Urteil des VG Münster vom 22.10.2010

VG Münster (geld, auf lebenszeit, die post, auf probe, notlage, ruhegehalt, bbg, empfänger, wirkung, verwaltungsgericht)

Verwaltungsgericht Münster, 20 K 1924/09.BDG
Datum:
22.10.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
Disziplinarkammer Bund
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
20 K 1924/09.BDG
Tenor:
Dem Beklagten wird das Ruhegehalt aberkannt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
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Die Beklagte wurde am 00.00.0000 in V. geboren. Er ist geschieden und hat drei
erwachsene Kinder. Nach dem Abschluss der Hauptschule begann er am 00.00.0000
bei der damaligen Deutschen Bundespost und zwar beim Postamt E. eine Ausbildung
zum Postjungboten. Er bestand am 00.00.0000 die Prüfung für den einfachen
Postdienst, wurde mit Wirkung vom 00.00.0000 unter Berufung in das
Beamtenverhältnis auf Probe zum Postschaffner z.A., am 00.00.0000 zum Beamten auf
Lebenszeit ernannt und mit Wirkung zum 00.00.0000 zum Postbetriebsassistenten
befördert. Nach Privatisierung der Deutschen Bundespost wurde der Beklagte mit
Wirkung vom 00.00.0000 in das Nachfolgeunternehmen Deutsche Post AG übergeleitet.
Er wurde mit Wirkung zum 00.00.0000 zur Niederlassung Brief Herford versetzt. Im
letzten Quartal des Jahres 2008 war der Beklagte als Zusteller in der Zustellbasis E.
beschäftigt. Mit Verfügung vom 00.00.0000 wurde der Beklagte zum 00.00.0000 gemäß
§§ 44 Abs. 1, 47 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) in den Ruhestand versetzt.
Die am 00.00.0000 zugestellte Verfügung ist mit dem Ablauf des 00.00.0000
bestandskräftig geworden. Der Beklagte erhielt im März 2009 seine letzte Beurteilung
für das Jahr 2008. Danach entsprachen die Leistungen des Beklagten voll und ganz den
Anforderungen. Die Ruhegehaltsbezüge des Beklagten betragen monatlich zwischen 1
100 EUR und 1 350 EUR. In der Vergangenheit ist der Beklagte weder strafgerichtlich
noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten. Mit Verfügung vom 00.00.0000 wurde
gegen den Beklagten ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Gegen ihn bestand der
Verdacht, in seiner Funktion als Zusteller beim Zustellpunkt E. seit dem 0. 00 0000 in
mindestens 14 Fällen Nachnahmebeträge zu Paketsendungen über insgesamt 1 853,05
EUR bei den Empfängern kassiert, aber nicht zeitgerecht abgerechnet zu haben. Bereits
am 00.00.0000 war der Beklagte nach Beendigung seiner Zustelltour zu den Vorwürfen
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angehört worden. Er hatte eingeräumt, seit etwa 00 0000 Nachnahmebeträge verspätet
abgerechnet zu haben. Bezüglich zweier Nachnahmepakete vom 00.00.0000 gab er an,
das Geld für die Pakete (522 EUR) noch nicht abgerechnet zu haben, weil der
Empfänger ihm das Geld noch nicht vollständig habe geben können. Da er den
Empfänger von Person gekannt habe, habe er diesem den Restbetrag gestundet und
sich fest vorgenommen, diesen Betrag und den vereinnahmten Teilbetrag dann sofort
bei der Postkasse abzurechnen. Am 00.00.0000 fertigte der Beklagte die noch
ausstehenden Abrechnungen für den 00.00.0000 und lieferte die 522 EUR - wie
angekündigt - vollständig ab. Im Ermittlungsverfahren wurden der Empfänger und die
Ersatzempfängerin der am 00.00.0000 zugestellten Pakete vom Ermittlungsdienst der
Klägerin als Zeugen befragt. Sie gaben an, die fälligen Nachnahmebeträge sofort und
vollständig entrichtet zu haben. Mit Schreiben der Verfahrensbevollmächtigten des
Beklagten vom 00.00.0000 wurde die verspätete Abrechnung von Nachnahmebeträgen
nochmals eingeräumt und auf die wirtschaftliche Notlage des Beklagten hingewiesen.
