Urteil des VG Münster vom 09.03.2000

VG Münster: hof, grundstück, familie, eigentum, wohnhaus, nutzungsänderung, landschaft, wohnung, einzug, wohnrecht

Verwaltungsgericht Münster, 2 K 1748/96
Datum:
09.03.2000
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 K 1748/96
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen
Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann
die Kosten durch Sicherheitsleistung von 50 DM abwenden, wenn nicht
der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
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Der Kläger ist Eigentümer des in der Gemeinde T. gelegenen Grundstücks Gemarkung
T., Flur 11, Flurstück 22. Das in einem Waldgebiet befindliche Grundstück ist im
Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1. als Fläche für die Land- und
Forstwirtschaft dargestellt. Auf dem Grundstück, das bis vermutlich 1990 die postalische
Anschrift X. trug, befinden sich neben einer Doppelgarage und einer als Lager
bezeichneten kleineren baulichen Anlage die beiden Häuser X1. (in den vorhandenen
Plänen Gebäude II) und 97 (Gebäude I). Die Parteien streiten um eine
Bebauungsgenehmigung für einen Ersatzbau hinsichtlich des Gebäudes X2.
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Das zu ersetzende Gebäude ist nach den unbestrittenen Angaben des Klägers im Jahre
1932 erbaut worden. Es diente zunächst als Unterkunft für Landarbeiter. Vom 4. Februar
1942 bis zum 28. November 1944 wurde es von der Familie des Ingenieurs S. und von
1945 bis 1947 von dem Landwirt M. und seiner Familie bewohnt. Die im Krieg zerstörte
Hofstelle M. befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft des hier in Rede stehenden
Grundstücks. Im Jahr 1947 erwarb der ebenfalls als Landwirt tätige Großvater des
Klägers das Grundstück, das von seiner eigenen Hofstelle ca. 700 m entfernt lag.
Welche Personen in der Folgezeit dort gewohnt haben, läßt sich im Einzelnen nicht
mehr feststellen. Am 29. April 1968 bezog der am 29. August 1900 geborene K. M1. das
Gebäude; er lebte dort bis Ende der achtziger Jahre. K. M1. war zwar mit seinem ersten
Wohnsitz in H. auf seiner einstigen eigenen Hofstelle gemeldet. Hier besaß er ein
Wohnrecht, welches er aufgrund persönlicher Schwierigkeiten mit seinem Sohn jedoch
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nicht nutzte. Von Ende 1987 bis Oktober 1998 bewohnte eine Familie T. das zu
ersetzende Gebäude; außerdem wohnte der Kläger seit dem 18. September 1990 in
einigen Räumen dieses Hauses. 1989 wurde die Wohnfläche des eingeschossigen
Gebäudes ungenehmigt um 12,06 qm auf nunmehr 105,25 qm erweitert; außerdem
errichtete man ein Garagengebäude mit Abstellraum auf einer Grundfläche von 70,93
qm. Nach dem Tode des Großvaters ging das Eigentum an dem Grundstück zunächst
auf die Mutter des Klägers und aufgrund eines Vermächtnisses im Jahre 1993 je zur
Hälfte auf den Kläger und seinen Bruder L. über. Seit Ende 1998 bewohnt der Kläger
das Gebäude X2. allein. Das Gebäude X1., das in ähnlicher Weise genutzt wurde, steht
seit einiger Zeit leer.
Seit Anfang der neunziger Jahre bemüht sich der Kläger nachhaltig um eine
Baugenehmigung für ein Ersatzwohnhaus. Eine erste Bauvoranfrage beschied der
Beklagte unter dem 21. April 1993 negativ. Auf den Widerspruch des Klägers regte der
Beklagte eine Lösung dahingehend an, daß eine neue Bauvoranfrage für ein Gebäude
mit einer Wohnung und einer Grundfläche von höchstens 90 qm eingereicht werde.
Zugleich sollte sich der Kläger verpflichten, das alte Wohnhaus zu beseitigen und auf
einen etwaigen Ersatzbauanspruch für das Gebäude X1. zu verzichten. Für diesen Fall
wollte sich der Beklagte um das bisher nicht erteilte gemeindliche Einvernehmen der
Beigeladenen zu 1. bemühen. Mit dieser Lösung erklärte sich der Kläger einverstanden,
nahm den Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid vom 21. April 1993 zurück
und stellte am 18. März 1994 die hier im Streit befindliche planungsrechtliche
Bauvoranfrage für ein Ersatzwohnhaus mit einer Grundfläche von 90 qm.
