Urteil des VG Minden vom 15.03.2007

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Verwaltungsgericht Minden, 9 K 1864/06
Datum:
15.03.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Minden
Spruchkörper:
9. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 K 1864/06
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe
des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte
vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks G.---straße 13 a in der Innenstadt von C.
(Gemarkung C. , Flur 71, Flurstück 50).
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Das Grundstück ist mit einem Wohnhaus bebaut. Es liegt nicht unmittelbar an der G.---
straße , sondern innerhalb eines Straßengevierts, das von der G1. - Verleger-Straße im
Norden, der U.-----straße im Westen, der G.---straße im Süden und der B. -C1. -Straße
im Osten begrenzt wird. Erschlossen wird es durch einen Privatweg, der von der G.---
straße ca. 35 m westlich der B. -C1. -Straße zunächst in nördlicher Richtung in das
Straßengeviert, das nahezu vollständig bebaut ist, hineinführt, dann nach ca. 65 m hinter
den Grundstücken an der G1. -Verleger-Straße nach Westen abknickt und dann etwa 30
m östlich der U.-----straße in die G1. -Verleger-Straße einmündet.
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Der Abstand der nördlichen Grundstücksgrenze zur G1. -Verleger-Straße beträgt ca. 50
m, der der südlichen Grundstücksgrenze zur G.---straße ca. 35 m.
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Der gesamte Privatweg ist ca. 200 m lang. Der zurückzulegende Weg zur G.--- straße
beträgt ca. 40 m, zur G1. -Verleger-Straße 160 m.
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Der Privatweg ist ca. 5 bis 6 m breit und gepflastert. Zum Teil sind durch
Begrenzungspfähle Flächen für Fußgänger abgeteilt. In dem Straßengeviert befinden
sich neben Wohnhäusern ein Parkhaus, ein weiterer Parkplatz sowie Gebäude des so
genannten Broelemann-Komplexes, einer ehemaligen Fabrik, die inzwischen zu
Wohnungen und gewerblicher Nutzung verändert worden ist. Die Privatstraße dient der
Erschließung dieser Gebäude sowie der hinteren Erschließung der unmittelbar an den
öffentlichen Straßen stehenden Gebäude.
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Die G.---straße ist eine ca. 12 m breite asphaltierte Straße mit beiderseitigen Fußwegen,
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die G1. -Verleger-Straße im Norden eine vierspurige Hauptverkehrsstraße.
Durch Gebührenbescheid vom 27.01.2006 wurde der Kläger unter anderem zu
Straßenreinigungsgebühren in Höhe von insgesamt 1.219,20 EUR herangezogen. Der
Heranziehung liegt eine Grundstücksseite von 35 m zur G.---straße (Gebühr 268,80
EUR) und 36 m zur G1. -Verleger-Straße (Gebühr 950,40 EUR) zu Grunde.
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Gegen die Heranziehung erhob der Kläger Widerspruch und trug zur Begründung vor:
Es liege eine gröbliche Verletzung des Äquivalenzprinzips vor. Diese ergebe sich
daraus, dass das Grundstück an einer Privatstraße liege, die gerade nicht von der
Straßenreinigung erfasst werde, sodass die Straße selbst von den Anliegern zu reinigen
sei. Die Veranlagung erfolge nicht nach der Frontlänge von etwa 12 m, sondern nach
der Grundstückstiefe. Wäre die Straße vor ihrem Haus öffentlich gewidmet, so würde die
jährliche Reinigungsgebühr bei 92,16 EUR liegen und nicht bei dem nunmehr
festgesetzten Betrag von 1.219,20 EUR. Die Anlieger und Eigentümer der Straße hätten
daher nicht nur für die Unterhaltung dieser Straße, die von jedermann genutzt werden
könne, aufzukommen, sie hätten auch eine unverhältnismäßig hohe
Straßenreinigungsgebühr dem Umstand zu verdanken, dass diese Straße in zwei
erheblich belastete Straßen einmünde. Für die Mieter seines Hauses bedeute das, dass
die jährlichen Reinigungsgebühren die zweitgrößte Kostenposition hinter den Strom
und Heizkosten darstellten.
