Urteil des VG Minden vom 09.10.2003

VG Minden: politische verfolgung, staatliche verfolgung, serbien und montenegro, kosovo, bundesamt, anerkennung, medizinische betreuung, widerruf, unverzüglich, staatsangehörigkeit

Verwaltungsgericht Minden, 7 K 3508/02.A
Datum:
09.10.2003
Gericht:
Verwaltungsgericht Minden
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 K 3508/02.A
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des
gerichtskostenfreien Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten
vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden,
wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher
Höhe leistet.
Tatbestand:
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Die Kläger besitzen die Staatsangehörigkeit von Serbien und Montenegro. Die Kläger
zu 1. - 3. beantragten am 31.07.1995 erstmals ihre Anerkennung als Asylberechtigte.
Dazu hatte der Kläger zu 1. im Rahmen der Anhörung durch das Bundesamt für die
Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) u. a. vorgetragen, ein einfaches
Mitglied der LDK gewesen zu sein. Durch das Amtsgericht L. sei er am 10.03.1988 zu
einer fünfmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Grund dafür sei gewesen, dass
er anlässlich einer Demonstration ein Schild mit Parolen für die Republik Kosovo
getragen habe. Die fünfmonatige Gefängnisstrafe habe er voll verbüßt. Im Jahre 1994
habe er erneut eine Ladung des Kommunalen Gerichts L. erhalten. Darauf hin habe man
sofort die Sachen gepackt und sei zu den Eltern der Ehefrau nach T. gefahren.
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Mit Bescheid vom 26.03.1996 lehnte das Bundesamt das Asylbegehren der Kläger zu 1.
bis 3. ab. Ein Asylbegehren der am 2. .1. .2. im Bundesgebiet geborenen Klägerin zu 4.
lehnte das Bundesamt mit weiterem Bescheid vom 26.03.1996 ab.
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In einem dagegen geführten Klageverfahren machten die Kläger geltend, als albanische
Volkszugehörige aus dem Kosovo nicht in die Unruheprovinz Kosovo zurückkehren zu
können.
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Mit Urteil vom 20.05.1999 verpflichtete das Verwaltungsgericht Schwerin - 6 A
1068/96As - die Beklagte
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- unter Aufhebung des die Klägerin zu 4. betreffenden Bescheides des Bundesamtes für
die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 26.03.1996, die Klägerin zu 4. als
asylberechtigt anzuerkennen sowie festzustellen, dass bei ihr hinsichtlich Jugoslawiens
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die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen,
- unter Aufhebung der Nrn. 2 bis 4 des die Kläger zu 1. - 3 betreffenden Bescheides des
Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 26.03.1996
festzustellen, dass bei den Klägern zu 1. bis 3. hinsichtlich Jugoslawiens die
Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.
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Mit Bescheid vom 30.06.1999 stellte das Bundesamt hinsichtlich der Kläger zu 1. - 3.
fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG gegeben sind. Mit Bescheid vom
gleichen Tage erkannte es die Klägerin zu 4. als Asylberechtigte an und stellte weiter
fest, dass auch insoweit die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.
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Mit Bescheid vom 08.2. .2002 widerrief das Bundesamt die Anerkennung der Klägerin
zu 4. als Asylberechtigte sowie die in den Bescheiden vom 30.06.1999 getroffene
Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Gleichzeitig
stellte es fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht gegeben sind.
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Daraufhin haben die Kläger am 01.11.2002 Klage erhoben. Zu deren Begründung
führen sie aus, dass die Widerrufsentscheidung entgegen § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG
nicht unverzüglich erfolgt sei. Im Bescheid vom 08.2. .2002 verweise die Beklagte auf
eine Konsolidierung im Kosovo seit Juni 1999, erst drei Jahre später, nämlich mit
Schreiben vom 30.07.2002 habe sie das Widerrufsverfahren eingeleitet.
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Die Kläger beantragen,
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den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom
08.2. .2002 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen
auf den Inhalt der Gerichtsakte, den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten
sowie den mit der Ladungsverfügung konkretisierten Inhalt der Lageakte des Gerichts
zur Lage in Serbien und Montenegro.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist unbegründet.
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Der angefochtene Bescheide ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren
Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Rechtsgrundlage des Bescheides des Bundesamtes vom 08.2. .2002 ist - soweit die
Anerkennung der Klägerin zu 4. als Asylberechtigte und die alle Kläger betreffende
Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG widerrufen
wird - § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Danach sind die Anerkennung als Asylberechtigter
und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen,
unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen.
