § 1 des
Vertrages hat die Beklagte die hier in Rede stehenden Bodendenkmäler nicht unter
Schutz gestellt, sondern im Interesse der Bauwilligen die sofortige Bergung der
gemachten Funde veranlaßt. In § 2 des Vertrages beruft sich die Beklagte auf das zum
nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetz entwickelte Verursacherprinzip. Daraus
folge für die Begünstigten der Maßnahme eine Pflicht zur Kostentragung, die zur
Geschäftsgrundlage des Vertrages gemacht wurde. Um eine Unterschutzstellung des
Gebietes und die zeitaufwendige Erteilung einzelner Grabungserlaubnisse unter
Nebenbestimmungen über die Kostentragungspflicht zu vermeiden, regele der Vertrag
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einvernehmlich die Kostenaufteilung zwischen den Vertragsparteien. In § 4 des
Vertrages schließlich verpflichtete sich die Beklagte zur Rückzahlung bereits
vereinnahmter Beträge oder zur Nichterhebung, wenn und sobald bei einer
verwaltungsgerichtlichen Überprüfung festgestellt werde, dass die von der Beklagten
angenommene Rechtspflicht nicht bestehe.
Im Jahre 1997 wurden die archäologischen Untersuchungen vom Westfälischen Amt für
Bodendenkmalpflege durchgeführt. Die Kläger zahlten am 27. August 1998 den
vertraglich auf sie entfallenden Kostenanteil von 6.111 DM.
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Mit der bereits am 27. August 1997 erhobenen Klage begehren die Kläger die
Feststellung, dass sie nicht verpflichtet waren, Kosten für die Dokumentation, Grabung
und Bergung zu tragen. Sie sind der Ansicht, der Vertrag scheide als Rechtsgrundlage
eines Zahlungsanspruchs aus. Aus ihm ergebe sich eindeutig, dass sie nur zur Zahlung
verpflichtet seien, wenn eine gesetzliche Zahlungspflicht existiere. Das sei nicht der
Fall. Es sei fraglich, ob der Beklagte eine Unterschutzstellung nach § 5 DSchG NRW
hätte vornehmen können. Jedenfalls hätten sie keine Erlaubnis nach § 9 DSchG NRW,
sondern eine Baugenehmigung nach § 69 BauO NRW beantragt. Sie selbst hätten an
Grabungsarbeiten gar kein Interesse gehabt. Insofern unterscheide sich der Fall von
demjenigen, über den das VG Aachen geurteilt habe. Ein Prinzip könne keine
Rechtsgrundlage sein. Das DSchG NRW sehe eine Kostenübernahme durch die
Grundstückseigentümer nicht vor.
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Die Kläger beantragen
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festzustellen, dass sie nicht zur Zahlung von 6.111 DM an die Stadt P. wegen
archäologischer Untersuchungen durch das Westfälische Amt für Bodendenkmalpflege
verpflichtet waren.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie ist der Ansicht, der Zahlungsanspruch gegen die Kläger habe bestanden. Bei dem
Vertrag handele es sich um einen wirksamen städtebaulichen Vertrag nach § 6 BauGB-
MaßnG. Der Vortrag der Kläger, sie hätten keine Erlaubnis nach § 9 DSchG NRW,
sondern eine Baugenehmigung beantragt, gehe fehl. Zwar könne die Erlaubnis nach § 9
DSchG NRW vor und neben der Baugenehmigung beantragt werden. Sofern das nicht
erfolge, sei über die denkmalrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens und damit auch des
Baubeginns angesichts der Konzentrationswirkung der Baugenehmigung im
Baugenehmigungsverfahren zu entscheiden. Die Kläger hätten der Erlaubnis der
oberen Denkmalbehörde gem. § 13 DSchG NRW bedurft; diese Vorschrift sei hier gem.
§ 3 Abs. 1 S. 4 DSchG NRW anwendbar. Die von den Klägern übernommene
Gegenleistung sei auch angemessen, da auf diese Weise das zeitliche Hindernis bei
der Grundstücksbebauung beseitigt worden sei. Im Übrigen hätten die Kläger trotz
Klageerhebung die Zahlung geleistet, so dass § 62 VwVfG iVm § 814 BGB anwendbar
sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten einschließlich der von der Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge
Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist begründet.
