Urteil des VG Minden vom 21.03.2007

VG Minden: vergleich, zahl, vorschlag, weisung, werturteil, meinung, benotung, anpassung, polizei, vollstreckung

Verwaltungsgericht Minden, 4 K 3523/06
Datum:
21.03.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Minden
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 K 3523/06
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des
Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die
Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn
nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.
Tatbestand:
1
Die am geborene Klägerin ist als L. der Besoldungsgruppe A 11 BBesO (II. Säule) beim
Polizeipräsidium C. tätig.
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Unter dem 03.01.2006 wurde sie in ihrem Amt für den Zeitraum vom 01.06.2002 bis zum
30.09.2005 zum vierten Mal mit dem Ergebnis beurteilt: "Die Leistung und Befähigung
der L. B. L1. entsprechen voll den Anforderungen". Der Beurteilungsvorschlag des
Erstbeurteilers und Leiters des Kriminalkommissariats 11, Erster L2. S. , hatte gelautet:
"Die Leistung und Befähigung der L. B. L1. übertreffen die Anforderungen". Er hatte das
Leistungsverhalten der Klägerin mit 4 Punkten (...übertrifft die Anforderungen) und auch
die dazugehörigen sieben Submerkmale jeweils mit 4 Punkten bewertet. Zum
Leistungsergebnis hatte er drei Punkte (...entspricht voll den Anforderungen)
entsprechend der Bewertung der beiden Submerkmale mit jeweils 3 Punkten vergeben
und zum Sozialverhalten 4 Punkte (...übertrifft die Anforderungen) bei Submerkmalen
von zweimal 4 und einmal 5 Punkten.
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Die vom Erstbeurteiler abweichende Beurteilung begründete der Endbeurteiler wie folgt:
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"Auf Grund des in der Beurteilerbesprechung angelegten Beurteilungsmaßstabes zeigte
sich im Quervergleich innerhalb der Vergleichsgruppe (alle Angehörigen der
Besoldungsgruppe A 11, die zum Stichtag 01.10.2005 eine Beurteilung erhalten), dass
der Erstbeurteiler den Maßstab verkannt hat und das Leistungsverhalten der L3. B. L1.
voll den Anforderungen entspricht. Daher wird die Bewertung der Submerkmale auch
mit Blick auf die Schlüssigkeit der Endbeurteilung ebenfalls nicht mitgetragen. Unter
Berücksichtigung der abweichenden Endbeurteilung des Hauptmerkmals
Leistungsverhalten wurde festgestellt, dass der Erstbeurteiler den Maßstab verkannt hat
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und die Leistung und Befähigung der L3. B. L1. voll den Anforderungen entspricht."
Zur Begründung dafür, dass die Klägerin trotz zunehmender Lebens- und
Diensterfahrung zum vierten Mal in ihrem Amt mit demselben Gesamturteil bewertet
werde, heißt es in der Beurteilung:
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"Mit dieser Beurteilung werden Sie zum vierten Mal in derselben Vergleichsgruppe
beurteilt. Diese Beurteilung sieht ein Gesamturteil vor, dass weder im Vergleich zur
letzten noch im Vergleich zur vorletzten Beurteilung eines Verbesserung darstellt.
Haben sich Lebens- und Diensterfahrung nicht positiv auf das Leistungsbild ausgewirkt,
ist dies gemäß Ziffer 8.1 der Beurteilungsrichtlinien zu begründen. In der
Vergleichsgruppe A 11 befinden sich eine Vielzahl von leistungsstarken Beamtinnen
und Beamten, die auf Grund der langen Verweildauer in dieser Vergleichsgruppe
zunehmend an Lebens- und Diensterfahrung dazugewonnen haben. Im Vergleich dazu
hat Ihre zunehmende Lebens- und Diensterfahrung nicht zu einer solchen
Leistungssteigerung geführt, dass Ihnen innerhalb Ihrer Vergleichsgruppe ein besseres
Gesamturteil zuerkannt werden konnte."
