Urteil des VG Minden vom 16.08.2005

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Verwaltungsgericht Minden, 1 K 2061/04
Datum:
16.08.2005
Gericht:
Verwaltungsgericht Minden
Spruchkörper:
1. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 K 2061/04
Tenor:
Die Klage wird auf Kosten der Klägerin abgewiesen.
Tatbestand:
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Die Parteien streiten um die Frage, ob der als "Alter L.----weg ", "E.----weg " oder auch
"S.-----weg " bekannte Fußweg ein öffentlicher Weg im Sinne des Straßen- und
Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen - StrWG NRW - ist. Dieser wohl etwa
300 Jahre alte L.----weg verband den Ortskern E1. mit dem landwirtschaftlich geprägten
Außenbereich Walde. Der Weg ist heute in der Örtlichkeit nicht mehr zu erkennen. Er ist
auf dem Grundstück des Beklagten einer Wiese einverleibt worden, daran anschließend
verläuft er über das Grundstück des Nachbarn, das stark bewaldet ist. Nach dem
Übersichthandriss des Kreises Q. vom Februar 1829 verlief der schmale Weg
beginnend am heutigen Ortsrand von E2. (Ecke Q1. ./I. .) in nordwestlicher Richtung und
westlich am Wohnhaus X1. 1 vorbeigehend in Richtung der alten Eisenbahntrasse.
Nach der Flurbereinigung verläuft der Weg dann vor dem Wohnhaus X1. 1 abknickend
und in östlicher Richtung daran vorbeiführend in Richtung der alten Eisenbahntrasse.
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Der erste Teil des Weges, der am Ortsrand von E2. beginnt, liegt auf dem Grundstück
des Beklagten Gemarkung E2. , Flur 19, Flurstück 154. Das Flurstück des Beklagten ist
unbebaut. Bei dem das Eigentum des Beklagten betreffenden Wegeteil handelte es sich
vor der Flurbereinigung um die sog. buchungsfreie Parzelle 352 der Flur 15 in der
Gemarkung E3. , die 1962 auf Antrag der Gemeinde E3. in das Grundbuch der
damaligen Gemeinde E3. eingebucht wurde. Zur Wegebegradigung wurde durch
notariellen Vertrag vom 29.09.1962 ein Grundstückstausch zwischen dem damaligen
Eigentümer und der Gemeinde E3. vorgenommen. Danach erhielt die Gemeinde E3.
von dem damaligen Grundstückseigentümer X2. die Parzelle 353, im Gegenzug der
Grundstückseigentümer von der Gemeinde die Parzelle 351. In dem Tauschvertrag
heißt es: "Der Grundstückstausch erfolgt zwecks Anlegung eines öffentlichen Weges".
Weiter ist der Abschrift aus dem Protokoll der Sitzung der Gemeindevertretung E3. vom
22.02.1962 zu entnehmen, dass bei der Vermessung des Bauplatzes der Gemeindeweg
Flur 15 Nr. 352 am Bauplatz L1. begradigt worden sei.
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Im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens wurde die Wegeparzelle dem Eigentum
des Beklagten zugeschlagen und ging als Teilfläche mit der im Liegenschaftskataster
angegeben Nutzungsart "Weg/Fuß- und Radweg" in das heutige Grundstück
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Gemarkung E2. , Flur 19, Flurstück 154 ein. Das Gesamtgrundstück einschließlich der
Wegefläche wurde dem Beklagten übertragen. Die Klägerin widersprach der
Übereignung an den Beklagten nicht. Am 24.10.2001 wurde die Schlussfeststellung der
Flurbereinigung E2. getroffen.
Im Sommer 2001 sperrte der Beklagte auf seinem Grundstück den E.----weg durch
Zäune, so dass er durch die Allgemeinheit nicht mehr benutzt werden konnte.
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Gegen die Schlussfeststellung des Flurbereinigungsverfahrens legte ein Anlieger
Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Münster vom
29.01.2003 zurückgewiesen wurde. Zur Begründung heißt es dort u.a.:
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"Auch wenn im Verlauf der durchgeführten Flurbereinigung die Eigentumsverhältnisse
an der betreffenden Wegefläche eine Veränderung erfahren haben, resultiert aus den
Festsetzungen des Flurbereinigungsplanes keine Aufhebung der Wegefunktion dieses
Flurstückes. Eine Entwidmung des Fußweges hat während des
Flurbereinigungsverfahrens nicht stattgefunden. Weder der Wege- und Gewässerplan
noch der Flurbereinigungsplan regeln eine faktische Beseitigung des alten Fußweges.