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Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig. Die Kläger begehren die Feststellung des
Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Unter Rechtsverhältnis im Sinne des § 43
Abs. 1 VwGO sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem
bestimmten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Regelung für das
Verhältnis mehrerer Personen untereinander ergeben. Im Jahre 1997 sind u.a. auf dem
im Eigentum der Kläger stehenden Grundstück archäologische Grabungen durch das
Westfälische Amt für Bodendenkmalpflege durchgeführt worden. Die Parteien streiten
darüber, ob die Beklagte aus diesem Lebenssachverhalt einen Zahlungsanspruch
gegen die Kläger besitzt. Dabei handelt es sich um ein feststellungsfähiges
Rechtsverhältnis.
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Der Feststellungsklage steht der Subsidiaritätsgrundsatz des § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO
nicht entgegen. Die Kläger können nicht auf die Möglichkeit einer Leistungsklage auf
Rückzahlung des entrichteten Betrages von 6.111 DM verwiesen werden. Für die Frage
der Subsidiarität ist der Zeitpunkt der Klageerhebung maßgeblich. Dies bedeutet, dass
eine bei Klageerhebung statthafte Feststellungsklage zulässig bleibt, auch wenn der
Kläger aufgrund veränderter Umstände nunmehr in der Lage wäre, eine Leistungsklage
zu erheben.
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Vgl. von Albedyll in Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll,
Verwaltungsgerichtsordnung, § 43 Rdnr. 27 m.w.H.
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Die Kläger haben den streitigen Betrag am 27. August 1998 an die Beklagte gezahlt.
Zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 27. August 1997 wäre eine Leistungsklage
ausgeschlossen gewesen. Auf die in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich
bewertete Reichweite des Subsidiaritätsgrundsatzes bei Feststellungsklagen gegen
öffentlich-rechtliche Körperschaften kommt es deshalb hier nicht an.
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Die Klage ist auch begründet. Die Kläger waren nicht verpflichtet, an die Beklagte
wegen der Grabungsarbeiten in ihrem Grundstück im Jahre 1997 Zahlungen zu leisten.
Die Beklagte besaß diesbezüglich keinen vertraglichen, gesetzlichen oder auf einem
Verwaltungsakt beruhenden Anspruch.
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Ein vertraglicher Anspruch könnte sich allein auf den am 5. August 1997 zwischen den
Parteien geschlossenen Vertrag stützen. Dabei kann offen bleiben, ob der Vertrag
überhaupt eine eigenständige Anspruchsgrundlage bilden könnte oder ob nicht das
Bestehen eines gesetzlichen Anspruchs tatbestandliche Voraussetzungen auch des
schuldrechtlichen Anspruchs sein sollte. Gem. § 2 des Vertrages beruft sich nämlich die
Beklagte auf das zum DSchG NRW (angeblich) entwickelte Verursacherprinzip. Daraus
folge für die Begünstigten einer denkmalschutzrechtlichen Maßnahme eine Pflicht zur
Kostentragung. Sollte allerdings bei einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung
festgestellt werden, dass die von der Beklagten angenommene Rechtspflicht nicht
bestehe, so sind gem. § 4 des Vertrages bereits gezahlte Beträge zu erstatten und
dürfen noch nicht gezahlte Beträge nicht verlangt werden. Damit soll nach dem Willen
der vertragsschließenden Parteien die Zahlungspflicht der Kläger allein von einem
grundsätzlich bestehenden gesetzlichen Zahlungsanspruch abhängen.
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Der öffentlich-rechtliche Vertrag vom 5. August 1997 ist unwirksam, weil § 1 des
Vertrages nichtig ist und dies zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages führt. Gem. § 1 hat
die Beklagte die im Baugebiet des Bebauungsplanes Nr. 00 „L.straße/T.Straße"
gefundenen Bodendenkmäler nicht unter Schutz gestellt, sondern im Interesse der
Bauwilligen in Zusammenarbeit mit dem Westfälischen Amt für Bodendenkmalpflege
die sofortige Bergung der Funde veranlaßt. Aus der Formulierung und der in den
Verwaltungsvorgängen dokumentierten Entstehungsgeschichte des Vertrages wird
hinreichend deutlich, dass die Beklagte sich vertraglich verpflichten wollte, Sachen, die
dem Bodendenkmalbegriff des § 2 Abs. 1 und 5 DSchG NRW entsprechen, nicht in die
Denkmalliste der Stadt P. einzutragen, um den Klägern (und) den anderen Bauherren im
Bereich des Bebauungsplanes Nr. 00 einen zügigen Baubeginn zu ermöglichen. Eine
derartige Verpflichtung der Unteren Denkmalbehörde mittels Vertrages ist wegen
Verstoßes gegen Rechtsvorschriften unwirksam.