Dabei ist der Widerruf einer Asylanerkennung nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nur
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möglich, wenn durch eine nachträgliche Änderung der Verhältnisse die
Anerkennungsvoraussetzungen weggefallen sind. Ändert sich hingegen im Nachhinein
- d. h. nach der Asylanerkennung - lediglich die Beurteilung der Verfolgungslage, so
rechtfertigt dies eine Widerrufsentscheidung nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG selbst
dann nicht, wenn die andere Beurteilung auf erst nachträglich bekannt gewordenen oder
neu erstellten Erkenntnismitteln beruht. § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG lässt den Widerruf
mithin nur bei einer Änderung der Sachlage, nicht aber bei der bloßen Änderung der
Erkenntnislage oder deren abweichender Würdigung zu.
Vgl. hierzu nur BVerwG, Urteil vom 19.1. .2000 - 9 C 12.00 -, BVerwGE 112, 80 = NVwZ
2001, 335 = DVBl. 2001, 216 = InfAuslR 2001, 53 = EzAR 214 Nr. 13 = BayVBl 2001,
278 = Buchholz 402.240 § 51 AuslG Nr. 37.
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Unerheblich für die Anwendung des § 72 Abs. 1 AsylVfG ist hingegen, ob die
seinerzeitige Anerkennung rechtmäßig oder rechtswidrig erfolgt ist.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.1. .2000 - 9 C 12.00 -, a.a.O.
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Des Weiteren kann sich der von der Widerrufsentscheidung betroffene Ausländer nicht
darauf berufen, dass das Bundesamt die Widerrufsentscheidung nicht unverzüglich
nach der den Widerruf berechtigenden Änderung der Sachlage ausgesprochen hat.
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Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25.05.1999 - 9 B 288.99 -, vom 12.02.1998 - 9 B 654.97 -
und vom 27.06.1997 - 9 B 280.97 -, NVwZ-RR 1997, 741 = BayVBl 1998, 28 = EzAR
214 Nr. 7 = Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 2.
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Hier haben sich die für die Beurteilung der Verfolgungslage maßgeblichen Verhältnisse
nach Ergehen der bestandskräftigen Bescheide vom 30.06.1999
entscheidungserheblich geändert.
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Dabei ist von Folgendem auszugehen:
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Nach Art. 16 a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Politisch Verfolgter ist,
wer in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse
Grundentscheidung oder an für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein
prägen, gezielt Rechtsverletzungen ausgesetzt ist, die ihn ihrer Intensität nach aus der
übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen.
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Vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. .07.1989 - 2 BvR 502/96 u. a. -, BVerfGE 80, 315 (333
ff.).
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Politische Verfolgung i. S. d. Art. 16 a Abs. 1 GG ist grundsätzlich staatliche Verfolgung.
Jedoch können auch Verfolgungsmaßnahmen Dritter einen Asylanspruch nach dieser
Bestimmung begründen. Sie fallen als mittelbare staatliche Verfolgung allerdings nur
dann in den Schutzbereich des Art. 16 a Abs. 1 GG, wenn der Staat für das Tun der
Dritten wie für eigenes Handeln verantwortlich ist. Das ist dann der Fall, wenn der Staat
Verfolgungsmaßnahmen Dritter anregt oder derartige Handlungen unterstützt, billigt
oder tatenlos hinnimmt. Eine tatenlose Hinnahme liegt nicht bereits dann vor, wenn die
Bemühungen des grundsätzlich schutzbereiten Staates zur Unterbindung
asylerheblicher Übergriffe Dritter mit unterschiedlicher Effektivität greifen. Es kommt
vielmehr darauf an, ob der Staat mit den ihm an sich zur Verfügung stehenden Mitteln im
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Großen und Ganzen Schutz gewährt. Davon kann dann keine Rede sein, wenn der
Staat zur Schutzgewährung entweder nicht bereit ist, oder wenn er sich nicht in der Lage
sieht, die ihm an sich verfügbaren Mittel im konkreten Fall gegenüber
Verfolgungsmaßnahmen Dritter einzusetzen.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.07.1987 - 2 BvR 478/86 u. a. -, BVerfGE 76, 143 (169).
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Zudem kann sich politische Verfolgung nicht nur gegen Einzelpersonen, sondern auch
gegen eine durch gemeinsame asylerhebliche Merkmale gekennzeichnete Gruppe von
Menschen richten.
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Vgl. zu den Voraussetzungen einer sog. Gruppenverfolgung: OVG NRW, Urteile vom
27.1. .1996 - 2 A 10242/90 -, UA S. 19 ff., und vom 28.2. .1998 - 25 A 1284/96.A -, UA S.
9 f.