Da nachfolgend auch keine Einziehung durch den Straßenbaulastträger bekannt
geworden ist, ruht die Funktion der Wegefläche weiterhin auf dem betreffenden
Grundstück."
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Mit Ordnungsverfügung vom 04.03.2003 forderte die Klägerin den Beklagten auf, die
von ihm am Beginn und am Ende des über sein Grundstück verlaufenden öffentlichen
Weges errichteten Einzäunungen zu beseitigen. Die anschließende Klage des
Beklagten gegen die Ordnungsverfügung wurde am 09.03.2004 vergleichsweise
beendet. Der Prozessvergleich im Verfahren 1 K 5657/03 zwischen der Klägerin und
dem Beklagten hatte den folgenden Inhalt:
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"1. Der Beklagte erhält das Recht, zwei Öffnungen in den vorhandenen Zaun an den
beiden Ausgängen des "E4.----weges " in Ostwestrichtung zu schaffen. Diese Öffnungen
werden jeweils mit einem Drehkreuz so gesichert, dass die Weidetiere nicht von der
Wiese laufen können.
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2. Der Beklagte wird auf der früheren Führung des "E4.----weges " auf einer Breite von
bis zu 1,20 m einen Weg dergestalt anlegen, dass dort eine wassergebundene Decke
aufgebracht werden kann. Mit diesem Ausbauzustand erklärt sich der Kläger
einverstanden.
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3. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass weitere, über diesen Ausbauzustand
hinausgehende Ausbauarbeiten an dem Weg jeweils der Zustimmung des Klägers
bedürfen. Davon ausgenommen sind Maßnahmen der Instandhaltung.
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4. Der Beklagte wird an beiden Seiten des Weges auf Grund der frei laufenden Tiere
eine Beschilderung anbringen, nach der die Benutzung des Weges auf eigene Gefahr
erfolgt.
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5. Darüber hinaus wird ein Schild angebracht, nach dem Hunde auf diesem Weg an der
Leine zu führen sind.
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6. Der Vertreter des Beklagten erklärt die Verfügung vom 04.03.2003 in Gestalt des
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Widerspruchsbescheides vom 13.08.2003 für gegenstandslos.
7. Daraufhin erklärt der Vertreter des Klägers den Rechtsstreit für in der Hauptsache
erledigt. Der Vertreter des Beklagten schließt sich dieser Erklärung an.
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8. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und der Beklagte zu je ½."
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Da der Beklagte beabsichtigte, auf seinem Grundstück Vieh weiden zu lassen, machte
ihn die Klägerin mit Schreiben vom 30.03.2004 darauf aufmerksam, dass dies ein
erhebliches Gefahrenpotenzial darstelle, das durch die Errichtung von Zäunen auf
beiden Seiten des Weges beseitigt werden müsse. Demgegenüber vertrat der Beklagte
die Auffassung, dass bei Öffnung des Weges die Klägerin auch
verkehrssicherungspflichtig sei. Das Angebot der Klägerin, auf ihre Kosten eine
Einzäunung vorzunehmen, lehnte der Beklagte ab. Die Beteiligten kamen darin überein,
dass die Frage, wer letztendlich für den Weg verantwortlich sei, durch den Vergleich
nicht abschließend geklärt worden sei. Es bleibe daher nur noch die Möglichkeit, im
Wege einer Klage die Öffentlichkeit des Weges feststellen zu lassen.