Die Klägerin hat am 00.00.0000 Disziplinarklage mit dem Ziel erhoben, dem Beklagten
das Ruhegehalt abzuerkennen. Die Disziplinarklage stützt sich darauf, dass der
Beklagte ab dem 00.00.0000 in 12 Fällen Nachnahmebeträge zu ausgelieferten
Paketsendungen über insgesamt 1 331,05 EUR bei den Empfängern zwar kassiert, aber
nicht zeitgerecht mit der Postkasse abgerechnet, also vorübergehend für sich behalten
habe. Außerdem habe der Beklagte am 00.00.0000 Nachnahmebeträge zu zwei
ausgelieferten Paketsendungen über insgesamt 522 EUR bei der Ersatzempfängerin
der Pakete zwar vereinnahmt, aber nicht mit der Postkasse abgerechnet, sondern für
sich behalten. Die Abrechnung sei in den 12 Fällen vorübergehender Aneignung
jeweils erst mit einer Verzögerung von 2 bis 11 Tagen erfolgt, weil der Beklagte das
Geld zwischenzeitlich für seinen privaten Verbrauch verwendet habe. Soweit der
Beklagte behauptet habe, die Ersatzempfängerin der am 00. E1. 0000 zugestellten
Pakete habe die Nachnahmeentgelte nicht vollständig gezahlt, handele es sich um eine
Schutzbehauptung. Die Ausführungen des Beklagten seien durch die Bekundungen der
als Zeugen vernommenen Ersatzempfängerin und deren Sohnes widerlegt. Die
Klägerin meint, die erst nach entsprechendem Vorhalt in der Anhörung vom 00.00.0000
am Folgetag durchgeführte Abrechnung erfülle keinen Milderungstatbestand. Auch der
Milderungsgrund einer wirtschaftlichen Notlage sei nicht gegeben. Wegen des durch
den Beklagten erfolgten Zugriffs auf dienstlich anvertrautes Geld sei das
Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn unheilbar zerstört, so dass das Ruhegehalt
abzuerkennen sei. Die Klägerin beantragt, dem Beklagten das Ruhegehalt
abzuerkennen.
Der Beklagte beantragt, den Antrag der Klägerin aus der Klageschrift vom 0. P. 0000
zurückzuweisen und auf eine mildere als die von der Klägerin beantragte
Disziplinarmaßnahme zu erkennen.
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Er trägt vor, er habe sich in einer unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage befunden.
Nach der Scheidung im Jahr 2006 habe er noch in der Ehezeit getätigte gemeinsame
Aufwendungen allein bestreiten müssen. Für das von ihm mietfrei bewohnte Haus
seiner Ehefrau habe er Unterhalt und Reparaturen bestreiten müssen. Zudem habe er
seinen Sohn nach dessen gescheiterter Selbstständigkeit unterstützt. Seine
Bemühungen, ein Darlehen zu erhalten, seien erfolglos geblieben. Auf die näheren
Ausführungen des Beamten zu seiner wirtschaftlichen Situation in der
Klageerwiderungsschrift vom 00.00.0000 wird Bezug genommen. Er, der Beklagte, habe
das zunächst einbehaltene Geld stets nach kurzer Zeit ohne äußeren Druck weiter
geleitet. Auch das am 00.00.0000 zunächst einbehaltene Geld wäre ohne die
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Maßnahmen der Klägerin entsprechend abgerechnet worden. Deshalb liege insgesamt
der Milderungsgrund der freiwilligen Wiedergutmachung vor Tatentdeckung vor. Auch
psychisch habe er sich im Tatzeitraum in einer Ausnahmesituation befunden, er sei von
den äußeren finanziellen Zwängen fremdgesteuert gewesen. Bereits derzeit sei es für
ihn schwierig, mit den vorhandenen Ruhegehaltsbezügen seinen Lebensunterhalt zu
bestreiten. Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten und der Einzelheiten des
Sachverhalts im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der
von der Klägerin vorgelegten Verwaltungsakten (3 Aktenbände) Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e Die zulässige Klage ist begründet.