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Daraufhin beteiligte der Beklagte im Verwaltungsverfahren mehrere Fachbehörden.
Während die Untere Landschaftsbehörde zwar einen Eingriff nach § 4 Abs. 2 Nr. 4 LG
NW annahm, der aber dem Vorhaben bei Einhaltung bestimmter Nebenbestimmungen
zur Baugenehmigung nicht entgegenstehe, führte der Leiter des Forstamtes Steinfurt
aus, das Gebäude solle direkt in einem Wald von 120jährigen Stieleichen errichtet
werden; ein Sicherheitsabstand sei nicht vorhanden. Den vom Beklagten gestellten
Antrag auf Zustimmung gem. § 36 Abs. 1 BauGB lehnte die Beigeladene zu 2. nach
einer Ortsbesichtigung im September 1994 ab. Daraufhin versagte der Beklagte dem
Kläger unter dem 13. Oktober 1994 die begehrte Bebauungsgenehmigung. Zur
Begründung wies er im wesentlichen darauf hin, dem nichtprivilegierten Vorhaben des
Klägers stünden öffentliche Belange entgegen. Der Flächennutzungsplan der
Beigeladenen zu 1. stelle die fragliche Fläche als Fläche für die Land- und
Forstwirtschaft dar. Die Zersiedelung der Außenbereichslandschaft würde fortgesetzt,
weil eine unerwünschte Verdichtung der vorhandenen Splittersiedlung zu befürchten
sei. Die öffentlichen Belange seien auch beachtlich, weil das Vorhaben nicht
teilprivilegiert sei. Das bestehende Haus sei weder zulässigerweise errichtet noch
handele es sich überhaupt um ein Wohngebäude.
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Das gegen den ablehnenden Bescheid eingeleitete Widerspruchsverfahren wurde
zunächst nicht weiter gefördert, weil sich der Kläger persönlich im Oktober 1994 an den
Petitionsausschuß des Landtages NW gewandt hatte. Der Petitionsausschuß kam
jedoch in seiner Sitzung am 7. März 1995 zu dem Ergebnis, die Entscheidung des
Beklagten sei rechtlich zutreffend und die Baugenehmigung nicht zu erteilen. Mit
Bescheid vom 19. April 1996 wies die Beigeladene zu 2. den Widerspruch als
unbegründet zurück. Zur Begründung vertiefte sie ihre bisherige Argumentation und
stellte klar, daß das jetzige Gebäude X2. als nicht ersatzbaufähiges Behelfsheim zu
qualifizieren sei.
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Mit der am 15. Mai 1996 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er
ist der Ansicht, schon der rechtliche Ansatz der Beigeladenen zu 2. sei verfehlt.
Behelfsheime seien typischerweise im und nach dem Krieg errichtete Notunterkünfte.
Vorliegend handele es sich aber um eine in den dreißiger Jahren errichtete
Landarbeiterstelle, auf die die Rechtsprechung für Behelfsheime nicht anwendbar sei.