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Wer allerdings - insbesondere als Angehöriger einer solchen Gruppe - von nur
regionaler politischer Verfolgung betroffen ist, ist nicht asylberechtigt, wenn er in
anderen Teilen seines Heimatstaates eine zumutbare Zuflucht finden kann (inländische
Fluchtalternative). Das setzt voraus, dass er in den dafür in Betracht kommenden
Gebieten vor politischer Verfolgung hinreichend sicher ist und ihm dort auch keine
anderen Nachteile und Gefahren drohen, die nach ihrer Intensität und Schwere einer
asylerheblichen Rechtsgutbeeinträchtigung aus politischen Gründen gleichkommen,
sofern diese existenzielle Gefährdung am Herkunftsort so nicht bestünde. Insoweit
kommt es u. a. darauf an, ob dem Asylsuchenden allgemein am Ort einer möglichen
inländischen Fluchtalternative bei generalisierender Betrachtung auf Dauer ein Leben
unter dem Existenzminimum droht.
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Vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. .07.1989 - 2 BvR 502/86 u. a. -, a.a.O. S. 342 ff.
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Nach dem durch den Zufluchtgedanken geprägten normativen Leitbild des
Asylgrundrechts gelten für die Beurteilung, ob ein Asylsuchender politisch Verfolgter i.
S. d. Art. 16 a Abs. 1 GG ist, unterschiedliche Maßstäbe, je nachdem, ob er seinen
Heimatstaat auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer
Verfolgung verlassen hat, oder ob er unverfolgt in die Bundesrepublik Deutschland
gekommen ist. Im erstgenannten Fall ist Asyl zu gewähren, wenn der Asylsuchende vor
erneuter Verfolgung nicht hinreichend sicher sein kann. Hat der Asylsuchende seinen
Heimatstaat jedoch unverfolgt verlassen, so kann sein Asylbegehren nach Art. 16 a Abs.
1 GG nur Erfolg haben, wenn ihm auf Grund asylerheblicher Nachfluchtgründe
politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht.
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Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 02.07.1980 - 1 BvR 147/80 u. a. -, BVerfGE 54, 341 (360),
und vom 2. .07.1989 - 2 BvR 502/86 u. a. -, a.a.O. S. 344 ff.; BVerwG, u. a. Urteil vom
03.11.1992 - 9 C 21.92 -, NVwZ 1993, 486 (487); OVG NRW, Urteil vom 22.04.1999 - 8
A 812/96.A -.
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Eine im vorgenannten Sinne politische Verfolgung der Kläger durch die serbische
Staatsmacht - welche seinerzeit Grundlage für die Asylanerkennung bzw. Feststellung
der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG gewesen ist - ist aber auf Grund einer
Änderung der Sachlage seit ungefähr Ende des Jahres 1999 nicht mehr gegeben. Seit
dem Monat Juni 1999 steht der Kosovo unter internationaler Verwaltung, wobei diese
durch die UNMIK und die KFOR ausgeübt wird,
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vgl. dazu die Lageberichte des Auswärtigen Amtes vom 04.1. .2001, vom 04.06.2002
und vom 27.11.2002,
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was zur Folge hatte, dass die ursprüngliche serbische Staatsmacht zunehmend
zurückgedrängt worden ist.
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Soweit es auch noch nach Ende 1999 zu einigen Übergriffen von Serben gegen
Albaner gekommen ist, ist dies jedenfalls nicht als politische Verfolgung in der oben
dargestellten Bedeutung anzusehen, da Serben im Kosovo nunmehr offensichtlich
keine Herrschaftsgewalt mehr ausüben. Dass sich die Soldaten der KFOR in
absehbarer Zeit aus dem Kosovo zurückziehen könnten, sodass dann eine Möglichkeit
für die Serben bestehen könnte, den Kosovo erneut unter ihre Herrschaft zu bekommen,
ist nach allen vorliegenden Informationen auszuschließen.
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Die damit eingetretene Änderung der Sachlage ist entscheidungserheblich, denn den
Klägern droht aus anderen Gründen nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit eine
politische Verfolgung im Falle der Rückkehr in den Kosovo. Allerdings ist es ungeachtet
des Aufgebots an internationalen Kräften in der Vergangenheit zu zahlreichen
gewalttätigen Übergriffen auch von Albanern gekommen, unter denen selbst albanische
Volkszugehörige zu leiden hatten. Auch diese Vorfälle sind jedoch nicht als staatliche
Übergriffe im Sinne einer politischen Verfolgung gemäß Art. 16 a Abs. 1 GG zu werten,
da ungeachtet der bereits im Oktober 2000 durchgeführten Kommunalwahlen und der
Parlamentswahlen von November 2001 mit Bildung einer Regierung davon auszugehen
ist, dass eine albanische Staatsgewalt im Kosovo noch nicht etabliert ist, so dass
derartige Übergriffe jedenfalls nicht als staatliche Verfolgung zu werten wären.
