Urteil des VG Münster vom 06.02.2002

VG Münster: aufschiebende wirkung, privates interesse, öffentliches interesse, verfügung, gewerbe, haus, wohnung, polizeigesetz, vollziehung, stadt

Verwaltungsgericht Münster, 1 L 177/02
Datum:
06.02.2002
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
1. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
1 L 177/02
Tenor:
1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines
Widerspruchs des Antragstellers gegen die Anordnung des
Antragsgegners (Polizeiinspektion Süd, Bocholt) vom 5. Februar 2002
wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt.
G r ü n d e
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Der nach § 80 Abs. 5 VwGO zu beurteilende sinngemäße Antrag des Antragstellers,
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die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Anordnung des
Antragsgegners vom 5. Februar 2002 anzuordnen,
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hat keinen Erfolg.
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Mit Blick darauf, dass die angegriffene Verfügung als unaufschiebbare Anordnung bzw.
Maßnahme von Polizeivollzugsbeamten einzuordnen ist, kann die gemäß § 80 Abs. 2 S.
1 Nr. 2 VwGO entfallene aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs dann nach § 80
Abs. 5 VwGO vom Verwaltungsgericht angeordnet werden, wenn der angegriffene
Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist und demnach ein öffentliches Interesse an
seiner sofortigen Vollziehung nicht bestehen kann oder wenn - bei noch offener
Rechtslage - das private Interesse des Betroffenen daran, von der (weiteren)
Vollziehung vorerst verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse am Sofortvollzug
überwiegt. Hiervon ausgehend kann dem Begehren des Antragstellers nicht
entsprochen werden, weil die angegriffene Verfügung beim derzeitigen Kenntnisstand
des Gerichts offensichtlich rechtmäßig ist und deshalb ein das öffentliche Interesse am
Sofortvollzug überwiegendes privates Interesse nicht besteht.
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Gem. § 34 a Abs. 1 S. 1 Polizeigesetz NRW i. d. am 01. Januar 2002 in Kraft getretenen
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Fassung des Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes vom 18. Dezember 2001 (GV. NRW. S. 870)
kann die Polizei eine Person zur Abwehr einer von ihr ausgehenden gegenwärtigen
Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer anderen Person aus einer Wohnung, in der
die gefährdete Person wohnt, sowie aus deren unmittelbaren Umgebung verweisen und
ihr die Rückkehr in diesen Bereich untersagen. Die Voraussetzungen dieser
gesetzlichen Ermächtigung liegen vor. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt das
Gericht insoweit Bezug auf die angegriffene Verfügung nebst Beiblatt vom 05. Februar
2002. Wenn der Antragsteller die körperliche Gewalt zwar zugesteht, aber eine
Notwehrsituation geltend macht, ist dies offensichtlich unglaubwürdig. Nach den
Feststellungen des Antragsgegners ist der Antragsteller seiner Ehefrau körperlich
erheblich überlegen. Der Antragsteller hat in Anwesenheit der Polizeibeamten seiner
Ehefrau auch weitere Schläge angedroht („Dafür gibt es was an die Backen"). Im
Übrigen lägen die Voraussetzungen einer Notwehr von Rechts wegen nicht vor, weil der
Antragsteller die Grenzen einer Notwehrhandlung jedenfalls weit überschritten hätte.
Die Schläge beschränkten sich jedenfalls nicht allein auf eine Abwehr, sondern gingen
offensichtlich weit darüber hinaus.
Ermessensfehler des Antragsgegners sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist die
Verfügung nicht unverhältnismäßig, wenn sie sich auch auf die Büro- und Lageräume im
Haus F.in C. erstreckt. Die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage sieht vor, die
Maßnahmen auf die Umgebung der Wohnung zu erstrecken. Nach § 34 a Abs. 1 S. 3
Polizeigesetz NRW können die Maßnahmen „in besonders begründeten Einzelfällen"
auf Wohn- und Nebenräume beschränkt werden. Eine solcher Einzelfall oder eine
vergleichbare Ausnahmesituation ist dem Gericht nicht ersichtlich. Zwar hat der
Antragsteller dargelegt, nicht nur in dem Haus zu wohnen, sondern dort auch ein
Gewerbe auszuüben. Das Gericht kann aber in dem vorliegenden Verfahren nicht
feststellen, dass dem Antragsteller die Entscheidungsbefugnis über das in dem Haus F.
in C. betriebene Gewerbe zusteht. Inhaber des Gewerbes ist nicht der Antragsteller,
sondern seine Ehefrau. Dies ergibt sich aus der Angabe des Antragstellers selbst, dass
das Gewerbe auf den Namen seiner Ehefrau angemeldet ist. Nach einer telefonischen
Auskunft des Ordnungsamtes der Stadt Bocholt ist auf den Namen des Antragstellers
kein Gewerbe angemeldet.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG. Angesichts der Vorläufigkeit des
Rechtsschutzverfahrens legt das Gericht die Hälfte des gesetzlichen Auffangstreitwerts
zu Grunde.
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