Das Vorhaben sei gem. § 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BauGB teilprivilegiert, so daß die von den
Behörden angeführten öffentlichen Belange ihm nicht entgegenstünden. Zwar lasse sich
heute keine Baugenehmigung dokumentieren, doch sei das jetzige Gebäude nach dem
Krieg als Landarbeiterstelle materiell genehmigungsfähig gewesen. Es sei der Hofstelle
M2. zuzuordnen; die Zuordnung scheitere nicht an der Entfernung von 700 m. Der
Bestandsschutz für das Gebäude sei auch nicht durch eine spätere
landwirtschaftsunabhängige Wohnnutzung oder durch Um- bzw. Anbauten verloren
gegangen. Die landwirtschaftsfremde Wohnnutzung durch die Familie T. sei über § 35
Abs. 4 S. 1 Nr. 1 BauGB, die geringfügige Erweiterung über § 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 5
BauGB zulässig gewesen. Er selbst bewohne das Gebäude seit 1990 zumindest
teilweise.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 13. Oktober 1994 und des
Widerspruchsbescheides der Beigeladenen zu 2. vom 19. April 1996 zu verpflichten, die
beantragte Bebauungsgenehmigung zu erteilen,
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hilfsweise,
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festzustellen, daß es sich um ein zulässigerweise errichtetes Gebäude im Sinne von §
35 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 a) BauGB handele.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hält das Vorhaben für nicht genehmigungsfähig. Das Altgebäude sei auch materiell
nicht legal gewesen. Es fehle nämlich nicht nur an einer Baugenehmigung, sondern
auch an der seinerzeit erforderlichen Ansiedlungsgenehmigung nach dem Preußischen
Ansiedlungsgesetz. Ferner sei das Gebäude dem benachbarten Hof M., nicht aber dem
700 m entfernten Hof M2. zuzuordnen gewesen. Die Rechtsprechung habe eine
Zuordnung bereits bei einer Entfernung von 500 bis 600 m abgelehnt. Selbst wenn man
aber mit dem Kläger von einer privilegierten Nutzung bis Ende der sechziger Jahre
ausgehe, so sei der Bestandsschutz spätestens mit dem Einzug des Herrn M1. im Jahre
1968 erloschen. Seinerzeit habe es noch keine dem jetzigen § 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 1
BauGB entsprechende Regelung gegeben. Schließlich sei das ehemalige Behelfsheim
durch die Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen des Rechtsvorgängers des Klägers
derart verändert worden, daß es sich als ein aliud darstelle; auch auf diese Weise könne
Bestandsschutz entfallen. Der Kläger habe das zu ersetzende Haus auch nicht längere
Zeit selbst genutzt. Bis Oktober 1998 sei das Haus im wesentlichen vermietet und damit
fremdgenutzt worden.
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Die Beigeladenen stellen keinen Antrag und haben schriftsätzlich nicht Stellung
genommen. In der mündlichen Verhandlung hat die Beigeladene zu 1. ihr
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Einverständnis zu dem Vorhaben erklärt, während die Beigeladene zu 2. die rechtliche
Argumentation des Beklagten für zutreffend gehalten hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten einschließlich der vom Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge
Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage hat mit Haupt- und Hilfsantrag keinen Erfolg.
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Der Hauptantrag ist unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte
Bebauungsgenehmigung besitzt, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO.
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Die Bebauungsgenehmigung ist nicht zu erteilen; dem Vorhaben stehen öffentlich-
rechtliche Vorschriften entgegen, §§ 75 Abs. 1 S. 1, 71 Abs. 2 BauO NW.
Planungsrechtlicher Maßstab für das Vorhaben ist § 35 BauGB, weil es weder im
Geltungsbereich eines Bebauungsplanes noch im unbeplanten Innenbereich liegt.
Hiervon sind die Beteiligten zutreffend ausgegangen. Angesichts der sich aus den
vorhandenen Plänen und Fotos ergebenden tatsächlichen Verhältnisse bedurfte es
keines gerichtlichen Ortstermines und bedarf es hierzu keiner weiteren Ausführungen.
Das gilt auch für die allseitig geteilte Ansicht, daß es sich nicht um ein privilegiertes
Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB, sondern um ein sonstiges Vorhaben
handelt, das mehrere der in § 35 Abs. 3 BauGB aufgeführten öffentlichen Belange
beeinträchtigt. Der Widerspruch zu den Darstellungen des gemeindlichen
Flächennutzungsplans ist augenfällig und wird auch vom Kläger gesehen. Es
widerspricht offenbar auch der natürlichen Eigenart der Landschaft. Dieser öffentliche
Belang steht einem Vorhaben stets dann entgegen, wenn es mit der naturgemäßen
Nutzungsweise der jeweiligen Landschaft nicht in Einklang steht und deshalb an
seinem Standort der Landschaft wesensfremd ist. Das trifft hier deshalb zu, weil das
Vorhaben inmitten eines Waldbestandes aus etwa 120jährigen Stieleichen liegt, der
rundum von landwirtschaftlich genutzten Acker- und Wiesenflächen umgeben ist. Dass
das Ersatzhaus gerade wegen des Baumbestandes weitgehend der Sicht entzogen ist,
führt zu keiner anderen rechtlichen Betrachtung (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar
1985 - 4 C 29.81 -, ZfBR 1985, 141).