Entsprechendes gilt hinsichtlich von Übergriffen von solchen Teilen der UCK, die in
örtliche Polizeigruppen integriert worden sind. Im Übrigen ist schon im Ansatz nicht zu
erkennen, dass derartige Übergriffe durch die Stellen der UNMIK bzw. KFOR gefördert
oder auch nur geduldet würden.
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Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG sind aufgrund vorstehender Ausführungen
mit der Veränderung der Sachlage seit Ende des Jahres 1999 ebenfalls nicht mehr
gegeben.
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Allerdings hat das Bundesamt von einem Widerruf abzusehen, wenn sich der Ausländer
auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die
Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, oder in dem
er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (§ 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG).
Derartige zwingende Gründe sind hier mit Blick auf die Kläger jedoch nicht zu erkennen.
Dies schon deshalb nicht, weil die Kläger eine politische Verfolgung seinerzeit auf
Verfolgungsmaßnahmen der serbischen Bevölkerungsmehrheit zurückführten; sie
nunmehr im Falle der Rückkehr in den Kosovo aber als Albaner selbst zur
Bevölkerungsmehrheit zählen werden.
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Auch die Bindungswirkung des Urteils des VG Schwerins vom 20.05.1999 steht der
angefochtenen Widerrufsentscheidung nicht entgegen, denn nach obigen Ausführungen
sind nach dem für das rechtskräftige Urteil maßgeblichen Zeitpunkt neue für die
Streitentscheidung erhebliche Tatsachen eingetreten, die sich so wesentlich von den
früher maßgeblichen Umständen unterscheiden, dass auch unter Berücksichtigung des
Zwecks der Rechtskraft des Urteils eine erneute Sachentscheidung durch die
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Verwaltung gerechtfertigt ist.
Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 18.1. .2001 - 1 C 7.01 -.
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Schließlich ist die vom Bundesamt im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung,
dass Abschiebungshindernisse im Sinne des § 53 AuslG nicht gegeben sind, nicht zu
beanstanden.
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Dies gilt offensichtlich zunächst hinsichtlich der denkbaren Abschiebungshindernisse
nach § 53 Abs. 1 bis 3 AuslG. Darüber hinaus liegen aber auch
Abschiebungshindernisse gem. § 53 Abs. 4 oder Abs. 6 AuslG nicht vor. Für die Kläger
besteht weder die konkrete individuelle Gefahr einer menschenrechtswidrigen oder
erniedrigenden Behandlung noch eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben
oder Freiheit im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG. Zwar ist richtig, dass für die
gesamte Bevölkerung des Kosovo noch gewisse Gefahren durch die von den Serben
hinterlassene Verminung des Geländes und der Wohnhäuser bestehen, die zusammen
mit anderen Faktoren, wie z. B. Zerstörung zahlreicher Wohnhäuser und Verwüstung
der Felder zu allgemein schlechten Bedingungen führen. Diese Gefahren drohen der
gesamten Bevölkerung des Kosovo jedoch nicht in einem Ausmaß, dass hierdurch eine
extreme allgemeine Gefahrenlage gebildet werden könnte, in der einer Person bei ihrer
Abschiebung in den Kosovo der sichere Tod oder andere schwerste
Rechtsverletzungen drohten. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass angesichts der
breit gefächerten, intensiven internationalen Hilfe
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vgl. auch dazu die Lageberichte des Auswärtigen Amtes vom 04.1. .2001, vom
04.06.2002 und vom 27.11.2002
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auch im Kosovo die Grundvoraussetzungen für ein Überleben Gewähr leistet sind, was
insbesondere die Versorgung mit Wohnraum, die Lebensmittelversorgung und die
medizinische Betreuung betrifft. Allerdings berichtet hier das Auswärtige Amt wie auch
andere Organisationen, dass z. B. die Unterbringungsmöglichkeiten vor dem
Hintergrund der großen Zahl der Rückkehrer in den Jahren 2000 und 2001 größtenteils
erschöpft seien; weder diesen Auskünften noch den zahlreich vorliegenden
Presseberichten
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vgl. etwa die Meldungen im Focus vom 26.11.2001, in der FR vom 16.11.2001, der NZZ
vom 14.11.2001 und vom 02.03.2002
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können jedoch hinreichende Anzeichen dafür entnommen werden, dass im Kosovo
elementare Menschenrechte nicht gewahrt würden.
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Dass für die Kläger des vorliegenden Verfahrens auf Grund besonderer Umstände des
Einzelfalles etwas anderes gelten könnte, ist nicht zu erkennen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b Abs. 1 AsylVfG.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 VwGO
i.V.m. §§ 708 f. ZPO.
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