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Die Klägerin hat am 09.06.2004 Feststellungsklage mit der Begründung eingelegt, dass
sie als potenziell Verkehrssicherungspflichtige eines öffentlichen Weges keine andere
Wahl habe, als rechtsverbindlich eine Klärung über den öffentlich-rechtlichen
Sachstatus des E4.----weges herbeizuführen. Das notwendige Feststellungsinteresse
liege vor, da von der Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der öffentlichen
Wegeeigenschaft Rechtspflichten für die Klägerin abhingen. Sei der Weg als öffentlicher
Weg anzusehen, oblägen ihr die Straßenbaulast und sämtliche
Verkehrssicherungspflichten. Diese Frage bleibe unberührt von dem abgeschlossenen
Vergleich. Die Feststellungsklage sei auch nicht subsidiär gegenüber einer möglichen
Ordnungsverfügung. Vor Erlass einer Ordnungsverfügung stehe noch die Frage, ob der
Weg als öffentlicher Weg beibehalten und in welchem Umfang er der Öffentlichkeit zur
Verfügung gestellt werden solle (Fußgängern/Radfahrern/nur Anliegern?). Diese Frage
könne nur durch die Feststellungsklage geklärt werden. Mit der Feststellungsklage
sollten nicht die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Anfechtungs- und
Verpflichtungsklage umgangen werden, vielmehr solle Rechtssicherheit in Bezug auf
dann zu treffende politische Abwägungsentscheidungen und
Ermessensentscheidungen geschaffen werden. Erst wenn die planerische
Entscheidung dahingehend getroffen sei, wie der öffentliche Weg in Zukunft genutzt
werden solle, könne die notwendige Ermessensentscheidung über eine gegenüber dem
Beklagten zu erlassende Ordnungsverfügung getroffen werden. Die Klage sei auch
begründet. Der E.----weg bestehe (mindestens) bereits seit dem Jahre 1829 und sei seit
Generationen von ortsansässigen Bürgern im Sinne eines Gemeingebrauchs genutzt
worden. Hierfür spreche auch die Tatsache, dass der Weg seit jeher als eigenständige
Wegeparzelle existiert habe. So sei er auch wie selbstverständlich in den
Bebauungsplan "U. " aufgenommen worden. Sowohl die Untere als auch die Obere
Flurbereinigungsbehörde seien von einer unveränderten öffentlichen Wegeeigenschaft
des E4.----weges ausgegangen.
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Die Klägerin beantragt,
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festzustellen, dass der als E.----weg bekannte Weg auf den im Eigentum des Beklagten
stehenden Grundstücken Gemarkung E2. , Flur 15, Flurstück 1097, und Gemarkung E2.
, Flur 19, Flurstück 199, öffentlicher Weg im Sinne des Straßen- und Wegegesetzes
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NRW ist.
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung trägt er vor: Das Rechtsschutzbedürfnis der Feststellungsklage liege
darin, dass dann, wenn es sich um einen öffentlichen Weg handele, einerseits der Weg
zur Erlangung eines Minimums an Verkehrssicherheit baulich hergerichtet werden
müsse und andererseits die Benutzer des Weges durch eine Einzäunung vor den Tieren
geschützt werden müssten. Die fehlende Vollstreckbarkeit eines Feststellungsurteils
stehe der Zulässigkeit nicht im Wege, da sich der Beklagte selbstverständlich an ein
rechtskräftiges Urteil in der Sache halte. Es mache keinen Sinn, einen
ordnungsbehördlichen oder haftungsrechtlichen Konfliktfall zu provozieren, um dann
inzidenter durch die Gerichte die Frage klären zu lassen, ob es sich um einen
öffentlichen Weg handele. Die Kammer solle sich auf die materielle Rechtsfrage
konzentrieren. Sollte es sich bei dem E.----weg um einen öffentlichen Weg im Sinne des
StrWG NRW handeln, so müsse die Klägerin umfangreiche Maßnahmen zur
Verkehrssicherung ergreifen. Auf Grund der auf der Wiese des Klägers weidenden Tiere
müssten zu beiden Seiten des Weges Zäune errichtet werden, um die Tiere von den
Menschen zu trennen. Diese seien von der Klägerin zu errichten, da sie dann nicht nur
Trägerin der Straßenbaulast, sondern auch verkehrssicherungspflichtig sei. Der Weg sei
nie so ortsüblich befestigt gewesen, dass eine ungefährdete Benutzung möglich
gewesen sei. Eine solche notwendige Ausgestaltung des Wege beeinträchtige den
Beklagten erheblich und habe außerdem die Trennung seiner Weide zur Folge. Die
Einrichtung des Weges mache daher schon aus finanziellen Gründen keinen Sinn. Der
E.----weg sei nie öffentlich gewesen. Eine entsprechende Widmung lasse sich weder
aus dem Straßen- und Wegegesetz NRW, noch aus dem preußischen Wegerecht oder
dem Institut der unvordenklichen Verjährung ableiten.
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Die Berichterstatterin hat am 26.04.2005 einen Erörterungstermin an Ort und Stelle
durchgeführt, wegen dessen Ergebnis wird auf das Protokoll Bezug genommen. In
diesem Ortstermin haben die Beteiligten einvernehmlich erklärt:
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"Der im Ortstermin vom 09.03.2004 geschlossene Vergleich soll nicht mehr gelten."