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Dem Vorhaben des Klägers können die beeinträchtigten öffentlichen Belange auch
entgegengehalten werden, weil es die Voraussetzungen der hier allein in Betracht
kommenden Teilprivilegierung des § 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BauGB nicht erfüllt. Denn das
vorhandene Gebäude ist nicht zulässigerweise errichtet. Ob es schon nicht als
Wohnhaus qualifiziert werden kann, wie die Beigeladene zu 2. meint, sondern es sich
um ein nur behelfsmäßig errichtetes und deshalb nicht ersatzbaufähiges Gebäude
handelt, kann ebenso dahinstehen wie die Frage, ob und in welchen Zeiträumen das
Haus wegen seiner landwirtschaftlichen Zweckbestimmung im Außenbereich
privilegiert zulässig gewesen ist. Jedenfalls ist aufgrund des Einzugs
landwirtschaftsfremder Personen eine planungsrechtlich erhebliche Änderung der
Nutzungsart bewirkt worden, die zur Folge hatte, daß ein eventuell bestehender
Bestandsschutz für die privilegierte frühere Nutzung erlosch.
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Es läßt sich schon nicht aufklären, daß das Gebäude seit seiner Errichtung in den
dreißiger Jahren bis zum Jahre 1968 als Wohnung für landwirtschaftliche Hilfskräfte
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diente und demgemäß privilegiert zulässig gewesen war. Zugunsten des Klägers von
seinem Vortrag ausgehend, kam es jedenfalls 1968 zu einer Nutzungsänderung, die die
Frage nach ihrer Genehmigungsfähigkeit (neu) aufwarf und zur Folge hatte, daß der
Bestandsschutz erlosch. Dass Veränderungen eines Vorhabens zum Verlust des
Bestandsschutzes führen können, ist in der Rechtsprechung allgemein anerkannt. So
führt eine (nicht nur unwesentliche) Nutzungsänderung grundsätzlich zur Beendigung
des Bestandsschutzes für die in einem Gebäude ausgeübte frühere Nutzung (BVerwG,
Beschluß vom 27. Juli 1994 - 4 B 48.94 -, BRS 56 Nr. 85 m.w.H.). Erst mit der am 1.
Januar 1977 in Kraft getretenen Regelung des § 35 Abs. 4 BBauG 1976 wäre eine
landwirtschaftsfremde Wohnnutzung teilprivilegiert zulässig gewesen. § 35 BBauG 1960
und seine Vorgängerregelungen enthielten eine vergleichbare Begünstigung noch nicht.
§ 35 Abs. 4 BBauG 1976 verlangte aber eine privilegierte Nutzung bis zum Zeitpunkt der
zu genehmigenden Nutzungsänderung. Eine dem § 4 Abs. 3 BauGB-MaßnG 1993 oder
dem jetzigen § 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 BauGB vergleichbare Regelung, wonach die
Privilegierung eine zeitliche Ausstrahlung besitzt - zur Zeit von sieben Jahren - war § 35
Abs. 4 BBauG 1976 fremd.
Soweit der Kläger vorträgt, das Gebäude sei eine Landarbeiterstelle gewesen, kann es
sich nur um eine nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG 1960 zulässige Landarbeiterwohnung
(I.-haus) gehandelt haben. Denn für eine solche ist - im Gegensatz zu der nach § 35
Abs. 1 Nr. 2 BBauG 1960 zu behandelnden Landarbeiterstelle - nicht Voraussetzung,
daß die mit dem Gebäude bebaute Fläche im Eigentum desjenigen Landarbeiters steht,
der darin wohnen soll (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1961 - I C 74.59 -, DVBl. 1961,
476; OVG Lüneburg, Urteil vom 8. April 1981 - 6 OVG 97/77 -, AgrarR 1983, 47). Das
hier in Rede stehende Grundstück aber stand im Eigentum des Großvaters des Klägers
und nicht im Eigentum eines der dort möglicherweise wohnenden Landarbeiter.