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Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 18.04.2006
zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt: Es liege keine Verletzung des
Äquivalenzprinzips vor. Der angewandte Frontmetermaßstab sei ein
Verteilungsschlüssel, um die Kosten der Straßenreinigung insgesamt auf die
betroffenen Grundstücke umzulegen. Eine Abweichung aus sachlichen
Billigkeitsgründen komme nicht in Betracht. Der Gesetz- und Satzungsgeber habe in
Kenntnis einer Fallgestaltung, wie sie dem Grundstück des Klägers zu Grunde liege, die
entsprechenden Regelungen getroffen. Es handele sich nicht um einen besonderen, auf
die Grundstückslage und -ausrichtung zurückzuführenden Ausnahmefall, vielmehr gebe
es in der Innenstadt von C. viele ähnliche Fälle.
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Am 19. Mai 2006 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben und zur Begründung
zusätzlich im wesentlichen folgendes Vorgetragen: Bei der Verbindungsstraße
zwischen G.---straße und G1. -Verleger-Straße, an der das streitige Grundstück liege,
handele es sich um ein eigenständiges Erschließungssystem durch eine Privatstraße,
welches den Erschließungszusammenhang zu den gereinigten öffentlichen Straßen,
der G.--- straße wie auch der G1. -Verleger-Straße, unterbreche. Hierfür spreche einmal
die Länge dieser Privatstraße im Stadtkern von C. . Hierfür spreche auch die eigene
Zweckbestimmung dieser Privatstraße, denn durch sie werde ein Karree, welches im
Norden durch die G1. -Verleger-Straße, im Süden durch die G.--- straße , im Westen
durch die U.-----straße und im Osten durch die B. -C1. - Straße begrenzt werde,
selbstständig erschlossen. Sämtliche Häuser der G1. - Verleger-Straße und der B. -C1. -
Straße in diesem Bereich würden rückwärtig auch durch die private
Erschließungsstraße genutzt. Auch würden wesentliche Teile des ehemaligen
Broelemann-Komplexes sowohl fußläufig, wie auch als Feuerwehrzufahrt, über diese
private Erschließungsstraße erschlossen, sodass um sie herum großflächig ein eigenes
Wohnviertel angesiedelt sei, welches zum Teil auch im Bereich des C2. -Komplexes
gewerblich genutzt werde. Da der Parkraum zur G.---straße nicht ausreiche, seien
speziell im nordwestlichen Bereich der Privatstraße in der Nähe zur Zufahrt zur G1. -
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Verleger-Straße größere Stellplatzflächen angeordnet. Diese Stellplatzflächen seien
ausschließlich über die Privatstraße erreichbar. Darüber hinaus befinde sich sogar im
südöstlichen Bereich der Privatstraße ein kleines Parkhaus, welches etwa 30
Parkplätze - auch für Nichtanwohner - vorhalte und ebenfalls nur von der Privatstraße
aus angefahren werden könne. Insofern bewirke die Privatstraße mit ihren eigenen
Anschlussmöglichkeiten eine im innerstädtischen Bereich völlig eigene Infrastruktur. Sie
ersetze die von der Stadt C. bisher nicht angelegte "öffentliche Verkehrsader" dieses
Viertels. Hinzu komme, dass es sich bei dieser Privatstraße um eine gut ausgebaute
gepflasterte Straße handele, von der aus zahlreiche angeschlossene Grundstücke,
Garagen und Parkplätze erreicht werden könnten. Zudem verknüpfe diese Straße einen
Fußweg, der sich durch den ehemaligen C3. -Komplex ziehe und von der G1. -Verleger-
Straße aus als Feuerwehrzufahrt einem Teil dieser Häuser diene. Gerade diese
einzelnen Zuwegungen und Verknüpfungen ermöglichten dauerhaft eine sinnvolle
wirtschaftliche Nutzung des gesamten Komplexes. Diese eigenständige
Erschließungsanlage innerhalb des aufgezeigten Karrees könne nicht als gänzlich
untergeordnet qualifiziert und als Hinterliegerzufahrt zur G1. -Verleger-Straße oder zur
G.---straße eingesehen werden. Das Innere des aufgezeigten Karrees sei vielmehr in
sich selbstständig erschlossen und somit als selbstständige Erschließungsanlage
anzusehen. Zumindest sei der Erschließungszusammenhang zur G1. -Verleger-Straße
unterbrochen, da es mit einer Entfernung von etwa 140 m von dieser Straße so weit
entfernt sei, dass von einem Sondervorteil nicht mehr gesprochen werden könne.