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Für das Gericht steht aufgrund der umfassenden geständigen Einlassungen des
Beklagten fest, dass dieser ein - einheitliches - Dienstvergehen begangen hat, indem er
in 14 Fällen Nachnahmebeträge zu Paketsendungen über insgesamt 1 853,05 EUR bei
den Empfängern kassiert, aber nicht zeitgerecht, also entsprechend den
Dienstanweisungen jeweils am Tag des Erhalts, abgerechnet hat. Die
disziplinarrechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhalts erfordert nach der
Überzeugung des Gerichts den Ausspruch der Höchstmaßnahme i.S.v. §§ 5 Abs. 2 Nr.
2, 12 Abs. 1 des Bundesdisziplinargesetzes (BDG). Bei der Bemessung der
ausgesprochenen Disziplinarmaßnahme hat sich das Gericht von folgenden
Grundsätzen leiten lassen: Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist,
richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nach der Schwere des
Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des
Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten
Vertrauensbeeinträchtigung. Maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung
der Disziplinarmaßnahme gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG ist die Schwere des
Dienstvergehens. Sie beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der
verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den
Umständen der Tatbegehung, zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens
und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten sowie nach den
unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und Dritte,
insbesondere nach der Höhe des Schadens. Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG),
Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 -, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk
der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Buchholz), 235.1 § 13 BDG Nr. 1,
S. 5 ff., und Urteil vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 -, Buchholz a.a.O., Nr. 3, Rdnr. 13 - 21
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Ein Beamter, der ihm dienstlich anvertrautes oder amtlich erlangtes Geld unberechtigt
für private Zwecke - sei es auch nur vorübergehend - verwendet, begeht ein schweres
Dienstvergehen im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten, und zwar der
Pflichten, das ihm übertragene Amt uneigennützig nach bestem Gewissen
wahrzunehmen und innerhalb des Dienstes ein Verhalten zu zeigen, das der Achtung
und dem Vertrauen gerecht wird, welches der Beruf erfordert (§ 61 Absatz 1 Sätze 2 und
3 BBG). Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. März 1988 - 1 D 69.87 -, Entscheidungen des
Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 86 Nr. 1.
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Ein solches Dienstvergehen zerstört regelmäßig das für die Fortdauer des
Beamtenverhältnisses notwendige Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit des
Beamten. Die Post ist auf die absolute Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer
Bediensteten im Umgang mit dienstlich anvertrautem oder erlangtem Geld angewiesen,
weil eine lückenlose Kontrolle aller Beamten nicht möglich ist und durch Vertrauen
ersetzt werden muss. Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Februar 2001 - 1 D 69.99 -, Buchholz,
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232, § 54 Satz 2 BBG Nr. 25.
Grundsätzlich ist bei einem Ruhestandsbeamten in einem Fall des Zugriffs auf
anvertraute Gelder regelmäßig die Aberkennung des Ruhegehalts auszusprechen. Vgl.
BVerwG, Urteil vom 20 Oktober 2005, a.a.O, und Urteil vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 -,
Buchholz, 235.1 § 13 BDG Nr. 3, Rdnr. 13 - 21.
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Ebenso wie bei der Entfernung eines dienstlich aktiven Beamten aus dem Dienst kann
zwar auch bei einem Ruhestandsbeamten von der Aberkennung des Ruhegehalts
abgesehen werden, wenn ein in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
anerkannter Milderungsgrund vorliegt. Vgl. BVerwG, Urteile vom 3. Mai 2007, a.a.O.,
Rdnr. 22, 23, und vom 7. Februar 2001, a.a.O., S. 14.
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Ein solcher Milderungsgrund ist hier aber nicht gegeben. Zunächst stellt die von dem
Beklagten dargestellte finanzielle Situation keinen Milderungsgrund unter dem
Gesichtspunkt des Handelns in einer unverschuldeten, ausweglosen wirtschaftlichen
Notlage von existentiellem Ausmaß Vgl. zu diesem Milderungsgrund: BVerwG, Urteil
vom 5. Oktober 1994 - 1 D 31/94 -, NVwZ-RR 1995, 287.
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dar. Es kann bereits dahin stehen, ob sich der Beklagte in einer finanziellen Notlage
befand. Denn jedenfalls wäre die ab September 2008 eingetretene Notlage nicht
unverschuldet gewesen. Bevor ein Beamter auf ihm anvertrautes Geld zugreift, ist er
verpflichtet, alles Zumutbare zu unternehmen, um sich die erforderlichen finanziellen
Mittel auf legale Weise zu beschaffen. Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Oktober 1994, a.a.O..