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Am 07.06.2006 erhob die Klägerin Widerspruch gegen ihre Beurteilung und führte zur
Begründung u.a. aus, der Erstbeurteiler habe nicht seine wahre Auffassung zu ihrer
Leistung und Befähigung in die Beurteilung einfließen lassen, denn er habe ihr erklärt,
dass er sie eigentlich mit 5 Punkten zur Beurteilung habe vorschlagen wollen, sich
jedoch nach der Maßstabsbesprechung in der Unterabteilung ZKB verpflichtet gefühlt
habe, nur 4 Punkte zu vergeben. Schon deshalb sei die Beurteilung rechtswidrig.
Außerdem sei die Beurteilung auch deshalb rechtswidrig, weil die Begründung dafür,
dass sie in ihrem Amt zum vierten Mal mit demselben Gesamturteil bewertet werde,
weder mit der Rechtsprechung noch mit der Beurteilung selbst in Einklang stehe. In der
Beurteilung heiße es nämlich unter III. 4.:
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"L3. B. L1. ist eine überaus erfahrene Sachbearbeiterin. Sie hat bei der Bearbeitung von
Sexualstraftaten hervorragende und erfolgreiche Ergebnisse erzielt. Ihre
Verhaltensweise ist einfühlsam und stets Opfer orientiert. L3. L1. hat im
Beurteilungszeitraum in mehreren Ermittlungskommissionen als Ermittlerin
mitgearbeitet. Sie sollte weiterhin im KK 11 Verwendung finden."
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Diese Aussage stehe der Begründung, die nach Nr. 8.1 der Beurteilungsrichtlinien im
Bereich der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen (BRLPol) dafür gegeben worden
sei, dass sie zum vierten Mal im selben Amt dasselbe Gesamturteil erhalten habe,
diametral entgegen.
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Durch Bescheid vom 13.12.2006 wies die C1. E. den Widerspruch der Klägerin zurück.
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Die Klägerin hat bereits am 27.11.2006 die vorliegende Klage erhoben.
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Sie trägt ergänzend u.a. vor, die Beurteilung mit 3 Punkten im Hauptmerkmal
Leistungsergebnis sei insbesondere deswegen nicht nachvollziehbar, weil sie in der
vorhergehenden Beurteilung in diesem Hauptmerkmal vom Erstbeurteiler und
Endbeurteiler jeweils mit 4 Punkten beurteilt worden sei. Letztlich sei die Beurteilung
auch deswegen nicht plausibel, weil in keiner Weise nachvollziehbar sei, wie die
abschließende Benotung des Hauptmerkmals Leistungsverhalten durch den
Endbeurteiler zu Stande gekommen sei. Offensichtlich habe der Endbeurteiler hier von
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der Bewertung der Submerkmale durch den Erstbeurteiler Abstand genommen. In
welcher Weise er aber die Submerkmale bewertet sehen wolle, sei in keiner Weise der
Begründung entnehmbar. Er hätte vielmehr nach der aktuellen Rechtsprechung des
Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zur Absenkung der
einzelnen Submerkmale eine Aussage treffen müssen.
Aus dem Widerspruchsbescheid ergebe sich außerdem, dass bereits auf der
Unterabteilungsebene eine Rankingliste erstellt worden sei, die die Noten für die
einzelnen Beamten enthalten habe. Eine solche personenscharfe Besprechung sei
nach der Rechtsprechung unzulässig. Es treffe ferner nicht zu, dass der Erstbeurteiler
aus freien Stücken von seiner Leistungseinschätzung abgerückt sei. Vielmehr sei es so
gewesen, dass im Rahmen der Besprechung durch Mehrheitsentscheid beschlossen
worden sei, dass sie keine 5 Punkte, sondern vielmehr nur 4 Punkte erhalten solle.
