Urteil des VG Münster vom 02.09.2010

VG Münster (kläger, empfang, unbestimmter rechtsbegriff, höhe, abwesenheit, wohnung, aufwand, ausland, abmeldung, verwaltungsgericht)

Verwaltungsgericht Münster, 7 K 2184/09
Datum:
02.09.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 K 2184/09
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird
nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung des beizutreiben-den Betrages abzuwenden, wenn nicht
der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
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Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Rundfunkgebühren für den
Zeitraum von Januar bis März 2009.
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Der Kläger ist seit Januar 1976 mit einem Radio- und einem Fernsehgerät gemeldet. Mit
Schreiben vom 24. Juni 2008 wandte er sich an den Beklagten und erklärte, dass er
beabsichtige, seine Rundfunkgeräte abzumelden, da er in Kürze für 6 Monate ins
Ausland ziehen werde. Der Beklagte teilte dem Kläger daraufhin schriftlich mit, dass
eine Abmeldung bei vorübergehender Abwesenheit nach den gesetzlichen
Bestimmungen nicht möglich sei.
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Mitte August 2008 erhielt der Beklagte ein Schreiben des Klägers, in welchem dieser
darauf hinwies, dass seine Empfangsanlage ab dem 15. September 2008 unbrauchbar
gemacht werde und bat gleichzeitig um Stornierung der dem Beklagten erteilten
Einzugsermächtigung. Der Beklagte kam dem Stornierungswunsch des Klägers zwar
nach, eine Abmeldung der Geräte wurde jedoch nicht vorgenommen.
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In der Folgezeit kam es zu wiederholten Schriftwechseln und Telefonaten zwischen den
Beteiligten; unter anderem hatte der Kläger am 1. Oktober 2008 dem Beklagten erneut
eine Einzugsermächtigung erteilt, über deren Beginn jedoch Streit besteht. Der Beklagte
nahm eine Einziehung am 16. Februar 2009 für den Zeitraum Januar bis März 2009 vor,
woraufhin der Kläger die Lastschrift umgehend zurückgehen ließ.
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Unter dem 3. Juli 2009 erließ der Beklagte einen Gebührenbescheid und verlangte vom
Kläger für die Zeit von Januar bis März 2009 rückständige Rundfunkgebühren in Höhe
von 53,94 EUR zuzüglich Rücklastschriftkosten in Höhe von 3,95 EUR sowie einen
Säumniszuschlag in Höhe von 5,00 EUR.
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Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und begründete diesen damit, dass für den
streitgegenständlichen Zeitraum keine Gebührenpflicht des Klägers bestanden habe, da
er sich während dieser Zeit nachweisbar im Ausland befunden und keine
empfangsbereiten Geräte unterhalten habe.
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Unter dem 8. Oktober 2009, dem Kläger am 15. Oktober 2009 zugegangen, wies der
Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Er begründete dies im Wesentlichen
damit, dass keine wirksamen Abmeldegründe vorgelegen hätten. Der Kläger habe trotz
seiner Abwesenheit ein Rundfunkgerät zum Empfang bereit gehalten, da es auf eine
tatsächliche Verwendung gerade nicht ankomme. Die Möglichkeit zum Empfang von
Rundfunkbeiträgen sei auch nicht dadurch beseitigt worden, dass der Kläger den
Anschluss an die Satellitenschüssel unterbrochen habe. Erst wenn der Empfang von
Rundfunksendungen technisch auf Dauer ausgeschlossen sei, werde ein
Rundfunkgerät nicht mehr zum Empfang bereit gehalten.
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Der Kläger hat am 12. November 2009 Klage erhoben.
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Der Kläger behauptet, dass für den Zeitraum, für welchen die Rücklastschriftkosten und
Säumniszuschläge geltend gemacht würden, keine Einzugsermächtigung zugunsten
des Beklagten bestanden habe. Diese habe er ihm erst zum 1. April 2009 erteilt. Er ist
des weiteren der Ansicht, dass er in der fraglichen Zeit kein Rundfunkgerät zum
Empfang bereit gehalten habe. Er habe dafür gesorgt, dass der Satellitenempfang durch
einen Fachbetrieb fachmännisch unterbrochen worden sei und auch nur durch einen
Fachbetrieb nach seiner Rückkehr aus dem Ausland wieder hätte in Stand gesetzt
werden können. Weitere Empfangsgeräte seien in der Wohnung nicht vorhanden
gewesen, so dass ein erheblicher technischer Aufwand erforderlich gewesen sei, um
den Empfang von Rundfunkdarbietungen zu ermöglichen. Die getrennten
Empfangskabel seien in einer abschließbaren Metallkassette deponiert gewesen. Den
Schlüssel zu der Kassette habe die Firma C. & V. OHG für die Zeit der Abwesenheit des
Klägers an sich genommen.
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Der Kläger beantragt,
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den Gebührenbescheid des Beklagten vom 3. Juli 2009 in der Form des
Widerspruchsbescheids vom 8. Oktober 2009 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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In seiner Begründung wiederholt er im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem
Widerspruchsverfahren und trägt ergänzend vor: mit der bloßen Mitteilung, für eine
gewisse Zeit ins Ausland zu gehen und die Geräte in der Wohnung empfangsuntauglich
zu machen, sei das tatsächliche Erlöschen der Rundfunkgebührenpflicht nicht plausibel
dargelegt worden. Unabhängig davon halte der Kläger die Geräte weiterhin zum
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Empfang bereit. Ein technisch dauerhaft ausgeschlossener Empfang sei erst dann
gegeben, wenn beispielsweise das Empfangsteil aus dem Rundfunkgerät entfernt
worden sei. Das Anbringen einer Satellitenschüssel stelle demgegenüber keinen
besonderen technischen Aufwand dar.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet
(Bl. 60 d. A.) und sich mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin einverstanden
erklärt (Bl. 61 d. A.). Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes
wird auf den Inhalt der Verwaltungsvorgänge sowie der Gerichtsakten Bezug
genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Berichterstatterin konnte im Einverständnis der Beteiligten in der Sache ohne
mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 87 a Abs. 2, Abs. 3, 101 Abs. 2 VwGO).