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Für die Beurteilung der Wirksamkeit des zwischen den Parteien geschlossenen
Vertrages kommt es nicht darauf an, ob es sich um einen städtebaulichen Vertrag nach
§ 6 BauGB-MaßnG handelt. Danach konnte die Gemeinde einem Dritten durch Vertrag
die Vorbereitung und Durchführung städtebaulicher Maßnahmen nach dem BauGB oder
dem BauGB-MaßnG übertragen oder hierüber andere Vereinbarungen treffen. Es spricht
manches dafür, dass archäologische Grabungen keine städtebaulichen Maßnahmen im
vorbeschriebenen Sinne sind, sondern Maßnahmen auf dem Gebiet des landesrechtlich
geregelten Denkmalschutzes, weil sich Inhalt und Umfang von Grabungsarbeiten nicht
nach dem BauGB (und früher dem BauGB- MaßnG), sondern nach dem DSchG NRW
richten. Entsprechende Kostenvereinbarungen dürften deshalb kaum städtebauliche
Verträge im Sinne von § 6 BauGB-MaßnG, sondern öffentlich-rechtliche Verträge auf
dem Gebiet des Denkmalschutzrechts sein. Für diese gelten mangels
spezialgesetzlicher Vorschriften die §§ 54 ff VwVfG. NRW. Letztlich gilt nichts anderes,
wenn man mit der Beklagten den vorliegenden Vertrag als städtebaulichen Vertrag
qualifiziert. Auch städtebauliche Verträge sind öffentlich-rechtliche Verträge, so dass die
§§ 54 ff VwVfG. NRW. subsidiär zur Anwendung gelangen, soweit in der
spezialgesetzlichen Vorschrift keine Regelungen enthalten sind. § 6 BauGB-MaßnG
enthielt keinen eigenständigen Wirksamkeitsmaßstab, so dass jedenfalls § 59 VwVfG
NRW auch für städtebauliche Verträge nach § 6 BauGB-MaßnG Anwendung findet.
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Die Kammer läßt offen, ob und in welchem Umfang der öffentlich-rechtliche Vertrag auf
dem Gebiet des Denkmalschutzrechts eine zulässige Handlungsform darstellt. Für den
Bereich der Unterschutzstellung von Sachen mit Denkmalqualität besteht jedenfalls ein
Vertragsinhaltsverbot. Gem. § 3 Abs. 1 S. 1 DSchG NRW sind Denkmäler in die
Denkmalliste einzutragen. Ein Spielraum besteht für die Untere Denkmalbehörde weder
auf der Tatbestandsseite für die Qualifizierung einer Sache als Denkmal noch auf der
Rechtsfolgenseite hinsichtlich des Eintragungsverfahrens. Ein Vertrag, durch den sich
die Untere Denkmalbehörde verpflichtet, eine Sache nicht in die Denkmalliste
einzutragen, obwohl jene die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 und 5 DSchG NRW
erfüllt, verstößt gegen ein gesetzliches Gebot und ist deshalb gem. § 59 Abs. 1 VwVfG.
NRW. in Verbindung mit § 134 BGB und § 3 Abs. 1 DSchG NRW nichtig.
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So auch Schönstein in Memmesheimer/Upmeier/Schönstein, Denkmalrecht Nordrhein-
Westfalen, 2. Aufl., § 3 DSchG, Rdnr. 15.
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Gesetzliche Verbote im Sinne von § 59 Abs. 1 VwVfG. NRW. und § 134 BGB sind
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grundsätzlich nur solche, die entweder den Abschluß eines Vertrages, das heißt eine
Regelung der in Rede stehenden Angelegenheit durch Vertrag oder den Inhalt der
vertraglichen Regelung, schlechthin verbieten. Der Nichtigkeitsgrund des
Gesetzesverstoßes setzt deshalb voraus, dass sich das gesetzliche Verbot gegen die
Vornahme gerade eines Vertrages der vorliegenden Art zwischen den Vertragsparteien,
wie sie im konkreten Fall daran beteiligt sind, richtet und alle als Vertragsparteien daran
Beteiligten als Verbotsadressaten anspricht.