Der Kläger beantragt,
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den Straßenreinigungsgebührenbescheid vom 27.01.2006 für das Grundstück G.---
straße 13 a in C. in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2006
aufzuheben, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Widerspruchsverfahren für
notwendig zu erklären.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung trägt er vor: Die Heranziehung des Klägers sei entsprechend der
Satzung rechtmäßig erfolgt. Das Grundstück des Klägers werde im
straßenreinigungsgebührenrechtlichen Sinn sowohl durch die G.---straße als auch
durch die G1. -Verleger-Straße erschlossen. Eine Unterbrechung des
Erschließungszusammenhangs liege nicht vor. Sie könne weder aus der Länge des
Privatwegs bzw. der Entfernung zwischen dem Grundstück des Klägers und der G1. -
Verleger-Straße, noch aus dem Ausbauzustand des Privatweges hergeleitet werden.
Der Privatweg sei etwa 5 bis 6 m breit, gepflastert, wobei das Pflaster in den
verschiedenen Bereichen des Privatweges unterschiedliche Qualität aufweise. Ein von
der Fahrbahn abgegrenzter Gehweg sei nicht vorhangen. Bei einem Teil des Weges
sollten Metallpfosten am Rand des Weges offensichtlich das Parken verhindern. An
zwei Stellen knicke der Privatweg annähernd rechtwinklig ab, weswegen er an diesen
Stellen ziemlich unübersichtlich sei. Eine Beleuchtung sei nicht vorhanden. An beiden
Enden des Weges befänden sich Schilder, die darauf hinwiesen, dass es sich um einen
Privatweg handele und Parken verboten sei; an einer Seite sogar ein Schild, dass die
Durchfahrt verboten sei. Der Privatweg dürfte daher tatsächlich fast nur von den
Anliegern verwendet werden. Auch für "fremde" Fußgänger scheine die Nutzung des
Privatwegs nicht attraktiv, da er den Weg kaum verkürze. Es ergebe sich, dass der
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Privatweg eine nur sehr geringe Bedeutung für den Verkehr besitze. Die G1. -Verleger-
Straße hingegen habe mehrere Spuren für jede Fahrtrichtung und einen breiten von der
Fahrbahn abgegrenzten Gehweg. Auch die G.---straße sei breit genug, dass trotz
geparkter Autos an beiden Fahrbahnrändern Fahrzeuge aus den entgegengesetzten
Richtungen einander passieren könnten. Auch sie habe einen abgegrenzten Gehweg.
Beide Straße hätten große Bedeutung für den inner- und überörtlichen Verkehr und ein
ungleich höheres Verkehrsaufkommen als der Privatweg. Daraus folge, dass der
Privatweg insgesamt eine bezüglich der G1. -Verleger-Straße und der G.---straße völlig
untergeordnete Bedeutung und lediglich Zubringerfunktion zu diesen Straßen habe.
Dies schließe eine Einstufung als straßenreinigungsrechtlich eigenständig zu
betrachtende Erschließungsanlage aus. Vielmehr lasse sie die bestimmende und im
Vordergrund stehende Erschließungsfunktion der öffentlichen Straße unberührt.
Am 27.10.2006 ist die Örtlichkeit durch den Einzelrichter in Augenschein genommen
worden. Wegen des Ergebnisses wird auf das darüber gefertigte Protokoll (Bl. 43/44 der
Verfahrensakte) Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte sowie der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Parteien
damit einverstanden erklärt haben (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO).
