Urteil des VG Mainz vom 10.11.2010

VG Mainz: gesellschafter, vollmacht, vergnügungssteuer, mangel, vertretung, auflösung, beratung, quelle, gesellschaftsvertrag, geschäftsführer

VG
Mainz
10.11.2010
3 K 82/10.MZ
Verwaltungsprozessrecht
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Gründe
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen.
Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten auf-
bringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder
Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die
Anforderungen hinsichtlich der Erfolgsaussichten dürfen nicht überspannt werden. Ihre Prüfung dient nicht
dazu, die Rechtsverfolgung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und
dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1060 [1061]).
Hinreichende Erfolgsaussichten einer Klage sind daher zu bejahen, wenn nach einer summarischen
Überprüfung des Sach- und Streitstands der Ausgang des Verfahrens offen erscheint (vgl. BVerwG,
NVwZ-RR 1999, 588).
Die Klage hat vorliegend keine Aussicht auf Erfolg. Sie ist – jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt –
unzulässig, weil es an einer wirksamen Klageerhebung fehlt (1.). Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
Die Festsetzung einer Vergnügungssteuer in Höhe von 18.675,24 € für das Jahr 2006 gegenüber der
Klägerin im Bescheid vom 23. Mai 2007 in der Gestalt des Abhilfebescheids vom 8. Januar 2010 ist nicht
zu beanstanden (2.).
1. Die Klage ist unzulässig. Sie ist ohne die nach § 67 Abs. 6 Satz 1 VwGO erforderliche schriftliche
Vollmacht des Gesellschafters Herrn F. S. erhoben worden. Die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht ist
ein wesentliches Formerfordernis, ohne das Prozesshandlungen nicht wirksam vorgenommen werden
können (Kopp/Schenke, VwGO, Komm., 16. Aufl. 2009, § 67 Rn. 44).
Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die sich – zwischen den Beteiligten unstreitig ist – in
Auflösung befindet. Nach § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB sind in der Abwicklungsgesellschaft alle Gesellschafter
gemeinschaftlich zur Geschäftsführung berechtigt (Gesamtgeschäftsführungsbefugnis). Das gilt auch für
den Fall, dass für die werbende Gesellschaft die Einzelgeschäftsführungsbefugnis vereinbart war;
entsprechende Vereinbarungen erstrecken sich im Zweifel nicht auf die Abwicklungsgesellschaft
(Habermeier, in: Staudinger, BGB, Komm., Neubearbeitung 2003, § 730 BGB Rdnr. 12; Ulmer/Schäfer, in:
Münchner Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2009, § 730 Rdnr. 40). Für die organschaftliche Vertretung der
Gesellschaft durch die Geschäftsführer gilt der Auslegungsgrundsatz des § 714 BGB auch im
Liquidationsstadium. Entsprechend der Gesamtgeschäftsführung sind die Abwickler nach gesetzlicher
Regel grundsätzlich nur gemeinsam zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt (Habermeier, a. a. O.,
Rdnr. 16; Ulmer/Schäfer, a. a. O., Rdnr. 43). Besteht Gesamtvertretung, muss von jedem Gesellschafter
eine schriftliche Prozessvollmacht vorgelegt werden, damit wirksam Klage erhoben werden kann. Hieran
mangelt es, da eine solche Vollmacht lediglich von den Gesellschaftern H. H. und M. S. und nicht auch
vom Gesellschafter F. S. vorgelegt wurde.
Eine von der gesetzlichen Regelung der Gesamtvertretung abweichende Bestimmung kann dem
Gesellschaftsvertrag vom 16. Januar 2003 nicht entnommen werden. Nach dessen § 7 ist zwar jeder
Gesellschafter im Außenverhältnis allein vertretungsberechtigt. Diese Klausel erstreckt sich jedoch nicht
auf den Fall der Gesellschaft in Auflösung. Hierfür hätte es einer entsprechenden ausdrücklichen
Anordnung bedurft.
Die Prozessvollmacht wurde – trotz Fristsetzung – auch nicht gemäß § 67 Abs. 6 Satz 2 VwGO
nachträglich vorgelegt.
Nachdem die Beklagte den Mangel der Prozessvollmacht ausdrücklich gerügt hat, ist das Gericht
schließlich dazu befugt, diesen Mangel zu berücksichtigen, obwohl die Klägerin durch einen
Rechtsanwalt vertreten ist (vgl. BVerwGE 71, 20 [23 f.]).
2. Die Klage ist unbegründet. Die Festsetzung der Vergnügungssteuer in den vorgenannten Bescheiden
begegnet keinen Bedenken. Sie beruht auf den Bestimmungen der Vergnügungssteuersatzung der
Beklagten vom 3. November 1987 über die Kartensteuer bei Tanzbelustigungen. Wegen der Begründung
im Einzelnen nimmt das Gericht Bezug auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom
8. Januar 2010 (§ 117 Abs. 5 VwGO). Die Klägerin ist diesen nicht entgegengetreten.
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