Vgl. Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl., § 59 Rdnr. 11 mit
zahlreichen Hinweisen auf Rspr. und Lit.
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Um ein gesetzliches Verbot im eben beschriebenen Sinn geht es hier. Aus der
Systematik des nordrhein-westfälischen Denkmalschutzrechts ergibt sich, dass die
Eintragungspflicht der Unteren Denkmalbehörde nicht disponibel ist. Für die
Unterschutzstellung von Denkmälern haben sich seit dem vorletzten Jahrhundert zwei
grundlegend unterschiedliche Systeme herausgebildet. Während die speziellen
denkmalrechtlichen Folgen nach dem Eintragungssystem an die Erfassung in einer
Denkmalliste anknüpfen, begnügt sich das Prinzip der Generalklausel mit einer
abstrakten Umschreibung der Denkmalwürdigkeit der zu schützenden Objekte und
unterwirft jene bereits dann dem Regime des Denkmalschutzrechts, wenn sie die
(materiellen) Tatbestandsmerkmale des Denkmalbegriffs erfüllen. Der nordrhein-
westfälische Gesetzgeber hat sich für das Eintragungsprinzip entschieden und hierbei
der Eintragung in die Denkmalliste konstitutive Bedeutung beigemessen. Durch die
Ausformung als gebundene Entscheidung hat der Gesetzgeber die mit der Eintragung
verbundenen Folgewirkungen nicht zum Entscheidungsmaßstab für die Eintragung
selbst gemacht, sondern die damit zusammenhängenden Fragen belastender und
begünstigender Art in eigenständige weitere Verfahren, etwa das des § 9 DSchG NRW,
verlagert; hier findet der unter dem verfassungsrechtlichen Aspekt des
Eigentumsschutzes und der Verhältnismäßigkeit notwendige Ausgleich zwischen den
öffentlichen und privaten Interessen statt. Damit kommt der Eintragung in die
Denkmalliste in Nordrhein-Westfalen weichenstellende und damit zentrale Bedeutung
zu. Der Gesetzgeber genügt mit der Eintragungspflicht der Unteren Denkmalbehörde
dem aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Erfordernis der Rechtssicherheit. Mit der
Eintragung, aber auch nicht eher, entstehen die denkmalschutzrechtlichen Pflichten und
Rechte des betroffenen Eigentümers. Zugleich wird durch § 21 Abs. 4 S. 1 DSchG NRW
sichergestellt, dass in der Folgezeit Entscheidungen nur im Benehmen mit dem
Landschaftsverband und den dort angesiedelten, mit besonderer Fachkunde
ausgestatteten Ämtern für Denkmalpflege bzw. Bodendenkmalpflege erfolgen. Auf diese
Weise hat der Gesetzgeber ein Regelungssystem geschaffen, dass die Belange des
Denkmalschutzes durch ein mehrstufiges Entscheidungssystem sichert. Dieses
Gesetzeskonzept schließt es grundsätzlich aus, dass die Untere Denkmalbehörde durch
eine vertragliche Absprache mit dem Eigentümer einer denkmalwerten Sache diese
dem Anwendungsbereich des DSchG NRW entzieht und so ein vom Gesetz losgelöstes
System von Rechten und Pflichten ermöglicht. Ließe man auf der Ebene der Eintragung
eines Objekts in die Denkmalliste die vertragliche Möglichkeit der Nichteintragung zu,
würden zugleich die gesetzlich eingeräumten Kompetenzen der Oberen
Denkmalbehörde, der Landschaftsverbände und des Landesdenkmalrates beschnitten.
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Ungeachtet des denkmalschutzrechtlich offenbar verträglichen Endes der
Angelegenheit zeigt der konkrete Fall die mit der Handlungsform des Vertrages
einhergehenden Gefahren. Die zwischen den Beteiligten gefundene Lösung zielte
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maßgeblich darauf ab, die bei gesetzeskonformem Vorgehen zu berücksichtigenden
Belange des Denkmalschutzrechtes aus dem Baugenehmigungsverfahren oder einem
hiermit einhergehenden Verfahren nach § 9 DSchG NRW herauszuhalten. Das
widerspricht jedoch der vom Gesetzgeber gewollten Verzahnung von bau- und
denkmalschutzrechtlichen Erlaubnisverfahren.