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Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig, jedoch nicht begründet. Der
Straßenreinigungsgebührenbescheid des Beklagten vom 27.01.2006 in der Fassung
des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger
nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die für die Erhebung der Straßenreinigungsgebühr in dem hier
entscheidungserheblichen Veranlagungszeitraum 2006 maßgeblichen Vorschriften der
Satzung über die Straßenreinigung und die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren
in der Stadt C. (Straßenreinigungs- und Gebührensatzung) vom 23.11.1978 in der
Fassung der 25. Nachtragssatzung vom 15. Dezember 2005 (im Folgenden: GS) sind,
soweit das vorliegende Verfahren Anlass zur Überprüfung bietet, formell und materiell
gültiges Ortsrecht.
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Die satzungsmäßigen Voraussetzungen für eine Heranziehung des Klägers zu
Straßenreinigungsgebühren sind gegeben. Insbesondere das gem. den §§ 6, 5 und 7
Abs. 1 GS erforderliche Merkmal des Erschlossenseins des klägerischen Grundstücks
im straßenreinigungsrechtlichen Sinn ist erfüllt.
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In der Rechtsprechung ist geklärt, dass auch solche Grundstücke, die selbst nicht an
eine öffentliche Straße angrenzen, zu den Kosten der Reinigung öffentlicher Straßen
herangezogen werden dürfen, wenn von dieser öffentlichen Straße aus eine rechtliche
und tatsächliche Zugangsmöglichkeit für die sogenannten Hinterliegergrundstücke
besteht und somit auch für diese Grundstücke die innerhalb geschlossener Ortschaften
üblichen und sinnvollen wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten eröffnet werden.
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Vgl. OVG NRW, Urteil vom 02. März 1990 - 9 A 647/88 - und vom 15.12.1995 - 9 A
3499/95 -.
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Der 9. Senat des OVG NRW hat damit in Abkehr von einer früheren Rechtsprechung
des 2. Senates einen eigenständigen straßenreinigungsgebührenrechtlichen
Erschließungsbegriff angenommen. Unerheblich ist deshalb auch, ob die Privatstraße,
an der das Grundstück des Klägers liegt, in erschließungsbeitragsrechtlichem Sinne als
selbstständige Erschließungsanlage anzusehen ist.
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Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 14.03.1990 - 9 B 653/90 -.
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Soweit allerdings ein Grundstück - wie hier - erst über einen von der gereinigten
öffentlichen Straße abzweigenden Privatweg zu erreichen ist, ist auch im
Straßenreinigungsgebührenrecht zu prüfen, ob die private Zuwegung ausnahmsweise
nach den gesamten Umständen des Einzelfalles den Erschließungszusammenhang zur
öffentlichen Straße unterbricht. Dies kann etwa dann anzunehmen sein, wenn das
Grundstück von der jeweiligen öffentlichen Straße so weit entfernt ist, dass von einem
durch die Reinigung gewährten Sondervorteil für den Grundstückseigentümer nicht
mehr gesprochen werden kann.
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Allerdings können dabei nicht schematisch bestimmte Entfernungen festgelegt werden.
Die Beantwortung hängt vielmehr ab von den gesamten Umständen des Einzelfalles,
soweit sie erschließungsrelevant sind, dass heißt unter anderem von der konkreten
Lage des betreffenden Grundstücks, seiner Umgebung und der Lage der gereinigten
öffentlichen Straße.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26.09.2003 - 9 A 4260/01 -, Beschluss vom 23.06.2003
- 9 A 1322/03 -, Beschluss vom 14.01.2004 - 9 A 2936/02 -.
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Zwischen den Parteien ist unbestritten, dass eine wegerechtlich abgesicherte
tatsächliche Zugangsmöglichkeit des Grundstücks über die Privatstraße sowohl zur G.---
straße als auch zur G1. -Verleger-Straße hin besteht. Damit werden in jeweils
eigenständiger Weise entsprechende Nutzungsmöglichkeiten eröffnet.
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Das Gericht ist darüber hinaus der Überzeugung, dass eine Unterbrechung des
Erschließungszusammenhangs im obigen Sinne weder zur G.---straße noch zur G1. -
Verleger-Straße besteht.