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Es hätte dem Beklagten oblegen, sich sowohl an seinen Dienstherrn als auch an eine
Schuldnerberatungsstelle zu wenden. Es kommt nicht darauf an, dass der Beklagte
nach seinem Vortrag nicht wusste, dass er von dort Beratung bzw. einen
Gehaltsvorschuss hätte erhalten können. Denn es hätte dem Beklagten oblegen, sich
über Hilfemöglichkeiten in finanziell schwierigen Situationen zu informieren. Dass der
Beklagte sich um solche Informationen bemüht hat, hat er schon nicht dargelegt. Den
Milderungsgrund der Wiedergutmachung oder Offenbarung des angerichteten
Schadens kann der Beklagte ebenfalls nicht für sich beanspruchen. Eine mildere
Beurteilung eines Fehlverhaltens ist zwar grundsätzlich möglich, wenn ein bisher
unbescholtener Beamter vor Entdeckung der Tat den von ihm angerichteten Schaden
aufgrund eigenen Antriebs ohne Furcht vor Entdeckung wieder gutmacht. Denn bei
einem vor Entdeckung der Tat gefassten und verwirklichten Wiedergutmachungswillen
offenbaren sich bei einem Beamten Persönlichkeitselemente, die einer günstigen
Prognose bezüglich der Wiederherstellung eines vollständigen Vertrauensverhältnisses
Raum lassen. Vgl. BVerwG, Urteile vom 8. März 1988 und vom 7. Februar 2001, a.a.O..
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Die Anwendung dieses Milderungsgrundes scheitert im vorliegenden Rechtsstreit
jedoch daran, dass der Beklagte bei der Entdeckung seines Fehlverhaltens noch keine
vollständige Wiedergutmachung des dem Dienstherrn zugefügten Schadens bewirkt
hatte. Denn die am 00.00.0000 rechtswidrig einbehaltenen Beträge (insgesamt 522
EUR) hatte der Beklagte, als er mit seinem Fehlverhalten am 00.00.0000 konfrontiert
worden war, noch nicht ausgeglichen. Nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts kommt es beim "Schieben von Geldern" - wie hier - für die
Anwendung des in Rede stehenden Milderungsgrundes auf den l e t z t e n Teilakt
dieses - typischerweise - aus mehreren Teilakten bestehenden einheitlichen
Dienstvergehens an, mit dem der Kreis der Unterschlagungen dienstlich erlangter
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Gelder geschlossen wird. Setzt der Beamte v o r Entdeckung seines Fehlverhaltens e i g
e n e s Geld ein, um den letzten unterschlagenen Betrag auszugleichen, gibt er damit zu
erkennen, dass er das "Schieben" eingezogener Beträge beendet. Mit einer solchen
freiwilligen Wiedergutmachung des verursachten Schadens offenbart der Beamte eine
innere Einstellung, die - unter weiteren Voraussetzungen - eine Wiederherstellung des
Vertrauensverhältnisses erwarten lässt. so ausdrücklich: BVerwG, Urteil vom 10.
November 1998, Buchholz 232, § 54 S. 2 BBG Nr. 19; vgl. auch Oberverwaltungsgericht
für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 8. November 2006 - 21 d A
1884/05.BDG -.
Wird der Beamte hingegen vor einer Wiedergutmachung des Schadens wegen seines
einschlägigen Fehlverhaltens von seinem Dienstherrn zur Rede gestellt und
kompensiert er - wie dies der Beamte am 00.00.0000 getan hat - verursachten Schaden
erst danach, scheidet der in Rede stehende Milderungsgrund regelmäßig aus. Einen
Ausnahmefall, der die Vermutung der Unfreiwilligkeit eines solchen nachträglichen
Schadensausgleiches widerlegen könnte, Vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 7. Februar
2001, a.a.O..