Voraussetzung für den weiteren Bestandsschutz ist deshalb, daß das Altgebäude bis
1976 von einem Landarbeiter bewohnt war. Das ist nicht der Fall. Landarbeiter im Sinne
des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG 1960 waren Personen, die berufsmäßig mit
arbeitsrechtlicher Bindung, also nicht nur gelegentlich, als landwirtschaftliche Arbeiter in
einem oder mehreren landwirtschaftlichen Betrieben tätig waren (BayVGH, Urteil vom
26. März 1975 - Nr. 39 II 73 -, BRS 29 Nr. 46; Ehebrecht-Stüer,
Außenbereichsbebauung: Entwicklung und geltendes Recht (§ 35 BauGB 1998), S. 142
m.w.N.). Seit 1968 wurde das Gebäude X2. von K. M1. bewohnt. Es steht nicht zur
Überzeugung des Gerichts fest, daß der Genannte auf dem Hof M2. als Landarbeiter in
dem beschriebenen Sinne beschäftigt war. Herr M1. war bei seinem Einzug bereits 67
Jahre alt. Er war nach den Angaben des Klägers früher selbständiger Landwirt in H.,
hatte seinen eigenen Hof bereits dem Sohn übergeben und sich auf das Altenteil
zurückgezogen. Das ihm eingeräumte Wohnrecht auf seinem früheren Hof nutzte er
wegen familiärer Spannungen nicht aus, ohne übrigens seinen ersten Wohnsitz in H.
aufzugeben. Es spricht nichts dafür, daß Herr M1. im Rentenalter wieder in das
Erwerbsleben eingetreten und eine Arbeitsstelle auf dem Hof M2. angenommen hätte.
Selbst wenn er gelegentlich auf dem Hof anfallende Arbeiten übernommen haben sollte,
kann von einer berufsmäßigen Ausübung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nicht
die Rede sein. Eine arbeitsrechtliche Bindung hätte im Übrigen bis 1976 angedauert
haben müssen; zu diesem Zeitpunkt war K. M1. jedoch bereits 76 Jahre alt. Unter
Berücksichtigung des Sachverhalts, soweit sich dieser hat aufklären lassen, geht die
Kammer mithin von einer landwirtschaftsfremden und nicht privilegierten Nutzung des
Altbaus ab dem Jahre 1968 aus. Es spricht auch nichts dafür, daß die reine
Wohnnutzung durch Dritte nach Maßgabe des § 35 Abs. 2 BBauG 1960 seinerzeit
genehmigungsfähig gewesen wäre. Auch in den Folgejahren hat es eine privilegierte
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Nutzung unstreitig nicht mehr gegeben.
Scheitert die Teilprivilegierung des Vorhabens bereits am Tatbestandsmerkmal der
zulässigen Errichtung des Altbaus, kommt es auf die weiter aufgeworfenen Fragen im
Zusammenhang mit § 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BauGB nicht an (Zuordnung des Gebäudes
zur Hofstelle bei einer Entfernung von 700 m, Qualifizierung der baulichen Anlage als
Wohnhaus, Verlust des Bestandsschutzes durch ungenehmigte Baumaßnahmen Ende
der achtziger Jahre, überwiegende Fremdnutzung des Objektes). Es kann des Weiteren
auch offen bleiben, ob die Baugenehmigung bereits deshalb nicht zu erteilen ist, weil
die für das Vorhaben erforderliche Waldumwandlungsgenehmigung gem. § 39 Abs. 1
LFoG NW nicht vorliegt (vgl. hierzu Hahn, Landschaftsrecht und Baufreiheit, DVBl.
1992, 1408, 1412; OVG NW, Urteil vom 20. März 1992 - 11 A 610/90 - bei fehlender
straßenrechtlicher Gestattung; BayVGH, Urteil vom 2. März 1984 - Nr. 26 B 81 A 1333 -,
BayVBl. 1984, 566 f; HessVGH, Urteil vom 22. Juni 1989 - 4 UE 1332/86 -, NuR 1990,
277).
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Die Klage ist auch mit dem Hilfsantrag unbegründet; insoweit kann auf die obigen
Ausführungen verwiesen werden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten
der Beigeladenen sind nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil diese keinen Antrag
gestellt und sich damit selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben, § 162 Abs. 3
VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt
aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.
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