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Die oben genannten Abstände des Grundstücks des Klägers zu beiden öffentlichen
Straßen von ca. 50 m bzw. 35 m sowie die zurückzulegenden Entfernungen von ca. 40
m bzw. 160 m sind nicht derart erheblich, dass sie schon für sich genommen geeignet
wären, eine Unterbrechung des Erschließungszusammenhangs zu bewirken.
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Die sonstigen erschließungsrelevanten Umstände sprechen nicht für eine
Unterbrechung des Erschließungszusammenhangs.
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Nach Auffassung der Kammer kann nicht die Rede davon sei, dass die Privatstraße
eine von der Stadt C. nicht angelegte "öffentliche Verkehrsader" ersetzt.
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Bei dem hier vorliegenden Bebauungskomplex, der in Form eines Vierecks von
öffentlichen Straßen umgeben ist, handelt es sich um eine für die Innenstadtlage einer
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Großstadt wie C. typische Bebauung. In der Regel wird ein solches Karree in
geschlossener Bauweise straßennah bebaut. Angesichts der Ausmaße des
Straßengevierts von 135 m (U.-----straße ) x 175 m (G1. -Verleger-Straße) x 85 m (B. -
C1. -Straße) x 185 m (G.---straße ) ist eine Erschließung des Innenbereichs durch
öffentliche Straßen absolut unüblich. Die Erschließung wird vielmehr - wie auch im
vorliegenden Fall - durch die privaten Grundstückseigentümer sichergestellt, sei es dass
Lücken in der geschlossenen Bebauung offen gelassen werden, um das Hintergelände
zu erreichen, sei es, dass durch Durchgänge oder Durchfahrten die Nutzung der
dahinter liegenden Flächen sicher gestellt wird, sei es, dass sich
Grundstückseigentümer gegenseitig Rechte einräumen, um den Innenblock von
mehreren Seiten erreichen zu können.
Eine über die Erschließung des Blockinnenbereichs hinausgehende Bedeutung kommt
solchen Privatwegen nicht zu.
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Das ist auch im vorliegenden Fall nicht anders. Auch hier ist das Straßengeviert an der
G1. -Verleger-Straße, an der B. -C1. -Straße und an der U.----- straße weitgehend in
geschlossener Bauweise bebaut. Der Innenbereich wird geprägt von den ehemaligen
gewerblichen Gebäuden des so genannten C2. - Komplexes, der von der G.---straße her
zugänglich war und auch ist. Östlich davon erstreckt sich beginnend mit dem Haus G.---
straße 11 eine Reihenhausbebauung in den Innenbereich, zu der auch die Häuser des
Klägers Nr. 13 und 13 a gehören. Die Privatstraße hat allein den Sinn, die hinteren
Grundstücksbereiche der Grundstücke an der G1. -Verleger-Straße und an der B. -C1. -
Straße zu erreichen sowie die Erschließung der Reihenhäuser möglich zu machen.
Dementsprechend ist die Privatstraße auch ausgebaut worden. Sie hat eine zwar
ordnungsgemäße, jedoch in den verschiedenen Bereichen unterschiedliche
Pflasterung. Sie ist nur 5 bis 6 m breit und hat keine Gehwege. Lediglich im Bereich zur
Falkstraßen hin ist ein Teil durch Begrenzungspfosten abgesperrt, wobei dahin stehen
mag, ob dies dem Schutz der Fußgänger dienen soll oder - wie der Beklagte vermutet -
der Verhinderung des Parkens.
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Verglichen mit den öffentlichen Straßen, der mehr als doppelt so breiten G.--- straße mit
asphaltierter Fahrbahn und erhöhten Gehwegen und erst recht der vierspurigen G1. -
Verleger-Straße wirkt die Privatstraße entsprechend ihrer Verkehrsbedeutung als
private Innenblockerschließung lediglich als untergeordnete Verbindung der privaten
Grundstücke zu den öffentlichen Straßen und kann den Erschließungszusammenhang
nicht unterbrechen.
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Die Heranziehung ist auch nicht aus sonstigen Gründen rechtswidrig.
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Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Berechnung der Gebühr § 7 GS
entspricht.
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§ 7 GS ist eine wirksame Rechtsgrundlage für die Berechnung der Gebühr.