Daher habe sich der Erstbeurteiler verpflichtet gefühlt, seinen Beurteilungsvorschlag
entsprechend dem Beschluss der anderen Erstbeurteiler abzuändern. Mit einer
Leistungseinschätzung durch den Erstbeurteiler habe dies aber nichts mehr zu tun. Es
fehle auch immer noch an einer Einzelfallbegründung gemäß Nr. 8.1 BRLPol. Der
bisherigen Begründung sei nicht zu entnehmen, woran es im Einzelnen liege, dass sich
ihre Lebens- und Diensterfahrung nicht positiv auf ihr Leistungsergebnis ausgewirkt
habe. Die Beurteilung bleibe schließlich auch deswegen nicht plausibel, weil ihr nicht
entnommen werden könne, warum sich ihre Leistungen im Vergleich zur
vorangegangenen Beurteilung sogar verschlechtert hätten. Dies lasse sich auch nicht
damit erklären, dass die maßgebliche Vergleichsgruppe sich vergrößert habe. Die
Richtsätze würden nämlich prozentual angepasst, sodass sich die Verschlechterung
ihrer Beurteilung allein mit der Vergrößerung der Vergleichsgruppe nicht erklären lasse.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2006 zu
verpflichten, die dienstliche Beurteilung der Klägerin vom 03.01.2006 für den Zeitraum
01.06.2002 bis 30.09.2005 aufzuheben und eine neue dienstliche Beurteilung über die
Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erstellen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Beurteilung der Klägerin hat die Kammer M. L4. S1. und Ersten L2. S. als Zeugen
gehört.
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Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der weiteren Einzelheiten des Sach-
und Streitstandes wird auf die Akten und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten
Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
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Die dienstliche Beurteilung vom 03.01.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin
nicht in ihren Rechten.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann die Beurteilung eines
Beamten von den Verwaltungsgerichten nur in beschränktem Umfang nachgeprüft
werden. Die Verwaltungsgerichte sind nicht in der Lage, das Urteil des
Dienstvorgesetzten in fachlicher und persönlicher Hinsicht in vollem Umfang
nachzuvollziehen oder durch ihre eigene Wertung zu ersetzen. Vielmehr unterliegt die
verwaltungsgerichtliche Überprüfung Einschränkungen, die sich aus der rechtlichen
Gestaltung solcher Beurteilungen ergeben. Die Entscheidung des Dienstherrn darüber,
ob und in welchem Grade ein Beamter die für sein Amt und für seine Laufbahn
erforderliche Eignung, Befähigung und fachliche Leistung aufweist, ist nicht mittels
einfacher Subsumtion eines Tatbestandes unter eine gesetzliche Vorschrift zu treffen.
Befähigung und Leistung eines Beamten können auch nicht allein an hergebrachten,
allgemein und für das Berufsbeamtentum schlechthin geltenden Wertmaßstäben
gemessen werden. Das von der Rechtsordnung dem Dienstvorgesetzten anvertraute
Urteil über die Bewährung eines einzelnen Beamten hängt vielmehr auch von den
zahlreichen - fachlichen und persönlichen - Anforderungen des konkreten Amtes und
der Laufbahn ab. Diese Anforderungen im Einzelnen zu bestimmen, ist Sache des
Dienstherrn. Nur dieser oder der für ihn handelnde Dienstvorgesetzte soll ein Werturteil
darüber abgeben, ob und inwieweit der einzelne Beamte diesen Anforderungen
entspricht.
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Vgl. BVerwG, Urteile vom 13.05.1965 - II C 146.62 -, BVerwGE 21, 127 und vom
26.06.1980 - 2 C 8.78 -, DÖD 1980, 206 ff.
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Für ein derartiges Werturteil steht der zuständigen Behörde ein Beurteilungsspielraum
zu mit der Folge, dass die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung der Rechtmäßigkeit
sich darauf zu beschränken hat, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder
den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie
von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe
nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen
Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Hat der Dienstherr Richtlinien für die Erstellung
dienstlicher Beurteilungen erlassen, sind die Beurteiler an diese Richtlinien hinsichtlich
des anzuwendenden Verfahrens und der einzuhaltenden Maßstäbe gebunden. Das
Gericht kann kontrollieren, ob sich die Richtlinien im Rahmen der gesetzlichen
Ermächtigung halten und ob sie auch sonst mit den gesetzlichen Vorschriften im
Einklang stehen.