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vermag das Gericht im hier zu entscheidenden Rechtsstreit nicht zu erkennen. Er kann
namentlich nicht darin erkannt werden, dass der Beklagte die vor dem 00.00.0000 in 12
Fällen dem Dienstherrn unrechtmäßig vorenthaltenen Geldbeträge mit einer gewissen
zeitlichen Verzögerung wieder ausgeglichen hat. Dieses - zur Verheimlichung früherer
Unterschlagungen gedachte - Verhalten des Beklagten ist als Teil des Tatplanes
"Schieben von Geldbeträgen" zu werten und offenbart deshalb auch keine innere
Einstellung, die eine Wiederherstellung des Vertrauensverhältnisses erwarten lässt. Für
das Vorliegen sonstiger anerkannter Milderungsgründe bestehen keine Anhaltspunkte.
Auch nach dem Ergebnis der nach § 13 Abs. 1 Satz 3 und 4 BDG erforderlichen
prognostischen Gesamtabwägung Vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2007, a.a.O.,
Rdnr. 14 und 21 - 23; Urteil vom 24. Mai 2007 - 2 C 28/06-, NVwZ-RR 2007, 695 ff..
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hält das Gericht die Aberkennung des Ruhegehalts für geboten. Vorliegend bestehen
keine Entlastungsgründe von solchem Gewicht, wonach eine prognostische
Gesamtwürdigung den Schluss rechtfertigen könnte, dass der Beklagte das
Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn noch nicht endgültig zerstört hat: Das Gericht hat -
über die bereits angesprochenen Kriterien hinaus - die lange Dienstzeit des Beklagten
und seine positive dienstliche Beurteilung wertend in seine Gesamtwürdigung
einbezogen. Berücksichtigt hat das Gericht weiter, dass der Beklagte vor Begehen der
hier streitbetroffenen Verfehlungen weder straf- noch disziplinarrechtlich vorbelastet war.
Soweit der Beklagte, wie oben in anderem rechtlichen Zusammenhang bereits erörtert,
in 12 Fällen die unterschlagenen Geldbeträge - wertmäßig - mit einer gewissen
zeitlichen Verzögerung dem dienstlichen Geldverkehr wieder zugeführt hat, kann dem
keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen werden. Denn mit Ausnahme der
Rückführung vom 00.00.0000 dürften diese Abrechnungen jeweils unter Einsatz von
wiederum weggenommenen dienstlich erlangten Geldern erfolgt sein. Auch kann dem
Beklagten nicht entscheidend zum Vorteil gereichen, dass er am 00.00.0000im Rahmen
der dienstlichen Befragung die 12 vor dem 00.00.0000 begangenen Zugriffe auf
dienstlich erlangte Gelder ohne Umschweife eingeräumt hat. Denn bei dieser Befragung
hat er zugleich durch unwahre Angaben versucht, den Hergang seiner Taten vom 00.
E1. 0000 zu verschleiern, indem er behauptete, die Nachnahmebeträge (522 EUR) von
dem Empfänger der Sendungen noch nicht erhalten zu haben. Kein anderes Ergebnis
ergibt sich bei Berücksichtigung der privaten Probleme des Beklagten. Das Gericht
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verkennt nicht, dass der Beklagte im Hinblick auf die familiäre Situation und vor allem
durch sein Pflichtgefühl, seinem in finanziellen Schwierigkeiten befindlichen Sohn
helfen zu müssen, belastet und dass seine Lage wirtschaftlich angespannt war. Von
einem Beamten muss aber erwartet werden, dass er auch in einer für ihn schwierigen
Zeit nicht auf ihm dienstlich anvertraute Gelder zugreift. Vgl. OVG NRW, Urteil vom 8.
November 2006, a.a.O..
Das Gericht hat außerdem zu Lasten des Beklagten die Anzahl der Zugriffshandlungen
berücksichtigt. Es spricht gegen den Beklagten, dass er insgesamt 14
Zugriffshandlungen über einen Zeitraum von etwa drei Monaten vorgenommen und
dabei insgesamt 1 853,05 EUR - jedenfalls zeitweise - für sich behalten hat. Die
beträchtliche Anzahl der Taten und die Höhe einzelner weggenommener Beträge
zeigen, dass bei dem Beklagten keine erhöhte Schwelle von Zurückhaltung vor dem
Zugriff auf dienstliche Gelder mehr bestand. Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs.
1 BDG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der
Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 3 BDG in
Verbindung mit § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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