Der Vertrag ist auch nicht gem. § 54 S. 2 VwVfG. NRW. zulässig. Auf diese Vorschrift
stützt sich die Beklagte mit Nachdruck. Danach kann die Behörde, statt einen
Verwaltungsakt zu erlassen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit demjenigen
schließen, an den sie sonst den Verwaltungsakt richten würde. Da das Objekt nicht in
die Denkmalliste der Stadt P. eingetragen worden ist, hätte die Beklagte eine Erlaubnis
nach § 9 DSchG NRW nicht erteilen können. Für die Erteilung der Grabungserlaubnis
nach § 13 DSchG NRW ist die Obere Denkmalbehörde zuständig. Das ist für den
Bereich der Stadt P. der Landrat (seinerzeit der OKD) des Kreises Warendorf, § 20 Abs.
1 Nr. 2 DSchG NRW. Die Möglichkeit des § 54 S. 2 VwVfG. NRW. steht nur der für den
Erlaß des Verwaltungsaktes zuständigen Behörde zu; das war die Beklagte in Bezug
auf eine Grabungserlaubnis nach § 13 DSchG NRW nicht. Im Übrigen unterliegen auch
die nach dieser Vorschrift zulässigen Verträge den - hier erfüllten -
Unwirksamkeitsvoraussetzungen des § 59 Abs. 1 VwVfG. NRW.
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Die Unwirksamkeit von § 1 ergreift den gesamten Vertrag. Gem. § 59 Abs. 3 VwVfG.
NRW. führt die Nichtigkeit eines Vertragsteils zur Gesamtnichtigkeit, wenn nicht
anzunehmen ist, dass der Vertrag auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden
wäre. Die Nichteintragung des Bodendenkmals in die Denkmalliste stellt die
vertragliche Hauptleistungspflicht der Beklagten dar. Wesentliches Ziel des Vertrages ist
die Herbeiführung der Unbeachtlichkeit der Vorschriften des DSchG NRW in dem
parallel laufenden Baugenehmigungsverfahren. Ohne die Regelung des § 1 verlöre der
Vertrag seinen Sinn.
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Die Kläger sind auch nicht kraft Gesetzes zur Zahlung von Grabungskosten verpflichtet.
Dabei kann die Kammer offenlassen, ob das DSchG NRW ein Verursacherprinzip kennt
und gegebenenfalls welchen Inhalt und Umfang es hat. Grundsätzlich bedarf die
Anerkennung eines derartigen Prinzips der normativen Verankerung. Das DSchG NRW
regelt nicht ausdrücklich Kostenpflichten im Zusammenhang mit Grabungsarbeiten.
Einer speziellen Vorschrift des DSchG NRW ist das Verursacherprinzip nicht immanent.
Auch gibt es kein die gesamte Rechtsordnung beherrschendes, etwa
verfassungsrechtlich geprägtes Prinzip dieses Inhalts. Bedenklich ist ferner die
Übernahme des Verursacherprinzips aus anderen Teilrechtsordnungen. Die Beklagte
hat sich diesbezüglich auf das Umweltrecht gestützt. Der dort in der Tat anerkannte
Grundsatz läßt sich indes aus einer Vielzahl (spezial)gesetzlicher Vorschriften, z.B. Art.
174 Abs. 2 Unterabsatz 1 Satz 2 EGV, § 11 KrW-/AbfG, § 1 UmweltHG, ableiten und
findet auf dieser gesetzlichen Grundlage seine Berechtigung. Auch für das Umweltrecht
ist jedoch anerkannt, dass die Hauptprinzipien dieses Teilrechtsgebietes und damit
auch das Verursacherprinzip nur den Charakter von umwelt- und rechtspolitischen
Handlungsmaximen haben, solange sie nicht gesetzlich verankert und so zu unmittelbar
verbindlichen und anwendbaren Rechtssätzen erstarkt sind.
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Vgl. Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, 3. Aufl., S. 24.