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§ 7 Abs. 1 Nr. 1 GS legt für den Reinigungsbezirk C. einen so genannten modifizierten
Frontmeter-Maßstab zu Grunde. Dieser Maßstab, der - dem Grundsatz nach - die Länge
der an die Straße angrenzenden Grundstücksfront bzw. ersatzweise die Länge der dem
Straßenverlauf im Hinterland folgenden, der Straße zugewandten
Grundstücksbegrenzungslinie zur Grundlage der Gebührenbemessung macht, ist ein
zulässiger grundstücksbezogener Maßstab, der geeignet ist, die Kosten der
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Straßenreinigung vorteilsgerecht in Sinne von § 3 Abs. 1 StrReinG NW, § 6 Abs. 3 KAG
und unter Beachtung von Art. 3 Abs. 1 GG auf die Eigentümer der von der gereinigten
Straße erschlossenen Grundstücke zu verteilen. Er ist in der Rechtsprechung als
Maßstab zur Erhebung von Straßenreinigungsgebühren allgemein anerkannt.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 31.08.1989 - 9 A 469/87 - KStZ 1990, 98; BVerwG,
Beschlüsse vom 19.03.1981 - 8 B 10.81 - KStZ 1981, 110 und vom 08.12.1986 - 8 B
74.86 -; BVerfG, Beschluss vom 17.02.1982 - 1 BVR 863/81 - ZKF 1982, 213.
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Er ermöglicht, die Eigentümer sowohl der an die Straße angrenzenden als auch der im
Hinterland der Straße liegenden, von der gereinigten Straße erschlossenen
Grundstücke zur Abgeltung der mit der Reinigung der Straße für alle von ihr
erschlossenen Grundstücke verbundenen Vorteile - die Inanspruchnahme einer
Leistung wird nur fingiert - zu Straßenreinigungsgebühren heranzuziehen. Hierbei tritt
die Betrachtung, dass die für das Grundstück ermittelte Bemessungslänge einer
bestimmten gekehrten Straßenlänge vor dem Grundstück entsprechen müsse, zurück.
Denn mit der Straßenreinigungsgebühr wird nicht der Vorteil für die Reinigung einer
bestimmten Teilkehrlänge der Straße abgegolten, sondern derjenige, der den
Eigentümern aller von der Straße erschlossenen Grundstücke für die Reinigung der
gesamten Straße jeweils zukommt.
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Vgl. OVG NRW, a.a.O.
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Die Bemessung der Gebühr nach einer bestimmten, dem Straßenverlauf folgenden
Grundstückslänge erfasst den jeweiligen Reinigungsvorteil für das betreffende von der
Straße erschlossene Grundstück ausschließlich unter
Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkten. Dabei führen Härten und Unterschiede, die sich
im Einzelfall aus der Lagegunst oder -ungunst eines Grundstücks - wie hier vielleicht die
Führung des Privatweges und der entsprechend ausgerichteten Grundstücke - ergeben
können, noch nicht zu einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz oder das
Äquivalenzprinzip und damit zur Nichtigkeit einer solchen Regelung. Im Abgabenrecht
werden - wie auch hier - in der Regel Massenvorgänge erfasst und die Regelungen
müssen daher, um praktikabel zu bleiben, die Sachverhalte, an die sie die
abgabenrechtliche Folge knüpfen, typisieren und damit in weitem Umfang die
Besonderheiten des einzelnen Falles und auch ganzer Gruppen vernachlässigen.
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Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.03.2002 - 9 B 16/02 - NVwZ-RR 2002, 599.
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Unerheblich ist auch, dass der Kläger zivilrechtlich verpflichtet ist, den vor seinem
Grundstück verlaufenden Privatweg zu reinigen. Eine solche Belastung ist allen
Eigentümern von Hinterliegergrundstücken auferlegt, die eine längere Zuwegung zur
öffentlichen Straße haben. Sie ergibt sich aus der Situationsgebundenheit des
Grundeigentums und ist für die Bemessung von Straßenreinigungsgebühren irrelevant.
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Die Klage war daher mit der Kostenentscheidung des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf §
167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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