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Vgl. OVG NW, Urteil vom 15.05.1995 - 1 A 2881/91 -.
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Im vorliegenden Fall sind die Beurteilungsrichtlinien im Bereich der Polizei des Landes
NRW vom 25.01.1996 (BRL) maßgeblich. Angesichts der in § 104 Abs. 1 des
Landesbeamtengesetzes (LBG) enthaltenen Rechtsgrundlage und der diem Dienstherrn
bei der Schaffung der Beurteilungsrichtlinien zustehenden weiten Gestaltungs- und
Ermessensfreiheit
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- vgl. BVerwG, Urteil vom 30.04.1981 - 2 C 8.79 -, DVBl. 1981, 1062 -
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ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass die Beurteilungsrichtlinien in Nr. 8.2.2 als
Orientierungsrahmen für die Bewertung der Hauptmerkmale sowie für die Festlegung
der Gesamtnote Richtsätze (Obergrenzen) vorsehen, um eine einheitliche Anwendung
des Beurteilungsmaßstabes für die Leistungsbewertung von vergleichbaren Beamten
sicherzustellen.
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Vgl. Urteil des OVG NW vom 08.07.1997 - 6 A 6058/95 - hinsichtlich einer
entsprechenden Regelung in den Beurteilungsrichtlinien für den Geschäftsbereich des
Innenministeriums vom 25.05.1991; ferner BVerwG, Urteil vom 26.06.1980 - 2 C 13.79 -
DÖD 1980, 224.
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Die Erstbeurteilung der Klägerin ist in Übereinstimmung mit den Beurteilungsrichtlinien
erfolgt. Nach Nr. 9.1 Abs. 3 BRL beurteilt der Erstbeurteiler unabhängig und ist nicht an
Weisungen gebunden. Adressaten dieser Vorschrift sind die Vorgesetzten des
Erstbeurteilers. Ihnen soll eine Einflussnahme auf den Erstbeurteiler, jedenfalls soweit
sie die Intensität einer Weisung annimmt oder sonst dessen Unabhängigkeit tangiert,
verwehrt sein. Anderenfalls würde der Zweck des in den Beurteilungsrichtlinien
vorgesehenen Verfahrens, nämlich ein Beurteilungsvorschlag des Erstbeurteilers auf
Grund vollständiger und richtiger Tatsachengrundlage und die Einhaltung gleicher
Beurteilungsstandards durch den Endbeurteiler, gefährdet. Davon zu unterscheiden
sind selbstauferlegte Bindungen, denen sich der Erstbeurteiler in Absprache mit
anderen Erstbeurteilern im Interesse gleichmäßiger Handhabung der
Beurteilungsrichtlinien unterwirft.
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Vgl. OVG NW, Beschluss vom 13.12.1999 - 6 A 3593/98 -, DÖD 2000, 266.