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Der Existenz eines Verursacherprinzips, seinen Voraussetzungen und Rechtsfolgen
muß die Kammer aber nicht weiter nachgehen, weil es hierauf nicht ankommt. Soweit
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bisher Kostentragungspflichten aus dem Verursacherprinzip abgeleitet wurden, betraf
dies eingetragene Bodendenkmäler, für die die landesrechtlichen
Denkmalschutzgesetze in vollem Umfang galten. Der mehrfach erwähnten Klage des
Landes Brandenburg vor dem Bundesverwaltungsgericht lag ein
Planfeststellungsbeschluß des Eisenbahn-Bundesamtes für den Bau einer ICE- Trasse
zugrunde, der dem Land als Planungsträger die Kosten für die Bergung von
eingetragenen Bodendenkmälern auferlegte (Az.: 11 A 80.95). Der Fall gibt schon
deshalb für die nordrhein-westfälische Rechtslage nichts her, weil er hinsichtlich der
denkmalrechtlichen Fragen an § 12 Abs. 2 DenkmSchG Bra anknüpft, der die
Kostenerstattungspflicht ausdrücklich regelt und in Nordrhein-Westfalen keine
Entsprechung hat. Der vom VG Aachen durch Urteil vom 30. August 1994 entschiedene
Fall betraf ebenfalls ein eingetragenes Bodendenkmal. Hier ging es um die Zulässigkeit
einer Nebenbestimmung zu einer auf der Grundlage von § 13 DSchG NRW erteilten
Grabungserlaubnis (Az.: 5 K 3521/92). Im Vordergrund des Falles stand allerdings die
Frage, ob der Bauherr, ein Energieversorgungsunternehmen, für die Verlegung einer
Gasfernleitung der Grabungserlaubnis nach § 13 DSchG NRW bedarf, wenn ihm zuvor
bereits eine Erlaubnis nach § 9 DSchG NRW erteilt worden ist. Das Verwaltungsgericht
hat diese Frage umfassend untersucht und bejaht. Zur Kostentragungspflicht des
Verursachers findet sich lediglich ein längeres wörtliches Zitat aus der Kommentierung
von Memmesheimer/Upmeier/Schönstein zu § 22 DSchG NRW, die sich das Gericht
offenbar zu eigen gemacht hat. In Rechtskraft sind die Gründe dieses Urteils nicht
erwachsen, weil das OVG NRW in seiner Berufungsentscheidung vom 14. Februar
1996 festgestellt hat, dass die Fortsetzungsfeststellungsklage des
Energieversorgungsunternehmens bereits unzulässig gewesen sei (Az.: 7 A 4925/96).
In der Literatur findet sich lediglich die vom VG Aachen in Bezug genommene
Kommentierung zu § 22 DSchG NRW. Die Existenz des Verursacherprinzips im
nordrhein-westfälischen Landesrecht wird dort nicht begründet, sondern unterstellt.
Hiervon ausgehend wird angenommen, dass die Verpflichtung zur Kostentragung
demjenigen auferlegt werden könne, der zielgerichtet nach Bodendenkmälern suchen
und graben will, als auch dem, der ein in die Denkmalliste eingetragenes oder vorläufig
unter Schutz gestelltes ortsfestes Bodendenkmal beseitigen oder verändern will.
Vgl. Schönstein in Memmesheimer/Upmeier/Schönstein, aaO, DSchG § 22 Rdnr. 20.
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Soweit in Rechtsprechung und Literatur bisher die Geltung des Verursacherprinzips
angenommen wurde, ist stets Voraussetzung, dass das zu schützende Objekt dem
Regime der denkmalschutzrechtlichen Regelungen unterlag. Das setzt jedoch
grundsätzlich die Eintragung in die Denkmalliste voraus, die konstitutiven Charakter
besitzt. Die Eintragungsfähigkeit einer Sache begründet hingegen noch keine
denkmalschutzrechtlichen Pflichten und Rechte. Die Beklagte hat hier von einer
Eintragung und einer vorläufigen Unterschutzstellung entgegen §§ 3 und 4 DSchG
NRW abgesehen, so dass das Verursacherprinzip im Verhältnis der Parteien
grundsätzlich keine Geltung beanspruchen kann.