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte, der beigezogenen Gerichtsakte im Verfahren 1 K 5657/03 und des
Verwaltungsvorgangs der Klägerin (1 Hefter) Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist unzulässig. Eine Feststellungsklage ist nach § 43 Abs. 1
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - nur zulässig, wenn der Kläger ein berechtigtes
Interesse an der baldigen Feststellung des streitigen Rechtsverhältnisses hat.
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Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Feststellung, dass der als "E.---- weg "
bekannte Weg ein öffentlicher Weg im Sinne des Straßen- und Wegegesetzes des
Landes Nordrhein-Westfalen - StrWG NRW - ist, ist nicht erkennbar. Ein berechtigtes
Feststellungsinteresse i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO umfasst je nach Sachlage jedes
schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art an der Klärung
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eines Rechtsverhältnisses
- vgl. BVerwG, Urteil vom 26.01.1996 - 8 C 19/94 -, NJW 1996, 2046 -
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oder der Nichtigkeitsfeststellung des Verwaltungsakts, das hinreichend gewichtig ist, um
die Position des Betroffenen zu verbessern
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- vgl. BVerwG, Urteil vom 06.02.1986 - 5 C 40.84 -, BVerwGE 74, 1 -.
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Es entspricht zwar ständiger Rechtsprechung, dass Eigentümer oder Besitzer von
Grundflächen, deren Eigenschaft als öffentlicher Weg streitig ist, die Frage der
Öffentlichkeit dieser Wegeparzelle im Wege einer Feststellungsklage klären können
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- vgl. OVG NRW, Urteil vom 26.11.2003 - 11 A 251/01 - m.w.N. -.
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Die Klägerin ist jedoch nicht Eigentümerin der Wegefläche. Sie ist vielmehr selbst
Hoheitsträgerin, die auch aus eigener Hoheitsgewalt das hier streitige Rechtsverhältnis
durch einen regelnden oder feststellenden Verwaltungsakt, den der Beklagte dann
anfechten müsste, entscheiden könnte. Dieses hat sie bereits einmal getan, indem sie
dem Beklagten mit Ordnungsverfügung vom 04.03.2003 aufgegeben hat, den "E.----weg
" für die Öffentlichkeit wieder zu öffnen. Im Rahmen einer streitigen Entscheidung wäre
es inzidenter zur Prüfung der Frage gekommen, ob es sich bei dem streitigen Weg um
einen öffentlichen Weg im Sinne des StrWG NRW handelt, der der Allgemeinheit
zugänglich gemacht werden muss. Gerade dieses Rechtsverhältnis will die Klägerin
aber nun mit einer Feststellungsklage festgestellt wissen.
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Gleichwohl die Beteiligten dieser Frage entscheidende Bedeutung beimessen, sieht die
Kammer keine prozessualen Möglichkeiten, diese Rechtsfrage vorab festzustellen.
Grundsätzlich ist die Klärung der Rechtslage originäre Aufgabe der Verwaltung. So wird
ein Feststellungsinteresse generell verneint, wenn die Behörde hinsichtlich des
streitigen Rechtsverhältnisses auch einen feststellenden oder regelnden
Verwaltungsakt erlassen kann, den der Bürger dann anfechten kann, wenn er mit der
behördlichen Regelung nicht einverstanden ist
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- vgl. Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im öffentlichen Recht, 10. Aufl.
2000, § 18, Rdnr. 10 -; Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, Loseblatt Stand Januar
2003, § 43, Rdnr. 111 m.w.N. -.
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Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das von der Klägerin letztendlich verfolgte Ziel,
den E.----weg der Öffentlichkeit wieder zugänglich zu machen, mit dem Mittel einer nicht
vollstreckbaren Feststellungsklage noch nicht erreicht wird.
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Aber auch wenn mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das
berechtigte Feststellungsinteresse für eine Feststellungsklage nicht schon von
vornherein ausgeschlossen wird, wenn die Behörde die Möglichkeit eines
feststellenden Verwaltungsakts hat, so kann im vorliegenden Fall nichts anders gelten.
Danach soll ein berechtigtes Feststellungsinteresse nur unter Berücksichtigung der
Eigenart des jeweils in Rede stehenden Rechtsverhältnisses bejaht oder verneint
werden können
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- vgl. BVerwG, Urteil vom 25.10.1967 - IV C 19.67 --; BVerwGE 28, 153 für die positive
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Feststellungsklage, dort bejaht; BVerwG, Urteil vom 05.03.1968 - I C 35.65 -, BVerwGE
29, 166 zur negativen Feststellungsklage, dort verneint -.