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Diese Grundsätze sind bei der Erstbeurteilung durch den Ersten L2. S. nicht verletzt
worden. Er hat als Zeuge in der mündlichen Verhandlung ausgesagt, dass er von
seinen Vorgesetzten keine Weisungen zur Abfassung der Erstbeurteilung erhalten und
seinen Vorschlag in eigener Verantwortung abgegeben habe. Die Kammer hat keinerlei
Anlass, an der Richtigkeit dieser Aussage zu zweifeln, und zwar auch nicht im Hinblick
darauf, dass vor Abfassung der Erstbeurteilung eine Maßstabsbesprechung der
Erstbeurteiler unter Mitwirkung von deren Vorgesetzten stattfand. Nach der glaubhaften
Aussage des Zeugen versuchten die elf zu Erstbeurteilern berufenen
Kommissariatsleiter bei dieser Besprechung, eine nach den Leistungen gerechte
Rangfolge unter den Beamtinnen und Beamten der Vergleichsgruppe A 11 herzustellen,
und kamen mehrheitlich - ohne darüber abzustimmen - zu der Meinung, dass die
Leistungen der Klägerin mit 3+ zu bewerten seien. Diese Einschätzung war keine
Weisung gegenüber dem Erstbeurteiler der Klägerin und bedeutete auch keine
irgendwie geartete Verpflichtung für ihn. Sie machte nur deutlich, wie seine Kollegen die
Leistungsstärke der Klägerin im Vergleich zu den anderen Beamtinnen und Beamten
der Vergleichsgruppe in der Unterabteilung ZKB bewerteten. Als bloße Einschätzung
hat der Erstbeurteiler die Meinungsäußerung seiner Kollegen auch verstanden, denn in
seiner späteren Erstbeurteilung schlug er für die Klägerin ein Gesamturteil von 4
Punkten vor. Der Leiter der Unterabteilung ZKB und die Kriminalgruppenleiter, die bei
dieser Besprechung anwesend waren, haben nach der glaubhaften Aussage des
Zeugen die Besprechung nur moderiert, also keine Bewertungen abgegeben und den
Erstbeurteilern insbesondere keine Weisungen bezüglich der Erstbeurteilungen erteilt.
Auch die Erklärung des Unterabteilungsleiters in der Besprechung, dass für die Klägerin
eine 4- vergeben werden könne, war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keine
Weisung an den Erstbeurteiler. Es war nur der Hinweis, dass trotz des Votums der
Erstbeurteiler, dass die Leistungen der Klägerin nur eine Bewertung mit 3+
rechtfertigten, versucht werden könne, eine Endbeurteilung mit 4 Punkten für sie zu
erreichen. Gebunden fühlte sich der Erstbeurteiler durch diesen Hinweis nicht, denn er
hat in seiner Aussage erklärt, dass er auch nach dieser Besprechung die Freiheit gehabt
habe, die von ihm für die Klägerin zunächst vorgeschlagenen 5 Punkte in der
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Erstbeurteilung zu vergeben.
Zur Rechtswidrigkeit der Beurteilung führt es auch nicht, dass anschließend zwischen
den Unterabteilungen und den Abteilungen weitere Maßstabsbesprechungen
stattfanden, die zu dem Ergebnis kamen, dass die Leistungen der Klägerin im Bereich
von 3 Punkten zu sehen seien. Bei der Größe der in allen Abteilungen vertretenen
Vergleichsgruppe A 11 waren solche Besprechungen zur Herstellung eines
einheitlichen Beurteilungsmaßstabes im Hinblick auf die erforderliche Beratung des
Endbeurteilers notwendig. Anhaltspunkte dafür, dass in diesen Besprechungen bei der
Bewertung der Leistungen und der Herstellung einer Rangfolge gegen
Bewertungsgrundsätze verstoßen worden ist, liegen nicht vor. Auch Weisungen
gegenüber dem Erstbeurteiler ergingen nicht. Nach seiner Aussage hatte er bei der
Abfassung der Erstbeurteilung für die Klägerin keinerlei Informationen über die
Ergebnisse dieser Besprechungen. Die dem Endbeurteiler vorgelegte Erstbeurteilung
für die Klägerin ist nach alledem in Übereinstimmung mit Nr. 9.1 Abs. 3 BRL zu Stande
gekommen.