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und
verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Rechtsgrundlage für die Erhebung der Rundfunkgebühren in Höhe von 53,94 EUR ist §
2 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages (RGebStV) i.V.m. § 8 des
Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages (RFinStV) 2009. Der Kläger war zur Zahlung
dieser Gebühr verpflichtet, da er in der Zeit von Januar 2009 bis März 2009
Rundfunkteilnehmer war.
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Rundfunkteilnehmer ist nach § 1 Abs. 2 RGebStV derjenige, der ein
Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereit hält. In der Rechtsprechung ist geklärt,
dass der Tatbestand des Bereithaltens zum Empfang eines Rundfunkempfangsgeräts
nicht an die Tatsache der tatsächlichen Verwendung des Gerätes durch den Nutzer
anknüpft, sondern lediglich auf die Eignung des Geräts zum Empfang von
Rundfunkdarbietungen abstellt. Denn schon die Möglichkeit der Nutzung zum
Rundfunkempfang stellt einen rechtserheblichen Vorteil dar, der die Gebührenerhebung
rechtfertigt.
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Vor diesem Hintergrund führen die Abwesenheit wegen Urlaubs oder eines
längerfristigen beruflichen Auslandsaufenthalts nicht dazu, dass die Geräte nicht mehr
zum Empfang bereitgehalten werden, es sei denn, dass das Rundfunkempfangsgerät
endgültig abgeschafft worden ist.
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so etwa BayVGH, Urteil vom 17. Oktober 2006 - 7 B 05.2412, juris.
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Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Es ist bereits aus Gründen der Objektivierbarkeit die
bloße Mitteilung der (kurzzeitigen oder längerfristigen) Abwesenheit allein kein
ausreichender Grund, der die Abmeldung von Rundfunkempfangsgeräten zur Folge
haben kann. Auch während der Zeit seiner Abwesenheit hat der Rundfunkteilnehmer
die gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 RGebStV erforderliche tatsächliche Herrschafts- und
Verfügungsgewalt nicht nur über seine Wohnung, sondern auch über die darin
aufgestellten Rundfunkempfangsgeräte. Daraus folgt, dass bis zur endgültigen Aufgabe
der Wohnung nur von einer vorübergehenden Abwesenheit und damit von der weiter
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bestehenden tatsächlichen Herrschafts- und Verfügungsgewalt über die
Rundfunkempfangsgeräte auszugehen ist.
Einziges Kriterium zur Eingrenzung der Geeignetheit der Verwendung stellt das
Tatbestandsmerkmal "ohne besonderen zusätzlichen technischen Aufwand" dar (§ 1
Abs. 2 RGebStV). Dieses Merkmal ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und wird von der
Rechtsprechung sehr weit ausgelegt. Wegen der Massenverwaltung im
Gebühreneinzugsverfahren sind Pauschalierungen nötig, so dass ein besonderer
technischer Aufwand nur in sehr engen Ausnahmefällen vorliegen kann. Die für die
Entstehung der Rundfunkgebührenpflicht maßgebliche Empfangseignung ist vielmehr
nur dann zu verneinen, wenn der Rundfunkempfang technisch "auf Dauer" unmöglich
ist. Dies ist etwa der Fall, wenn das Empfangsteil entfernt wurde.
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vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Mai 2003, Az: 2 S 699/02, juris.
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Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend nicht gegeben. Der unterbrochene
Satellitenempfang in der Wohnung des Klägers kann ohne besonderen technischen
Aufwand wiederhergestellt werden. Der Kläger hat objektiv betrachtet jederzeit die
Möglichkeit, durch Inanspruchnahme einer Reparaturwerkstätte oder einer sonstigen
fachkundigen Person die Inbetriebsetzung des Satellitenempfangs zu veranlassen.
Auch der Umstand, dass sich der Schlüssel für die Metallkassette bei der Firma C. & V.
befunden hat, führt nicht dazu, dass er die Verfügungsgewalt über sein
Rundfunkempfangsgerät verliert. Auch hier war es ihm ohne weiteres möglich, die Firma
mit der Öffnung der Metallkassette und der anschließenden Inbetriebsetzung der Anlage
zu beauftragen.
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Die Erhebung des Säumniszuschlags basiert auf § 6 Abs. 1 der Satzung der
Landesrundfunkanstalt über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkgebühren (SLV)
und durfte in Höhe von 5,00 EUR zusammen mit der Gebührenschuld festgesetzt
werden.
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Rechtsgrundlage für die Erhebung der Rücklastschriftkosten in Höhe von 3,95 EUR ist §
5 Abs. 3 SLV. Das Gericht hat keinen Zweifel daran, dass der Kläger dem Beklagten
eine wirksame Einzugsermächtigung bereits zum 1. Januar 2009 erteilt hat. Denn die
auf dem Vordruck vorgenommene Änderung (Bl. 55 der Verwaltungsvorgänge) des
Geltungsbeginns von April 2009 auf Januar 2009 ist vom Kläger durch seine Unterschrift
gedeckt worden. Die eingefügten Änderungen entsprechen auch dem sonstigen
Schriftbild des Klägers.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§
708 Nr. 11, 711 ZPO.
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