Das hier streitige Rechtsverhältnis weist indes keine Besonderheiten auf, die ein
Feststellungsinteresse der Klägerin ausnahmsweise begründen könnten. Ihr
besonderes Interesse, die Öffentlichkeit des "E5.----wegs " festzustellen, kann schon
nicht festgestellt werden, weil die Beteiligten das streitige Rechtsverhältnis anlässlich
des Ortstermins am 09.03.2004 im Verfahren 1 K 5657/03 durch den Abschluss eines
Prozessvergleichs geklärt und das Klageverfahren einvernehmlich beendet haben.
Durch den Vergleichsabschluss wurde die öffentliche Zugänglichkeit des E5.- ---wegs
gesichert. Hieran würde auch nichts die Feststellung der Öffentlichkeit des Wegs nach
dem StrWG NRW ändern.
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Der Regelungswirkung des Prozessvergleichs können die Erklärungen der Beteiligten
im Ortstermin am 16.08.2005, dass der im Ortstermin vom 09.03.2004 geschlossene
Vergleich nicht mehr gelten solle, nur eingeschränkt entgegengehalten werden. Zwar
können die Parteien den gemäß der Doppelnatur in jedem Prozessvergleich
enthaltenen materiellrechtlichen Vertrag durch Abschluss einer neuen Vereinbarung
wieder aufheben oder ändern
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- vgl. BGH, Urteil vom 19.05.1982 - IVb ZR 705/80 -, NJW 1982, 782 -; Kopp//Schenke,
VwGO, Kommentar, 13. Aufl. 2003, § 106, Rdnr. 7; Kopp/Ramsauer, VwVfG,
Kommentar, 9. Aufl. 2005, § 60, Rdnr. 3; siehe auch Palandt/Heinrichs, Bürgerliches
Gesetzbuch, Kommentar, 64. Aufl. 2005, § 311, Rdnr. 7 -.
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Die Aufhebungserklärungen der Beteiligten umfassten hier allerdings nicht alle
wesentlichen Bestandteile des damaligen Vergleichs. Inhalt ihrer Erklärungen war, dass
der Vergleich vom 09.03.2004 nicht mehr gelten soll. Es sind jedoch keine Regelungen
zu der Ordnungsverfügung der Klägerin vom 04.03.2003 getroffen worden, die mit Nr. 6
des Prozessvergleichs für gegenstandslos erklärt wurde. Mit der von den Beteiligten
beabsichtigten Aufhebung des Vergleichs sollte auch diese Teilregelung aufgehoben
werden. Folglich wäre die Ordnungsverfügung der Klägerin vom 04.03.2003 gerade
wieder nicht gegenstandslos.
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Unter diesen Umständen bedarf die Klägerin gegenwärtig keines Rechtsschutzes in der
Form einer Feststellungsklage. Sie kann und muss abwarten, ob der Beklagte es zu
einer (weiteren) gerichtlichen Prüfung der Streitfrage kommen lässt.
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Auch die Frage der Verkehrssicherungspflicht, die zwischen den Beteiligten hinsichtlich
der auf den angrenzenden Weideflächen des Beklagten gehaltenen Tiere streitig ist,
begründet kein berechtigtes Feststellungsinteresse i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO. Auch wenn
es sich bei dem E.----weg um einen öffentlichen Weg handeln sollte, bezieht sich die
Verkehrssicherungspflicht bei öffentlichen Straßen nach allgemeiner Auffassung nur auf
Gefahren, die von der Straße selbst ausgehen. Sie erfasst nicht auch Gefahren, die von
Anliegergrundstücken drohen
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- vgl. BGH, Urteil vom 15.10.1953 - III ZR 1/52 -, NJW 1953, 1865, BGH, Urteil vom
13.07.1989 - IIIZR 122/88 -, BGHZ 108, 273 m.w.N. insbesondere zu Weidezäunen;
Palandt-Sprau, BGB Kommentar, 64. Aufl. 2005, § 823, Rdnr. 219 ff; Kodal/Krämer,
Straßenrecht, 6. Aufl. 1999, Kap. 40, Rdnr. 46; im Planfeststellungsverfahren: BVerwG,
U. v. 22.03.1985 - 4 C 15/83 -, DVBl. 1985, 900 -.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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