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Rechtlich zu beanstanden ist es auch nicht, dass die Ergebnisse der
Maßstabsbesprechungen zwischen den Unterabteilungen und Abteilungen dem
Endbeurteiler zusammen mit den Ergebnissen der Erstbeurteilung vorgelegt wurden,
und zwar in Form eines eigenen Vorschlags für das Gesamturteil, die Bewertung der
Hauptmerkmale und die Rangfolge. Der Endbeurteiler ist nämlich nach Nr. 9.2 BRL
verpflichtet und darauf angewiesen, von den Vorgesetzten der Erstbeurteiler zur
Gewinnung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabes beraten zu werden. Dazu gehört
es, dass diese sich in Maßstabsbesprechungen zur Leistungsstärke der Angehörigen
der Vergleichsgruppen ein Urteil bilden und soweit erforderlich auch Merkmale
bewerten, Gesamturteile bilden und Ranglisten erstellen. Aufgabe des Endbeurteilers ist
es dann, in der Beurteilerkonferenz die Vorschläge der Erstbeurteiler den Vorschlägen
seiner Berater gegenüberzustellen, sich eine eigene Meinung zu bilden und zu
gerechten Beurteilungen zu finden.
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Die bezüglich der Klägerin getroffene und begründete Entscheidung des Endbeurteilers,
dem Vorschlag des Erstbeurteilers für ein Gesamturteil mit 4 Punkten nicht zu folgen,
sondern als Gesamturteil nur 3 Punkte zu vergeben und die Bewertung des
Hauptmerkmals "Leistungsverhalten" von 4 auf 3 Punkte abzusenken, genügt auch dem
Gebot der Plausibilität dienstlicher Beurteilungen. Dieses Gebot bedeutet nicht, dass
das Gesamturteil als zwingend folgerichtiges Produkt der Benotung ihm nachgeordneter
Kriterien erscheint. In die höchstpersönliche Einschätzung des Endbeurteilers können
auch solche Überlegungen einfließen, die bei den Einzelbewertungen nicht vollständig
zum Ausdruck gelangen. Ein unlösbarer Widerspruch zwischen dem Gesamturteil und
Einzelbewertungen darf aber nicht bestehen. Für den Fall der Abweichung des
Endbeurteilers im Gesamturteil zum Vorschlag des Erstbeurteilers bedeutet dies, dass
er sich auch zu den Benotungen der nachgeordneten Einzelmerkmale äußert. Ob er
dabei die Bewertung dieser Merkmale im Einzelnen dem von ihm vergebenen
Gesamturteil anpasst oder die erforderliche Anpassung in einer sonstigen geeigneten
Weise - etwa durch entsprechende allgemeine Aussagen zu den Benotungen der
Einzelmerkmale in der Abweichungsbegründung - herbeiführt, bleibt ihm überlassen.
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Vgl. OVG NW, Beschluss vom 28.06.2006 - 6 B 618/06 -, ZBR 2006, 390 ff.
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Vorliegend hat der Endbeurteiler die Bewertung des Hauptmerkmals
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"Leistungsverhalten" auf 3 Punkte abgesenkt, und zwar mit der Begründung, der
Erstbeurteiler habe bei der Bewertung mit 4 Punkten den Maßstab verkannt. Diese
Begründung für die Abweichung ist ausreichend und macht das Gesamturteil von 3
Punkten unter Berücksichtigung dessen, dass der Erstbeurteiler die beiden anderen
Hauptmerkmale mit 3 und 4 Punkten bewertet hatte, plausibel.
Die Absenkung der Bewertung des Hauptmerkmals "Leistungsverhalten" auf 3 Punkte
ergibt auch keinen unlösbaren Widerspruch zu den durchgängig mit 4 Punkten vom
Erstbeurteiler bewerteten sieben Submerkmalen, denn der Endbeurteiler hat insoweit
erklärt, dass er die Bewertung dieser Submerkmale nicht mittrage. Bei einer vom
Erstbeurteilervorschlag abweichenden Bewertung von Hauptmerkmalen hat der
Endbeurteiler die Wahl, ob er die Bewertung der Submerkmale im Einzelnen der von
ihm vergebenen Bewertung des Hauptmerkmals anpasst oder die erforderliche
Anpassung in einer sonstigen geeigneten Weise - etwa durch entsprechende
allgemeine Aussagen zu den Benotungen der Einzelmerkmale in der
Abweichungsbegründung - herbeiführt.
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Vgl. OVG NW, Beschluss vom 07.12.2006 - 6 B 2045/06 -.