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Ausnahmsweise gelten die §§ 13 bis 19 DSchG NRW für Sachen, die den
Anforderungen des § 2 Abs. 1 und 5 DSchG NRW entsprechen, aber nicht in die
Denkmalliste eingetragen sind. Ob hier ein Anwendungsfall des § 13 DSchG NRW
vorliegt, die Kläger also zusätzlich zu einer Baugenehmigung und möglicherweise einer
Erlaubnis nach § 9 Abs. 1 DSchG NRW einer Grabungserlaubnis bedurft hätten,
begegnet Zweifeln. § 13 Abs. 1 DSchG NRW setzt voraus, dass jemand „nach
Bodendenkmälern graben will". Der Wortlaut der Norm legt ein auf Bodendenkmäler
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bezogenes zielgerichtetes Handeln des Grabenden nahe und könnte deshalb ein
subjektives Element enthalten. § 13 DSchG NRW behandelt die planmäßige und
systematische Suche und Ausgrabung von Bodendenkmälern,
so auch Upmeier in Memmesheimer/Upmeier/Schönstein, aaO, DSchG § 13 Rdnr. 3,
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und erfaßt möglicherweise nicht den Fall der Ausnutzung einer anderweitig erteilten
öffentlich-rechtlichen Erlaubnis, bei der sich die notwendigen Erdarbeiten nur als
zwangsläufige, in der Regel nur in Kauf genommene Folge ergeben. Ein derartiges
Verständnis der Norm würde nicht zu denkmalschutzrechtlichen Unzuträglichkeiten
führen, weil die Belange des Denkmalschutzes in dem anderweitig durchzuführenden
Genehmigungsverfahren ausreichend berücksichtigt werden können. Letztlich kann die
Frage jedoch offen bleiben. Selbst wenn man zu Lasten der Kläger von der Geltung des
Verursacherprinzips bei nicht eingetragenen Bodendenkmälern ausginge, würde sich
dies im Verhältnis der Parteien für die Beklagte nicht anspruchsbegründend auswirken.
Denn § 13 DSchG NRW kann allenfalls ein Rechtsverhältnis zwischen dem
Ausgrabenden und der Oberen Denkmalbehörde begründen, die die Beklagte nicht ist.
Hierauf wurde bereits hingewiesen.
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Die Beklagte hat auch keinen Anspruch auf Kostentragung aus einem Verwaltungsakt.
Ob es möglich gewesen wäre, eine Genehmigung mit entsprechender
Nebenbestimmung zu versehen, mag dahinstehen. Dabei ist zu beachten, dass § 36
VwVfG. NRW. nur die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen der Nebenbestimmungen
regelt, nicht hingegen ihre materiell-rechtliche Zulässigkeit. Letztere beurteilt sich nach
dem jeweiligen Fachrecht. Die Frage nach dem Verursacherprinzip, seinen
Voraussetzungen und Folgen wird durch § 36 VwVfG. NRW. nicht beantwortet, sondern
stellt sich weiterhin als denkmalschutzrechtliches Problem. Weiterer Ausführungen
hierzu bedarf es nicht, weil die Beklagte keinen Verwaltungsakt an die Kläger gerichtet
hat.
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Dem Begehren der Kläger kann auch nicht der Rechtsgedanke des § 814 BGB
entgegengehalten werden. Danach kann das zum Zwecke der Erfüllung einer
Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewußt
hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Die rechtshindernde Einwendung paßt
hier schon deshalb nicht, weil die Kläger im vorliegenden Verfahren keinen
bereicherungsrechtlichen Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte verfolgen. Auch ihr
Feststellungsbegehren ist nicht auf das Bestehen eines eigenen Anspruchs gerichtet,
sondern auf das Nichtbestehen eines Anspruchs der Beklagten. Die Voraussetzungen
des § 814 BGB sind im Übrigen offensichtlich nicht gegeben, weil die Leistenden (hier:
die Kläger) positive Kenntnis der Nichtschuld besitzen müssen. Zum Leistungszeitpunkt
im August 1998 war die Frage der Kostenpflicht der Kläger gerade offen und sollte durch
diesen Prozeß gelöst werden. Auf die grundsätzlich und eigentlich vorrangige Frage, ob
der Rechtsgedanke des Kondiktionsauschlusses bei Kenntnis des Leistenden von der
Nichtschuld für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gilt oder wegen des
Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht gilt,
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so etwa OVG Koblenz, Urteil vom 28. November 1991 - 1 R 10312/89 -, NVwZ 1992,
796 ff,
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ist deshalb nicht mehr einzugehen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf § 167 Abs. 1 VwGO, §§ 708 Nr.
11 und 711 ZPO.
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