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Die allgemeine Aussage des Endbeurteilers, dass er die Submerkmale nicht mittrage,
macht die Absenkung der Bewertung des Hauptmerkmals "Leistungsverhalten" bereits
plausibel.
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Schließlich genügt auch die Begründung dafür, dass die Klägerin trotz zunehmender
Lebens- und Diensterfahrung zum vierten Mal in ihrem Amt dasselbe Gesamturteil
erhielt, den Anforderungen der Nr. 8.1 Abs. 2 BRL. Mit der Begründung muss der
Endbeurteiler deutlich machen, welche Umstände tatsächlicher Art dafür maßgebend
waren, dass der Klägerin wiederum kein besseres Gesamtergebnis als zuvor erteilt
wurde. Dabei war er nicht verpflichtet, nach Ursachen - etwa persönlicher Art - zu
forschen und dies in der Begründung darzustellen.
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Vgl. OVG NW, Beschluss vom 31.05.2006 - 6 A 1146/04 -.
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Seine Begründung, dass sich in der Vergleichsgruppe A 11, zu der am Stichtag
01.10.2005 etwa 150 Personen gehörten, eine Vielzahl leistungsstarker Beamtinnen
und Beamten mit längerer Verweildauer befand, ist nachvollziehbar, da aus den
darunter befindlichen Besoldungsgruppen ständig weitere leistungsstarke Beamtinnen
und Beamte in diese Besoldungsgruppe aufrücken, die Beförderungsmöglichkeiten in
die Besoldungsgruppe A 12 aber begrenzt sind. Da auch in der Vergleichsgruppe A 11
die Richtsätze der Nr. 8.2.2 BRL zu beachten sind und eine Beurteilung mit 4 oder 5
Punkten immer nur dem leistungsstärksten Drittel vorbehalten ist, kann dies - wie im Fall
der Klägerin - deshalb dazu führen, dass trotz längerer Verweildauer und zunehmender
Lebens- und Diensterfahrung wiederholt nur eine Beurteilung mit 3 Punkten möglich ist,
weil noch leistungsstärkere Beamtinnen und Beamte in dieser Vergleichsgruppe bereits
vorhanden sind oder nachrücken und das erste Drittel der Rangplätze belegen.
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Insofern ist es auch nicht widersprüchlich, wenn unter Nr. III.4. der Beurteilung die
Leistungen der Klägerin gelobt werden. Dieses Lob bedeutet nicht, dass die Klägerin
mit 4 Punkten zu beurteilen wäre, denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass
viele Beamtinnen und Beamte in ihrer Vergleichsgruppe ein solches Lob verdienen,
trotzdem aber im Bereich der Bewertung mit drei Punkten verbleiben, weil die Zahl der
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noch leistungsstärkeren Beamtinnen und Beamten so groß ist, dass durch sie die nach
den Richtsätzen möglichen Beurteilungen mit 4 und 5 Punkten bereits ausgeschöpft
sind.
Auch der Vortrag der Klägerin, die Beurteilung sei rechtswidrig, weil sie in der
vorangegangenen Beurteilung zum 01.06.2002 vom Erstbeurteiler und Endbeurteiler im
Hauptmerkmal "Leistungsergebnis" mit 4 Punkten bewertet worden sei, überzeugt nicht.
Die Zusammensetzung der Vergleichsgruppe A 11 ändert sich laufend, sodass
abhängig von der Zahl der nachrückenden leistungsstarken Beamtinnen und Beamten
und der Zahl der Beförderungen in die Besoldungsgruppe A 12 die Zahl der in der
Vergleichsgruppe befindlichen leistungsstarken Beamten schwanken kann. Keiner der
Angehörigen der Vergleichsgruppe kann sich wegen der auch bezüglich der
Hauptmerkmale zu beachtenden Richtsätze nach Nr. 8.2.2 BRL deshalb darauf
verlassen, dass eine einmal erreichte Bewertung unveränderlich bleibt.
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Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr.
11, 711 ZPO.
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